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Erfahrungsbericht
Erwachensprozess mit der Kraft von Kundalini, kombiniert mit dem buddhistischen Wissen: Von der ersten bis zur zehnten Fessel innerhalb von neun Wochen
Ich weiß nicht, warum der Drang nach Erleuchtung irgendwann in uns geweckt wird. Aber wenn er einen ergreift, kann man nichts anderes mehr tun, als dem Licht und der Liebe entgegen zu wachsen. Der Wunsch, sich mit Gott zu vereinen, ist stärker als man selbst und wird wahrscheinlich von der Natur vorgesehen.
Verzeichnis:
Zusammenfassung
Vorwort
Teil 1.
Juli – Dezember 2022
Vom ersten Kontakt mit dem Buddhismus bis zum Stromeintritt
Wie alles anfing
16.09.22 - 18.09.22 – Mein erstes Retreat
22.09.22 – Der „Zustand“
23.09.22 – Die Vorahnung
24.09.22 – Meditation mit Fokus
26.09.22 – Siddhartha
29.09.22 – Ich lerne meditieren
30.09.22 – Achtsamkeitskurs
02.10.22 – Alles brennt
05.10.22 – Mein Selbstvertrauen wächst
08.10.22 – Drei Wissensebenen
13.10.22 – Corona
17.10.22 – Kein Kloster
18.10.22 – Der Tiefpunkt
23.10.22 – Ich habe Unterstützung
24.10.22 – I Wonder
26.10.22 – Ein ganz anderes Ziel
27.10.22 – Positive Geisteszustände
28.10.22 – Die Kraft des Sangha
30.10.22 – Erste Entfremdungsgefühle
31.10.22 – Kontakt mit einem Medium
01.11.22 – Der Talisman
05.11.22 – Nichts
08.11.22 – Rausch des Lebens
12.11.22 – „Zustände“ voll Glück
13.11.22 – Meine eigene Anleitung zur Meditation
14.11.22 – Liebe, die universelle Energie
Albert Einstein über die Liebe – Brief an seine Tochter Lieserl
15.11.22 – So viele tolle Bücher und so wenig Zeit!
16.11.22 – Die Vereinigung
17.11.22 – Die Welt wird neu erkundet. Dankbarkeitsübung
18.11.22 – Reinigungsprozess im Gange
19.11.22 – Geistige Ernährung. Die Zustände werden tiefer
20.11.22 – Gleichmut. Aufbau der Seele
21.11.22 – Ich fühle diese Energie
22.11.22 – Tiefe Wahrheiten. Gedanken übers Erwachen
24.11.22 – Der Sturm
25.11.22 – Programmneustart
26.11.22 – Gewaltlosigkeit und Akzeptanz
27.11.22 – Aktuelle Definition: „Zustand"
29.11.22 – Der Schmetterling will schlüpfen
30.11.22 – Erstes Gespräch mit Anissita
30.11.22 – Der Traum vom morgen
01.12.22 – Reflektionen
03.12.22 – Die Lotusblume öffnet sich
05.12.22 – Der erste Tag in Marokko
06.12.22. – Einsicht über Karma
07.12.22 – Die Geräuschempfindlichkeit
08.12.22 – Voraussetzungen zum Erwachen
09.12.22 – Prozesse
10.12.22 – Ein furchtbarer Tag in Marrakesch
11.12.22 – Das Nachbeben
12.12.22 – Die unendliche Liebe
13.12.22 – Anhaftungen
14.12.23 - Bin ich anders?
15.12.22 – Die Natur des Begehrens
16.12.22 – Gespräch mit Kevin
18.12.22 – Oma Lisas Geburtstag
19.12.22 – Die Geräuschempfindlichkeit nimmt zu
20.12.22 – Krankenschein und die tiefen Einsichten
21.12.22 – Mein ICH existiert nicht
Teil 2.
Dezember 2022 – Februar 2023
Von der ersten bis zur zehnten Fessel
22.12.22 – Rede
23.12.22 – Die Ursache des Leidens
25.12.22 – Ein katastrophales Weihnachtsfest
26.12.22 – Ein kleines Identitätsproblem
27.12.22 – Die zehn Fesseln
28.12.22 – Raum und Zeit existieren nicht
01.01.23 - Ein produktiver Tag
02.01.23 – Ein nächtliches Grinsen
05.01.23 – Ich arbeite an der vierten Fessel
06.01.23 – Nächtliche Offenbarung
07.01.23 – Im Dienst der anderen
08.01.23 – Goldrichtige Gedanken
09.01.23 - Das zweite Mal in das gleiche Fettnäpfchen
10.01.23 – Der Selbstzweifel wird überwunden
11.01.23 - Sich dem Tag öffnen
12.01.23 - Das Leben nehmen, wie es ist
14.01.23 - Der Ruheraum
15.01.23 - Ahnenheilung
18.01.23 - Doch kein Dharma-Kurs. Mein kristallglasreines Inneres
19.01.23 - Alle Dinge entstehen im Geist
20.01.23 - Ich leide nicht mehr mit!
21.01.23 - Die Hoffnung stirbt zuletzt
22.01.23 - Die endgültige Absage
23.01.23 - Warum reagiere ich?
24.01.23 - Die Krise
25.01.23 - Ich suche weitere Unterstützung
26.01.23 - Mit sich Frieden schließen
30.01.23 - Im seichten Gewässer
31.01.23 - Die Achtsamkeit ist das A und O
01.02.23 - Ein Blick von außen
02.02.23 - Die Lücke existiert tatsächlich
03.02.23 – Die Liebe zu sich selbst
04.02.23 - Mein Inneres ist reaktionsfrei!
05.02.23 - Was reagiert denn da???
06.02.23 - Ich will weiter
07.02.23 - Jeder für sich allein
09.02.23 - Die nichtexistierende Kette
10.02.23 - Der Kurs Brahma Vigaras
12.02.23 - Das Leid spitzt sich zu
13.02.23 - Ohne den "Zustand" ist alles doof...
14.02.2023 - Meine Wünsche existieren nicht!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
15.02.23 - Deutliche Leidminderung
16.02.23 - Essen mit Buddhisten
17.02.23 - Ich bin eins mit Universum
18.02.23 - Diese Welt existiert nur in meinem Bewusstsein
19.02.23 - Ich schlafe!!!!!!!
20.02.23 - Das Wohl aller Wesen
21.02.23 - Mein Körper existiert nicht
22.02.23 - ICH BIN FREI!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Teil 3.
Februar 2023 - Juli 2023
Das Informationspaket. Ich will helfen.
25.02.23 - Die ersten Eindrücke
26.02.23 - Alles neu und interessant
27.02.23 - Es soll ein Download entpackt werden
28.02.23 - Es spricht zu mir!
01.03.23 - Die ersten Glücksgefühle
02.03.23 - Kann man "Alles brennt" vermitteln?
03.03.23 - Ein schlechter Tag
04.03.23 - Willkommen im Nihilismus!
05.03.23 - Das muss erst verdaut werden...
07.03.23 - Ich bin k.o.
08.03.23 - Videotelefonat mit Christiane Michelberger – ich bekomme endlich die Informationen!
09.03.23 - Die Dualität
10.03.23 - Die Glückseligkeit entfaltet sich
11.03.23 - Die Quantentheorie möchte erwähnt werden
12.03.23 - Ich beschäftige mich mit dem Thema Kundalini
13.03.23 - Ich bin ein Energiewesen mit allerlei bizarren Gedanken
14.03.23 - Erwachen ist auch nur ein Prozess
15.03.23 - Mein Energielevel steigt auf das höchste Niveau
18.03.23 - Ich bin ein Ozean, voller Liebe!
Fortsetzung auf Anfrage
Zusammenfassung
Eine Zusammenfassung für die Kurzleser: Eine 47-jährige Hausärztin, getrieben von der tiefsten Unzufriedenheit mit ihrem Leben und auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, ging im Juli 2022 zu einem buddhistischen Zentrum. Ohne jegliche Vorkenntnisse begann sie regelmäßig zu meditieren und erfuhr, ohne es bewusst zu sein, eine Erweckung der Kundalini. In den darauffolgenden Monaten erlebte sie unvorstellbare Emotionen: von den höchsten, durch ein menschliches Wesen gerade noch ertragbaren Glückszuständen, bis in die tiefsten Schluchten der Verzweiflung. All dies wurde von einem Prozess des Erwachens begleitet, dessen sie sich sehr bewusst war. Es regnete über sie von den tiefen Einsichten, durch die sie immer mehr die wahre Realität dieser Welt erkannte.
Ende Dezember 2022 löste sich spontan die erste Fessel, und kurz darauf lernte sie dieses buddhistische Konzept kennen. Sie begann, sich sehr intensiv mit dem Konzept zu beschäftigen. In den darauffolgenden zwei Monaten verstärkte sich das Leid, die Fesseln wurden eine nach der anderen gelöst, und Ende Februar 2023 erwachte die Frau. Dank Christiane Michelberger erfuhr sie, dass sie ein Kundalini Erwachen erlebt hat. Weitere Informationen fand sie schnell im Internet und insbesondere in den Büchern von Tara Springett.
Der Kundalini-Prozess klang zwischen Februar und Juli 2023 ab. Die letzten Informationen aus dem Informationspaket wurden im Juli 2023 ausgepackt. Ab August 2023 fand eine Verfeinerung der Entwicklung statt. Irgendwann kam die Erkenntnis, dass das Erwachen nicht das Ende des persönlichen Wachstums ist und dass man noch viel mehr zu erleben hat!
Diejenigen, die keine Zeit haben, die vollständigen Aufzeichnungen zu lesen, aber dennoch erwachen oder EINFACH glücklich werden wollen, empfiehlt die Autorin das Buch "Spirituelle Freude: Der buddhistische Dzogchen-Weg zur Erleuchtung" von Tara Springett. Nach tibetischem Buddhismus ist dies der direkte, schnellste und einfachste Weg zur Erleuchtung. Zitat: "Man kann diesen Weg nicht mit den niedrigeren Jhanas (Wege der Meditation) vergleichen". Darüber hinaus ist dieser Weg von unbeschreiblicher Freude und Glück gekennzeichnet.
Wer wissen will, auf welcher Stufe der spirituellen Entwicklung er sich befindet, kann sich das Buch "Das Leben ist ein Spiel, hier sind die Spielregeln" von Tara Springett ansehen. Tara Springett unterscheidet neun Stufen der Entwicklung des menschlichen Geistes: 1. Unschuld, 2. Dominanz, 3. Gehorsam, 4. Ehrgeiz, 5. Mitgefühl, 6. Verantwortung, 7. Liebe, 8. Glückseligkeit, 9. Erleuchtung. Das Buch enthält praktische Anleitungen, wie man auf dieser "Treppe zum Himmel" schneller vorankommt. Ken Wilber zufolge kann man von jeder Stufe aus erwachen, aber dazu kann ich mich mangels Informationen nicht äußern.
Falls jemand einen abenteuerlichen Kundalini Prozess erleben möchte, kann er es mit dem Buch von Tara Springett "Erleuchtung durch den Pfad der Kundalini" probieren.
Wer die Einzelheiten erfahren möchte, kann gerne weiterlesen. Viel Spaß!
Hier kommt später ein Link zu einem kostenlosen Hörbuch
Vorwort
Liebe Freunde,
mir ist etwas Wunderbares zugestoßen. Etwas so Außergewöhnliches und Wertvolles, dass ich es der ganzen Welt erzählen möchte. Etwas, was mein Leben auf den Kopf gestellt hat und meine Existenz mit Sinn erfüllt hat. Was mir gezeigt hat, wofür ich in diese Welt gekommen bin. Es ist keine Magie, obwohl es sich für mich manchmal magisch angefühlt hatte. Ich bin keine Außerwählte, denn durch diesen Prozess kann jeder gehen.
Ich bin gefragt worden, warum ich schreibe, warum ich mich öffne und meine persönlichen Umstände mitteile. Nun, ich empfinde ein tiefes, brennendes Verlangen, die Menschen mit den Konzepten des Erwachens und der Kundalini vertraut zu machen, denn das Erwachen ist das ultimative Heilmittel gegen das Leid, gehört aber bisher nicht zum Allgemeinwissen. Zu erklären, was Erwachen ist, ist ziemlich schwierig. Ich würde es als ein Informationspaket beschreiben, aber es ist kein intellektuelles Wissen, sondern ein Erlebnis. Es ist eine tiefgreifende psychologische Umstrukturierung, eine Transformation des Geistes, ein Übergang auf eine höhere Bewusstseinsebene, auf der man sich als Teil des allgemeinen oder höheren Bewusstseins wahrnimmt.
Ken Wilber formuliert in seinem Buch "Integrale Meditation" vier Stufen der Persönlichkeitsidentität:
1. Egozentrisch = ich-Identität
2. Ethnozentrisch = wir-Identität
3. Weltzentrisch = wir alle-Identität
4. Kosmozentrisch = nicht nur alle Lebewesen, sondern das Ganze der Wirklichkeit-Identität
Demnach wäre Erwachen ein Übergang aus weltzentrischer in die kosmozentrische Stufe der ich-Identität. Wie gesagt, es ist etwas kompliziert zu erklären. Wenn ich eine gläubige Christin wäre, würde ich sagen: Ich habe Gott erlebt. Diese Erlebnis veränderte grundlegend meine Persönlichkeit, meine Weltansichten, Überzeugungen, Interessen und Ziele.
Ich bin der Meinung, dass das Erwachen das Ziel von jeder Religion ist, aber es ist auch ohne Religion möglich. Buddha war ein Genie, der aus eigener Kraft den Weg zum Erwachen und zur weiteren Erleuchtung gefunden hat, dem wir noch Tausende von Jahren später folgen können. Es gibt wunderschöne vergoldete Statuen, die ihn darstellen. Der Buddha lächelt geheimnisvoll und symbolisiert "unergründliches Wissen, grenzenloses Mitgefühl und unsägliche Freude". Er scheint so unerreichbar zu sein, dass es den Menschen schwerfällt zu glauben, dass das Erwachen für jeden möglich ist und dass es erwachte Wesen unter uns gibt.
Denn die Erwachten sehen gar nicht so makellos aus wie Buddha-Statuen. Sie sitzen nicht den ganzen Tag auf der Mediationsmatte, sind nicht von Strahlen umgeben, lächeln unentwegt oder beantworten jede Frage mit "omm". Es sind in der Regel Menschen, die nicht nach Macht, Geld oder Ruhm streben und völlig unauffällig wirken. Mein Mann sagt manchmal: Du kannst unmöglich erwacht sein, weil du dich immer noch über den dreckigen Boden aufregst! 🤣 - Ja, das geht noch! Ich bin immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit meinen eigenen Emotionen und Problemen.
Manche sagen, dass das Erwachen die höchste Stufe der geistlichen Entwicklung eines Menschen ist, aber es stimmt so nicht. Es gibt eine noch eine höhere Stufe - die Erleuchtung. Auf dieser Stufe ist der Mensch mit Gott vereint, verliert völlig seine egoistischen Instinkte und handelt nur aus den Motiven der tiefsten Liebe zur Menschheit. Wir alle haben von solchen Menschen gehört - die markantesten Persönlichkeiten, die unsere Geschichte tief geprägt haben, sind Jesus Christus und Buddha. Leider kann ich keine Aussage über andere Religionen treffen, da ich bisher wenig Berührungspunkte mit ihnen hatte.
Ich habe mich in diesen Prozess gestürzt, ohne die geringste Ahnung zu haben, und musste den ganzen Weg im Dunkeln gehen, meiner Intuition folgen und mit wenig bis gar keiner Unterstützung. Aber Sie können es besser machen. Im Anhang werde ich nützliche Informationsquellen auflisten, die Ihnen zur Verfügung stehen könnten. Es gibt viele erwachte Menschen, Bücher und Internetseiten. Das ist der Grund, warum ich diese Zeilen schreibe - um Ihnen Informationen und Ermutigung zu geben.
Ich bin der Ansicht, dass die Menschheit ein neues Level erreicht hat, auf dem wir nicht ums nackte Überleben kämpfen müssen, zumindest wir Europäer. Wir können uns neuerdings auf unsere geistige Evolution konzentrieren. Zudem sind wir dank der modernen Medien buchstäblich alle miteinander verbunden. Informationen verbreiten sich augenblicklich. Allmählich nähert sich die Zeit, in der das Erwachen nicht mehr nur Einzelpersonen betrifft, sondern die Allgemeinheit. Eckhard Tolle schreibt in seinem Buch "Eine neue Erde": "Mit jedem erwachten Menschen kommt das kollektive Bewusstsein in den Schwung und alles wird leichter für die anderen".
Zum Verständnis: Kundalini ist die Energie, die nach den tibetischen Lehren das Leben in unserem Körper erhält und im Unterbauch zentriert ist. Sie kann auf verschiedene Weise aktiviert werden, und unter günstigen Bedingungen hilft uns die Kundalini zu erwachen. Dabei kann man die ungewöhnlichsten, fast magischen Zustände erleben.
Es gibt wahrscheinlich viele Wege des Erwachens, und es ist manchmal ein langsamer und subtiler Prozess. Aber es gibt einen Weg, diesen Prozess zu beschleunigen, und zwar mit Hilfe der Kundalini. Es ist, als würde man von einem Fahrrad auf einen Porsche umsteigen. Menschen, mit denen ich ausgetauscht habe, sprechen oft von einer sehr intensiven Phase, die etwa 8 - 10 Monate dauert, in der ein bewusstseinserweiternder Prozess stattfindet, und man die wahre Realität dieser Welt erkennt. Allerdings bleibt man sein Leben lang im Kundalini-Prozess, denn wenn man diesen Prozess einmal begonnen hat, kann man ihn nicht mehr rückgängig machen.
Offenbar hatte ich großes Glück, denn meine Kundalini aktivierte sich auf einer fest etablierten Liebesstufe und katapultierte mich direkt auf die Glücksehligkeitsstufe. Ich höre oft, dass der Kundalini-Prozess einige Nebenwirkungen haben kann, wie körperliche Schmerzen, klassisch sind Rückenschmerzen. Ich weiß nicht, warum ich keine großen Beschwerden oder negativen Nachwirkungen erlebt habe. Ich hatte aber fast alle persönlichen Probleme noch vor dem Prozess gelöst. Kundalini bringt eben alle Probleme an die Oberfläche und zwingt uns, sie zu lösen. Insgesamt ist der Kundalini-Prozess nichts für schwache Nerven und es kann schwierig sein, die Veränderungen im Körper, von denen einige magisch erscheinen, mit dem Geist zu integrieren. Es war für mich ein Glücksfall, einen buddhistischen Hintergrund zu haben und zu wissen, dass ich mich im Prozess des Erwachens befand. Das hat mir den Weg sehr erleichtert. Im Buddhismus gibt es ein Konzept "Die zehn Fesseln", das sehr hilfreich ist, um den Geist von den Beschränkungen dieser materiellen Welt zu befreien; ich habe am 27.12.22 darüber geschrieben.
Nach dem Erwachen erlebte ich zunächst ein unbeschreibliches Glücksgefühl, aber nach ein paar Monaten fiel ich in ein Loch. Ich wollte meine Erfahrung unbedingt im buddhistischen Zentrum weitergeben, um anderen zu helfen, aber ich wurde dort nicht angenommen. Das Konzept der Kundalini ist eben in unseren westlichen Kreisen weit und breit unbekannt. Das war sehr deprimierend für mich, außerdem wusste ich damals nicht, dass man aus der Phase der Glückseligkeit herausfallen kann. Nach dem Erwachen ist es eben sehr wichtig, sich auf die Glückseligkeit zu konzentrieren und die negativen Emotionen aufzulösen, um sich in der Glücksehligkeitsphase zu etablieren. Wie man das macht, kann man in Tara Springetts Buch "Spirituelle Freude: Der buddhistische Dzogchen-Weg zur Erleuchtung" nachlesen. Ich hatte das große Glück, dieses Buch im Herbst 2023 in die Hände zu bekommen, und seitdem erlebe ich fast jeden Tag wunderschöne Glückseligkeit. Es ist unbeschreiblich!
Meiner Meinung nach ist die Kundalini-Aktivierung in Verbindung mit dem Wissen aus den Lehren des Buddha eine sehr effektive Methode des Erwachens. Ein Erwachensprozess ist das Schönste, was einem Menschen in dieser Welt passieren kann, und ist der natürliche Höhepunkt der menschlichen Entwicklung. Er kann mit nichts, mit rein gar nichts verglichen werden. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie ihn erleben!
Die wichtigste Botschaft des Erwachens: Wir sterben nicht nach dem Tod! Das Bewusstsein existiert weiter! Was ich erlebt habe, stimmt ziemlich genau mit Berichten über Nahtoderfahrungen überein, wie z.B. grenzenloser Raum, der mit Liebe und Glück gefüllt ist, und die Nichtexistenz von Zeit und Raum. Ich sah weder einen Lichttunnel noch tote Verwandte, da mein Körper noch nicht gestorben ist. Stattdessen habe ich (vielleicht) eine tiefere Perspektive eingenommen. Meine Erfahrung ist sehr nahe an dem, was Nahtod-Überlebende erleben, wie Wolfgang Knüll in seinem Buch "Nahtod-Erfahrungen" formuliert: "... es handelt sich um ein zutiefst traumatisches Erlebnis, das die Persönlichkeit grundlegend verändert... Die Qualität des Erlebens, so leicht über alle Horizonte hinaus getragen worden zu sein, und dann das Zurück in die scheinbare Schwere des Körpers, das bedeutet im Leben des betroffenen Menschen einen gewaltigen Bruch, der in jedem zukünftigen Moment präsent bleibt... Besonders unmittelbar nach der Rückkehr kommt es nicht selten aufgrund der Nachwirkungen der ungeheuren Schönheit des Erfahrenen zu lang andauernden depressiven Zuständen. Zudem fühlen sich die Menschen mit ihrem Erlebnis vollkommen isoliert, denn wem kann man davon erzählen? Nicht nur, dass einem wahrscheinlich niemand glauben wird, man muss darüber hinaus viel mehr damit rechnen, für verrückt gehalten zu werden oder man glaubt am Ende sogar selbst, das etwas mit einem nicht stimmt. Dabei hat man doch alles real erlebt. So fühlen sich die Nahtoderfahrenden sich häufig fremd und fehl am Platz. Ihre echte, wahre Existenz liegt zu einem wesentlichen Teil in dieser anderen Welt. Das irdische Umfeld erscheint ihnen mitunter wie provisorisch."
Ich kann mir vorstellen, dass das Bewusstsein irgendwo in niederen Lebensformen entsteht und von einem Organismus zum anderen wandert, bis es schließlich einen menschlichen Körper erreicht und sich mit jeder neuen Reinkarnation weiterentwickelt. Die Erde ist ein riesiger Kindergarten oder einen Inkubator sozusagen. 🤣 Tara Springett nennt es ein Internat, aber ich mag dieses Wort nicht. Mit jeder Reinkarnation ist der Geist mehr und mehr in der Lage, in höheren Frequenzen zu schwingen, Liebe, Mitgefühl und Altruismus zu empfinden. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem der Geist sich erweitern und Informationen über die wahre Welt gewinnen kann. Er erkennt, dass dies hier nur ein Übungsplatz ist und dass es hier wirklich nichts Wichtiges gibt, keinen Erfolg, keinen Ruhm, kein Geld. Das sind nur Illusionen, die uns sehr real erscheinen. Plötzlich wird einem klar, dass man in einem riesigen Traum lebt, der für die Entwicklung des Geistes geschaffen wurde, und man sieht die wirkliche Realität: den unendlichen Raum, einen Ozean voller Liebe, Licht und Glück, der nicht nur intelligent, sondern auch ungemein kreativ und allwissend ist. Das unendliche Bewusstsein, von dem wir ein Teil sind. Buddhisten nennen diesen Prozess Erwachen. Alle irdischen Ziele werden sofort unwichtig. Es gibt nichts mehr, wonach man streben könnte... Die Kette der Reinkarnationen endet, und nach dem Tod kann man sich endlich mit der Quelle, Gott oder dem kosmischen Bewusstsein, verbinden... Es gibt so viele Namen, aber sie alle beschreiben das Gleiche.
Nach dem Erwachen ist der Geist in der Lage, in höheren Frequenzen zu schwingen und häufiger Zustände von Glück und Liebe zu erleben. Das liegt daran, dass der Mensch erkennt, dass es in dieser Welt nichts gibt, was ihn daran hindert, glücklich zu sein, und dass Glückseligkeit die Grundlage unseres Seins ist.
Wenn wir lernen, beständig glücklich und liebevoll zu sein, werden wir in der Lage sein, sich Gott jetzt auf der Erde anzuschließen, das heißt, die letzte Stufe der menschlichen Entwicklung - die Erleuchtung - zu erreichen, andernfalls wird dies nach dem Tod geschehen. Buddhisten nennen diesen Prozess einen "Akt der Gnade", weil es unmöglich ist, aus eigener Kraft erleuchtet zu werden; man ist auf die Hilfe eines erleuchteten Lehrers und eines höheren Bewusstseins angewiesen.
Dies ist der einzige Zweck und Sinn der Existenz hier - Entwicklung und Vereinigung mit dem allgemeinen Bewusstsein oder mit Gott. Nichts anderes. Ich bin unbeschreiblich froh, dass ich das erkannt habe und es artikulieren kann. Ich bin erfüllt von unendlicher Demut und Ehrfurcht vor der Macht Gottes. Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass ich Ihn erleben darf! Ich bin erfüllt von Dankbarkeit dafür!
Meine Erfahrung einer anderen Welt war so stark, dass diese materielle Welt für mich nicht existent zu sein schien. Erst ein Jahr nach dem Erwachen bin ich doch zu dem Schluss gekommen, dass diese Welt nicht nur in meinem Kopf existiert. Ja, ich habe wirklich ein Jahr gebraucht, um zu begreifen, was geschehen war, und um mir ein klares Bild zu machen. Mein Tagebuch und mein höheres Bewusstsein, das mir rechtzeitig die richtigen Bücher gab, haben mir dabei sehr geholfen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei ihm bedanken, aber auch bei allen Menschen, die mich in meinem Leben unterstützt haben, insbesondere bei Christel Krug, die mir die Initialzündung gab und mir in meinem Erwachensprozess sehr geholfen hat. Mein besonderer Dank gilt aber meiner Lehrerin Tara Springett, die mir nach dem Erwachen den Weg geleuchtet hat. Mit ihr fühle ich mich in besonderer Weise verbunden. Tara Springett hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in der buddhistischen Lehre die Begriffe „Erwachen“ und „Erleuchtung“ als Synonyme betrachtet werden. Viele Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sagen jedoch, dass der Prozess der Übermittlung eines „Informationspakets“ dem Aufwachen aus dem Schlaf sehr ähnlich sei. Man öffnet sich in eine andere Dimension, als ob man in diesem Leben nur geschlafen hätte. Der Einfachheit halber habe ich diesen Begriff „Erwachen“ stehen gelassen. Im Grunde ist es nur eine Frage der Formulierung in der menschlichen Sprache. Begriffe können sehr unterschiedlich sein, und darüber möchte ich nicht streiten. Ich bin nur an den Informationen interessiert, und icht an den Namen der Phänomene. So beschreibe ich den Begriff „Erwachen“ als eine Erweiterung des Bewusstseins, die es einem ermöglicht, Informationen über die Welt zu erhalten. Das Wort „Erleuchtung“ verstehe ich als Vereinigung mit dem Göttlichen, als Verschmelzung des menschlichen Bewusstseins mit dem höheren Bewusstsein.
https://www.taraspringett.com/de/
https://en.everybodywiki.com/Tara_Springett
Und noch eine Sache. Ich möchte niemanden zum Buddhismus bekehren. Ich bin in keiner Weise auf der Suche nach irgendeiner Art von Verehrung und pflege keine finanziellen Interessen. Ich möchte nur meine Geschichte erzählen, mit dem Wunsch, jemandem zu helfen, zu erwachen. Ich möchte in meinem Bericht keinem zu nahetreten, es sind lediglich meine persönlichen Erfahrungen und Gedanken, die keineswegs als unumstößliche Wahrheiten angesehen werden sollten. Zunächst einmal ist kein Erwachensprozess wie der andere. Ich entschuldige mich im Voraus, wenn ich bei jemandem negative Emotionen auslöse. Deutsch ist nicht meine Muttersprache - bin dankbar für die Fehlermeldung! Bitte kontaktiert mich: kontakt@awaked.me
Mit Liebe, Olga
Teil 1
Juli-Dezember 2022
Von dem ersten Kontakt zum Buddhismus bis zum Stromeintritt
Wie alles anfing
Ich würde mich nicht als esoterisch bezeichnen. Ich wurde mit 16 Jahren in einer russisch-orthodoxen Kirche getauft und in Deutschland als evangelisch eingetragen. Wie oft ich in meinem Leben die Kirche besucht habe, kann man an den Finger von zwei Händen abzählen. Obwohl ich mir immer vorstellen konnte, dass eine höhere Kraft existiert. Bloß wusste ich nicht, wozu ich die Institution der Kirche brauche. Ich kann selbst zu Gott Kontakt aufnehmen und brauche keinen Vermittler. Im Jahr 2012 bin ich aus der evangelischen Kirche ausgetreten, als ich von der Kindesmisshandlung erfuhr. So eine Kirche konnte ich nicht unterstützen.
Ende 2021 habe ich mich mit Christel, einer Freundin von mir, unterhalten und ihr vorgejammert: „Ich habe in meinem Leben alles erreicht, was ich wollte. Ich habe eine große Familie, einen liebevollen Mann, einen tollen Beruf, Wohlstand und Gesundheit. Nur das Wichtigste fehlt: das Glück. Und der Sinn für das Ganze. Mein Leben besteht nur aus unendlichen Terminen und Zeitdruck, ich drehe mich täglich in einer Mühle, ohne den Zweck zu verstehen. In unserem Haus bin ich die zentrale Achse, die Stütze, die alles koordiniert, kommuniziert, Konflikte schlichtet und Sachen findet. Von morgens bis abends kümmere ich mich um andere Menschen, tagsüber auf der Arbeit und abends zu Hause. Und dabei hätte ich so gerne Zeit für mich selbst und für meine Hobbys. Ich habe mich schon immer für Buddhismus interessiert und habe bis jetzt nie Zeit dafür gefunden.“
Bei diesem Satz erwiederte Christel erstaunt: „Olga, du und Buddhismus! Aber weißt du denn nicht, dass es in Essen ein großes buddhistisches Zentrum gibt?“ - da war ich perplex. Ich wohne hier seit 25 Jahren und hatte noch nie vom buddhistischen Zentrum gehört. Daneben berichtete mir Christel überraschenderweise, dass sie seit 2 Jahren eine Triratna Gruppe (europäische buddhistische Gemeinschaft) in ihrer Stadt besucht. Triratna bedeutet: drei Jüwele. Gemeint werden Buddha, Dharma (seine Lehre) und Sangha (buddhistische Gemeinschaft).
Am gleichen Tag schickte sie mir einen Link des buddhistischen Zentrums und ich meldete mich sogleich für die Rundmail an.
http://www.buddhistisches-zentrum-essen.de/
Es war mitten in der Corona Pandemie und ich wollte nicht unbedingt in einem Raum zusammen mit vielen anderen Menschen sitzen. Also habe ich mir ein paar Vorträge von der Homepage angehört. In einem Vortrag wurde ein Buch von Philip Moffitt "Tanz mit dem Leben" erwähnt. Das Buch habe ich mir gekauft und habe angefangen zu lesen. Der Autor erläutert und interpretiert Buddhas Lehre. Es geht um die Ursachen und Formen des Leids. Als Leid wird jede Form der Unzufriedenheit bezeichnet: Druck, Stress, Frust, Kummer, Trauer, Enttäuschung, Sorgen, Ängste, Depression, jeder seelische Schmerz. Es war erstaunlich. Bei jeder zweiten Seite vibrierte mein ganzes Inneres. Ich spürte eine tiefe Wahrheit des Textes. Ich war vom Buch fasziniert und konnte mich trotzdem nicht überwinden, das Zentrum zu besuchen.
Als am 24. Februar 2022 der Krieg in der Ukraine losging, hat es mich sehr schwer getroffen. Natürlich gibt es immer wieder Kriege auf der Erde, aber dieser Krieg nahm ich sehr persönlich. Vielleicht deswegen, weil ich eine tiefe Verbundenheit sowohl zum russischen als auch zum ukrainischen Volk spüre. Ich konnte das Ganze nicht verstehen. Ich war immer der Meinung, dass die Menschheit sich doch noch zum Positiven entwickeln würde. Aber dieser Krieg hat meine Meinung von der Menschheit komplett ruiniert. Ich war so enttäuscht von dieser Welt. Mein Gefühl war: „Halten Sie die Erde an, ich muss aussteigen!“ Ich wollte in dieser Welt nicht länger bleiben. Mich wiederte alles an. Wenn ich zurückblicke, hat sich zu diesem Zeitpunkt das allgemeine Leid, der sogenannter "Weltschmerz", in mir zugespitzt wie noch nie. Letztendlich hat mich der Krieg in der Ukraine zum buddhistischen Zentrum gezwungen.
Im Juli 2022 hatten ich eine Woche Urlaub. Mein Mann wollte wegfahren, aber ich hatte diesmal überhaupt keine Lust. Ich war so voll von den Eindrücken der Außenwelt, dass ich mich nur noch einigeln wollte, die Zeit mit mir selbst verbringen, Gedanken ordnen. Zu Susanne, einer anderen Freundin von mir, sagte ich in dieser Woche: „Ich bin schon so oft gereist, dass es mich nicht mehr reizt. Ich möchte endlich meine innere Reise antreten“. Wie zutreffend meine Vorahnung war…
Am 28.07.22 fasste ich meinen ganzen Mut zusammen und fuhr zu einem offenen Abend ins buddhistische Zentrum. Ich war zu früh da, die Tür war noch verschlossen. Ich setzte mich draußen im Hof auf einen Stuhl gesetzt und war sehr aufgeregt. Eine Frau kam, nahm neben mir einen Platz, schaute mich freundlich an und fragte: „Na, zum ersten Mal hier?“ Wir unterhielten uns ein wenig, aber ich konnte vor Aufregung nicht ruhig sitzen. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde. Über den Buddhismus wusste ich wirklich nicht viel: dass Buddha eine historische Persönlichkeit war, dass er den Weg gefunden hat, Leid zu Beenden und dass er erfahren hat, wie die Dinge wirklich sind. Das letztere hat mich wirklich gefesselt. Ich würde auch gerne wissen, wie die Dinge wirklich sind. Was wird damit überhaupt gemeint? Der Aufbau des Universums? Ich habe mal den Film mit Keanu Reeves gesehen – Little Buddha - und fand ihn sehr spannend.
Irgendwann öffnete sich die Tür zum buddhistischen Zentrum. Ich wurde aufgefordert, die Schuhe auszuziehen. Drinnen fand sich ein zweistöckiges Gebäude mit einem ausgebauten Keller. Ich wurde freundlich begrüßt und durch das Haus geführt. Nachdem ich mir etwas von dem Tee genommen habe, der für alle Besucher bereit stand, gesellte ich mich zu den anderen Menschen und hörte ihrem Geplauder zu. Um 19:15 wurden wir eingeladen, in den Schreinraum im oberen Stock zu gehen. Es war ein wunderschöner Raum mit großen Fenstern, hellem Parkett, gelb-gold gestrichenen Wänden und einer vergoldeten überlebensgroßen Buddha Statue auf dem Podest. Der Raum war herrlich in seiner Leere und strahlte im Sonnenlicht. Der Buddha saß mit geschlossenen Augen auf einer Lotusblume und lächelte, in seiner Hand hielt er eine kleine Lotusblüte. Es war etwas ganz Besonderes. Ich hatte das Gefühl, endlich am richtigen Ort zu sein. Dass ich endlich nach Hause gefunden hatte…
Es gab zwei Ordinierte und eine Frau, die diesen Abend geleitet haben. Als ordiniert werden Mitglieder des buddhistischen Ordens Triratna bezeichnet. Ein Ordinierter gab eine Erklärung und Einleitung zu der Meditation, die etwa 15 Minuten gedauert hat. Es war meine erste Metta Bhavana Meditation. Sie besteht aus fünf Teilen: Man soll bei dieser Meditation Liebe zu sich selbst verspüren, dann Liebe zu einem Freund, danach zu einer neutralen Person, später zu einem Menschen, zu dem die Beziehung zurzeit problematisch ist und anschließend zu allen Wesen auf dieser Welt. Es war unbeschreiblich schön! Ich konnte bloß die Liebe zu mir selbst nicht so gut spüren, aber der Rest hat wunderbar funktioniert. In der fünften Phase habe ich so viel Liebe zu der ganzen Welt verspürt, dass ich mich wie ein Leuchtturm in der Dunkelheit gefühlt habe. Ich habe Licht und Liebe in alle Richtungen ausgestrahlt mit der Hoffnung, dass mich jemand empfangen kann. Ist da jemand in der Dunkelheit??? Ich habe alle Wesen im Universum mit all meiner Kraft geliebt. Diese erste Meditation werde ich nie vergessen.
Nach einer Pause gab es einen Vortrag über das Thema Großzügigkeit. Die Veranstaltung dauerte bis 21:30 Uhr gedauert. Ich kam nach Hause wie beflügelt. Ich hatte ein deutliches Gefühl, dass ich in einen neuen Abschnitt meines Lebens eintrete.
Ab da an war ich jeden Donnerstag im Zentrum. Ich habe mir sehr gewünscht, Kontakt zu jemandem aufbauen zu können. In der Pause habe ich mir Mühe gegeben, mich mit Menschen zu unterhalten. Allerdings musste ich feststellen, dass wohl sehr viele Menschen dieses Zentrum besuchen. Jeden Donnerstag gab es dort andere Personen. Sogar die Ordinierten wechselten ziemlich oft.
Irgendwann hörte ich von einem Einsteiger-Kurs „Geschmack der Freiheit“. Er beinhaltete 6 Treffen mittwochs und ein Wochenende-Retreat im Mediationshaus Vimaladhatu in Sauerland. Nach einer kurzen Überlegungsphase habe ich mich zu dem Kurs angemeldet.
Im August hat mir Christel das Buch Maitreyabandhu „Leben in voller Achtsamkeit“ als PDF zugemailt. Es ist ein achtwöchiger praktischer Kurs. Was für ein Buch! Ich habe mich sofort darauf gestürzt, überallhin mitgenommen und in jeder freien Minute gelesen. So klar und einfach formuliert! Ein Geschenk Gottes - und zwar zum richtigen Zeitpunkt! Man wird nämlich zu einem anderen Menschen, wenn man den Kurs macht.
Am Mittwoch, den 31.08.22 ging der Kurs „Geschmack der Freiheit“ los. Wir waren etwa 23 Personen plus drei Leiter und haben uns im Schreinraum getroffen. Ich war so sehr aufgeregt und mit Vorfreude gefüllt. In der Vorstellungsrunde sagte ich: „Ich bin zwar ganz neu hier. Aber ich fühle mich wie zu Hause. Wahrscheinlich war ich in meinem früheren Leben ein Buddhist“. Wundere mich, dass keiner gelacht hat 😉
Der Kurs lief nach dem gleichen Schema ab, wie die offenen Abende: zuerst 15 Minuten Meditation, Pause und anschließend ein Vortrag über ein bestimmtes Thema: Dankbarkeit, Ehrlichkeit, Mitgefühl usw. Es waren wunderbare Vorträge! Manchmal lieferten sie mir eine ganze Menge Stoff zum Nachdenken. Anfang September wurden wir aufgefordert, täglich zu meditieren. Ich habe nur seufzen können. Wann soll ich denn bitte Zeit für die Meditation finden? Mein Leben ist so voll. Ich war schon sehr stolz drauf, einen Nachmittag in der Woche freischaufeln zu können, um zum Zentrum zu fahren. Maitreyabandhu empfiehlt ebenfalls eindringlich tägliche Meditation. Es gab nur eine Möglichkeit – früher aufzustehen…
Aus Erfahrung wusste ich, dass man die neuen Gewohnheiten zuerst etablieren muss. Die erste Woche war schlimm. Ich bin ein absoluter Morgenmuffel und komme seit der Kindheit schwer aus dem Bett. Meine beste Zeit zum Aufstehen ist 9 Uhr. Aber - ich war sehr motiviert. Seit Juli hatte ich ein ausgeprägtes Gefühl, dass in mir ein Feuer entstanden ist. Irgendeine Energie zwang mich, weiterzumachen.
Ich habe angefangen, täglich um 5 Uhr aufzustehen. Fünfzehn Minuten brauche ich immer, um ganz wach zu werden. Dann eine 15-20-minütige Meditation. Ich habe zuerst nach der 7Mind-App meditiert (zertifiziert, Kosten werden durch die Krankenkassen übernommen!), später auch selbstständig. Nach der Meditation 15 Minuten Yoga, da mich Meditieren sehr verspannt. Ich habe noch nie in meinem Leben Yoga gemacht. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Irgendjemand hat mal einen Sonnengruß erwähnt. Ich habe danach gegoogelt und – dank Internet – Mady Morrison kennengelernt. Ist das Mädchen nicht wunderbar? Ich bin ihr treuer Fan geworden.
Nach dem Yoga gab es noch ein wenig Zeit, um etwas Buddhistisches zu lesen. Später ist mein Tagebuch dazu gekommen. Und ich habe festgestellt – es waren immer sehr glückliche Stunden. Allein zu sein und mich mit etwas zu beschäftigen, was FÜR MICH wichtig ist. MICH wichtig nehmen. Zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren…
16.09.22 - 18.09.22 - Das erste Retreat
Mein erstes Retreat in Vimaladhatu war einzigartig. Ich war ziemlich aufgeregt und wusste nicht genau, was auf mich zukommt. Ich habe mich für die Mitfahrgelegenheit gemeldet und habe eine junge Frau - Carolina - mitgenommen. Den ganzen Weg ins Sauerland haben wir über die Familie, Beruf und Hobbys gequatscht. Scheint es mir nur, oder ist das tatsächlich so, dass alle Buddhisten sehr offene und angenehme Menschen sind?
Das Meditationshaus Vimaladhatu ist ein weiträumiges zweistöckiges Gebäude und liegt auf einem Berg mitten im Wald. Das Retreat wird auf Spendenbasis finanziert, so wie alles bei Triratna. Die Unterbringung erfolgt in Zwei- bis Dreibettzimmern, welche ziemlich spartanisch möbliert sind. Im Erdgeschoss befinden sich der geräumige Aufenthaltsraum und der Essraum, Küche, ein paar Zimmer, Duschen und Toiletten. In der ersten Etage werden Frauen und Männer getrennt untergebracht. Es gibt noch ein kleineres Gebäude für die Ordinierten. Ein treppenförmig angelegter Garten, der zu einem kleinen runden Platz mit einem Stupa in der Mitte – kleinem buddhistischen Bauwerk – führt und direkt an den Wald grenzt. Atemberaubende Aussicht in das untenliegende Tal. In der Ferne liegendes Dorf. Wunderbare Luft. Vogelgezwitscher. Ruhe.
Bis 18:00 Uhr sind alle eingetroffen. Ein wenig kannte ich schon die Menschen, obwohl ich mir nicht alle Namen merken konnte. Nach der Begrüßungsrunde gab es ein leckeres veganes Abendessen und anschließend eine Meditation.
Der Schreinraum befindet sich im Untergeschoss. Mir stockte der Atem, als ich den Raum betrat: heller Parkettboden, wunderschöne Leere, eine kleine Buddha Statue an der Wand. Die lange Wand mit einem bodentiefen Fenster öffnet sich auf die Terrasse mit Sicht in das Tal. Wunderschön!
Hier ist der Link zum Meditationshaus Vimaladhatu. Dort sind alle willkommen, nicht nur Buddhisten ;-)
https://www.vimaladhatu.de/
Ich habe mir eine Matte und Decken geholt und mich in der Nähe der Buddha Statue nach vorne gesetzt. Die Schreinbegrüßung war neu für mich. Das Nachsprechen von unbekannten Wörtern auf Pali, die ich nicht verstehe, fand ich ziemlich befremdlich. Die anschließende Meditation war allerdings richtig gut. Ich habe das Gefühl, dass ich tiefer in die Meditation versinken kann, wenn ich mit anderen Menschen zusammen meditiere. Wir haben die Vergegenwärtigung des Atems geübt. Das war meine erste Meditation über die Dauer von 45 Minuten und ich fand sie wirklich lang. Vor allem sind meine Beine eingeschlafen. Nach etwa 20 Minuten bin ich aus der Meditation raus und habe leise versucht, meine Sitzposition zu ändern. Ich verstehe nicht, wie die Menschen im Schneidersitz so lange sitzen können. Wahrscheinlich muss man das von Kind an üben.
Geschlafen habe ich gegen meinen Erwartungen ziemlich gut. Habe mich entschlossen, meinen Rhythmus beizubehalten und um fünf Uhr morgens aufzustehen. Habe unten für mich alleine meditiert, Yoga gemacht, „Das Leben in voller Achtsamkeit“ gelesen und geduscht.
Um 7:00 Uhr gab es eine gemeinsame Meditation. Draußen war es noch dunkel, als wir uns im Schreinraum zusammenfanden. Der Raum war nur wenig beleuchtet. Neben der Buddha Statue brannten zwei Kerzen. Ich nahm wieder meinen Platz vorne ein. Diesmal sollten wir Metta Bhavana meditieren. Ich liebe diese Meditation, obwohl ich immer noch Schwierigkeiten hatte, Liebe zu mir selbst zu empfinden.
Aber an diesem Morgen kam es anders. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Bin schnell in die Meditation versunken. Meine Gedanken flossen ganz langsam. Aus irgendeinem Grund habe ich mir überlegt: wie groß soll denn die Wahrscheinlichkeit sein, dass ich zu diesem Zeitpunkt, an diesem Ort und in dieser Anordnung von Molekülen sitzen würde? Dass ich mich, ein Mensch, wie ich bin, in diesem Körper und mit dieser Geistesverfassung, mit all meinen Gedanken hier befinden würde. Wenn ich diese Wahrscheinlichkeit mathematisch beschreiben sollte, würde sie verschwindend klein sein.
Und - allen Wahrscheinlichkeiten zu trotz – sitze ich hier. Diese Tatsache kann ich nur auf eine Weise erklären: Jemand wollte, dass ich existiere. Ich kann das nur durch eine unendliche Liebe zu mir vom Universum oder von Gott oder von sonst irgendeinem Bewusstsein erklären…
Und in diesem Moment kam die Welle. Das war ein richtiger Tsunami aus Liebe zu mir, den ich plötzlich gespürt habe. Die Existenz von dieser Liebe habe ich nicht einmal vermuten können. Nicht mal in meinen kühnsten Träumen. Es hat mich so überflutet, dass mir die Tränen kamen. Wie unangenehm im Beisein von 22 fremden Menschen… Insbesondere ist es peinlich, die anderen bei der Meditation zu stören. Ich saß ganz still auf meiner Matte und die Tränen kullerten nur so über mein Gesicht auf den Pullover. Diese Meditation werde ich nie im Leben vergessen. Es war irgendein Wendepunkt auf meinem Weg. Oder ein Ausgangspunkt? Ich habe verstanden, wie wertvoll ich als Mensch bin. Wie großartig ich bin. Nur ein wunderbarer Mensch kann vom Universum so stark geliebt werden.
Um 9 Uhr gab es Frühstück, verschiedene Aufstriche, Brot, Porridge und Obst. Am Vormittag konnten wir uns einen Vortrag über Buddhismus anhören und uns später in kleinen Gruppen austauschen. Alles war neu, sehr nett und interessant.
Nachdem wir zu einer kleinen Gruppe aus 6 Personen im Essraum zusammengekommen waren, fragte Ratna - eine der Leiterinnen - uns unter anderem, wie wir zum Buddhismus gefunden hätten und was unsere Beweggründe seien, diesen Kurs zu machen. Das war eine sehr gute Frage und die Antworten fielen sehr unterschiedlich aus. Ich sagte, dass bei mir vor ein paar Monaten ein inneres Feuer entstanden sei und dass ich erwachen möchte. Es war mir ziemlich peinlich, denn außer mir hat keiner solche Beweggründe genannt. Außerdem sagte ich, dass ich Liebe weitergeben will, diese Energie, die alles durchdringt und verbindet. Ich fühlte mich dabei wie ein schwarzes Schaf, aber ich wollte ehrlich sein.
Ich habe mich für das Abräumen nach dem Mittagessen gemeldet. Das Essen wird hier zwar gekocht, aber die restlichen Aufgaben werden gemeinschaftlich getragen. Das fand ich richtig toll. Es ist nicht schwer, nach dem Mittagessen abzuräumen und bin ich immer froh, eine Aufgabe zu haben. Außerdem werden so die Kosten gespart und man genießt das Gefühl einer richtigen Gemeinschaft.
Nach dem Mittagessen ging ich mit ein paar Frauen spazieren. Eine wunderschöne Gegend hier. Meterhohe Fichten, die allerdings an vielen Stellen abgeholzt werden. Wahrscheinlich Borkenkäferbefall. Und trotzdem war es sehr schön im Wald.
Insgesamt war es ein toller Tag. Es gab Zeit zum Austauschen oder einfach zum Buch lesen. Abends haben wir wieder meditiert mit diesmal längeren Rezitativen. Man nennt es Zufluchten und Vorsätze. Ich weiß nicht, warum das auf einer Fremdsprache sein soll. Manche Sachen verlieren ihren Sinn, wenn man nur den Traditionen folgt. Die fünf Sätze, die zum Schluss auf Deutsch gesagt werden, bringen mir persönlich viel mehr:
„Mit Taten liebevoller Güte läutere ich meinen Körper.
Mit Großzügigkeit gebend läutere ich meinen Körper.
Mit Stille, Schlichtheit und Genügsamkeit läutere ich meinen Körper.
Mit ehrlicher und wahrhaftiger Sprache läutere ich meine Rede.
Mit hellwacher Achtsamkeit läutere meinen Geist.“
Der nächste Morgen verlief nach dem gleichen Schema, früh aufstehen, für mich allein meditieren, Yoga, duschen, Kaffee, gemeinsame Meditation und um 9 Uhr Frühstück.
Habe in der kleinen Buchhandlung in Vimaladhatu das zweite Buch von Maitreyabandhu „Die Reise und der Reiseführer - Ein praktischer Kurs im Erwachen“ entdeckt. Oh Mann! Mir geht der Text direkt unter die Haut! Sofort beide Exemplare gekauft, die es dort gab: für Christel und für mich. Aber man kann das Buch auch als PDF von der Webseite des buddhistischn Zentrums runterladen oder bei Amazon erwerben. Der Autor wurde für die Zeit, die er für die Arbeit an dem Buch gebraucht hat, von seinem Sangha finanziert. Das nenne ich Gemeinschaft! Das ist ein Zusammenhalt! So wird die Menschheit weiterkommen. 😉
Hier ist der Link zum Runterladen:
www.triratna-buddhismus.de/ressourcen
Die Abreise war um die Mittagszeit nach dem Putzen. Irgendwie fand ich dieses Retreat doch anstrengend. Wahrscheinlich, weil ich mich nicht gut entspannen konnte bei so vielen fremden Menschen. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, weitergekommen zu sein.
Donnerstag, der 22.09.22 – Der erste „Zustand“
Mit mir passiert etwas. Hoffentlich werde ich nicht verrückt. Habe mich entschlossen, ein Tagebuch zu führen.
Heute habe ich den ganzen Tag einen seltsamen Geisteszustand. Alle Lasten sind abgefallen. Mache mir keine Gedanken über die Zukunft. Dementsprechend keine Lust, mich mit meinen Aufgaben zu beschäftigen. Nach dem Mittagessen habe ich mir einfach mal eine Pause gegönnt, in den Garten gegangen und "Buddhismus für Dummies" gelesen. Ich lag auf der Liege und hatte plötzlich ein seltsames Gefühl, den ganzen Körper auf einmal zu spüren. Kleidung am Körper, Haare an den Ohren und Luftbewegung im Gesicht. Kopf, Rumpf und Extremitäten gleichzeitig. Ganz vor Ort und präsent zu sein. Es ist schwer zu beschreiben.
Dann habe ich die Augen geschlossen und Metta meditiert… In der vierten Phase wurde ich rausgerissen, weil unser Hund bellend nach einem Eichhörnchen gejagt hat. War aber nicht sauer und immer noch bis zum Rand mit Liebe gefüllt. Habe versucht, den Zustand der Präsenz weiter zu behalten. In diesem Moment wurde mir klar, wozu wir Metta Meditation üben. Damit wir diesen Zustand auch ohne Meditation erleben können. So kann man die Liebe weitergeben, was mein Ziel ist.
Abends bin ich zum buddhistischen Zentrum gefahren. Dort gelang mir die Metta Meditation nicht. Dafür war der Vortrag von Aryajiva sehr gut. Jedes Wort wurde von mir mit einer tiefen Resonanz empfunden, jeder Satz war mit tiefer Wahrheit erfüllt. Sie sprach unter anderem über das "Gewahrsein". Ich bin ein paar Tage zuvor in einem Buch über dieses Wort gestolpert, es gegoogelt und trotzdem nicht begriffen. Aber heute habe ich es sehr tief verstanden, weil ich mich während des Vortrages in diesem Zustand befand. Ich hatte sogar Kribbeln in den Fingern.
Als ich wieder zu Hause war, habe ich versucht Peter, meinem Mann, zu erklären, was mit mir heute los war, aber es ist sehr schwer zu beschreiben. Ich kann es auch hier schlecht wiedergeben. Es war etwas Außergewöhnliches, etwas, was ich noch nie gespürt habe. Was war dieser Zustand? Ich muss morgen mit Christel reden. Ob sie mich verstehen wird? Ich bin so überrascht, dass ich solche Erlebnisse habe, obwohl ich erst vor ein paar Monaten mit dem Buddhismus in Kontakt getreten bin. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die Materie schon kenne und mich nur noch an die Einzelheiten erinnern muss...
Freitag, der 23.09.22 – Die Vorahnung
Das Ganze macht mir ein wenig Angst. Wenn ich weitergehe, wird sich mein ganzes Leben verändern. Ich sehe aber keine Alternative. Die Zeit dafür ist jetzt gekommen. Die Option stehen zu bleiben gibt es nicht.
Dank der Meditation haben sich meine Wahrnehmung im Alltag sehr verfeinert. Ich spüre Kleidung am Körper, die Sohlen beim Laufen, ect. Heute während der Meditation fand ich meinen Herzschlag sehr interessant. Den hatte ich zuvor noch nie so intensiv gespürt… (Rückblickend basierte die gesteigerte Empfindlichkeit auf der Erweckung der Kundalini).
Bin zu dem Schluss gekommen, das die geistige Evolution mit Hilfe von jeder Religion oder auch ohne die Religion möglich ist. Mit Buddhismus ist der Weg aber viel leichter, da es eine praktische Anleitung gibt.
Christel hat mit mir einen Link geteilt: free buddhist audio. Man kann in der Menüleiste unter „Meditation“ eine angeleitete Meditation (auch auf Deutsch) finden. Was ich umgehend ausprobierte. Außerdem gibt es eine Reihe von Vorträgen. In einem Vortag erzählt eine Ordinierte, dass das Praktizieren des Buddhismus auch im Alltag und als Frau mit Kindern funktioniere. Das hat mich sehr motiviert. Denn an den meisten Tagen habe ich nur die eine Stunde morgens für mich selbst, dank meiner Disziplin und des frühen Aufstehens.
Quelle:
https://www.freebuddhistaudio.com/browse?cat=german_talks&t=audio&lang=de
Samstag, der 24.09.22 – Meditation mit Fokus
Habe heute mit 7Mind App eine schöne Zen-Meditation mit Fokus erlebt. Dabei habe ich mir einen Fokus direkt vor meiner Nasenspitze vorgestellt und mich darauf konzentriert. Es hat mir sehr geholfen, den meditativen Zustand zu stabilisieren. Meine Meinung ist, dass es nicht der Zustand der kompletten Gedankenleere angestrebt werden soll, sondern vielmehr sollte man auf die innere Informationssuche gehen, den Anschluss an die „Infosphäre“ finden.
Ich hatte heute schon wieder diesen Angstgedanken: Was passiert, wenn ich die Erleuchtung erlange. Wahrscheinlich werde ich unbedingt den anderen Menschen zum Erwachen helfen wollen. Wird das alles nicht mein Leben, so wie es jetzt ist, umschmeißen? Was wird aus meinen Verpflichtungen? Andererseits können mich die Verpflichtungen vielleicht nicht weitergehen lassen. Ich verstehe Buddha, der sich aus diesem Konflikt lösen konnte, indem er in den Wald gegangen ist. Er hat seine Familie, Freunde und königliche Aufgaben der inneren Entwicklung geopfert.
Wahrscheinlich sind das einfach nur Zukunftsängste. Ich soll sie loslassen, sie haben keinen Sinn, weil die Zukunft nicht im hier und jetzt existiert. Es entwickelt sich sowieso alles automatisch, ich muss mich um nichts kümmern.
Montag, der 26.09.22 - Siddhartha
Heute Nacht ist mir in den Sinn gekommen, dass man die Verbindung zu den früheren Existenzen eventuell über die Gefühle herstellen kann. Irgendwie interessiert mich diese Sache mit den früheren Leben. Gab es sie wirklich? Man hört immer wieder irgendwelche spannende Geschichten… Habe während der Meditation mich auf meinen Kopfschmerz konzentriert, mit der Hoffnung, dieses Gefühl in einem früheren Leben erlebt zu haben. Es geschah rein gar nichts. Zum Ende der Meditation dachte ich mir: mit was für Schwachsinn ich mich hier beschäftige… Im Allgemeinen fehlt mir natürlich noch die Erfahrung zu meditieren, ich bin oft oberflächlich, komme selbstständig schlecht rein. Meditiere zu kurz. Aber alles entwickelt sich ja.
Im buddhistischen Zentrum wurde neulich das Buch „Siddhartha“ von Hermann Hesse erwähnt. Ich habe es direkt gekauft und in 3 Tagen verschlungen. Echt ergreifend. Noch nie Hesse gelesen. Genialer Autor. Meine buddhistische Bibliothek wächst langsam. Habe das Buch Peter – meinen Mann - empfohlen und ihm gefiehl es auch. Im Allgemeinen fühlt er sich leider nicht zum Buddhismus oder sonstiger Religion hingezogen. Er meint, er wäre nicht spirituell genug und außerdem fehle ihm der Leidensdruck. Ich hoffe sehr, dass meine neue Leidenschaft unserer Beziehung nicht schaden wird.
Donnerstag, der 29.09.22 - Ich lerne meditieren
Ich lerne meditieren. Zurzeit absolviere ich den Grundlagen Intensiv 3 - Kurs bei der 7mind App. Zwar ist die App nicht wirklich buddhistisch, sondern eher an die Allgemeinbevölkerung adressiert. Aber solange ich es noch lerne... Die Meditationen auf der App sind meiner Meinung nach zu kurz und es wird zu viel geplappert, so dass man nur oberflächlich bleibt. Trotzdem ist die App für die Basis nicht schlecht.
Ich habe festgestellt, dass der Schneidersitz nicht für mich geeignet ist. Meine rechte Hüfte rebelliert entschieden. Habe mir eine Meditationsbank gekauft, aber so schlafen mir die Beine ein. Musste sie weiter verschenken. Habe den Ehrgeiz aufgegeben. Meditiere im Zentrum auf einem Sitz und zu Hause auf dem Hocker. Habe mir gesagt – es geht um das Ziel und nicht um den Weg.
Ich habe zu wenig Zeit! Ich stehe um 5 Uhr auf und trotzdem reicht es absolut nicht aus. Wenn es nach mir ginge, würde ich den ganzen Tag nur meditieren und buddhistische Lektüre lesen. Der Achtsamkeitskurs von Maitreyabandhu bringt viel Stoff zum Nachdenken. Ich habe mir ein Haufen Bücher gekauft. Im Zentrum stehen welche zum Verkauf und ich kann sehr schlecht widerstehen. Alles erscheint so interessant. Habe ein Buch von Sanghrakshita (Gründer der Triratna) gekauft. „Sehen, wie die Dinge sind“. Uhrrr… Allein der Titel macht mir Gänsehaut. Aber ziemlich kompliziert geschrieben.
Das Feuer, das vor zwei Monaten entstanden ist, ist profunder geworden, lodert tief in mir drin. Im August bin ich sogar regelmäßig nachts wach geworden und spürte, wie über mich riesige Freudeswellen rollten. Freude, dass ich zum Buddhismus gefunden habe. Unbeschreiblich! Noch nie so etwas erlebt! Bin zurzeit so glücklich, wie noch nie in meinem Leben, fühle mich endlich am richtigen Platz zur richtigen Zeit. Ich bin angekommen. Bin voller Dankbarkeit!
Habe mich für 3 weitere Retreats angemeldet: im Dezember im Rahmen des Kurses „Geschmack der Freiheit“, im Februar Karnevalsretreat „Was Buddha überwinden konnte, können wir auch überwinden“. Gott! Was für ein Thema! Und im Juni „Kum Nye Meditation“. Bei dem letzten Retreat ist ein Treffen mit Christel und Susanne geplant. Schon witzig: Ich kenne Christel seit 2019 und habe sie noch nie persönlich getroffen. Dank modernen Medien 😉
Freitag, der 30.09.22 - Achtsamkeitskurs
Ich bin gestern zum ersten Mal selbständig und ohne Anleitung gut in den meditativen Zustand gekommen. Die Frage ist, was weiter? Ich glaube, ich brauche einen Lehrer. Wenn man in der Meditation die Erleuchtung erlangen soll, sollte man vermutlich tiefer gehen. Ich versuche zuerst das Buch „Metta Meditation“ von Sharon Salzberg zu beenden. Es soll wohl bald im Zentrum einen Jahreskurs geben. Für den möchte ich mich unbedingt anmelden. Habe schon Ratna gefragt. Hoffe nur, wir müssen dort nicht irgendwelche Texte auf Pali vorsagen... Es scheint mir in der buddhistischen Lehre einiges veraltet zu sein. Gestern haben wir den Kreislauf der Wiedergeburt im Zentrum durchgenommen, wo auf dem Bild irgendwelche blauen Dämonen mit überdimensionalen Ohren abgebildet sind. Es ist doch überhaupt nicht zeitgemäß... Ich meine, vielleicht gibt es den Kreislauf der Wiedergeburt tatsächlich. Aber den könnte man auf moderne Art darstellen. Außerdem wurde ich gestern durch das wiederholte Läuten aus der Meditation ständig rausgeschmissen. Es war kein so ein glücklicher und ergiebiger Tag im Meditationszentrum.
Christel hat vorgeschlagen, eine Studiengruppe zu bilden und das Buch „Leben in vollkommener Achtsamkeit“ zusammen durchzugehen. Ich fand die Idee toll. Susanne macht mit, das freut mich noch mehr. Anscheinend haben wir sie auch mit dem Buddhismus angesteckt 😉 Wir haben eine kleine WhatsApp-Gruppe gebildet und wollen uns einmal die Woche per Videotelefonat treffen. Was heutzutage alles dank modernen Medien möglich ist! Drei Frauen, 400 km voneinander entfernt, lernen zusammen. Nicht denkbar zu den Zeiten des Buddhas.
Sonntag, der 02.10.22 – Alles brennt
Ich fühle mich anders. Ich fühle mich so gesammelt und bei mir. Es ist wunderschön! Ich bin so glücklich in der letzten Zeit, dass ich sogar weniger Leid spüre. Kann einige Emotionen gut abpolstern (nicht auf der Arbeit!). Heute ging es Vincent - meinem jüngsten Sohn - nicht gut, er hatte keine Energie, hat sich auf den Boden gelegt und geweint. Früher hätte mich die Angst um seine Zukunft gepackt. Heute konnte ich mit Liebe reagieren und ihn aufpäppeln. Die Aufregung ging aber an mir vorbei und ich habe meine gute Laune beibehalten. Unglaublich. So etwas hätte mich früher völlig aus der Bahn geworfen.
Anschließend weigerte er sich, mit meinem Mann und mir zum Schwimmen zu gehen. Er lag gekrümmt im Bett unter der Decke und weinte. Ich habe auch ein wenig mitgeweint, aber die Emotionen waren nicht sehr tief. Ich bin so voll mit Glück, dass es mir zurzeit nichts ausmacht. Ich habe plötzlich das Gefühl, dass ich das Kind tragen kann und muss mir keine Sorgen um meine Energie machen. Es ist unbeschreiblich schön. Man muss nur den Strom der Liebe durch sich fließen lassen. Verrückt!
Abends.
Ich muss feststellen, dass ich heute wohl wieder so einen "Zustand" erlebt habe. Er war viel länger als am 22.09., diesmal über mehrere Stunden.
Wir schafften es doch noch zum Schwimmen. Ich war früher fertig als die beiden, saß vor dem Schwimmbad auf der Bank und hatte trotz vorigen Strapazen gute Laune. Ein wunderschönes Gefühl der Leichtigkeit…
Das Wetter war richtig gut. Ich genoss die Sonnenstrahlen, den blauen Himmel, das Gras und die Bäume um mich herum. Das Gras war kurz gemäht und die Büsche ordentlich geschnitten. Ich saß da und habe über die Liebe nachgedacht. Alles, was lebt, ist für mich der Ausdruck der Liebe, dieser Energie, die überall ist und alles durchdringt. Warum müssen Menschen das Gras mähen? Es ist doch ein komplettes Hirngespinst. Eine verrückte Mode-Erscheinung. Unnötige Energieverschwendung. Aus der Sicht der Insekten werden die grünen Flächen auf diese Weise in eine Wüste verwandelt: Nichts zum Fressen da, kein Versteck. Für mich ist es ein Zeichen der „Unliebe“. Der Asphalt ist noch schlimmer: alles versiegelt und heiß. Und diese Autos, die da auf dem Parkplatz stehen… Sie sind nun wirklich lebensfeindlich…
In diesem Moment hat sich wohl mein Wahrnehmen geändert. Ich „sah“ auf einmal, wie das Gras und die Bäume und das Schwimmbadgebäude angefangen haben zu flimmern, wie eine Fata Morgana. Alles bewegte sich irgendwie, alles war unscharf, am Brennen oder am Fließen, man kann es schlecht beschreiben. Es war auf jeden Fall keine optische Illusion, denn ich sah im gleichen Moment (mit den Augen), dass alle Gegenstände fest sind. Und trotzdem habe ich sie parallel als "brennend" wahrgenommen. Alles zerfiel vor meinen Augen. Der Asphalt und das Schwimmbadgebäude etwas langsamer als das Gras und die Bäume…
Ich saß da wie vom Schlag getroffen und wusste nicht, was ich darüber denken soll. Es war einfach krass. Man weiß natürlich, dass die Materie nicht ganz so stabil ist, wie sie scheint. Dass sich die Atome, Elektronen, Protonen, Neutronen und sonst welche Teilchen nicht in Ruhe befinden. Sie sind ständig am Vibrieren, am Bewegen, am Wegfliegen und am Plätze Tauschen. Aber dass man so am hellichten Tag die Instabilität der Materie wahrnehmen kann, das hat mich echt umgehauen. Ich war nicht beunruhigt, ganz im Gegenteil, dieser „Zustand“ war sehr glücklich. Die Vision hat vielleicht 15 Minuten gedauert. Als Peter und Vincent endlich rauskamen, bin ich mit weichen Knien zum Auto gelatscht und konnte den ganzen Weg nach Hause keinen Ton von mir geben.
Jetzt vermisse ich diesen wunderschönen „Zustand“. Ich hoffe, ich bleibe nicht daran haften. Ich verspreche mir, dass es nicht das letzte Mal war. Es war so toll zu spüren, getragen zu werden... Ich muss mir keine Sorgen mehr machen, es wird alles automatisch passieren.
Mittwoch, der 05.10.22 – Mein Selbstvertrauen wächst
Diese 15 Minuten Meditationen mit der App führen nirgendwohin. Kaum hat man den meditativen Zustand erreicht, muss man schon wieder beenden. Es ist ja schön und gut, um ein bisschen zu üben. Aber ich brauche dringend einen Lehrer oder ein gutes Buch. Bücher sind meine Lehrer. Ich brauche Zeit. Bei uns im Haus kann man nur nachts oder früh morgens ungestört meditieren.
Heute bin ich zu dem Gedanken gekommen, dass ich zu den Erinnerungen an meine frühen Kindertage bis zu meiner Geburt zurückgehen soll, wenn ich mich an die noch frühere Zeit / frühere Leben erinnern will. Die Erinnerungen aus der Kindheit sind aber sehr verschwommen. Letztendlich musste ich diese Übung beenden, da ich zur Arbeit musste. Warum kann ich nicht in den Wald ziehen?
Abends
Ich war heute in Vera´s Praxis hospitieren. Einfach nur um zu schauen, wie es in den anderen Praxen funktioniert. Ihre Praxis ist ziemlich groß und läuft gut. Vera muss hart arbeiten. Während der Besichtigung bin ich zum erstaunlichen Ergebnis gekommen: Ich bin spitze! Ich habe so viel erreicht! Viele Sachen, die anderen Probleme bereiten, sind für mich überhaupt kein Thema mehr. Ich bin soooooo gut! Ich habe all meine Probleme gelöst und fühle mich sogar über die erfolgreiche Vera gewachsen… Warum hatte ich bisher immer nur so eine mäßige Meinung von mir?
(Rückblickend war dieses Ereignis ein Wendepunkt, was meine Selbsteinschätzung betrifft. Mein Selbstwertgefühl ist in den kommenden Monaten stets gewachsen, und hat nach dem Lösen der vierten Fessel seinen Höhepunkt erreicht.)
Man muss aber sagen: mir wurde alles gegeben. Es wurde für mich gesorgt. Ich habe das Gefühl, dass ich durch mein Leben getragen wurde. Meine Mutter hat sich für den guten Start ins Leben gekümmert. Klar, habe ich selbst auch dazu beigetragen. War immer sehr fleißig und arbeitete viel. Und ich habe von Anfang an nach meinem Bauchgefühl gelebt, sehr viele instinktive Entscheidungen getroffen. Es waren die besten Entscheidungen, im Nachhinein. Ich bin so unendlich dankbar für mein Leben. Ich möchte meine Liebe und meine Energie weitergeben.
Ich bin der Überzeugung, dass ich die Erleuchtung erreichen kann. Ich will sie für all die anderen Menschen erlangen. Einen einfachen Weg finden, damit möglichst viele Menschen diesem Pfad folgen können. Nur so kann man diesen Wahnsinn beenden, der aktuell auf unserem Planeten herrscht.
Ich habe das Gefühl, dass die Menschen zurzeit nur die negative Energie überall verteilen. Mit all den Dingen, die uns alltäglich erscheinen: Industrie, Verkehr, riesige Kaufhäuser... Braucht ein gesunder Mensch tatsächlich tausende Sorten Süßigkeiten? Während ein anderer verhungert… Gute Lebensmittel weggeschmissen. Diese Wegwerf-Kultur. Es wird nichts repariert. Müllberge wachsen. Abgase, Lärm, Verdrängung der Natur. Ganz zu schweigen von der Zerstörung durch Kriege. Es ist eine leidvolle Welt. Man muss sich nicht wundern, dass Menschen krank werden. Die Hälfte von meinen Patienten leiden an Angst- und Depressionserkrankungen. Sie suchen bei mir Hilfe, weil sie der Meinung sind, dass Ihr Körper krank wäre. Nur in den Ausnahmefällen sind die Menschen bereit zuzugeben, dass das Problem eher die Psyche ist.
Die Metta-Meditation ist unglaublich mächtig. Ich habe angefangen, meinen Patienten Meditation zu empfehlen. Ich kann leider nicht sagen: „Gehen sie zum buddhistischen Zentrum“. Aber ich empfehle Metta-Meditation auf YouTube. Und Yoga als Dehnübungen. Manchmal bekomme ich sehr gute Rückmeldungen. Es freut mich enorm. Ich war noch NIE in meinem Leben so glücklich!
Samstag, der 08.10.22 - Drei Wissensebenen
Die erste unglaubliche Freude ist abgeflacht. Diese Freudewellen, die mich überflutet haben, als ich in den Kontakt zum Buddhismus kam. Und trotzdem gibt es keine Spur von der Depression, die ich sonst im Herbst und in der Winterzeit erlebe. Ich habe sogar das Gefühl komplett vergessen. Einmal morgens war ich so müde, dass ich nach der Meditation noch eine Stunde auf dem Sofa gepennt habe. Aufgewacht bin ich dann mit einem ziehenden Depressions-Gefühl im Bauch und war erschrocken. Ich habe dieses Gefühl seit drei Monaten nicht mehr gespürt. Ist das die Meditation, die mir so viel Freude bereitet? Ist das der Schlaf, der die Wirkung von der Meditation aufgehoben hat?
Ich kann mich gut erinnern, der letzte Winter war schlimm. Vielleicht wirkte ich nach außen adäquat, aber ich kam mit 2000 mg Johanniskraut am Tag (die doppelte Tages-Dosis) und fast täglichem Glas Wein abends gerade so zu Recht. Ja… Den letzten Winter habe ich eher betäubt als lebendig verbracht. Sogar mein Gesicht hat sich zum Ende Januar taub angefühlt. Was für ein Vergleich mit dem jetzigen Zustand! Auch wenn keine Freudewellen mehr nachts über mich rollen. Ich bin bis zum Rand voll mit Energie und Liebe. Ich möchte Freude ausstrahlen, die ganze Welt umarmen, für all die Menschen etwas Gutes tun. Derzeit nehme die halbe Dosis des Johanneskrauts und traue mich nicht, sie ganz abzusetzen. Bekanntlich ist die dunkle Jahreszeit dafür schlecht geeignet.
Ich habe mir neulich Gedanken über die Wissensebenen gemacht. Meiner Meinung nach sollen es 3 unterschiedliche Wissensebenen geben.
1. In der ersten / oberen Ebene sind wir über etwas informiert. Nehmen wir mal den Krieg in der Ukraine. Wir wissen, dass es dort Krieg gibt, und manchmal bekommen wir etwas in den Nachrichten mit. Aber im Grunde genommen betrifft uns das nicht. Nur wenn plötzlich Mehl und Öl aus dem Supermarkt verschwinden.
2. In der zweiten / mittleren Ebene wissen wir über diesen Krieg sehr gut Bescheid. Wir lesen Nachrichten und schauen uns im Fernseher Sendungen an. Wir wissen ganz genau, warum es dazu gekommen ist und was es für Zusammenhänge gibt. Wir können sogar voraussagen, wie es sich weiterentwickeln wird. Vielleicht betrifft uns der Krieg auf irgendeine Weise. Eventuell haben wir Bekannte in der Ukraine und bekommen Nachrichten aus erster Hand. Vielleicht haben wir Flüchtlinge bei uns aufgenommen oder etwas gespendet.
3. Die dritte / tiefe Ebene ist ein tiefes Wissen, welches mit starken Emotionen verbunden ist. Den Krieg mittendrin erleben. Unser Haus ist zerbombt, die Familienmitglieder sind tot und wir sind auf der Flucht. Solche Erlebnisse verändern. Ja. Dieses Wissen wird auf so einer Ebene vermittelt, dass es uns tiefgreifend und für immer verwandelt.
Genau auf dieser dritten Ebene habe ich „Alles brennt“ erlebt. Ich war mittendrin. Ich würde sagen, ich habe direktes Wissen vermittelt bekommen.
Donnerstag, der 13.10.22 - Corona
Ich bin im Bett mit Corona, fühle mich wie vom Traktor überfahren. Habe dreimal Mittagsschlaf gemacht. Bin für heute von allen Pflichten befreit. Lese meine buddhistischen Bücher und bin glücklich. Überfliege gerade fünf Bücher auf einmal, mal dies, mal das, aber alles überschneidet sich und in allen Büchern fühle ich tiefe Wahrheit. Bin so froh, dass ich jetzt ein wenig Zeit für mich und zum Nachdenken habe. Vielen Dank dafür! Meine Gewohnheit, täglich zu meditieren, behalte ich bei, obwohl ich heute richtig krank bin und alle Glieder weh tun.
Montag, der 17.10.22 - Kein Kloster
Bin schwach, krank und liege bereits den vierten Tag in Folge im Bett. Gestern wurde ich von Zweifeln gequällt. Auf einmal erschien mir meine Idee mit der Erleuchtung so lächerlich und unerreichbar weit. Zu allem Überfluss bin ich gestern nicht in die Meditation gekommen. Heute Morgen war ich total unglücklich, launisch, habe bei jeder Kleinigkeit geweint und meine Kinder angeschrienen. Belästigte damit Peter.
Ich muss sagen, in der letzten Zeit habe ich mich des öfteren gefragt, ob mich mein weiterer Weg nicht ins Kloster führen soll. Aber eben habe ich im "Buddhismus für Dummies" über buddhistisches Klosterleben gelesen und fühlte mich aus allen Wolken fallen. Das wäre nun wirklich nichts für mich. Ich weiß nicht, warum Buddha das Klosterleben empfohlen hat. Er war doch ein bekannter Befürworter für den mittleren Weg. Nein, nein, nein. Es ist nichts für mich. Obwohl ich mich nach Ruhe, Abgeschiedenheit und Zeit für mich sehne.
Letztendlich dachte ich mir: Fühle dich zu nichts gezwungen, Olga! Schob meine Bücher zur Seite, schaute ausgiebig Fernseher und faulenzte. Aber am Ende des Tages hat mich wieder die Ausweglosigkeit und Sinnlosigkeit gepackt, wie im Sommer, bevor ich zum Buddhismus kam. Also, sehr viele Alternativen gibt es nicht. Zurzeit bin ich noch zu schwach, um mich in diese inneren Diskussionen zu vertiefen.
Heute klappte die Meditation ganz gut. Das macht mich glücklich. Übte das "Loslassen" nach dem Achtsamkeitsbuch von dem Maitreyabandhu.
Dienstag, der 18.10.22 – Der Tiefpunkt
Ich habe das Gefühl, dass meine Weltanschauung ins Wanken geraten ist... Heute bin ich ziemlich trübsinnig und sehe alles schwarz. Was für ein verrückter, bescheuerter, kranker Planet das hier ist! Was für abscheuliche Wesen die Menschen sind. Sie haben sich seit der Buddha-Geburt, ja auch seit 40.000 Jahren nicht weiterentwickelt. Die meisten sind genau mit den gleichen Sachen beschäftigt, wie unsere Brüder die Affen: Fressen, Schlafen, sich paaren und die Macht ergreifen. Es ist ein kollektiver Wahnsinn und ich möchte mich damit nicht identifizieren! Es kotzt mich alles an. Kein Zweck! Kein Ziel! Keine Perspektive! Nichts kann diese Zivilisation mehr retten. Sie vernichtet bald ihre Welt und sich selbst.
Sonntag, der 23.10.22 – Ich habe Unterstützung
Gott sei Dank, habe ich meine Mädels, Christel und Susanne! Sie sind mir ein Trost, Unterstützung und die Informationsquelle. Wir haben uns heute wieder in einem Videotelefonat getroffen, um das nächste Kapitel von Maitreyabandhu „Leben in vollkommener Achtsamkeit“ zu besprechen. Das Buch ist echt krass. Ich glaube, dank den Übungen den Achtsamkeitsübungen fühle ich zurzeit meinen Körper GANZ. In jedem Moment. Wie am 22. September, alles gleichzeitig und ständig präsent. Ich weiß gar nicht, wie ich das all die Jahre geschafft habe, meinen Körper nicht zu spüren. Ich lebte jahrelang nur im Kopf... Was für wertvolle Tipps und wie viel Stoff zum Nachdenken das Buch gibt! Habe mir noch ein Ansichtsexemplar für meine Praxis gekauft. Ich bin der Meinung, dieses Buch kann man jedem mit ruhigem Gewissen empfehlen. Es ist nicht nur an Buddhisten gerichtet. Der Autor erwähnt Buddha nur wenige Male.
An meine Patienten gebe ich folgende Empfehlung ab: Man kann das Leben in einem Schnellzug verbringen. Man reist weit, schnell und bequem. Nur leider wechseln sich die Bilder im Fenster so schnell, dass sie miteinander verschmelzen. Und nur bei einem Halt kann man einen Blick auch ein Bahnhof erhaschen. Irgendwann erreicht man das weit entfernte Ziel und man realisiert, dass man sein ganzes Leben im Zug verbracht hat… So habe ich bisher gelebt. So leben sehr viele Menschen heutzutage. Das moderne Leben zwingt uns dazu. Wir müssen immer funktionieren. Wir müssen den Anforderungen entsprechen. Wir müssen Leistungen vollbringen. Wir stehen kontinuierlich unter Stress und Zeitdruck. Eine nie endende Liste mit Aufgaben. Bis zur Rente. Und dann ist man alt und eventuell krank. Keine Kraft mehr, das Leben zu genießen.
Aber es gibt einen anderen Weg: Zu Fuß durch den Wald, eventuell sogar barfuß. Alles wahrnehmen können: Herbstlaub-Duft. Regentropfen auf der Haut spüren. Aufsteigenden Dampf von einem Teich sehen. Sonnenschein durch die Baumkrone. Vogelgezwitscher. Ein Schmetterling auf der Schulter... Man reist langsam und man erreicht weniger als mit dem Zug. Vielleicht müssen wir auch nicht so viel erreichen. Wir können nichts ins jenseits mitnehmen. Wir können nur fühlen und empfinden. Jetzt. Nicht in 20 Jahren, wenn man berentet ist.
Das Buch von Maitreyabandhu zeigt diesen Weg.
Montag, der 24.10.22 – I Wonder
Gestern hat Christel mit uns ein Gedicht geteilt: „I wonder“ von Derek Tasker.
Es hat mich sehr bewegt. Hier die Übersetzung:
Ich frage mich, was passieren würde,
wenn ich alle so behandeln würde,
als wäre ich in sie verliebt,
ob ich sie mag oder nicht
und egal, was sie zu mir sagen oder tun
und selbst wenn ich Dinge in Ihnen sehe,
die hässlich sind, verdreht, kleinlich, grausam, eitel, hinterlistig,
gleich, ich akzeptiere das alles einfach
und lenke meine Aufmerksamkeit
auf einen kleinen, schwachen, zarten, verborgenen Teil
und halte meine Augen darauf,
bis es wie ein Lichtstrahl scheint,
wie ein Feuer, an dem ich meine Hände erwärmen kann
und vertraue darauf,
dass es all die Unreinheiten und den Abfall wegbrennt,
die nicht meins sind
und es nie waren.
Quelle:
https://meditationswithspirit.com/2019/05/20/wonder-a-poem-by-derek-tasker/
Es ist wunderbar. Es ist das, was ich fühle. Wir Menschen sind alle aus dem gleichen Stoff gemacht. Jeder Mensch ist ein unschätzbares Juwel. Ich habe mich immer fern davon gehalten, Menschen zu urteilen, denn jeder hat einen Grund für seine Taten. Ich habe nie bewusst über jemanden etwas Schlechtes gedacht. Und ich würde gerne alle lieben, aber davon bin ich leider noch weit entfernt…
Mittwoch, der 26.10.22 – Ein ganz anderes Ziel
Erhole mich langsam von Corona. Während der Krankheit hatte ich das Gefühl, gar keine Energie zu haben. Habe keine Liebe bei der Metta Meditation empfinden können. Habe mich von dem Liebe-Strom abgeschnitten gefühlt. Jetzt komme ich allmählich wieder rein. Höre aber immer noch mein eigenes Echo bei der Meditation wie im leeren Raum. Was sind das für Phänomene? Heute während der Meditation kam mir in den Sinn, dass wir alle Wesen durch die Energie der Liebe durchwebt sind. Diese Energie ist überall um uns herum, aber auch in uns drin.
Vielleicht deswegen meinte Buddha, dass man Selbstlosigkeit üben soll. Wir sind eins mit dem Universum. Während der Meditation hört man in sich und gleichzeitig in den Liebe-Strom. So kommt man zu dem Informationsfeld. So gewinnt man Einsichten und man versteht, wie die Dinge sind. Im Prinzip total easy. Warum gibt es keine Anleitung für den Prozess? Oder wo findet man sie, wenn es diese gibt? Ist die Anleitung vielleicht in uns selbst eingebaut, genauso wie der Zugang? Und warum gibt es so wenig Erleuchtete, wenn es so simpel ist? Zumindest offiziell hört man rein gar nichts von Personen, die erwacht sind. Wahrscheinlich, weil alle Menschen mit irgendwelchem unnützlichen Kram beschäftigt sind, statt sich mit der allerwichtigsten Sache auf der Welt auseinanderzusetzen.
Das Gespräch mit Anna – eine Freundin von mir - hat mich neulich sehr aufgeregt. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Was für ein typisches Beispiel für die Verblendung. Von morgens bis abends beschäftigt sie sich mit dem Job, Haushalt und den drei Kindern. Alles aufopfernd, keine einzige Minute für sich selbst. Chronisch erschöpft und fertig mit den Nerven. Merkt es nicht mal, weil es seit Jahren derselbe Zustand ist. Aber wenn die Kinder groß sind, wird sie eifrig beginnen, sich mit den Enkelkindern zu beschäftigen. Sie leidet und jammert ununterbrochen. Sie spürt, dass es nicht der Sinn des Lebens sein kann. Macht aber tapfer weiter, weil es so von der Gesellschaft akzeptiert und erwartet wird.
Wenn Anna gefragt wird, ob sie leidet, wird sie es verneinen, denn nach allgemeinen Regeln sollte sie glücklich sein. Sie und ihre Familie sind gesund und intelligent, sie haben alle materiellen Güter, die man haben muss. Hätte sie für sich Zeit genommen, würde sie vielleicht feststellen können, dass es noch etwas anderes gibt, als nur Kinder zu zeugen und großzuziehen, ein Haus und ein Auto zu kaufen und jedes Jahr in den Urlaub zu fliegen. Es gibt ein wahres Ziel dieser Existenz hier. Ich kann selbst dieses Ziel noch nicht formulieren. Aber ich spüre sehr deutlich, dass es etwas ganz anderes ist.
Ich erinnere mich, wie ich dieses Thema schon enmal mit Katja - einer anderen Freundin von mir - diskutiert habe, als ich noch kinderlos war. Sie war damals voll in ihrer Mutter-Rolle aufgegangen und ich fragte sie nach dem Sinn des Lebens. Katja hatte gelächelt und gemeint, dass ich den Sinn des Lebens schon verstehen würde, wenn ich mein eigenes Baby im Arm hielte. Es hat sich aber nicht bewahrheitet. Ich habe einige Jahre später zu ihr gesagt, dass ich wohl keine Fliege bin. Bin nicht zur Vermehrung da… Gott sei Dank, hat sie darüber lachen können.
Donnerstag, der 27.10.22 – Positive Geisteszustände
Es gibt so viele Gedanken, die ich festhalten möchte. Sie verschwinden alle so schnell. Corona hat mich deutlich zurückgeworfen. Ich habe das Gesamtbild verloren, sehe nur einen aktuellen Ausschnitt aus dem Teppich. Während Corona habe ich weiter meditiert, wenigstens im Bett, aber die letzten drei Tage gar nicht mehr. Man kommt sehr schnell aus der Übung. Bei der Regelmäßigkeit kommt man schneller rein und die Meditation ist tiefer und gelungener. Aktuell kämpfe ich mit irgendwelchen Teilen in mir, um morgens um fünf Uhr aufzustehen, so wie er vor Corona gewohnt war, zu meditieren, Yoga zu machen und zu lesen. Es klappt nur mit Ach und Krach. Heute ist der vierte Tag. Ich war doch stolz auf mich und habe daraufhin gefiebert, morgens aufzustehen. Jetzt suche ich wieder nach diesem "ich". Habe Angst, diese Identität zu verlieren.
Habe neulich das Kapitel "Geist" im Buch "Leben in vollkommener Achtsamkeit" durchgearbeitet. Klar ist, dass dieses morgendliche Ritual mit Meditieren, Yoga und Lesen starke positive Geisteszustände in mir hervorruft, die ich sonst nicht an einem anderen Tageszeitpunkt auslösen könnte. Ich hätte nie gedacht, dass man sich so selbst mit positiver Energie aufladen kann! Ich war immer so ein Murmeltier. Wie oft musste mich Peter morgens aus dem Bett ziehen! Den ganzen Vormittag auf der Arbeit war ich wie benommen und wurde erst gegen 11 Uhr wach. Jetzt bin ich so energiegeladen, nach dem Yoga und Duschen stürme ich ins Schlafzimmer, springe auf das Bett, mache Witze und bin bereit zu singen und zu tanzen. Verstehe nicht, warum Meditation und Yoga einem nicht von Kind an beigebracht wird! In unseren westlichen Kreisen ist es praktisch unbekannt. Was für ein Verlust!
Freitag, der 28.10.22 – Die Kraft des Sangha
Ich war gestern wieder zum Einführungsabend im Zentrum. Gott sei Dank konnte ich die Kraft dafür finden. Drei Wochen ausgesetzt. Momentan bin ich noch sehr schwach, ermüde schnell, mache täglich Mittagsschlaf. Es ging gestern um den Sangharakshita, den Gründer von Triratna, seine Lebensgeschichte und den vierten Todestag am Sonntag. Ich kam sehr inspiriert heim. Heute Morgen gab es keine Diskussionen mit mir selbst um das morgendliche Aufstehen. Freut mich sehr. Spüre wieder Feuer. Man braucht tatsächlich den Sangha – die buddhistische Gemeinschaft.
Ich habe im Zentrum leider noch keinen persönlichen Kontakt aufbauen können. Jedes Mal sind neue Menschen da, die ich nicht kenne. Warte auf den zweiten Kursteil ab dem 09.11. Denn ich brauche mehr Input! Ich habe wenig gelesen diese Woche.
Sonntag, der 30.10.22 – Erste Entfremdungsgefühle
Ich weiß zwar nichts vom Erwachen, aber ich kann mir vorstellen, dass es ein langsamer Prozess ist. Und ich habe deutlich das Gefühl, dass ich mich auf den Weg gemacht habe. Ob ich das letzte Stadium erreichen kann? Und wann? Noch in diesem Leben? Zurzeit kommen regelmäßig, wenn nicht ständig irgendwelche Antworten zu mir. Ich muss nur die Fragen stellen... Das Problem ist, dass man auf bestimmter Stufe der Entwicklung nur bestimmte Fragen stellen kann. Denn wenn die Antworten kommen, ohne dass zuvor die Frage gestellt wurde, werden sie nicht verstanden und nicht akzeptiert. Ich brauche einen Lehrer. Allein ist es sehr kompliziert.
Ich habe gerade so ein komisches Gefühl. Ich schreibe mein Tagebuch und habe eine sehr intensive Empfindung, dass dieser Arm mit dem grünen Ärmel und die Hand, die den blauen Kugelschreiber hält, mir nicht gehören. Es ist definitiv nicht meine Hand! Allerdings, die andere Hand auch nicht. Hmmm. So etwas habe ich noch nie erlebt. Als ob dieser Körper mir fremd wäre. Ich würde es als Entfremdungsgefühl bezeichnen.
Es ist tatsächlich sehr seltsam. Ich schaue aus diesen Augen durch diese Brillengläser wie aus zwei Gucklöchern. Ich bin hier drin! Ich kann diesen Körper steuern! Er macht, was ich will! Es ist ein tolles Gefühl!
Abends
Ich habe den ganzen Tag mit diesem neuen Gefühl viel Spaß gehabt. Es war so witzig, das Essen mit einer fremden Hand zum Mund zu führen. Als ob ich diesen Körper füttern würde. Aber definitiv fütterte ich nicht mich! Ich verstehe, dass es nicht normal ist. So etwas geht tatsächlich in die Richtung psychische Störung. Aber es hat mich trotzdem amüsiert. Vielleicht bin ich deswegen nicht beunruhigt, weil ich so sehr mit Glückshormonen überflutet bin. Es gibt keinen Platz für die Angstgefühle im Gehirn.
Gerade, allerdings, beim Zähneputzen, habe ich mich zufällig im Spiegel gesehen. Da lief mir ein kräftiger Schauder über den Rücken: Ich dachte, es wäre eine fremde Person im Bad! Bis ich realisiert habe, dass ich mein eigenes Spiegelbild sehe. An dieser Stelle ist mir der Atem gestockt - ach SO sehe ich aus!... Ich stand da und habe mich mehrere Minuten lang im Spiegel angestarrt. Ich hatte das Gefühl, dass ich diese Person noch nie gesehen hätte. Und gleichzeitig hat mir mein Verstand gesagt, dass ich es bin… So sind meine Haare! So sind meine Zähne! So sehen meine Augen aus! Ich habe nie gemerkt, dass meine Iris eine hellbraune Umrandung hat.
Das war echt abgefahren. Gehe jetzt lieber schlafen. Oder bringe diesen Körper ins Bett - wie auch immer...
Montag, der 31.10.22 – Kontakt mit einem Medium
Das Geschehen von gestern hat mir schwer zu denken gegeben. Ist alles in Ordnung mit mir? Ich muss dringend mit jemandem aus dem Zentrum sprechen!!! Habe sogar das alte Psychiatrie-Lehrbuch ausgekramt und die wichtigsten Erkrankungen überflogen. Psychose? Schizophrenie? Halluzinationen? Es passt nicht wirklich etwas.
Gestern habe ich Peter meine Erfahrung als Jugendliche mit einem Medium in Russland geschildert. Ich war damals etwa 20 Jahre at. Meine Mutter und ich waren zu Besuch bei einem ihrer ehemaligen Studienkollegen. Er hat laut seiner Aussage mit den Energien experimentiert und wollte uns etwas vorzeigen. Er stellte meine Mutter mitten ins Zimmer, stellte sich hinter sie Rücken und bewegte seine Hände um sie herum, ohne sie zu berühren. Nach einer Weile fing sie an, passend zu seinen Handbewegungen zu schwanken. Es war wirklich erstaunlich.
Nach fünfzehn Minuten war ich dran. Ich kann mich heute noch erinnern, dass ich diesen Mann mit meinem Rücken spürte. Ich habe seine Energie oder seine Aura oder sonst was als wohlige Wärme wahrgenommen, sehr subtil. Und irgendwie hat es mich mal nach rechts, mal nach links gezogen. Nach etwa 10 Minuten wollte er wohl, dass ich mich drehe. Als ich ins Schwanken kam und das Gleichgewicht verlor, hörte er auf. Das war mein einziger Kontakt zu etwas Übernatürlichem. Ein angenehmes und seltsames Ereignis, und doch habe ich ihn schnell wieder vergessen. Warum erinnere ich mich jetzt plötzlich daran? Hat dieser Mann damals in mit etwas aktiviert, was bis jetzt geschlummert hat? Leider kann ich ihn nicht mehr fragen. Er nahm sich einige Zeit später das Leben.
Gestern war ich mit Mutter auf dem Friedhof Opa besuchen. Das Wetter war wunderschön, wir haben einen kleinen Spaziergang durch die Friedhof-Parkanlage gemacht, die Blätter fielen runter, und ich hatte ein sehr klares subtiles Glücksgefühl. Viel feiner als die übrigen Wahrnehmungen, mit denen man hier im täglichen Leben überflutet wird.
Dieses Verständnis der Subtilität ist mir kurz vor dem Einschlafen in den Sinn gekommen. Ich muss mal meinen Input konsequent reduzieren, damit die subtilen Wahrnehmungen nicht an mir vorbeirauschen. In den Wald ziehen kann ich leider nicht. Aber während der Corona Erkrankung habe ich stundenlang ferngesehen und habe mich deutlich wie eine gefangene Fliege im Spinnennetz gefühlt. Man zappt den ganzen Abend durch die Kanäle, zum Schluss kann man sich nicht erinnern, was man geschaut hat, der Geist ist benebelt. Furchtbar. Der Fernseher ist wahrscheinlich eine Teufelsproduktion. Habe mich entschlossen, dieses Gerät nicht mehr zu nutzen. Verstecke gleich die Fernbedienungen, damit ich an meine Entscheidung erinnert werde. Ich möchte meine Fähigkeit der subtilen Wahrnehmung erweitern.
Dienstag, der 01.11.22 – Der Talisman
Habe seit einigen Tagen den dringenden Wunsch, mir einen roten Faden um das linke Handgelenk zu wickeln. Kann mir diesen Wunsch nicht erklären. Habe einen Freundschaftsband gefunden, den Vincent für mich mal geflochten hat und mir um das Handgelenk gewickelt. Er ist zwar nicht ganz rot, sondern rot-schwarz, aber wahrscheinlich tut er es auch. Ich fand diesen Wunsch so seltsam. Früher ist mir so etwas nie passiert.
Habe später gegoogelt, was ein roter Faden um das linke Handgelenk bedeuten kann. Im Internet steht, dass er dem Schutz von den bösen Geistern dienen soll. 😉 Schimmert da etwas aus einem früheren Leben durch? Ich war noch nie abergläubisch…
Samstag, der 05.11.22 – Nichts
Ich stelle fest, dass es nicht eine Meditation wie die andere gibt. Heute früh hatte ich eine wunderbare tiefe Meditation. Folgend war der ganze Tag wunderschön! Was die morgendliche Meditation alles ausmachen kann! Der Tag wird in die bestimmte Richtung gelenkt und läuft ganz anders ab.
Ich habe gelernt, schnell in die Meditation reinzukommen. Als Einstieg den Körper zu scannen ist schön und gut, aber lenke ich mich häufig ab und es dauert zu lange. Bei einem passenden Geisteszustand kann ich einfach die Augen schließen, mich GANZ fühlen und mich versenken. Um die störenden Gedanken abzuschalten, konzentriere ich mich auf meine Nasenspitze und stelle mir einen weißen leeren Himmel vor.
Heute habe ich etwas Besonderes erlebt. Ich fand mich plötzlich vor einem grenzenlosen "Raum" vor. Ich war neugierig und ging rein. Der Raum war wohl nicht leer… Aber gleichzeitig war nichts drin… Es gab keine Grenzen, er war überall… Was ist das für eine „graue“ Substanz? Ich kann sie nicht verändern. Es ist ein schönes Gefühl, hier zu sein... Ich fühle mich aber sehr allein. Es passiert nichts. Ich kann mich nicht fortbewegen, da es keine Anhaltpunkte gibt... Es ist nichts da, und gleichzeitig ist dieses Nichts doch etwas Präsentes...
Es war eine sehr merkwürdige Erfahrung.
Achtsamkeitszustände häufen sich allmählich. Beim Fahrradfahren spürte ich heute meinen Körper GANZ und das Fahrrad zum ersten Mal als ein Teil von mir. Krass. Ich war mit einem Metallgerüst vereint! Das Fahrradfahren war auf einmal so leicht.
Beim Klavierspielen nahm ich mich plötzlich ganz anders wahr. Habe mich wie von außen betrachtet als ein warmblütiges Wesen mit vier Extremitäten gesehen, welches auf einem Holzstück sitzt und an einem Holzkonstrukt herummanipuliert. Dabei werden Luftschwingungen erzeugt, die zueinander harmonisch angeordnet sind und durch die im Gehirn des Wesens Glückshormone freigesetzt werden… Es ist eine lange Beschreibung, aber das Wahrnehmen dauerte nur ein paar Sekunden. Wie ein Bild, welches plötzlich im Hirn erscheint. Was ist das alles? Bewusstseinsveränderung? Hoffentlich keine Bewusstseinsstörung…
Ich wollte am Donnerstag mit Ratna über meine „Zustände“ sprechen. Leider hat es nicht geklappt. Vielleicht ist es besser, wenn ich mit ihr einen Termin ausmache. Ich würde so gerne mit jemandem reden und habe gleichzeitig Angst über ein fremdes Urteil. Im Prinzip muss ich nicht die Meinung von jemanden annehmen. Ich habe meine eigene Wahrheit. Ich würde sehr gerne mit jemanden reden wollen, der mit der Sache mehr Erfahrung hat. Wo findet man bloß einen Erwachten? Gibt es welche im Zentrum? Nächste Woche beginnt der zweite Teil des Kurses "Geschmack der Freiheit". Eventuell kann ich mich dann mit Ratna oder einem anderen erfahrenen austauschen.
Und: Ich muss mein Studium ernst nehmen. So werde ich jetzt das tägliche Lesen der buddhistischen Lektüre nennen. Denn so verdeutliche ich mir die Wichtigkeit des Prozesses. So findet man Zeit. Andere Sachen werden als nicht wichtig bewertet. Das mit dem Fernseher hat noch nicht wirklich funktioniert, da Vincent und ich „Harry Potter“ - Filme zu Ende schauen. Daher dauert die Umstellung wahrscheinlich noch ein paar Tage. Danach verstecke ich die Fernbedienungen. Versprochen.
Dienstag, der 08.11.22 - Rausch des Lebens
Am Sonntag waren wir auf einer großer Geburtstagsparty. Irgendwie sehe ich das zurzeit alles anders als früher. Worin liegt der Sinn dieser Zusammenkunft? Essen? Aber die Hälfte der Gäste braucht dringend eine Diät! Unterhalten konnte man sich kaum bei der lauten Musik. Obendrein saßen wir einem Paar gegenüber, welches wir nicht kannten. Ich kam total verärgert heim und es tat mir sehr leid um die verschwendete Zeit. Am liebsten wäre ich zu Hause geblieben und ich hätte mich mit meiner buddhistischen Lektüre beschäftigt.
Ich fühle mich von all dem richtig betäubt. Ich merke momentan sehr stark, wenn mir die Außeneindrücke zu viel werden. Ich spüre meinen Körper in solchen Momenten nicht. Und das ist mir viel wichtiger geworden als die Außenwelt. In diesem Sinne kann ich Mönche verstehen.
Gestern auf der Arbeit saß ich in der Küche und mir ist ein Gedanke gekommen: das Leben berauscht uns wie eine Droge. Es sind viel zu viele Eindrücke. Und wir nehmen es so hin, als ob das normal wäre. Wann hat denn ein moderner Mensch keine Beschäftigung? So, dass er einfach nur ruhig sitzen und die Wolken betrachten kann? Die meisten Menschen sind so an den kontinuierlichen Informationsfluss gewöhnt, dass die Unterbrechung als schmerzhaft empfunden wird, auch wenn es nur für ein paar Minuten ist.
Vor lauter Beschäftigung kommen die Menschen nicht zu der wichtigsten Sache: zu der inneren Entwicklung. Viele sind Workaholicer oder zu sehr mit ihrem Nachwuchs und ihrer Familie beschäftigt. Sport. Hobbys. Haushalt. Ganz zu schweigen von den offensichtlichen Drogen, wie Medien, Spiele, Essen, Kauflust und sonstigem Müll. Bierdeckel sammeln 😉... Buddha meinte, wir sollen Begierde loslassen. Meinte er vielleicht, wir sollen zur Abstinenz kommen, um wieder klar denken zu können? Ist das die Botschaft? Ist das der Weg zur Erleuchtung?
Dieser Gedanke hat nur seinen Weg zu mir gefunden, weil ich auf die Comedy-Show verzichtet habe, die ich mir sonst während der Mittagspause beim Essen anschaue. Das hat Maitreyabandhu empfohlen. Medien sind eine sehr, sehr, sehr mächtige Droge, die den Verstand ablenkt und benebelt. Abends habe ich "Die Reise und der Reiseführer" vom Maitreyabandhu angefangen und fühlte mich in meiner Einsicht bestätigt.
Ach, und vielleicht werden wir immer wieder geboren, weil wir den Rausch des Lebens aufs Neue erleben wollen. Aber wenn man sich davon distanziert, kann man auf die Erlösung hoffen.
Samstag, der 12.11.22 – „Zustände“ voll Glück
Ich denke mal, dass verschiedene Einsichten mir mein Leben lang gegeben wurden. Von der Jugend an. Zumindest kann ich mich an das Alter 12 - 13 Jahre erinnern, wo ich meine ersten tiefsinnigen Gedanken hatte. Jetzt, wo ich täglich meditiere, kommen die tiefen Gedanken lawinenartig. Anscheinend verändert sich die Hirnfunktion. Heute, gestern und vorgestern hatte ich wieder den „Zustand“ erlebt, verstärkt in den Abendstunden. Das hat mir ein außergewöhnliches, noch nie empfundenes Glücksgefühl beschert.
Ich habe zum ersten Mal begriffen, dass ein authentisches Glück kein leeres Wort ist. Habe verstanden, dass all diese Bücher über Buddhismus keine Märchen erzählen. Sie sind tatsächlich mit tiefer Wahrheit erfüllt. Wahrscheinlich ist das Geheimnis des Buddhismus dieses tiefe Glücksgefühl. Liebe. Irgendwie haben allgemeine Sätze wie: "Liebe dich selbst" nie den Einklang in mir gefunden. Jetzt aber beim Lesen egal von welchem buddhistischen Buchs vibriert mein ganzes Inneres. Ich denke, deswegen setzen auch diese Zustände vom veränderten Bewusstsein ein, durch Meditation und Lesen.
Sonntag, der 13.11.22 - Meine eigene Anleitung zur Meditation
Heute Morgen habe ich eine wundervolle Meditation erlebt, einfach unbeschreiblich. So viel Glücksgefühl! Ich habe für mich mittlerweile eine eigene Anleitung gebastelt :-)
1. Für mich ist sehr hilfreich eine schöne Geisteseinstellung, entspannt sein wie vor einem Feiertag, aber keine hohen Erwartungen reinbringen. Ich setze mich hin und schaue zuerst, ob ich im Raum oder im Fenster etwas Schönes finden kann. Mit höheren Vibrationen klappt es besser 😉
2. Unbedingt sich ein paar Minuten Zeit nehmen, ruhig sitzen bleiben, alle Gedanken auslaufen lassen und sich beruhigen. Deswegen ist die morgendliche Meditation einfacher – der Kopf ist noch relativ leer.
3. Sitzposition nicht so wichtig. Schön wäre es, so zu sitzen, dass die Beine nicht einschlafen. Ich sitze auf dem Hocker wegen der Hüfte und lehne mich mit dem Rücken an, so entstehen weniger Verspannungen. Nicht liegen. Sonst droht die Gefahr einzuschlafen. Unser Ziel ist ja nicht zu schlafen, sondern meditieren.
4. Gong. Körper spüren: Füße, Unterschenkel, Knie, Oberschenkel, Hüften, Becken, unterer Bereich der Wirbelsäule, oberer Bereich der Wirbelsäule, Nacken, Schultern, Oberarme, Unterarme, Hände, Finger, Hals, Nacken, Kopf, Haare an den Ohren, Gesicht, Augen, Nase, Lippen, noch eine Runde Gesicht, Einatmen, Verspannungen abfließen lassen, zum unteren Bauch kommen, dort Atmung beobachten, spüren wie die Energie mit jedem Atemzug im Körper verteilt wird. (Oder mich auf einmal ganz zu spüren, es spart Zeit)
5. Nach dieser Runde den Körper ganz spüren. Jetzt fokussieren. Ich wähle den Fokus direkt vor meiner Nase, etwa 10 cm vom Gesicht entfernt. Den Fokus bildlich vorstellen und dahin schauen. Atem spüren an den Nasenflügel, eventuell mit Zählen anfangen.
6. Irgendwann kommt ein Moment, wo ich meine Gedanken bemerke - der "göttliche Moment"- man denkt über die Gedanken. Ich freue mich über diesen Moment immer. Die Gedanken anlächeln und wegziehen lassen wie die Wolken am Himmel. Einen ganz klaren Himmel sehen. Keine einzige Wolke. Ein leerer weißer Raum.
7. Einfach da sein. Nichts erwarten. Schön…
8. Aufsteigende Wärme in der Körpermitte spüren, ein sehr angenehmes Gefühl. Sich selbst anlächeln, Gesichtszüge lockern.
9. Da sein. Wunderbar.
10. Wenn es gut gelingt, will man gar nicht mehr raus. Man könnte eine Ewigkeit dasitzen und glücklich sein. Gedanken fließen ganz langsam.
11. Nach dem Gong noch ein wenig sitzen bleiben, nachempfinden. Spüren, wie der meditativer Zustand abflutet. Danke, Universum!
Heute Morgen habe ich "Sehen, wie die Dinge sind" von Sangharakshita gelesen und bin auf den Begriff "Sunyata" gestoßen. Musste googeln. Zitiere Wikipedia: Shunyata (Sanskritशून्यता IAST śūnyatā), im Deutschen meist Leerheit, ist ein zentraler Begriff des Buddhismus. Er bedeutet, sehr grob umrissen, dass alle Erscheinungen – da sie durch wechselseitige Bedintheit verbunden sind – ohne dauerhaften Wesenskern sind bzw. ohne Substanz, Essenz oder „Eigenexistenz“. Beim Lesen der Wikipedia hatte ich die Erkenntnis, dass ich das sehr tief verstehe, auf einer ganz anderen Ebene. Das ist das, wenn ich sehe, wie alles um mich herum in Flammen steht... Bin aufgeregt. Ist das die Sunyata Schauung? Es kann ja nicht sein, dass Menschen das schon vor Jahrtausenden vor Jahren wussten. Warum ist dieses Wissen total unbekannt? Ich fühle mich der Oberfläche sehr nahe, wie eine Seerose im Teich.
Montag, der 14.11.22 – Liebe, die universelle Energie
Es ist eine sehr intensive Zeit. Ich hatte schon mal intensive Zeiten in meinem Leben, sie haben aber alle in der Außenwelt stattgefunden. Noch nie habe ich so etwas in der Innenwelt (und zwar ohne eine sichtbare Einwirkung aus der Außenwelt) erlebt. Ein Wechsel von Sturm, Sonne, Wind, Blitze und Stille. Irgendwelche Prozesse in mir drin, die ich nicht verstehe und kann nicht beschreiben. Ich las gerade die letzte zwei Tage aus meinem Tagebuch durch und sehe - diese Spannung liest man nicht zwischen den Zeilen. Sie ist sehr schwer wiederzugeben.
Ich habe mich gestern schwach gefühlt und wollte allein sein. Spürte wieder die Sehnsucht so stark. Bin irgendwann auf dem Sofa gelandet, habe mir mein inneres Ich vorgestellt, "Flügel" ausgebreitet und irgendein Prozess kam in Gang. Halb meditativ... Hatte das Gefühl, dass etwas raus will wie eine Blase, die von meinen Brustkorb über den Kopf nach oben stieg und sich in der Luft aufgelöst hat. Begleitend fühlte ich leichte Wärme und Brennen in Brust und Gesicht. Schreibe hier wahrscheinlich Schwachsinn. Auf jeden Fall füllte ich mich danach sehr befriedigt, friedlich, glücklich, bin sogar eingedöst, bis Mama kam.
Ich habe das Gefühl, dass irgendeine Phase abgeschlossen ist, irgendetwas hat sich in mir gelöst. Daniela aus dem buddhistischen Zentrum hatte mal "Blockaden Lösen" erwähnt. War es eventuell so etwas? Seit diesem Nachmittag ist mir ganz anders. So leicht und locker und unbeschwert. Fenja ist gerade zum mehrtägigen Besuch bei uns und normalerweise ist das für mich eine Zeit der inneren Einengung. Aber von da an war ich sehr weit und friedlich.
Abends bin ich auf die Idee gekommen, nach einem Brief Albert Einsteins an seine Tochter zu suchen. Es ist so, dass ich mir noch als Kind ein Weltbild gemalt habe, dass alles im Universum durch die Liebe entstanden ist. Meiner Meinung nach ist die Liebe die Grundenergie des Universums, sehr mächtig, alles durchdringend, völlig unbekannt. Wir kennen zwar den Begriff "Liebe", verstehen aber nicht seine kosmische Bedeutung. Die Liebe ist um uns herum. Insbesondere in der lebendigen Materie ist sie einfach zu spüren. In jedem Blatt und in jeder Ameise. Aber auch Sonnenstrahlen. Luft. Wasser. Gravitation. Einfach alles. Alles ist von Liebe durchdrungen und alles wird von der Liebe zusammengehalten. Von dieser wunderbaren Energie. Ihre wichtigste Eigenschaft ist die Verbindung. Das war und ist meine Überzeugung.
Vor einigen Jahren bin ich im Internet auf den Brief, welchen Albert Einstein an seine Tochter geschrieben haben soll, gestoßen. Ich war geschockt, dass Einstein genau meiner "blöden" Meinung war. Gestern habe ich mich daran erinnert, im Internet gesucht und gefunden. Ich habe den Brief wie einen Virus an so viele Kontakte wie möglich verschickt. Es kamen aber nur zwei oder drei Antworten zurück. Menschen interessieren sich eher für die Katzenvideos als um die Grundprinzipien des Universums 😉
Albert Einstein über die Liebe – Brief an seine Tochter Lieserl
„Als ich die Relativitätstheorie vorschlug, verstanden mich nur sehr wenige Menschen und was ich Dir jetzt schreibe, wird ebenso auf Missverständnisse und Vorurteilen in der Welt stoßen.
Ich bitte Dich dennoch, dass Du dies, die ganze Zeit die notwendig ist, beschützt. Jahre, Jahrzehnte, bis die Gesellschaft fortgeschritten genug ist, um das, was ich Dir hier erklären werde, zu akzeptieren.
Es gibt eine extrem starke Kraft, für die die Wissenschaft bisher noch keine Formel gefunden hat. Es ist eine Kraft, die alle anderen beinhaltet, sie regelt und die sogar hinter jedem Phänomen steckt, das im Universum tätig ist und noch nicht von uns identifiziert wurde.
Diese universelle Kraft ist LIEBE.
Wenn die Wissenschaftler nach einer einheitlichen Theorie des Universums suchten, vergaßen sie bisher diese unsichtbare und mächtigste aller Kräfte.
Liebe ist Licht, da sie denjenigen erleuchtet, der sie aussendet und empfängt. Liebe ist Schwerkraft, weil sie einige Leute dazu bringt, sich zu anderen hingezogen zu fühlen. Liebe ist Macht, weil sie das Beste, das wir haben, vermehrt und nicht zulässt, dass die Menschheit durch ihren blinden Egoismus ausgelöscht wird. Liebe zeigt und offenbart. Durch die Liebe lebt und stirbt man. Liebe ist Gott und Gott ist die Liebe.
Diese Kraft erklärt alles und gibt dem Leben einen SINN. Dies ist die Variable, die wir zu lange ignoriert haben, vielleicht, weil wir vor der Liebe Angst haben. Sie ist schließlich die einzige Macht im Universum, die der Mensch nicht nach seinem Willen steuern kann. Um die Liebe sichtbar zu machen, habe ich eine meiner berühmtesten Gleichungen genutzt. Wenn wir anstelle von E = mc2 die Energie akzeptieren, um die Welt durch Liebe zu heilen, kann man
durch die Liebe multipliziert mal Lichtgeschwindigkeit hoch Quadrat zu dem Schluss kommen, dass die Liebe die mächtigste Kraft ist, die es gibt. Denn sie hat keine Grenzen.
…Nach dem Scheitern der Menschheit in der Nutzung und Kontrolle über die anderen Kräfte des Universums, die sich gegen uns gestellt haben, ist es unerlässlich, dass wir uns von einer anderen Art von Energie ernähren. Wenn wir wollen, dass unsere Art überleben soll, wenn wir einen Sinn im Leben finden wollen, wenn wir die Welt und alle fühlenden Wesen, das sie
bewohnen, retten wollen, ist die Liebe die einzige und die letzte Antwort.
Vielleicht sind wir noch nicht bereit, eine Bombe der Liebe zu bauen, ein Artefakt, das mächtig genug ist, allen Hass, Selbstsucht und Gier, die den Planeten plagen, zu zerstören.
Allerdings trägt jeder Einzelne in sich einen kleinen, aber leistungsstarken Generator der Liebe, dessen Energie darauf wartet, befreit zu werden.
Wenn wir lernen, liebe Lieserl, diese universelle Energie, zu geben und zu empfangen, werden wir herausfinden, dass die Liebe alles überwindet, alles transzendiert und alles kann, denn die Liebe ist die Quintessenz des Lebens.
…Ich bedauere zutiefst, nicht in der Lage gewesen zu sein, das auszudrücken, was mein Herz enthält: mein ganzes Leben hat es leise für Dich geschlagen. Vielleicht ist es nun zu spät, mich zu entschuldigen, aber da die Zeit relativ ist, muss ich Dir wenigstens jetzt sagen, dass ich Dich liebe und dass ich durch Dich zur letzten Antwort gekommen bin.
Dein Vater, Albert Einstein ”
Quelle:
https://kirche-und-gesellschaft.drs.de/fileadmin/user_files/122/Bilder/Bilder_FB_Theologie/Wortpoesie/Albert_Einstein_ueber_die_Liebe.pdf
Ich bin heute Morgen als ein anderer Mensch zur Arbeit gefahren. Gott, ich war noch nie im Leben so glücklich. Ich bin so dankbar, dass ich das alles erleben darf. Habe heute meine Arbeit ganz anders wahrgenommen. Meinen Patienten so viel Liebe gegeben, wie ich nur konnte. In der Mittagspause hat mich der Gedanke gewärmt, dass wir Menschen eventuell als kleine Liebe - Generatoren gedacht waren. Einstein schrieb, man könne eventuell eine Liebe-Bombe bauen, dabei übersieht er, dass solche Bomben bereits existieren. Buddha war so eine „Atombombe“, aber es gab, es gibt und es wird noch abertausende kleineren Bomben geben, die mit Liebe-Wellen den Hass, Gier und Ignoranz auflösen. Ich bin vielleicht auch so ein Generator. Warum konzentriere ich mich dann so oft auf negative Gefühle? Ich möchte nur reine Liebe ausstrahlen!
Dienstag, der 15.11.22 - So viele tolle Bücher und so wenig Zeit!
Bin heute Morgen auf eine tolle Seite gestoßen - Yogawiki. Habe eine Ausdehnungsmeditation ausprobiert. Wunderbar. Habe die Seite sofort an meine Mädels, Christel und Susanne, weiter empfohlen. Es gibt so viele Informationen im Internet, die nur auf uns warten! Ich bin der Meinung, dass die freie Verfügbarkeit der Information der Menschheit endlich den quantitativen Sprung in der Geistesentwicklung ermöglichen wird.
Christel versorgt mich regelmäßig mit Informationsquellen. Ihre letzte Empfehlung: Eckhard Tolle „Inneres Erwachen und ein Leben in JETZT“. Habe mich ein wenig reingelesen. Wahnsinn. Ist der Autor erwacht? Wann soll ich das bloß alles lesen??? Außerdem gibt es wohl tatsächlich Berichte von Erwachten. Nur weißt man nicht, ob sie wahr sind. Christel empfiehlt „Alltägliche Erleuchtung“ von Sally Bongers. Das Buch „Die Erfahrung des kosmischen Bewusstseins“ von R. M. Bucke soll auch gut sein. Ich fühle mich wie ein Feinschmecker, dem zwanzig verschiedene Leckereien angeboten werden. Nur leider kann er sie nicht probieren. Keine Möglichkeit – zu wenig Zeit. Sitzt da und sabbert 😉
Mittwoch, der 16.11.22 – Die Vereinigung
06: 45. Gerade habe ich eine heftige Meditation erlebt. Mir zittern sogar die Knie und die Hände.
Ich übe weiterhin, nach meiner eigenen Anleitung zu meditieren. Heute Morgen erinnerte ich mich an die letzte Meditation, die Anissita so gut eingeleitet hat, dass „der Zustand“ bei mir noch am gleichen Abend eingesetzt hat. Aber eigentlich bin ICH es, die meinen Körper steuert. Mit diesem Gedanken habe ich mich auf meinen Meditationshocker gesetzt und eine stille Meditation für 30 Minuten auf der App 7Mind eingeschaltet.
Bin wie immer zuerst die Körper- / Hautempfindungen durchgegangen und habe danach "Den Atem Vergegenwärtigen" meditiert, wie ich das im Zentrum gelernt habe. Aber diesmal habe ich auf meine eigene Stimme gehört, als ob mir jemand den Text vorlesen würde. Als körperliche Empfindung konzentrierte ich mich auf meine Nasenspitze, sie war kalt.
Ich konnte mich tief in die Meditation versenken und dachte darüber nach, wie gerne ich den anderen Menschen helfen würde. Dass Menschen sich wie die Kinder im Sandkasten streiten. Dass wir uns alle verändern sollten, damit endlich Frieden auf der Erde herrschte. Danach dachte ich noch über das Annehmen und Nichtanhaften nach, da ist mir Harry Potter in den Sinn gekommen. Er wollte den Stein der Weisen finden, haftete aber nicht daran, deswegen hat er das geschafft. Und noch was: Hermine ist durch die Pflanzen gefallen, die sie sonst erstickt hätten, weil sie die Pflanzen akzeptiert hatte, sie hat sich nicht gewehrt. Sie hatte das Wissen! Das ist die Lösung für alle Konflikte. Für alle. Alles mit Liebe annehmen und keine Angst haben, sich zu verändern...
Bei diesem Gedanken passierte etwas. Urplötzlich habe ich etwas in meiner unmittelbaren Nähe wahrgenommen. Als ob ein großes Wesen aus dem Nichts getreten wäre und im gleichen Zug etwas - eine Glocke oder ein kleineres Wesen (?) über meinen Kopf gezogen hat. Es war das Gefühl einer Fremdeinwirkung. Und wieder zurück ins Nichts getreten. Alles passierte innerhalb einer Sekunde. Meine Glieder wurden lahm, ich konnte schwer atmen, obwohl ich gut Luft bekommen habe. Eine tiefe Muskelrelaxation? Wohlige Wärme, Gefühl der Veränderung, Angst, Zweifel, Freude, Akzeptanz, ich wollte es haben! Aber in diesem Moment musste ich schlucken und bin aus der Meditation gefallen.
Ich muss jetzt zur Arbeit, die Zeit drängt, aber ich bin so überwältigt und aufgeregt, dass ich es schnell schriftlich fixieren möchte. Ich bin immer noch am Zittern. Wahnsinn. Echt Wahnsinn. Jetzt bloß keine Selbstzweifel. Es ist mein Weg. Ich bin so unendlich dankbar.
Abends.
Nach der Arbeit habe ich noch einmal meditiert. Mir gelang eine tiefe Versenkung, aber diesmal geschah nichts Besonderes. Ich analysierte, was anders war: Ich dachte nicht an Hilfe für die andere Menschen während der Meditation. Später beim Lesen des KV-Heftes spürte ich eine Wärme im gesamten Bauchraum, die in die Beine überging. Ich schloss die Augen und versank in der Meditation. Diesmal dachte ich an die Hilfe für andere Menschen. Zum Schluss der Meditation verspürte ich eine große Befriedigung. Dieses Gefühl der Befriedigung war heute Morgen ausgeblieben. Als ob nun ein wichtiger Prozess abgeschlossen sei. Mission komplett ;-)))))
Donnerstag, der 17.11.22 – Die Welt wird neu erkundet. Dankbarkeitsübung
Ich konnte gestern endlich mit Ratna sprechen. Sie ist mit mir sehr behutsam umgegangen, dafür bin ich ihr sehr dankbar. Sie hat keine mir unbekannte Begriffe verwendet, sonder aufmerksam zugehört. Das mit dem Entfremden kenne Sie auch, es sei ihr in den Zeiten der Veränderung passiert. Sie empfahl mir, beide Füße fest in den Boden zu drücken und weniger zu lesen. Gut, ich werde es versuchen. Das mit dem Lesen kann ich aber nicht versprechen. Denn ich weiß noch zu wenig und möchte die Lehre verstehen. Heute bin ich wieder fast normal. Bin der Meinung, dass der "Zustand" irgendwo tief in mir schlummert, er ist ein Teil von mir geworden. Spüre ihn, wenn ich allein bin, auf Toilette zum Beispiel ;-)))))))
Zweimal täglich meditieren klappt definitiv nicht. Wenn ich von der Arbeit komme, werde ich von meiner Familie so stark in Anspruch genommen, dass ich um 22.00 Uhr tot ins Bett falle… Aber anscheinend reicht auch diese 15-20-minütige morgendliche Meditation aus. Die "Zustände" werden immer länger. Der letzter "Zustand" hat insgesamt 5 Tage gedauert.
Meine Kommunikation mit meinen Menschen ist so einfach geworden. Ich muss nicht viel überlegen, nur fühlen. Die richtigen Worte kommen ganz von allein. Das habe ich mir immer so gewünscht! Nur dem Gegenüber zuhören und mitfühlen. Mein Gott. Ich bin so überfüllt mit Glück und Dankbarkeit. Will mein Glück mit allen teilen. Das ist die Glück-Bombe, von der Albert Einstein sprach. Mein Liebesgenerator ist erwacht. Nur wenn ich daran denke, wird mein Bauch warm. Ist der Generator da drin? 😉
Gestern im Meditationszentrum haben wir den Dankeszettel ausgefüllt. Man sollte alle Personen drauf schreiben, welchen man dankbar ist. Es ist erstaunlich, aber man denkt im alltäglichen Leben nicht an die Menschen, die dir vielleicht das Leben gerettet haben (in meinem Fall wäre ich definitiv mindestens vier Mal tot: zweimal ertrunken, einmal an einer Osteomyelitis und einmal an einer Bauchhöhlen-Schwangerschaft verstorben. Und weiß Gott wie oft an einer Mittelohr-Entzündung umgekommen ohne meine Mutter, Ärzte und Antibiotika).
Außerdem wird dir bei so einer Übung klar, dass du als Mensch allein nicht überlebensfähig bis. Du wirst von der Geburt an von deinen Mitmenschen und von der Gesellschaft getragen. Wie viele Personen haben für dein Wohl gesorgt… Kann man nicht überschauen. Ich habe auf den Zettel zumindest die Namen der Menschen, die ich kenne und an die ich mich erinnern kann, geschrieben. Heute habe ich das Bild von dem Zettel an alle, mit denen ich noch Kontakt habe, per WhatsApp mit einer begleitenden Danksagung verschickt. Es kamen sehr schöne Reaktionen zurück. Meine Cousine hat später berichtet, dass ich meine Tante zum Weinen gebracht habe.
Abends
Bei dem Spaziergang mit dem Hund hatte ich heute ungewohnte Gefühle. Alles erschien mir auf einmal so neu. Ich schaute das Laub zu meinen Füßen an, als ob ich es nie im Leben gesehen hätte. Etwas ganz Neues und nie Empfundenes. An einer Stelle bin ich stehen geblieben und konnte nicht weg. Ich starrte diese Blätter bestimmt fünf Minuten lang an. Was für eine Schönheit, diese rote Herbstblätter! Der Verstand versucht, eine Erklärung für diese Emotionen zu finden. Denn das Herbstlaub sehe ich doch jedes Jahr... Ich habe das Gefühl, dass ein Teil von mir neu ist und sich über alles wundert. Dieser Teil, welches gestern dazu gekommen ist. ;-)
Nun verstehe ich plötzlich meine Aufgabe in der Familie. Meine Verhältnisse zu den Familienmitgliedern sind wohl nicht ganz optimal. Die muss ich schnell verbessern. Wozu diese Konflikte? Es ist so schön, die Menschen zu lieben! Meine Mitmenschen werden von meinem neuen Zustand sicherlich profitieren. Sie sind direkt an der Quelle. ;-)
Ich kaufte die zwei Bücher über die Erleuchtete, die mir Christel empfohlen hat, schaute kurz rein und stellte sie ins Regal. Ich erkannte sofort, dass die Geschichten wahr sind, allein aufgrund der Wortwahl. Alles vibrierte in mir. Und - ich will sie trotzdem nicht lesen. Ich möchte alles auf meine eigene Weise erleben. Das hat auch Ratna empfohlen.
Noch etwas später.
Ich bin geistig so aufgeregt und so hellwach, körperlich aber total geschlaucht. Seit gestern fühle ich mich sehr müde. Diese Geschichte strengt mich doch ziemlich an. Mache zurzeit nur das Allernötigste. Es bleibt viel liegen, juckt mich nicht. Videosprechstunden seit zwei Wochen nicht gemacht.
Ich vermute, dass man beim Erwachen verschiedene Zustände nacheinander durchläuft. Möglicherweise erreichte ich gestern irgendeine Stufe. Heute, während des Tages, merkte ich mehrmals / empfand anders / hielt inne, als ich mich bei den kleinen Alltagslügen erwischte. Früher hätte ich das nicht einmal gemerkt. Ich bin ja gewohnt, alles zu glätten. Heute dachte ich mir: Das habe ich nicht nötig! Man kann zur Not schweigen, wenn man nicht die Wahrheit sagen möchte. Oder das Gespräch in die andere Richtung lenken.
Gerade las ich "Zuflucht und Vorsätze" aus dem Puja-Heft und bei den Worten "Ich nehme mir vor, aufzuhören Leben zu nehmen" bewegte sich etwas in mir. Eier sind auch am Leben. Ich esse noch Eier und Käse... Diese Sache muss ich mal überdenken.
Immer noch heute, Mitternacht.
Ich bin ja so glücklich, dass ich gut strukturiert bin und ein Tagebuch habe. Gerade hilft es mir enorm. Es läuft heftig ab. Ich bin wach geworden, weil der Prozess weiterging. Es war fast unerträglich, als ob mein Brustkorb platzen würde, ich konnte sogar schwer atmen. Ich dachte an Ratna, war mir aber nicht sicher, ob ich ihr schreiben soll, öffnete die Mailbox und sah eine Mail von ihr. Es hat mich so gefeut! Ich schrieb ihr mit der Bitte, mich zu halten.
Ich sitze auf dem Sofa im Wohnzimmer, das ganze Haus schläft, aber in mir kocht etwas. Gerade habe ich das Gefühl, dass es mich umschmeißt? Umwirft? Mitnimmt? Wie ein Tornado. Musste eben weinen, bin emotional. Wie soll ich das nur beschreiben? Es passiert etwas mit mir, was ich nicht genau definieren kann. Irgendwelche Umbauprozesse. Ich konnte mir niemals vorstellen, dass es sowas geben kann. Ach ja, und die Zeit läuft zurzeit komisch. Ich meine natürlich meine persönliche Zeit-Wahrnehmung. Gerade musste ich nachdenken, wann ich mit Ratna gesprochen habe, gefühlsmäßig vor einem Monat. Das war doch gestern Abend. Füße fest auf dem Boden pressen, sagte sie.
Keine Ahnung, wie ich morgen zur Arbeit gehen soll.
Freitag, der 18.11.22 – Reinigungsprozess im Gange
Konnte schlecht schlafen. Kopf arbeitet unaufhörlich. Muss gerade viele Werte überprüfen, alles neu skalieren. Habe letzte Woche aus der Praxis zwei Kugelschreiber mitgenommen, bringe sie gleich zurück. Fühle mich unwohl, obwohl sie ein Werbegeschenk sind und zu einem Drittel mein Besitz sind. Sie wurden mir aber nicht gegeben. Buddhisten sagen: Ich nehme nicht, was mir nicht gegeben wurde. Muss wohl lernen zu fragen.
Samstag, der 19.11.22 – Geistige Ernährung. Die „Zustände“ werden tiefer
Heute ist Ruhe eingekehrt. Bin sehr erschöpft. Ich muss mich regenerieren. Mache ein ruhiges Wochenende. Ich glaube, dass diese Welle durch die mehrfache Meditation am Mittwoch ausgelöst wurde. Bin so empfindlich oder empfindsam geworden. Schrecke in mich zusammen schon bei den leisesten Geräuschen, wie das Uhrenticken. Ständiger Gedankenstrom. Seit über eine Woche nutze ich keine Medien, das heißt auch keinen Fernseher, kein Internet, nur YouTube für Yoga morgens. Schalte sogar das Autoradio aus, weil es mir alles zu viel ist.
Gott, kommen mir komische Gedanken in den Kopf. Gefühl, dass ein Teil von mir neu ist, welches am Mittwoch dazu gekommen ist. Ich sehe alles neu, durch seine Augen wahrscheinlich. Als ob ich die ganz gewöhnlichen Gegenstände in meiner Umgebung nie gesehen hätte… Sex ist ganz anders. Neue Schlafposition. Muss mir beim Duschen erklären, wozu die Brüste da sind. Dieses Wesen ist ganz rein, deswegen all die Gedanken zurzeit, all die moralische Sachen, über die ich schon seit Jahren nicht mehr nachgedacht habe. Ich denke, das neue Teil wird sich bald mit meinem alten Ich verschmelzen. Hoffentlich wird mein altes Ich dadurch reiner. Möchte ihn bewusst unterstützen.
Stand gerade unter der Dusche und habe nachgedacht. Wir reinigen täglich unseren Körper und mehrmals täglich die Teile von ihm. Aber wann reinigen wir den Geist? Es ist für mich gerade eine einmalige Gelegenheit. Muss ich ausnutzen. Verrückter Gedanke, oder? Alle Gedanken in den letzten zwei Monaten sind verrückt. Ich fühle mich aber nicht verrückt. Nur sehr in mich vertieft. Ich reflektiere zurzeit über meine Gedanken in jeder freien Minute, eigentlich kontinuierlich. Auf einmal habe ich viel mehr Zeit als früher. Man muss nur etwas als wichtig empfinden und die Zeit dafür findet sich.
Was wissen wir schon übers Leben? Ich glaube die Aussage Buddhas "Wissen wie die Dinge wirklich sind" bezieht sich eher auf lebendige Materie. Buddha hat bestimmt nicht den Aufbau des Weltalls gemeint. Oder sonstige tote Materie. Eventuell meinte er auch keine materielle Substanz. Vielleicht werde ich auch irgendwann den Zugang zu diesem Wissen erhalten. Das wäre toll. Vielleich ist der Zugang in mir drin. Nur halt zurzeit verschlossen.
Vielleicht besteht der Geist aus mehreren Teilen. Vielleicht haben Menschen unterschiedlich viele Teile. Vielleicht würde es den Unterschied zwischen den Menschen erklären. Ich spüre ganz deutlich, dass manche Menschen weniger beinhalten. Sie sind nicht weise. Obwohl diese Menschen manchmal sehr intelligent und gebildet sind. Andere sind auf natürliche Art weise trotz fehlender Bildung. Woher kommt das? Vielleicht fehlt bei Mördern und sonstigen Verbrecher ein Teil der Seele. Oder mehrere Teile. Vielleicht ist es das, was gemeint wird: "Er ist ganz einfach strukturiert". Klar, sind das alles sehr viele Faktoren, auch Kindheitstraumata etc., fehlende Liebe. Vielleicht fange ich doch langsam an die Welt zu verstehen ;-)
Gott, das kommt so wellenartig. Jetzt überkommt mich gerade wieder eine Welle. Bis in die Zehenspitzen. Gestern war nichts. Heureka! Gestern früh bin ich nicht in den meditativen Zustand gekommen. War zu sehr mit den Gedanken beschäftigt. Habe die Meditation um die Mittagszeit in der Praxis nachgeholt, aber der Effekt ist ausgeblieben. Also: Morgenmeditation!!! Meine Meinung ist: Zusammen mit dem Achtsamkeitskurs hat die Meditation einen Befreiungsprozess in mir ausgelöst.
Gleicher Tag später.
Ich möchte so gerne die „Zustände“ nutzen, um mich und die Welt zu erkunden. Finde aber keine Möglichkeit, allein zu sein. Habe mir sogar überlegt, am Wochenende ins Hotel zu gehen… Das Verlangen, allein zu sein, ist fast schmerzhaft.
Normalerweise fühle ich den "Zustand" am Abend stärker (oder bin ich abends weniger abgelenkt?) Heute ist er zwei bis drei Stunden nach der Meditation gekommen. Als erstes spürte ich ein aufsteigendes Glücksgefühl. Wie eine warme Dopaminwelle, die den Körper und das Gehirn überflutet. Weite. Losgelassenheit. Ich lache ohne Ende. Heute fühle ich mich wieder wie im Rausch, wie unter Alkoholeinfluss. Bin stark unkonzentriert, habe den Herd angelassen, Peter mehrfach nicht gehört, dreimal die Tasche zum Schwimmen ausgepackt, weil ich sofort vergessen habe, was ich eingepackt hatte. Muss heute sogar auf mein Gleichgewicht aufpassen, wie betrunken! Gefährlich. Rad gefahren, sehr gefährlich! Der Rausch wird stärker, wenn sich zu dem inneren Glück das Glück von außen gesellt: vom Fahrradfahren, von der kalten Luft, von der angenehmen Unterhaltung...
Ich traf mich heute mit Maria – ein ukrainisches Mädchen, welches bei uns ein paar Monate gewohnt hat. Ich hoffe, ich habe ihr mit meinem komischen / losgelassenen Zustand und meiner Empfehlung zur Meditation keine Angst eingejagt. Die Unterhaltung ist total simpel: Wenn jemand A sagt, rede ich über das Thema A. Bei dem Thema B über das B. Ich muss keine Themen suchen. Versuche mich reinzuhören und etwas Nützliches zu sagen. Bin sehr geübt durch meine Patienten. Hoffe, ich konnte heute Maria auf diese Weise viel Information geben, wir sind mehrere Probleme angegangen. Es macht Spaß. Schade nur, dass ich zurzeit am liebsten allein sein würde, und es ist schwierig.
Noch was Interessantes: Ich brauche zurzeit sehr wenig Essen. Interesse zur Nahrung ist praktisch verschwunden. Hunger habe ich sowieso selten. Aber dass die Lust am Essen verschwindet, ist mir noch nie im Leben passiert. Na ja, vielleicht kann ich ein paar Pfund abnehmen. Schadet nichts.
Habe gerade wieder dieses Entfremdungsgefühl. Meine Hände sehen so fremd aus. Nicht so stark wie das letzte Mal. Habe mich selbst gefüttert. 😅 Schon witzig zu schauen, wie die Hände das Essen dem Gesicht reichen. 🤣🤣🤣Ofenmöhrchen haben so einen einzigartigen Geschmack, insbesondere wenn man sie an die Lippen presst. Habe nie gemerkt, wie sie riechen. Oliven gegessen. Oh mein Gott, was für ein interessanter Geschmack! Ein ganzes Bukett voll Empfindungen. Musste mir die Namen von den Lebensmitteln benennen: Oliven. 😅 Möhren. 😅 Lerne alles neu.
Ich bin momentan zu nichts zu gebrauchen. Bin so tief mit mir selbst beschäftigt. Sehe keine Sachen, die direkt vor der Nase liegen, höre nichts. Ich muss über so viele Dinge nachdenken, ja praktisch über alles! Eine Sache nach der anderer. Alles neu zu sehen ist schwierig. Manche Sachen muss man neu bewerten. Möchte mich ab jetzt vegan ernähren. Man kann Alternativen suchen. Oliven sind toll!
Später im Bett.
Mein Gott, Peter schaut gerade wieder irgendein Schwachsinn über Superhelden und Monster. Was für ein Dreck ziehen die meisten Menschen in sich rein. Medienkonsum… Es wird so viel übers Essen geredet. Manche ernähren sich nur vegan oder nur aus Öko-Anbau. Gentechnikfrei. FOODMAP. Laktosefrei. Ballaststoffreich. Glutenfrei. Mit Vitaminen angereichert. Jodsalz. Wasser wird gefiltert. Ohne Zusatz von Zucker. Proteinshakes. Vollkornnudeln… Und wer kümmert sich um seine mentale und geistige Ernährung? Man nimmt wahllos das, was da ist. Als ob man aus einer Mülltonne essen würde.
Was für Informationen rollen über uns vom Kleinkind an. Diese Filmproduktion. Diese Nachrichten. Komplett Intellekt- und Moralbefreite Talkshows. DIE WERBUNG… DAS INTERNET… DIE PC-SPIELE!!!… Manche Trickfilme sind so voll mit Gewalt, dass sie die Kinder schlimmer schädigen, als Pornovideos... Und dieser Strom ist ununterbrochen. Von morgens bis abends, komplett berauschend und energieraubend, hält die Menschheit fest im Griff und lässt keinen um sich herumschauen. Ganz zu schweigen mal in sich selbst hineinschauen.
Kein Wunder, dass die mentale Gesundheit in diesem Land unter dem Strich liegt. Schätzungsweise 50% meiner Patienten haben einen gesunden Körper. Und trotzdem fühlen sie sich krank. Gehen von einem Arzt zum nächsten. Aber alle Probleme befinden sich im Kopf. Depressionen, Ängste, soziale Phobien, Medienabhängigkeit... Die Liste ist sehr lang. Ich wurde als Ärztin für den Körper ausgebildet und bin zu einer Kopf-Ärztin mutiert.
Das Schlimmste ist - es sind fast alle verblendet. Ich kann genauso gut die Luft erzittern, wie ein Ventilator. Keiner hört mich. Ich kann den Satz nicht mehr hören: „Ich will ein MRT haben, weil ich Angst habe“. Ein MRT ist aber kein Heilmittel gegen die Angst! Warum wollen sich die Menschen nicht mit ihrer Psyche auseinander setzten? Es ist so traurig. Ich würde es so gerne ändern können. Wäre ich so eine Liebesbombe wie der Buddha, hätte ich vielleicht etwas bewirken können. Es ist mein größter Wunsch. Vielleicht bringt dieser Prozess etwas. Ich bin ja schon auf dem Weg. Ich will weiter.
Sonntag, der 20.11.22 - Gleichmut. Aufbau der Seele.
Also, so viel steht fest. Die "Zustände" sind reproduzierbar. Ich kann selbst wählen, ob ich sie haben will und wenn ja, muss ich meditieren. Gestern hat mich der "Zustand" so geschlaucht, dass ich mich heute entschieden habe, einen ruhigen normalen Tag zu verbringen. Die „Zustände“ hauen mich ordentlich aus dem Alltag raus. Lasse alles liegen, mache nur das Nötigste, esse das Einfachste, ohne groß zu kochen. Versorgung funktioniert durch die Putzfrau und Mama. Aber auf Dauer geht es so nicht. Kann abends nach so einem Tag schlecht einschlafen. Gedanken überschlagen sich, versuche so viel wie möglich schriftlich zu fixieren mit der Idee, dass es jemandem nutzen kann. Lag gestern Abend über eine Stunde lang im Bett, habe mir versprochen, das Tagebuch nicht mehr zu schreiben, habe nur die Gedanken kurz auf einem Zettel notiert. So viele neue Eindrücke, fühle mich wie ein Neugeborenes. Die Überflutung mit verschiedenen Informationen erschöpft mich restlos.
Wenn ich buddhistische Bücher lese, fühlen sich manche Sachen aus der Lehre sehr bekannt und vertraut an. Als ob ich mich nur an sie erinnern muss. Bei dem Kurs "Geschmack der Freiheit" haben wir am Mittwoch Gleichmut durchgesprochen. Ich kann so gut verstehen, was das bedeutet. Normalerweise erfasst mich Mitleid, wenn ich einen Bettler auf der Straße sehe. Ich kann seine Erniedrigung fast körperlich spüren. Gestern war das aber anders. Der "Zustand" war hoch. Ich war in der Fußgängerzone gegenüber dem Hauptbahnhof und sah einen armen Menschen bei dieser Kälte auf dem Boden sitzen. Ich habe ihm Geld gegeben, aber diesmal kein Mitleid verspürt. Ich hatte ein tolles Gefühl, Liebe zu teilen. Ein kurzer Blick in die Augen. Ein liebevoller Kontakt mit dem Menschen. Es war ganz anders als sonst. Es war toll. Ich wollte helfen, habe aber nicht gelitten. Ist es Gleichmut?
Ich hatte neulich einem wunderschönen Traum über ein Aquarium. Fische / Wasser sind ein sich wiederholender Traum von mir seit Jahren. Vor meiner Hochzeit habe ich es zum ersten Mal bewusst wahrgenommen. Diese Woche träumte ich von dem besten Aquarium aller Zeiten: Im Traum war ich in einem Einkaufszentrum, das Aquarium dort war mehrere Stockwerke hoch, Wasser ganz klar, durchsichtig. Fische handtellergroß, quicklebendig, sie haben irgendwelche Tricks gemacht, sie tauchten von der Oberfläche ganz nach unten getaucht und sprangen wieder hoch. Wunderschön. Könnte sein, dass dieser Traum meinen Geisteszustand abbildet? Na ja, jetzt wird es esoterisch.
Ein Gedanke lässt mich nicht in Ruhe: es muss doch unzählige Erleuchtete geben! Diese Menschen würden sich vielleicht selbst nicht so bezeichnen. Aber es muss sie ohne Ende geben, genauso wie die bewohnten Welten im Universum :-)
Gleicher Tag später.
Habe mir ein Bad gegönnt. Wollte dem neuen Teil was anderes zeigen :-) und war dazu verspannt. Ich lag im warmen Wasser, habe die Schaumbläschen an der Oberfläche beobachtet. Es gab kleine und große Blasen, Bläschenkonsolidierungen und zu meinen Füßen ein ganzer Schaumberg. Die Bläschen schwammen hin und her, wenn ich meine Hand unter dem Wasser bewegt habe. Sie gesellten sich zueinander und verließen sich gegenseitig. Die meisten waren klar, andere etwas getrübt. Kleine Bläschen lösten sich schon mal auf, was nicht traurig war. Ganz große Bläschen platzten. Manche schafften es bis zu der großen Formation zu meinen Füßen. Ich glaube, keine dieser Blasen hatte geahnt, was ihre Bewegung verursacht, nämlich meine Hand unter dem Wasser.
In diesem Moment habe ich verstanden, dass in der Stille wunderbare Dinge passieren können. Zum Beispiel könnte man sich vorstellen, dass die Seele nicht aus einem Teil besteht. Dass sie sich wie die Seifenbläschen mit anderen Seelen verbinden kann.
Was wissen wir schon davon? Vielleicht kann der Aufbau der Seele mehrgliedrig sein. Vielleicht habe ich am 16.11. ein neues "Bläschen" empfangen, weil ich so reif und offen war. Vielleicht kann ich mich irgendwann zu einer großer Bläschen-Konsolidierung anschließen, dem großen Bewusstsein... Wir sind doch alle nur Teile von ihm. Vielleicht wird das irgendwann wissenschaftlich festgestellt. Früher war den Menschen der Aufbau ihrer Körper auch nicht bekannt. Man konnte nur mutmaßen und sich über die Dinge wundern. Genauso wird der Aufbau des Geistes irgendwann wissenschaftlich belegt.
Man könnte sich auch vorstellen, dass das Universum ganz einfach aufgebaut ist. Es ist etwas ganz Großes in etwas ganz Kleinem drin. Klingt doof. Ich kann es aber nicht besser erklären. Natürlich fehlt mir auch das Fachwissen dazu. Einstein hätte diese Behauptung vielleicht besser verwenden können ;-)
Mittwoch, der 21.11.22 - Ich fühle diese Energie
02:20 Bin aufgewacht mit dem Brennen im Oberbauch und habe unendliche Energie verspürt, die gesammelt zielgerichtet war: Erwachen! Kann man hier schlecht wiedergeben. Diese Energie hatte absolut keine Grenzen. Sie war in mir drin. Sie ist in mir drin! Es ist in mir zurzeit alles gebündelt und auf das Erwachen orientiert. Verstehe nicht, wie mir das passieren konnte. Es läuft irgendein gewaltiger Prozess in mir. Ich habe teilweise das Gefühl, dass irgendwelche Schichten von mir abfallen.
Aufräumarbeiten. Ich sehe plötzlich: das hier brauche ich nicht, dies brauche ich nicht. Fleisch und Alkohol brauche ich nicht, Fernseher, Vergnügungen, Unterhaltung, Klamotten / überhaupt Einkäufe, Urlaub… Alles ist irgendwie total irrelevant geworden. Das Leben ist ohne all die Sachen doch viel einfacher. Aber die Ordnung ist mir immer noch wichtig.
Ich habe das Gefühl, dass ich mein ganzes Leben darauf gewartet habe. Dass das, was mir jetzt passiert, das Allerwichtigste in meinem Leben ist und nur deswegen bin ich in diese Welt gekommen.
Dienstag, der 22.11.22 – Tiefe Wahrheiten. Gedanken übers Erwachen.
06:10
Man, bin ich erledigt. "Die Zustände" sind so energetisch, dass ich danach, wenn die Welle abflacht, total kaputt bin. Um 8 Uhr abends bin ich schon zu nichts zu gebrauchen und schlafe ein, wenn man mich in Ruhe lässt. Nachts tun mir alle Muskeln weh, wie bei tiefer Erschöpfung, die ich aus vergangenen Jahren kenne.
Gestern bin ich nicht in den meditativen Zustand reingekommen. War sauer auf Lissy (unser Hund), weil sie mich um 3 Uhr nachts aus dem Bett gebellt hat. Ich schlafe auch ohne sie letzte Zeit sehr unruhig. Vielleicht sollte man sich nicht mit schlechter Laune auf den Meditationshocker setzen. „Zustand“ ist ausgeblieben. War aber deswegen nicht traurig. Dafür habe ich in der Praxis so produktiv gearbeitet, wie schon lange nicht mehr. Habe alle Rückstände erledigt und sogar vorgearbeitet. Es ist nun momentan so, dass ich im "Zustand" nur begrenzt arbeitsfähig bin. Der Kopf ist nicht ganz klar und keine Konzentration. Wundere mich, dass alles gut klappt und dass ich keine großen Fehler gemacht habe.
Heute Nacht wieder aufgewacht und eine unendliche, einfach grenzenlose, unbeschreibliche Energie wahrgenommen, die in mir schlummert. Ist das die Liebe? Morgens schmeißt mich etwas aus dem Bett raus und zieht zu meinem Meditationshocker wie ein Magnet. Es ist überwältigend. Ich habe diese Woche nichts gelesen, wie Ratna empfohlen hat. Dafür wie verrückt geschrieben. Versuche zu realisieren und zu analysieren, was mit mir passiert. Aber wo soll ich die Erklärung finden? Es liegt alles im Reich der Fantasie. Alles nur Vermutungen.
Was mir gerade noch in den Sinn gekommen ist: Buddha (oder seine Nachfolger?) haben die Menschen immer motiviert, sich mit der Kunst zu beschäftigen, Gedichte zu lesen etc. Eventuell wird dabei irgendein Hirnareal stimuliert, welches zum Erwachen verhilft. Eventuell ist bei mir dieses Areal durch das jahrelange Klavierspielen gut entwickelt. Ich muss mit meinem Klavierunterricht unbedingt weitermachen. Mehrmals die Woche! Sonst ist die Musik an den letzten Platz gerückt.
Gleicher Tag spät am Abend.
Was für ein Tag! Hatte tatsächlich keine einzige freie Minute für mich frei. Ich habe den Tag mit "Zustand" sehr genossen. Konnte aber nicht viel nachdenken. Teilweise sind mir noch folgende Gedanken beim Autofahren in den Kopf gekommen.
1. Bei manchen Gedanken oder beim Lesen der buddhistischen Lektüre spüre ich ein tiefes Vibrieren in meinem Inneren. Für mich ist das ein Zeichen von einer "Wahrheit", wie die Buddhisten es nennen oder von dem "direkten Wissen". Solche "Wahrheiten" kann man nicht erklären. Sie sind einfach so. Jeder kennt das vermutlich.
Vielleicht sollte ich die Bibel oder den Koran mal lesen und auf das Vorhandensein des "direkten Wissens" überprüfen? Würde da bei mir etwas klingeln? Alle Religionen erzählen doch ungefähr von der gleichen Sache, nur auf verschiedene Weise.
2. Erwachen soll vielleicht dem Aufwachen ähnlich sein. Manche Menschen können schnell aus dem Bett springen, die anderen brauchen eine halbe Stunde, bis sie raus sind. Manche brauchen einen Wecker, die anderen sind von allein wach... Vielleicht realisieren manche Menschen das Erwachen nicht einmal. Es hängt so viel von der Definition ab. Der Terminus "Erwachen" wird außerhalb der buddhistischen Kreise überhaupt nicht verwendet. Ein Normalmensch kann damit nichts anfangen. Ich denke, es sollte massenweise Erwachte geben, allein aus der statistischen Überlegung heraus, dass wir 8 Milliarden Menschen auf der Erde sind. Einige sind vielleicht in verschiedenen Stadien des Prozesses. Man kann sie aber gut erkennen, würde ich meinen. Das sind diese besonders gütigen Menschen.
Donnerstag, der 24.11.22 – Der Sturm
Ich war gestern wieder im Kurs "Geschmack der Freiheit". Wollte mit Ratna sprechen, wir haben aber nur ein paar Sätze austauschen können. Sie war leider mit etwas anderem beschäftigt. Ich habe das Gefühl, dass hier keiner versteht, wie wichtig und dringend meine Sache ist. Ich muss endlich wissen, was für „Zustände“ das sind. Ich versuche die Antwort in den Büchern zu finden. Fange ein Buch an und sehe, da ist keine Erklärung. Suche das nächste. Kaufe eins nach dem anderen. Es ist aber unmöglich die Erklärung zu finden. In zweieinhalb Tausend Jahren ist die Anzahl der buddhistischen Literatur ins Unermessliche gewachsen. Und ich weiß nicht mal, wonach ich suchen soll. Auf jeden Fall hat mich gestern Ratna an Anissita, einem anderen Ordensmitglied, der sich mit Mediation sehr gut auskennen soll, verwiesen.
Bei dem Kurs gestern sollten wir in kleinen Gruppen erzählen, warum wir da sind. Ich habe gesagt, dass ich das Leid und die Sinnlosigkeit meines Lebens nicht mehr ertragen kann. Obwohl in meinem Leben alles in Ordnung ist, fehlt mir das Glücksgefühl. Dass mein Ziel Erwachen ist. Und dass ich mich auf den Weg dahin fühle. Und dass die letzten Monate die intensivsten und glücklichsten in meinem Leben waren. Komischerweise hat keiner gesagt, dass er erwachen will. Ich verstehe das einfach nicht. Möchten die Menschen es vielleicht nicht zugeben? Oder ist dieses Thema tabu? Aber das ist doch das einzige und klar definierte Ziel von Buddhas Lehre. Vielleicht verstehe ich etwas nicht. Ich bin noch so neu im Zentrum.
Heute Morgen bin ich nicht so tief in die Meditation reingekommen und außerdem zu früh rausgegangen, weil die Kinder zum Frühstück kamen. Vielleicht war der "Zustand" deswegen nicht so tief wie sonst. Aber in den wenigen Minuten, die ich allein verbringen konnte, sind mir viele wichtige Dinge klar geworden:
1. Ich fühle mich momentan sehr rein. Der Reinigungsprozess war gründlich und ist nun abgeschlossen. Versuche ihn weiter aufrecht zu erhalten. Auch das Essverhalten ist schön bereinigt und unterstützt mich enorm. Es ist so schön, im Frieden mit sich selbst zu sein. Bin offiziell in die Erhaltungsphase übergetreten. Habe mein Wunschgewicht erreicht.
2. Während der "Zustände" fällt es mir schwer, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Lesen geht zurzeit leider gar nicht. Lese die Zeilen zwei, drei und vier Mal und verstehe trotzdem nicht, worum es geht. Allerdings kann ich schreiben. Ich habe das Gefühl, dass der Fokus nach innen verlagert ist. Komisch, aber es gibt tatsächlich so etwas.
3. Auch zeitlich fühle ich mich manchmal desorientiert, es fällt mir schwer über etwas nachzudenken, was in der Vergangenheit liegt oder in der Zukunft passieren soll. Ich habe in diesem Moment das Gefühl, dass nur das Jetzt existiert. Im nächsten Moment ist wieder Jetzt und danach noch mal Jetzt usw., wie die Perlen an einer Schnur. Es gibt überhaupt keine Vergangenheit und keine Zukunft. Dieses Gefühl ist sehr schwer wiederzugeben.
4. Im Allgemeinen habe ich das Gefühl, dass all die Sachen ohne irgendeine Beteiligung von meiner Seite passieren. Ich muss mich nur morgens auf meinen Meditationshocker setzen.
5. Ich fühle mich wie eine überreife Tomate, die in der Sonne hängt und gleich platzt. Ich bin soooo reif für diesen Prozess…
6. Der Satz von Maitreyabandhu geht mir nicht aus dem Kopf: "Erwachen ist kein intellektueller Prozess". („Die Reise und Reiseführer“). Es gibt tatsächlich nichts zum Nachdenken oder zum Verstehen. Es ist einfach ein sehr tiefgreifender Prozess der Umstrukturierung der Persönlichkeit. Und bei mir scheint er spontan abzulaufen. Also kann man das alles mit Intelligenz nicht durchdringen. Es ist eine innere Veränderung, die man spürt. Die man durchleben muss. Aber das Wort Veränderung passt überhaupt nicht. Ich würde es eher mit einer Baustelle vergleichen. Zuerst muss das alte Gebäude komplett abgetragen werden. Bis auf den Keller. Und anstelle dessen wird ein neues und schöneres Haus gebaut. Momentan fühle ich mich in der Phase der Zerstörung. Es ist nichts stabil. Der Geist ist auch nicht stabil. Alles verändert sich. Oh, momentan vibriert alles in mir. Tiefe Einsicht. Amen. :-)
7. Dann ist mir noch in den Sinn gekommen, dass die Zustände wohl die Veränderungswellen sind. Der Zweck ist wohl, mich zu verändern. Nicht um losgelöst Psychotherapie Sitzungen in der Praxis zu machen. Ich muss sie für mich nutzen. Und da kommt die Angst: was ist, wenn sie nicht wiederkommen? Alles ist nicht auf Dauer, wie oben gesagt. Ich verkrampfe mich ziemlich bei diesem Gedanken, die Angst stört die Meditation, was die Zustände abflacht, was wiederum die Angst auslöst. Kreislauf. Die Bedingtheit der Dinge...
Spät abends
Der Drang allein zu sein war heute enorm. Aber wie soll ich das anstellen? Frühstück mit Kevin und Alissa (Freundin von Kevin)-Haare waschen-Oma Lisa abholen-mich mit Mutter unterhalten-Wäsche einschmeißen-Mittagessen kochen-Wäsche rausholen, noch mal reinschmeißen, aufhängen-Mittagessen mit allen zusammen-Küche aufräumen-eine halbe Stunde Verschnaufpause-Tannenbaum aufstellen und schmücken (noch nie so früh aufgestellt, aber Alissa wollte es so)-Kisten aufräumen- mich mit Mutter unterhalten-Vincent zum Kieferorthopäden bringen-Oma Lisa bespaßen... Und dann war der Druck, mich zurückzuziehen, so unerträglich, dass ich Kopfschmerzen vorgetäuscht und mich im Schlafzimmer eingeschlossen habe. Ich möchte doch nicht mehr lügen, aber wie soll es anders gehen? Ich kann meiner Familie unmöglich sagen, dass ich allein sein will. Es wird nicht akzeptiert.
Ich habe mich auf mein Bett gesetzt, eingekuschelt in drei Decken. Oma Lisa kam und hat an der Tür geruckelt. Ich habe es ignoriert. Dann passierte Folgendes. Ich wollte unbedingt den Prozess starten. Ich wollte erwachen. Es war ziemlich schwierig, mich zu konzentrieren. Mich hat weniger die Außenwelt abgelenkt als meine Gedanken. Ich war nicht im meditativen Zustand, zumindest nicht bewusst. Ich habe mich sehr stark auf mich selbst konzentriert, und von der Außenwelt abgegrenzt. Teilweise kamen wunderbare Gefühle von innen, sie waren aber nicht stabil. Verschiedene tiefgehende Gedanken, mehr über die Familie und den engen Bekanntenkreis. Insbesondere kam mir in den Sinn, dass ich Vincent auf seinem Weg nicht helfen kann. Ich kann rein gar nichts für ihn tun. Ich muss mich von ihm trennen. Meine engsten Menschen sind genauso instabil, wie alles andere auf der Welt. Sie sind vergänglich. In diesem Sinne existieren sie gar nicht, so wie ich auch nicht...
Es war sehr schwer. Es war sehr, sehr schwer. Es waren keinen fröhlichen Gedanken. Es ging mir ziemlich an die Substanz. Ich musste meine Verbindung von allen Menschen auf der Welt trennen und insbesondere von Vincent. Ich fühlte mich furchtbar einsam... Teilweise flogen nur irgendwelche Gedankenfetzen um mich herum. Gefühlsfetzen. Unvormulliert und nicht wahrgenommen. Ich habe mich von einem Wirbelsturm erfasst gefühlt.
Ich wollte an diesem Abend unbedingt erleuchtet werden. Es kam aber nichts. Ich bin wohl noch nicht so weit. Ich saß da und habe an mir selbst gezweifelt. Gut, dass Buddha auch von Selbstzweifel berichtet hat, ich war gut gerüstet.
Und - mir kamen folgende unterstützende Gedanken:
1. Um Erleuchtung zu bekommen, muss man nicht 30 Jahre auf der Meditationsmatte sitzen. Es geht nicht drum, dass ich bei dem buddhistischen Zentrum erst seit ein paar Monaten bin. Ich bin einfach schon bereit. Ich bin reif und überreif. Von allein.
2. Ich fühle mich wirklich sehr rein. Es ist tatsächlich nur der jetzige Zustand wichtig und nicht die Vergangenheit, was man wo gemacht oder gedacht hat.
3. Ich BIN schon im Wasser. Vorbereitungsprozess beendet. Jetzt nur noch eine stärkere Welle abwarten und darauf reiten. Bin schon halb drin sozusagen. Oder halb draußen? Wie ein schlüpfendes Küken, welches seine Schale durchbrochen hat und mit einem Augen nach draußen guckt. Hat Angst, in die Welt auszubrechen 😉. Man soll aber auf keinen Fall etwas erzwingen
4. Es gibt keine Alternative. Ich MUSS durch. Und zwar ganz allein.
Dieses Alleinsitzen hat etwa 2 Stunden gedauert. Irgendwann habe ich die Augen aufgeschlagen, mich auf den Rücken gelegt und meine Gedanken weitergedacht. Ich war enttäuscht, dass der Prozess nicht weitergegangen war. Das ich nicht erwacht bin. Es kam sogar das Gefühl von dem unendlichen Leid wieder. Der "Zustand" war abgeflacht und verschwunden.
Ich habe mich irgendwann aus dem Zimmer getraut. Komplette Erschöpfung und Schwäche, schlimmer als vom Traktor überfahren. Konnte mich nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal so kaputt war. Muss Jahre zurückliegen. Habe kurz mit Vincent und Peter geredet und gemerkt, dass mir die kleinsten Abweichungen von der Wahrheit total schwer fallen. Bloß nicht so tief reingehen! Wahrheit ist nicht immer 100% Wahrheit. Manchmal sind zwei oder mehr ehrliche Antworten möglich. Welche Antwort soll ich wählen? Ich glaube, der Vincent hat mich ziemlich komisch angeschaut, wie ich dastand und die Antwort auf seine einfache Frage suchte.
Bin ins Bett gegangen mit einem wunderschönen Gefühl des inneren Friedens.
Freitag, der 25.11.22 – Programmneustart
Was für ein Tag das gestern doch war! Wenn ich jetzt zurückdenke, scheint es mir, als ob ein Sturm über mich gezogen wäre. Und ich - mitten im Sturmauge, in sich versunken und versteckt, wie in einen Kokon eingewickelt. Um mich herum ein Wirbel von irgendwelchen Fetzen der Gedanken und Gefühlen... Komplett von der Außenwelt abgeschnitten… Wahnsinn. Unmöglich zu beschreiben. Habe gerade den Eintrag von gestern durchgelesen und sehe – ich kann es nicht. Als ob ich einen 3D-Film mit Hilfe von schwarz-weiß Fotos wiedergeben soll.
Und was genau war das alles???
Heute ist wieder herrliche Ruhe im Geist. Sonnenschein und blauer Himmel. :-) Körperlich komplett geschafft. Dachte gestern, ich werde nicht in der Lage sein, zur Arbeit zu gehen. Habe mich trotzdem überreden können, weil unter anderem zwei wichtige Termine mit Patienten geplant waren.
Habe nicht meditiert. Verstanden, dass ich Pause brauche. Wenigstens einen Tag. Morgen ist Samstag, wir haben nichts Besonderes vor, ich kann zur Not den ganzen Tag im Bett verbringen. Gerade schaffe ich es noch auf wackeligen Beinen zu Toilette. Das da gestern hat meine Ressourcen komplett verbraucht. Ich muss aufpassen. Heute versehentlich schon einen Apfel zuviel gegessen. Wenn ich weiter so erschöpft bin, wird meine Ernährung wieder wackeln. Das kenne ich nur allzu gut!
Heute sind mir folgende Ideen in den Kopf gekommen:
1. Das mit der Wiedergeburt: Irgendwann als Jugendliche habe ich mich entschieden, dass dieses Konzept besser in meine Weltansicht passt. Seitdem habe ich nicht dran gezweifelt. Aber so eine richtige Einsicht in die Sache hatte ich nie, obwohl ich gelegentlich darüber nachgedacht hatte. Vielleicht klappt es deswegen nicht mit meiner Vision über die vergangenen Leben. Allerdings wird es im Buddhismus als letztes Stadium der Erleuchtung beschrieben. Vielleicht geht es nicht früher. Muss mir das durch den Kopf gehen lassen.
2. Dann noch mal zum Thema Gleichmut und Mitleid: deutsche Wörter sprechen doch für sich selbst. Mut zu "mir ist alles gleich" haben. Leiden MIT jemanden. Aber wenn man so von der Außenwelt abgeschnitten ist, wie ich gestern im Sturm, dann ist automatisch alles gleich. Was nicht bedeutet, dass du keinen Impuls hast, jemanden helfen zu wollen. Ohne selbst dabei zu leiden :-)
Bin körperlich so erledigt. Der Geist ist klar und willig. Weiß nicht, ob ich morgen meditieren soll. War heute sehr gereizt, wegen des Erschöpfungszustandes. Nächste Woche fahre ich wieder zum Meditationsretreat, direkt im Anschluss Urlaub in Marokko. Wie soll ich das schaffen?! Habe nicht mal die Kraft, die Koffer zu packen.
Abends ein paar schöne Stunden mit Peter ohne den Fernseher verbracht. Habe bestimmt seit zwei Wochen keinen Fernseher mehr gesehen. Fühle mich so rein. Wir haben über Buddhismus geredet, habe ein paar Ideen von mir erzählt.
00:45
Etwas hat mich aus dem Schlaf wach gerissen, vor meinem geistigen Auge sehe ich einen weißen Hintergrund wie auf einem leeren Desktop, nach oben links schnell laufende Striche wie Treppen, die sofort verschwinden (nur für den Bruchteil einer Sekunde), mich überkommt der Gedanke: "Oh Gott, es kommt wirklich!", Gefühl einer kommenden Ohnmacht, alles ganz weiß, wie ein Programm-Neustart, ganz kurz steigt ein warmes oder heißes Gefühl in mir auf, eine Welle aus der Herzregion hoch zur Stirn, Ohnmacht, ich lasse los und falle. Komme sofort wieder zu mir, Gedanke: "Gott Sei gepriesen!" Starke Dankbarkeit.
Liege im Dunkeln auf der rechten Seite. Gedanken: „WAS WAR DAS??? Jetzt bloß nicht schlafen!" Und: "Warum passiert es im Schlaf? Sollte ich das nicht tagsüber erleben?" Und: "Ich muss es sofort aufschreiben!"
Bin aufgestanden, fühle mich normal, alles ist so wie sonst, Arme und Beine funktionieren. Sitze auf dem Klo mit dem Licht einer Handy-Taschenlampe und schreibe das Tagebuch. Das Geschehen hat nur ein paar Sekunden gedauert. Wie soll ich jetzt bitte schlafen gehen? Ich bin aber auf keinen Fall verrückt! Mein Gott, mir ist leicht übel.
Samstag, der 26.11.22 – Gewaltlosigkeit und Akzeptanz
06:30
Was war das heute Nacht???? Ich hatte später noch drei bis vier Energie-Wellen erlebt, begleitet von anschließender Übelkeit, habe sie registriert und weitergeschlafen. Teilweise hatte ich die Wärme in der linken Kopfseite gespürt. Fühle mich jetzt ganz normal, keine Spur von dem "Zustand". Aber im Inneren ein herrlicher Frieden und große Zufriedenheit. Wie ein stilles Meer. Es bewegt sich kaum was.
14:15
Totale Windstille heute. Wahnsinnsgefühl. Bin heute Morgen in die Meditation nicht reingekommen. Ist auch gut so. Habe nur meditiert, um nichts bereuen zu müssen. Kann mich wenigstens regenerieren. Das Ereignis heute Nacht ist sehr passend zum Wochenende hin passiert.
Lese "Reise und Reiseführer" von Maitreyabandhu. Was für ein Buch. Ist der Autor auch ein Erleuchteter? Kann ich das Buch meinen Angehörigen und Freunden vielleicht irgendwie unterjubeln? Oder wenigstens den Achtsamkeitskurs?
20:00
So ganz frei vom "Zustand" bin ich heute nicht. Zum Abend hin fühle ich wieder die Welle. Kann mich nach außen nicht konzentrieren. Finde es gerade wieder witzig, in mir selbst zu sitzen und aus den Augen zu schauen. Gott, das darf keiner lesen, sonst werde ich in die Psychiatrie eingewiesen. Keine tiefsinnigen Gedanken heute. Allerdings werde ich hier ständig unterbrochen, kann mich nicht einmal 15 Minuten in Ruhe auf mein Tagebuch konzentrieren. Gar keine Privatsphäre in diesem Haus. Sechs Mitbewohner und ein Hund. Und die Türen werden nie abgeschlossen.
Ich muss noch alles verarbeiten. Das Geschehen von der letzten Nacht ist schon fast verschwommen und erscheint surreal. Verstehe überhaupt nicht, was da passiert ist. Gut, dass ich alles aufschreibe. Man kann noch mal lesen und sicher sein, dass es kein Traum war.
Buddhas Lehre ist wirklich wahr. Unglaublich. Vor 2500 Jahren hat ein Mensch das Gleiche erlebt und so eine starke Welle erzeugt, dass es auch nach unzähligen Generationen mich noch erreichen konnte und mir den Weg zeigt! Unvorstellbar.
Ich nehme an, es ist ein natürlicher Prozess der Geistesentwicklung. Dass es gänzlich in unseren westlichen Kreisen unbekannt ist, ist nicht nur ein Verlust, es ist eine Katastrophe. Es wäre alles anders gekommen. Die ganze Geschichte der Menschheit wäre anders geschrieben, wenn dieses Wissen allgemein bekannt wäre. Ich bin mir sicher, dass unsere Welt nur auf diese Weise zum Guten verändert werden kann. Durch die Liebe und durch die persönliche Reinigung von jedem einzelnen Individuum. In den letzten 2500 Jahren sind alles nur schlechte oder furchtbare Veränderungen passiert, habe ich das Gefühl. Dieses ganze Leid. Ich möchte mir das Ausmaß des Leides vorstellen und kann es nicht.
Ich verstehe jetzt, was mich zum Buddhismus gejagt hat. Es war nicht nur das Leid aus meiner eigenen Erfahrung, sondern das unendliche, UNENDLICHE, DAS GRENZENLOSE Leid aus der ganzen Geschichte der Menschheit. Ich hatte eben vom Kind an die Fähigkeit, dieses Leid zu spüren. Zu viel Empathie… Verstehen und in die Worte fassen kann ich das erst mit 47 Jahren. Bin aber froh, dass es wenigstens noch in diesem Leben passiert :-)
Auf jeden Fall, zum Guten wenden kann man das, aber nur von innen. Diesen Prozess müssen so viele Menschen wie möglich durchleben, erst dann wird der Wahnsinn auf dieser Erde aufhören.
Ich bin sowieso eine Pazifistin, kann die Gewalt in keiner Form ertragen. Ich habe selbst als Kind Gewalt erlebt und an meinen großen Sohn unwissentlich weitergegeben. Vielleicht findet er die Kraft, sie loszuwerden und nicht an die zukünftigen Generationen weiterzugeben.
Ich spüre die unendliche und unglaubliche Kraft der Liebe. Von dieser Energie, die alles durchdringt und verbindet. Die Liebe ist viel stärker als jede Gewalt. Die Liebe könnte alle Kriege auflösen. Wenn alle Menschen durch die innere Quelle der Liebe geführt würden, würde niemand ein anderes Land angreifen. Vilelleicht gäbe es auch keine Länder und keine Soldaten.
Aber wie wäre es, wenn das angegriffene Land sich nicht wehren würde. So könnte man das Leid minimieren. Das Territorium von dem angegriffenen Land würde vom Angreifer besetzt werden, mit minimalen Verlusten auf beiden Seiten. Die angreifenden Soldaten hätten ziemlich schnell aufgehört auf die Wehrlosen zu schießen. Es sind doch nur junge Männer. Ganz normale Menschen. Es sind keine Monster.
Nach der Besetzung würden ein paar Veränderungen ins Land kommen. Neuer Name für das Land, Wechsel von der Regierung. Keiner wehrt sich. Straßen werden unbenannt, neue Währung eingeführt etc. Spätestens nach ein paar Jahren wäre wieder komplette Ruhe eingekehrt. Glück. Frieden. Tägliche Problemchen, wie sonst. Menschen gewöhnen sich an alles, solange sie glücklich und gesund sind.
Gott, diese Erde, die Länder, wo wir wohnen, wurden in 40 000 Jahren unzählige Male unbenannt und mit anderen Nationalitäten bevölkert. Wenn man so aus der kosmischen Perspektive drauf schaut, spielt es überhaupt keine Rolle, wie das Land heißt und welche Sprache man dort spricht, oder welcher Mensch auf den Papierscheinen abgedruckt ist und wie man das Geld nennt. Menschen lernen wohl rein gar nichts aus der Geschichte. Es fehlt ihnen der Weitblick. Habe versucht, dieses Thema mit Peter zu diskutieren und sehe – es ist nicht einfach, meinen Blickwinkel zu erörtern. Deswegen sage ich nur eins: es ist eine rein subjektive Meinung.
Ich war heute mit Peter spazieren und alles mit neuen Augen gesehen (was nicht mehr ganz neu für mich ist). Alles ist so wunderbar erstmalig und spannend. Ich betrat den Penny-Markt mit gehobenem Blick, weil draußen alles so interessant war. Sonst schaut man sich nur auf die Füße und sieht nichts. Oder man unterhält sich und man merkt wiederum nichts. Ich habe den grauen Himmel und die roten Blätter angeschaut, sie waren wunderbar und perfekt. Alles war perfekt so, wie es war. Alle Menschen schienen sehr beschäftigt zu sein. Auf jeden Fall schaute keiner zum Himmel hoch und keiner hat gelächelt. Allein ich habe die ganze Zeit gegrinst. Wunderschön… Im Penny-Markt bemerkte ich heute zum ersten Mal die Decke und die Wände. Sonst ist der Fokus beim Einkaufen so verengt, enger geht es nur noch vor dem PC. Ich bin wieder so redselig und aufgeregt, der "Zustand" steigt...
22:00
Ich genieße es gerade sehr stark. Es ist so still hier. Sitze im Wohnzimmer, eine fremde Hand mit dem roten Pullover Ärmel schreibt mein Tagebuch ;-) Wieder ein starkes Entfremdungsgefühl. Der Hund neben mir auf dem Sofa. Tannenbaum leuchtet. Man, wie ich es genieße, allein zu sein und den Hund zu streicheln. Im „Zustand“ sehe ich alles anders, zum Beispiel wird der Hund wie ein Klumpen Freude wahrgenommen. Pure Emotion.
Interessant – Das Verhalten von unserem Hund hat sich geändert. Als ob Lissy riechen würde, dass in mir irgendwelche energetische Prozesse ablaufen. Seit September weicht sie mir nicht von der Seite und klebt ständig an mir, wie eine Klette. Verteidigt mich gegen andere Familienmitglieder und ist sogar zu meiner Mutter frech geworden. Früher hat sie sie gemocht. Dem Hund brauche ich nicht zu erzählen, dass ich mich verwandle 😉
Sonntag, der 27.11.22 – Aktuelle Definition: „Zustand“
Neuer Tag, neue Seite. Heute hatte ich eine wunderschöne Meditation mit 7Mind. Der „Zustand“ ist bisher ausgeblieben, doch ich genieße trotzdem den Tag. Ich fühle mich körperlich viel besser und schmücke das Haus weihnachtlich.
Heute hatte ich folgende Gedanken:
1. Versuche immer noch, den „Zustand“ zu formulieren.
- Als Erstes ist ein ausgeprägtes Glücksgefühl da. Manchmal spüre eine aufsteigende Glückwelle mitten im Gespräch, die mich überflutet und mein Gehirn weich macht. Ich fürchte, ich fange an, mich komisch zu benehmen, lache und rede Quatsch. Die Intensität des Glücksgefühls variiert von der sehr guten Stimmung bis zur tiefen Ekstase, Euphorie, Entzücken. Wie unter Drogen, vermutlich.
- Im „Zustand“ bin ich stark nach innen fokussiert. Bin komplett in meinem Körper gesammelt. Konzentration nach außen ist stark abgeschwächt bis nicht vorhanden. Im "Zustand" kann ich nichts lesen, starre auf die Zeilen, verstehe nichts. Das erschwert den Alltag. Schade, ich würde so gerne buddhistische Lektüre lesen. Kann aber dafür schreiben. Ich glaube, ich wiederhole micht... Aber es beschäftigt mich sehr und ich möchte es genau dokumentieren.
- Ich spüre unendliche Energie und einen dauerhaften Aufregungszustand. Ich könnte die Berge versetzten und wäre sehr produktiv, wenn die Konzentration bloß nicht fehlte. Wenn der „Zustand“ abflutet => Energiedefizit, Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
- Alles erklärt sich von allein, ich sehe die Zusammenhänge, die mir früher entgangen sind. Sehe das Gesamtbild.
- Rede ohne Ende, bin ganz losgelöst wie unter Alkoholeinfluss. Alles fällt leicht
- Bei tiefen „Zustand“ Schwindel / Koordinationsprobleme
- Manchmal habe ich das Gefühl in Jetzt zu sein, was Probleme verursacht, über zukünftige oder vergangene Ereignisse nachzudenken
2. Noch mal: ich bin der Meinung, dass es viele Erwachte geben muss. Bloß sind sie sehr schwer zu identifizieren. Ich fühle mich zurzeit wie ein frisch geschlüpftes Küken, welches im Inkubator neben den unzähligen Eiern im Inkubator sitzt, nichts versteht, um sich herumschaut und geschlüpfte Mitgenossen sucht... Wenn Küken im Inkubator ungefähr zu einem bestimmten Zeitpunkt schlüpfen, werden vielleicht auch Menschen ungefähr zum gleichen Zeitpunkt erwachen? Das wäre toll! Die Menschheit existiert seit 40.000 Jahren. Es wäre an der Zeit!
Eine Bemerkung aus späterer Zeit: Laut Ken Wilber (ein erfolgreicher amerikanischer Schriftsteller) liegt die Zahl der erwachten Menschen heutzutage bei etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung. Das heißt, es müssen zurzeit etwa acht Millionen erwachte Menschen auf der Erde leben!!!
Gibt es eventuell Erwachte bei uns im buddhistischen Zentrum? Wie kann man das erfahren? Im Kurs "Geschmack der Freiheit" wurde mehrfach erwähnt, dass es unter uns keine Erwachte gibt. Warum eigentlich? Das Zentrum existiert seit 30 Jahren. Es kann ja nicht sein, dass Erwachen so lange dauert. Buddha hat seine 5 Freunde innerhalb der kürzesten Zeit zum Erwachen gebracht.
3. Meine Wahrnehmung hat sich geändert. Ich sehe die Sachen ganzheitlich. Sehe die Zusammenhänge. Schwer zu beschreiben. Ich habe das Gefühl, dass ich früher eine Wahrnehmungsstörung hatte. Dass ich blind war. Und jetzt auf ein Mal sehen kann. Irgendeine andere Wahrnehmungsart. Zum Beispiel, wenn ich an einem Baum vorbeigehe, empfinde ich ein wunderschönes Wesen, der halb über der Oberfläche und halb unter der Erde existiert. Der untere Teil ist genauso kräftig, wie das obere, eventuell sogar noch kräftiger. Bloß wird dieses Teil nicht durch die Lichtwellen erfasst und entgeht unserem optischen Sinnesorgan. Und - wir vergessen einfach, dass es existiert. Alles, was wir durch unsere Sinnesorgane nicht erfassen können, existiert für uns nicht… Genauso existieren für uns die Dinge nicht, die nicht wissenschaftlich belegt sind. Oder von denen wir zumindest nicht etwas gelesen haben…
Wie ist es überhaupt, ein Baum zu sein? Vermutlich ein sehr langsamer Stoffwechsel. Immer an der gleichen Stelle zu stehen, bei Wind und Wetter. Bei Sonnenschein mit Glück durchströmt zu sein. Bei Blütezeit wahrscheinlich Ekstase und sexuelle Erregung. Über die Luft und Wurzeln mit anderen Bäumen kommunizieren. Blätter verlieren... Wie fühlt sich das an? Winterschlaf... Wenn ein Baum abgeholzt wird, wird dieses wunderbare Wesen in zwei Teile getrennt. Was für eine Katastrophe.
Eine Fichte in unserem Garten hat im letzten Sommer stark unter der Hitze und Trockenheit gelitten. Ich dachte schon, sie würde sterben. Habe sie jeden Tag gegossen. Sie hat es überstanden. Und wenn ich sie besuche, bilde ich mir ein, dass sie diesen zarten Duftstoff nur für mich allein abgibt - als Begrüßung und aus Dankbarkeit :-)
Dienstag, der 29.11.22 – Der Schmetterling will schlüpfen
Gestern war ein schlimmer Tag. Am Sonntag kam kein "Zustand", nicht mal ein Schimmer davon. War abends sehr enttäuscht und habe sogar ein Glas Wein getrunken. In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte ich ein wunderbares körperliches Gefühl, wie eine Ekstase, bin davon wach geworden, lag da und habe es genossen. Unbeschreiblich. UN-BE-SCHREIB-LICH. Als ob ich schmelzen würde. So weich, so zart, so fließend, ich kann es leider nicht wiedergeben.
Am Montag ging aus irgendeinem Grund mein 5 Uhr-Wecker nicht an, bin um 6:30 Uhr aufgewacht, keine Zeit mehr zum Meditieren. Grrrrrrrr. Arbeit war gut, ich war schön motiviert. Ich liebe es, mit Menschen zu sprechen. Teilweise kam sogar das vertraute Wärmegefühl, als ich mich über die Krankheit und Tod unterhalten habe.
In der Mittagspause hatte ich aber einen starken Drang, allein zu sein. Habe die Tür zugemacht, mich an den Tisch gesetzt, den Kopf auf die Arme gestützt und bin in mir versunken. Mich hat ein verzweifelter Wunsch nach Befreiung gepackt, im Kopf schwirrten irgendwelche verrückten Gedanken. Das Gefühl, mich von meiner Schale lösen zu wollen, war einfach unerträglich. Habe mich innerlich gezerrt, hatte das Gefühl im Kokon eingewickelt zu sein, ich habe sogar versucht, den Rücken hin und her zu bewegen, um die Ketten zu lösen… Unglaublicher Willensakt. Wollte unbedingt frei sein! Wie ein Schmetterling, der versucht, aus dem Kokon zu schlüpfen. Es hat aber nichts gebracht. Nach und nach habe ich mich beruhigt, das Herzrasen hat aufgehört. Es hat etwa 15 Minuten gedauert. Was war das schon wieder? Ich werde wohl langsam verrückt! Warum fühle ich mich so unfrei und gebunden? Ich hatte noch nie im Leben so ein Gefühl erlebt!
Nach der Arbeit war die Stimmung im Keller. Gar keinen Zustand zu spüren, fühlt sich so an, als ob man wieder erblindet sei. Für einen kurzen Moment eine wunderbare Welt sehen zu können, die dir dann wieder weggenommen wird. Brutal. War so verzweifelt, dass ich geweint habe. Ich fürchte, so langsam machen sich meine Familienangehörigen Sorgen um meine psychische Gesundheit. Solche Stimmungsschwankungen ohne sichtbaren Grund...
Saß abends auf dem Sofa und es haben mich verschiedene Fragen gequält. War das jetzt alles? Kommt nichts mehr? Muss ich auf die nächste Phase den Rest des Lebens warten? Oder vielleicht im nächsten Leben erst? Die Motivation ist gesunken wie noch nie. Ich war wohl auf Entzug…
Ging abends mit Mutter zum Yoga. Dort wechselten wir Spannung und Entspannung. Vielleicht ist das der beste Weg - sich zu entspannen. Wahrscheinlich überspanne ich ein ganz klein wenig…
Später zu Hause habe ich mich im Spiegel angeschaut und mir gedacht: Ich habe es geschafft, nachhaltig abzunehmen und mein Wunschgewicht zu erreichen. Statistisch gesehen schafft es nur ein Mensch von 100. Wie oft war ich in den letzten vier Jahren im Prozess des Abnehmens verzweifelt. Wie oft fühlte ich mich im Loch sitzen und habe die Sonne hinter den Wolken nicht gesehen. Aufgeben war aber keine Alternative. Und – ich habe erfahren, dass sich die Geduld immer auszahlt. Ich brauche bloß Unterstützung, wie meine BLE-Ernährungsgruppe.
Mittwoch, der 30.11.22 – Erstes Gespräch mit Anissita
Habe heute doch noch meditiert, obwohl mir Ratna in ihrer Mail davon abgeraten hatte. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich ohne die Meditation nicht mehr kann. Es ist ein schöner Tag ohne den "Zustand". Der vierte in der Folge… Wahrscheinlich kommen die „Zustände“ nicht mehr… Ich versuche nicht dran zu denken, sonst kriege ich die Krise.
Abends
Vor dem Kurs "Geschmack der Freiheit" hatte ich den Gesprächstermin mit Anissita, einen Ordinierten aus unserem Zentrum. Ratna hat ihn mir als Meditationsmeister vermittelt. Er scheint sehr nett zu sein. Ist über 60, hat graue Haare und einen holländischen Akzent.
Vor dem Gespräch bin ich mein Tagebuch durchgegangen, um möglichst genau zu berichten. Dabei sind mir viele Sachen klar geworden. Zum Beispiel, dass das Universum wie ein Kuchen aussieht, es ist alles eins, alles verbacken und miteinander verbunden. Es ist alles die gleiche Substanz: Menschen wie auch Sterne und alles, was es gibt. Alles ist mit dem Teig verklebt und nicht voneinander trennbar. Deswegen ruft die Bewegung von einem Teil eine Veränderung in der Umgebung hervor. Deswegen ist die Evolution des Universums gleich Evolution Geist.
Dieses Gefühl der Verbundenheit hatte ich schon mein Leben lang. Für mich ist das normal. Als ich nach Deutschland kam, dachte ich, dass diese Eigenschaft der sozialistischen Erziehung zu verdanken sei. Jetzt verstehe ich, dass es einfach ein Teil meiner Natur ist.
Als ich sechs Jahre alt war, wollte mich meine Mutter wohl veräppeln. Sie hat mir eine Geschichte erzählt, dass unsere Nachbarin in Geldnot sei, und wir haben mein Sparschwein geleert. Wir haben lange gebraucht, um die kleinen Münzen zusammenzuzählen: es waren genau drei Rubel. Ich hatte damals für einen Hamster gespart und es war eine sehr große Summe für ein Kind. Die Nachbarin war anwesend, lachte und lobte mich für meine Großzügigkeit. Sie wollte mir einen ganzen Rubel in die Spardose geben. Ich verstand jedoch den Witz überhaupt nicht. Warum will sie das Geld nicht annehmen? Es ist schon vierzig Jahre her, aber ich kann mich immer noch sehr gut an die Gefühle von damals erinnern. Es war furchterregend, dass ein Erwachsener in so eine Geldnot geraten kann, dass die Sparschweine der Kinder geleert werden… Ich war sehr enttäuscht, dass sie nun mein Geld nicht wollte. Ich würde so gerne helfen. Ihre Bedürfnisse sind bestimmt wichtiger, als mein Wunsch, einen Hamster zu kaufen. Naja, jetzt finde ich es lustig.
Das Gespräch mit Anissita hat mir gutgetan, obwohl ich wieder nicht sehr viele Informationen bekommen konnte. Ich bin emotional geworden und habe beim Erzählen geheult… Musste wieder im „Sturm“ die Trennung von Vincent durchleben.
Er meinte, dass ich in drei Monaten vielleicht so viel erlebt habe, wie er in 30 Jahren seiner Praxis. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Deswegen drehe ich momentan durch. Es ist einfach zu viel auf einmal! Es ist alles sehr viel, sehr schnell und sehr intensiv.
Es wird aber von mir auch sehr stark gewollt. Es ist nicht der richtige Ausdruck dafür. Ich BENÖTIGE DAS ERWACHEN SO DRINGEND, dass ich das Gefühl habe, dass ich ohne es verdurste und sterbe.
Anissa meinte, dass die "Zustände" nicht aufgehört haben. Er sagte, Körper und Geist würden nur so viel annehmen, wie sie es vertragen können. Und ich war am Wochenende so furchtbar erschöpft. Deswegen gab es keinen "Zustand" von Sonntag bis heute.
Und - er hatte vollkommen Recht, noch während des Gesprächs kam der „Zustand“ hoch und ging am nächsten Tag weiter. An diesem Abend erlebte ich wieder, dass der "Zustand" beim Sprechen über die buddhistische Lehre oder beim Erzählen von meiner Geschichte hochsteigt. Ich bin Anissita so dankbar.
Im Kurs „Geschmack der Freiheit“ an diesem Abend mussten wir ein paar Gedanken notieren. Ich bin vielleicht etwas vom Thema abgewichen, möchte meinen Text hier trotzdem festhalten.
Der Traum vom morgen - Übung aus dem Kurs "Geschmack der Freiheit "
Ich habe geträumt von einer Welt, wo Menschen nicht mehr an materiellen Gütern interessiert sind und gelernt haben, zu teilen. Wo Menschen keine Sachen bei sich zu Hause aufhäufen, wo die Zimmer leer stehen und schön in ihrer Leerheit sind. Wo Menschen nicht so viele Zimmer benötigen, weil sie keine Sachen mehr besitzen. Die Häuser und die Wohnungen sind viel kleiner geworden.
Jeder, wer etwas braucht, kann es im nächsten Laden kostenlos abholen und wieder zurückgeben, sobald er es nicht mehr braucht. Es gibt kein Geld mehr. Die Produktion und die Müllentsorgung sind stark zurückgegangen, weil alles geteilt wird. Autos stehen auf der Straße und jeder kann einsteigen. Deswegen sind es so wenig Autos geworden. Die Welt ist leerer von den menschlichen Sachen und es gibt wieder Platz für andere Lebewesen. Die Fläche für Felder, Wälder und die Tiere ist wieder frei. Die Luft ist sauber.
Da die Menschen nur wenig Sachen brauchen, müssen Sie nicht von morgens bis abends arbeiten und haben Zeit für die schöneren Dinge, wie die innere Entwicklung, liebevolle Kommunikation, für das Genießen der Natur und Erschaffen der Kunstwerke. Unnötige Produktion wurde abgebaut und dank entstandenen Kapazitäten auf dem Arbeitsmarkt sind menschorientierte Berufe sehr gut ausgestattet. Die Betreuung in den Krankenhäuser und Pflegeheimen ist nun eins-zu-eins möglich. Der Schulunterricht erfolgt auch persönlich, nach dem individuellen Programm und jeder Lehrer hat nur einen Schüler. Der Uterricht ist viel effektiver und angenehmer geworden, deswegen zeigen die Schüler so gute Leistungen. Der Unterricht ist gewandelt und schließt nicht nur wissenschaftliche Bereiche, sondern viel mehr Psychologie, Kommunikation und liebevolle Kindererziehung ein. Ja, Kindererziehung wird schon in der Schule beigebracht. Denn es ist der wichtigste Fach überhaupt.
Die Menschheit ist viel glücklicher als je zuvor. Jeder ist grundzufrieden. Es gibt kein Leid, keine Gier, kein Hass, und keine Verblendung. Es gibt keine Ängste, keine Sorgen und keine Depressionen, weil jeder Mensch erwacht ist. Und das Erwachen ist ein ganz normaler Prozess, der von Kind an direkt beigebracht wird.
Donnerstag, der 01.12.22 – Reflektionen von gestern
Die Meditation ist heute ausgefallen. Der Morgen war komplett chaotisch. Ich fahre morgen wieder ins Retreat im Sauerland und wenn ich am Sonntag zurückkomme, fliegen wir in der gleichen Nacht nach Marokko. Ich weiß nicht, wie ich die Sachen packen soll, wenn ich mich nicht konzentrieren kann.
Außerdem habe ich heute 30.000 Aufgaben zu erledigen. Ich sitze gerade im Auto auf dem Parkplatz vor dem Rewe und schreibe. Habe mich gezwungen, für mich ein paar Minuten zu nehmen, weil ich heute sonst keine Zeit haben werde.
Gerade fühlt sich die Zeit wieder sehr stark wie ein fortlaufendes Jetzt an. Es ist immer jetzt. Nur Jetzt. Eine unendliche Aneinanderreihung von Jetzt. Klingt verrückt. Es fällt mir sehr schwer daran zu denken, was gestern war oder was morgen geplant ist. Gott sei Dank, existiert ein Kalender auf dem Handy! :-) Ich wäre sonst verloren.
Gestern im Kurs hatten wir das Thema Großzügigkeit. Bei diesen Gesprächen langweile mich oft, weil es sowieso alles sonnenklar ist. Aber manchmal: Zack! Sehr wertvolle Information oder Stoff zum Nachdenken. Ich muss es noch mal reflektieren mit dem Geben und Nehmen.
Es ist ja eigentlich EIN Prozess, und nicht zwei. Wenn man sich als ein Teil von dem Ganzen realisiert, ist es egal, wer gibt und wer nimmt... Das ist alles gleich, es bleibt alles ausgeglichen, es passiert im Grunde genommen nichts. Es verschwindet nichts und es kommt nichts Neues dazu.
Ich gebe sehr gerne, hatte aber früher oft das Problem, etwas anzunehmen. Jetzt sehe ich es anders. Wenn meine Patienten sich bedanken möchten und mir eine Kleinigkeit schenken, war es mir manchmal unangenehm. Jetzt sehe ich die Liebe, die die Menschen damit zum Ausdruck bringen wollen und es freut mich. Ich nehme das Geschenk und empfinde dabei pure Freude ohne Hintergedanken.
Gestern habe ich versucht, meine Meinung in die Runde zu sagen, und ich sah, dass ich nicht verstanden werde. Ich glaube, mein Gehirn funktioniert anders als früher.
Es ging unter anderem, warum das Geben so wichtig ist. Ich habe nachdenken müssen. Die Frage ist schwer zu beantworten. Letztendlich habe ich es so formuliert: Dass das Geben die wichtigste Eigenschaft der Liebe ist. Energie muss fließen. Sie muss gegeben werden. Wenn wir materielle Güter oder einfach nur schöne Emotionen teilen, geben wir automatisch die Liebe weiter.
Nun gut, ich kann es nicht besser erklären. Ich glaube, meine Antwort ist nicht so gut angekommen. Es gab Menschen in der Runde, die viel besser geantwortet haben. Ich finde aber diesen Gedanken so machtvoll. Energie muss fließen. Oder besser: ENERGIEFLUSS. Mit einem Wort das ganze Universum erklärt. Ist dieser Gedanke für mich vielleicht so bedeutungsvoll, weil ich zurzeit einen mächtigen Energiefluss in meinem Körper spüre? Ich liebe mein Tagebuch. Man reflektiert und kommt zu wunderschönen Erkenntnissen.
Gestern hatte Anissita die Meditation sehr schön eingeleitet. Er macht es anders und geht die Körperteile ziemlich schnell durch. Sonst hänge ich mindestens 10 Minuten bei der Einleitung und es besteht die Gefahr, abzuschweifen.
Ich habe während der Meditation über unser voriges Gespräch nachgedacht. Als ich Anissita vom "Sturm" erzählte, musste ich weinen. Ich musste noch mal den Schmerz von der Trennung von meiner Familie und insbesondere von Vincent durchleben. Er fragte mich, WARUM ich mich trennen musste. In meinem Leben verändert sich doch nichts. Ich hatte keine Antwort parat. Aber aus irgendeinem Grund musste ich diese innere Trennung durchleben.
Und - während der Meditation - kam die Antwort. Das war doch die stärkste Anhaftung in meinem Leben! Ich musste sie wohl lösen, um weiterzukommen. Als dieser Gedanke zu mir kam, hatte ich das Gefühl, dass der Engelschor anfing zu singen und dass die Sonne aufgegangen war. Im übertragenen Sinne natürlich. Es war so ein erleuchtender Gedanke, dass ich weinen musste. Er kam gerade zum Meditationsende. Ich sitze da und weine. Peinlich. Aber erleichternd. Hoffentlich hat keiner etwas gemerkt.
Ich bin emotional zurzeit ziemlich durch den Wind. Mache vermutlich einen komischen Eindruck auf die Menschen im Zentrum. Es ist schade, denn wenn der erste Eindruck falsch ist, kann er alles vermasseln. Werde ich hier für verrückt erklärt?
(Ich habe über "Anhaftungen" in Philip Moffitts Buch "Tanz mit Leben" gelesen. Er interpretiert Buddhas Lehre und schreibt, dass starke Bindungen zu "Anhaftungen" werden und Leiden verursachen können. Ich beobachte dies bei meinen Patienten. Wenn ein Ehepartner stirbt, leiden manche Menschen sehr stark und lange Zeit. Anderen geht es nach ein paar Monaten besser. Das sind Menschen, die keine innere Anhaftung hatten. Hmm, ich wusste nicht, dass ich auch ein Opfer von einem Anhaftungsprozess bin 😳).
Ja, sehr aufgewühlt. War froh, zu Hause zu sein und ins Bett fallen zu dürfen. Gegen ein Uhr nachts war ich wieder aus dem Schlaf gerissen. Es passierte etwas. Ich lag ruhig in der Dunkelheit und horchte in mich hinein. Das Gefühl, in der Brust bewegt sich etwas Warmes. Brustbeklemmungen. Entspannung. Glück. Gefühl der Änderung... Es ist unbeschreiblich. Schwer zu formulieren. Aber ich konnte mich diesmal besser entspannen als die Tage davor. Es wird langsam alles so vertraut. Anschließend kam eine tiefe Genugtuung. Gefühlsmäßig hat es etwa 15 Minuten gedauert. Anschließend, als die Welle abgeflacht war, erlaubte ich mir, weiter zu schlafen. War glücklich, dass ich es bewusst wahrnehmen durfte. Es passieren wohl einige Sachen nachts oder im Schlaf. Komisch. Eventuell, weil man so richtig entspannt ist?
So, jetzt muss ich langsam los. Der Tag mit 30.000 Aufgaben beginnt. :-) Zuerst einkaufen.
Und noch eine Sache. Ich glaube, ich kriege so allmählich das Gefühl, welche persönlichen Eigenschaften zum Erwachen gehören. Diese Nettigkeit, Zuvorkommenheit, Unfähigkeit "Nein" zu sagen, das Schätzen von Interessen der anderen mehr als die eigenen. Altruismus, Hilfsbereitschaft. Selbstlosigkeit. Den Schmerz oder Unbehagen des anderen in den alltäglichen Kleinigkeiten fühlen zu können. Es sind alles die Bezeichnungen einer Eigenschaft. Mir fällt jetzt bloß der Dachbegriff nicht ein. Empathie? Für die anderen zu handeln, wie für sich selbst. Weil wir alle verbunden sind.
Manchmal schaue ich mir die Menschen an und denke - ja. Das ist es. Du bist auf dem Weg. Ist Keanu Reeves womöglich auch auf dem Weg? Er hat manchmal so einen Blick...
Samstag, der 03.12.22 - Die Lotusblume öffnet sich
08:45
Ich bin im Meditationshaus Vimaladhatu und habe gerade eine atemberaubende, eine fantastische Meditation erlebt. Zum ersten Mal von der Dauer ca. eineinhalb Stunden. Anissita hat eingeleitet. Ich weiß jetzt, warum er Meditationsmeister genannt wird 😉 Zuerst 30 Minuten Atemmeditation, danach 30 Minuten Gehemeditation und anschließend Metta Bhavana. Ich habe noch nie so lange meditiert. Als ich erfahren habe, dass wir heute 1,5 Stunden meditieren, habe ich nur gedacht: „Oh je, mein "Zustand" wird bis zum Himmel explodieren!“
Als der erste Teil vorbei war, war ich schon komplett im "Zustand" drin. Vertraute Wärme überflutet den Körper, über den Kopf hinaus. Ich werde von den Glückshormonen überströmt, alles erscheint auf einmal so entzückend und sagenhaft hinreißend. Wir wurden aufgefordert, im Schreinraum ruhig im Kreis zu gehen. Im Vorbeigehen habe ich aus dem Fenster geschaut: Komplett dunkel draußen, nur ein paar Lichter von einem Dorf im Tal, vollkommen in ihrer Schönheit! Ich habe fast weinen müssen, erfasst von der unerträglichen Schönheit dieser Lichtpunkte. Meine Güte, was ist mit mir los? Bin ich auf Drogen???
Als anschließend Metta Bhavana kam, spürte ich eine ganz, ganz sanfte Wandlung in mir. Angenehmste körperliche Gefühle, die man sich nur vorstellen kann. Als ob Honig durch mich fließen würde... Das Erwachen ist doch ein sehr angenehmer Prozess. Nichts mit „Sturm“ mehr. Ich hätte so den ganzen Tag und ein Jahr sitzen können. Einfach existieren. Da sein. Glücklich sein.
Nach der Meditation ging ich nach oben in mein Zimmer. Beim Zähneputzen kam mir ein Gedanke: Mir wurde der Weg gezeigt, jetzt muss ich mich entscheiden, ob ich weiter gehen will. Ich habe Buddha Natur in mir drin, wie wir alle, bloß ist sie zurzeit überlagert mit dem, was diese Welt alles aufgeschichtet hat. Es ist wie ein goldener Schatz am Flussboden. Ist mit Schlamm und Steinen bedeckt. Jetzt habe ich ihn gefunden und möchte nie wieder geben. Ich möchte nur noch Buddha sein. Und auf Jetzt fokussieren. Das hilft enorm. Alle unnötigen Gedanken verschwinden. Alle Sorgen. Was kann schon im Jetzt passieren?
Ertrage zurzeit das menschliche Gequassel um mich herum nicht. Es ist mir alles zu viel und zu laut. Werde mich nach dem Frühstück wahrscheinlich zurückziehen.
15:10
Oh, man... Wie soll ich das hier beschreiben? Wie soll ich DAS in der menschlichen Sprache formulieren? Heute ist der heftigste „Zustand“ aller Zeiten. Es ist wie ein Auftauchen einer Lotusblume: Aus der Tiefe der See, an die Oberfläche und... ÖFFNEN!
Ich ging nach der Meditation hoch zum Frühstück, schaffte es noch, mir den Porridge auf den Teller zu schaufeln und mich an den Tisch zu setzen, konnte aber keinen Bissen mehr runterkriegen. Ich merkte, dass da etwas kommt. Meine Tischnachbarn haben quicklebendig geplaudert. Ich konnte nicht sprechen, es war mir alles zu laut. Ich dachte noch, dass ich ins Zimmer gehen sollte, hatte aber keine Kraft aufzustehen. Ich schloß einfach die Augen, damit mich keiner anspricht und hielt meine Tasse vor das Gesicht wie ein Schutzschild.
Und dann kam die Welle. Ein von unten aufsteigendes unbeschreibliches, alles überflutendes Glücksgefühl, wie ein Tsunami. Ich habe mich ihm einfach hingegeben und mich an meine Tasse geklammert. Das Glück war so enorm, so unerträglich, dass mir die Tränen aus den Augen schossen... Die Tischnachbarn waren sehr taktvoll. Keiner hat etwas gesagt oder mich berührt. Ich hatte das Gefühl, dass sich mein Brustkorb öffnet, wie eine Blume. Und dass diese Blume extrem, EXTREM empfindlich, sensibel und weich ist. Das war mein tiefstes Inneres, welches sich da gerade geöffnet hat! Aha, es klappt doch noch mit den Formulierungen. Schön.
Als alle mit dem Essen fertig waren, habe ich meinen Teller mitgenommen und bin nach oben gewackelt. Ratna hat es wohl gemerkt und ist mir nachgeeilt. Wahrscheinlich sah ich furchtbar mit dem tränenüberströmten Gesicht aus. Sie kam mit aufs Zimmer, um zu fragen, ob es mir gut ginge. Ich habe bei der Frage sofort losgeheult, das war mir definitiv zu viel. Habe ihr versichert, dass ich vor Glück weine. Kann mir nicht vorstellen, was sie sich dabei gedacht hat.
Es hat mich nur so durchgeschüttelt. Ich konnte mich aber bis 9:30 Uhr einigermaßen beruhigen, verbrauchte fast eine ganze Packung Taschentücher. Ich entschloss mich, nach unten zum Aufenthaltsraum zu gehen. Ratna hielt einen sehr interessanten Vortrag. Es ging um die Entstehung und die Entwicklung der Triratna (europäische buddhistische Bewegung). Ich war anwesend, bekam aber nur einen Bruchteil mit, weil ich immer wieder in meine Empfindungen versank. So ein unbeschreiblich schönes Brustgefühl! Soooooo viel Zärtlichkeit! So ein unglaublich intensives, mein ganzes Wesen durchdringendes Glück!
Nach dem Mittagessen bin ich in den Garten gegangen. Hatte gehofft, von der kühlen Luft einen freien Kopf zu bekommen. Von wegen... Der "Zustand" war so stark, dass ich mich wie betrunken fühlte. Ich hatte sogar Probleme mit der Koordination. Der Garten in Vimaladhatu ist stufenartig angelegt. Beim Runtergehen musste ich schön aufpassen. Ein Beinbruch hat mir gerade noch gefehlt…
Ich bin nur etwa eine halbe Stunde im Garten geblieben, es war doch zu kalt. Habe dort verstanden, dass ich ab heute ein neues Wesen bin.
Alles, alles war so wunderschön, so UN-BE-SCHREIB-LICH schön an diesen trüben und kalten Wintertag. So UN-ERTRÄGLICH schön. So GÖTTLICH, dass es sogar weh tat… Pure Verzückung. Solch intensive Gefühle habe ich nie zuvor erlebt, und nie danach. Alle Bäume, alle Zweige, alle Büsche und Blätter waren so perfekt, so makellos, so vollkommen. Jeder Grashalm war an seinem Platz und an der richtigen Stelle. Ich stand bestimmt zehn Minuten unter einer Birke und verehrte ihre kahlen Zweige mit den Eistropfen darauf. Es waren die malerischsten Tropfen im ganz Universum. Alles war zauberhaft und unvergleichlich, herrlich, vollkommen so, wie es war. Es gab nichts, was verbessert werden musste.
Diese Gefühle waren schon ziemlich hart an der Grenze, was ein menschliches Wesen ertragen kann…
Ein Busch hat mir allerdings leidgetan. Seine kleinen rosafarbenen Blüten waren mit Eis bedeckt. Das muss echt weh tun, wenn die Fortpflanzungsorgane zufrieren. Ich habe ihn sehr lange betrachtet und verstanden, wozu der Gleichmut da sein soll. Wenn du erwacht bist, darfst du kein Mitleid empfinden. Sonst wirst du unter der Mitleidlawine sofort begraben. Es existiert doch nur noch Leid in dieser Welt. In jedem Grashalm. Und was ist mit den Lebewesen, die sich bewegen können? Ihr Glück und ihr Leid sollen wohl viel intensiver sein als bei den Pflanzen. Fressen oder gefressen werden...
Überhaupt kommen bei mir zurzeit Fragen auf, ob ich Pflanzen essen soll. Das Problem ist, dass ich aufhören würde zu existieren. Schwierige Sache. Was empfindet eine Kartoffel, wenn sie in den auf 180 Grad vorgeheizten Backofen geschoben wird? Lebt die Möhre denn noch im Kühlschrank? Können mich Tomaten wahrnehmen? Sprechen meine Zimmerpflanzen zu mir? Von dem Letzteren bin ich übrigens überzeugt.
Ich habe heute das Gefühl, dass ich übers Gras schweben möchte, um die Grashalme nicht zu verbiegen. Dem Gras muss es doch weh tun, wenn jemand drüber läuft... Und wer weiß, wie viele Ameisen dabei zerquetscht werden. Furchtbar. Und - was ist mit den Würmern und anderen Lebewesen, die in der Erde leben? Was empfinden Sie, wenn jemand mit den Füßen draufdrückt? Es ist alles so kompliziert. Das Leben ist pures Leid! Oder man kann es besser so ausdrücken:
LEBEN = LEID!
Die einzige Möglichkeit, anderen kein Leid zu zufügen, ist nicht zu existieren. Allerdings würden durch meine Nicht-Existenz meine Familienangehörigen leiden. Und außerdem möchte ich mich momentan nicht auflösen. Anissita hat ganz richtig bemerkt, dass nicht existieren wollen auch eine Form vom Leid ist. Etwas zu wollen verursacht eine Anhaftung und dadurch Leid. Etwas ablehnen, etwas nicht wollen verursacht ebenfalls Leid. Überhaupt keine Wünsche zu haben, das ist der einzige Ausweg, um nicht zu leiden.
Ohhhhhh... Tiefe Einsicht. Alles vibriert in mir drin. Schon witzig, wie sich die bekannten Formulierungen im "Zustand" anfühlen. Wie kann man denn diese Einsicht in das tägliche Leben integrieren? Ich lebe leider nicht im Retreat in einer abgeschiedenen Höhle. Wie kann ich nicht wollen, dass meine Patienten aufhören mit dem Rauchen? Wie kann ich nicht wollen, dass mein Haus schön und ordentlich aussieht und sauber ist? Ich bin so empfindlich für optische Reize. Habe allein deswegen dieses Jahr die Terrasse für einen Haufen Geld neu machen lassen! Wie viel Gutes mit diesem Geld gemacht werden könnte, unvorstellbar. Und alles nur, um meine optischen Wahrnehmungen zufrieden zu stellen! Das ganze Geld für eine Person. Peter muss ein Heiliger sein, dass er sich zur Hälfte beteiligt, obwohl ihn die Terrasse gar nicht juckt.
ICH MUSS SO VIELE SACHEN NEU ÜBERDENKEN UND NEU BEWERTEN!
Eine Aufgabe ohne Ende... Ich bin so erledigt, und der Tag ist noch sehr lang. Es ist noch nicht mal 16 Uhr.
Ich verstehe jetzt, dass etwas verändern zu wollen ebenfalls das Leid verursacht, auch wenn die Veränderungen zum vermeintlich Guten sein sollen. Verstehe, warum ich so ein Entsetzen empfinde, wenn Hanna (eine Freundin von mir) in Ihrem Garten ein Schwimmbecken bauen lässt. Mit warmem Wasser für den Winter und einer Gegenstromanlage. Für ihre zwei Jungs, die gerne schwimmen. Es ist eine lokale Katastrophe. Die armen Bäume, bei denen die Wurzeln mit dem Bagger zerquetscht werden. Das arme Boden-Biotop, welches dort sterben musste, wo jetzt ein Betonblock steht. Das arme Klima, wo für ein vier-Personen-Haushalt so viel Strom, Wasser und andere Ressourcen verbraucht werden. Arme Kinder, die keine Chance haben, in der Bescheidenheit zu leben. Obwohl meine Kinder nicht viel besser erzogen wurden...
Ich habe so viel verstanden in diesen drei Monaten! Es ist überwältigend.
Kann momentan mit keinem reden. Bin der Alexandra (meine Zimmergenossin) sehr dankbar, dass sie schweigt. Überhaupt sind hier alle Menschen sehr sensibel. Buddhisten halt.
21:00
Der Zustand ist fast weg, der Gedankenstrom hat sich etwas beruhigt. Wenn ich das oben geschriebene lese, habe ich deutlich das Gefühl, dass es in einer Psychose-Phase verfasst wurde. Bin mir aber sehr sicher, dass ich nicht psychisch krank bin. Nur Winterdepressionen bisher, mehr nicht. Und dieses Jahr noch nicht mal angefangen, weil zu viele Glückshormone.
Warum überschneiden sich denn die Sachen, die ich erlebe, ziemlich genau mit der buddhistischen Lehre? Ich konnte mir unmöglich alles ausdenken. Manche Sachen erlebe ich erst und finde später die Erklärung für Sie in einem buddhistischen Buch. Habe übrigens vor Kurzem im Pali Kanon (eine Sammlung heiliger buddhistischer Texte in Pali, die die Lehren des Buddha und Elemente seiner Biographie enthalten) die „Feuerpredigt“ gefunden, ganz zufällig. Bin fast vom Stuhl gefallen. Hier ein Ausschnitt:
„Alles brennt, ihr Mönche. Und was alles brennt, ihr Mönche? Das Sehen, ihr Mönche, brennt, die sichtbaren Gestalten brennen, das Sehbewußtsein brennt, die Sehberührung brennt und was durch die Bedingung der Sehberührung entsteht, nämlich freudiges, leidiges oder neutrales Gefühl, auch das brennt. Durch was brennt es? Durch das Feuer des Begehrens, durch das Feuer des Hasses, durch das Feuer der Verblendung brennt es, durch Geburt, Alter, Tod, Kummer, Jammer, Schmerz, Leid und Verzweiflung brennt es, so sage ich.“
Quelle:
https://www.buddhaland.de/lexicon/entry/114-feuerpredigt/
Gott, ich saß da, hielt das Buch in der Hand und konnte es nicht begreifen. Wie kann es denn sein, dass ich das erlebt habe, was Buddha vor 2,5 Jahrtausend Jahren beschrieben hat??? Dieses „Alles brennt“ vom 02.10.22…
Heute Abend war Puja, eine kleine buddhistische Feier. Der Text, den wir vorgelesen haben, war unglaublich machtvoll. Ein paar Strophen werde ich kopieren und den Zettel in meiner Küche aufhängen:
Obwohl die Welt voller Streit ist,
hier möge Friede sein;
obwohl die Welt voller Hass ist,
hier möge Liebe sein;
Obwohl die Welt voller Gram ist,
hier möge Freude sein.
Im Übrigen hat mir die Puja nicht gefallen. Wahrscheinlich werde ich die buddhistische Rituale nie verstehen, so wie ich nie die evangelischen und noch weniger russisch-orthodoxen Rituale verstanden habe.
Habe mir Mühe gegeben, bei der Puja nicht in den „Zustand“ zu fallen. Muss morgen Auto fahren. Bei so einem tiefen "Zustand" bin ich definitiv nicht fahrtauglich. Ich sehe jetzt, dass ich die Entstehung des "Zustandes" teilweise kontrollieren kann. Habe bei Puja die Anflutung gespürt und nicht mehr so intensiv mitgemacht, mich mit Gedanken abgelenkt. Diese monotonen Rezitative haben auf mich einen deutlichen hypnotischen Effekt.
Ist vielleicht alles, was mir passiert, nur Selbsthypnose? Was ist die Meditation überhaupt? Was ist schon darüber bekannt? Warum bin ich so empfindlich? Gut, dass ich aus der Meditation immer zuverlässig zurückkomme, egal wie tief ich war. Nach einer gewisser Zeit kommt so ein Punkt: Zack, auftauchen.
Heute Abend hat Ratna einen Begriff verwendet: Systemumwälzen. Das beschreibt exakt meinen jetzigen Geisteszustand. Und weil es in so einem rasanten Tempo passiert, haut es mich voll von den Socken. Vielleicht bin ich selber schuld. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich beeilen muss, ich habe Angst, den Prozess nicht zum Ende erleben zu können. Ich erhöhe willentlich das Tempo.
Eins ist mir heute noch klar geworden: die Zufluchtnahme ist längst passiert. Wahrscheinlich an dem Tag, wo ich über die Definition des Wortes gegoogelt habe. Ich habe dabei so ein tiefes Vibrieren in mir gespürt und dachte: Ja, es betrifft mich voll und ganz.
Und: es gibt ab sofort wirklich kein Zurück mehr. Die Veränderungen sind unumkehrbar. Ich werde nie wieder die alte Olga sein. Es ist eine Einbahnstraße, dieser WEG.
Montag, der 05.12.22 – Der erste Tag in Marokko
Ich sitze im Flieger nach Marokko und schreibe mein Tagebuch. Sonnenschein über den Wolken. Erinnere mich, wie ich in den letzten Jahren in den Winterurlaub gestartet bin: Aus dem tiefsten Loch der Hoffnungslosigkeit und Grau zum Sonnenschein und Himmelblau. Dieses Jahr keine Spur der Winterdepression, ganz im Gegenteil! Hoffnung. Aufregung. Zittrige Vorfreude. Das sind alles nur Gefühle und rational kann ich mir sie nicht erklären. Auf was genau warte ich und auf was hoffe ich?
Ich weiß nur, dass mein ganzes Wesen darauf ausgerichtet ist.
Philipp hat uns heute Morgen zum Flughafen gefahren. Unterwegs dachte ich an das Geschehene am Wochenende und spürte wieder eine Welle. Freude, Glück, Entzücken! Alles erschien plötzlich so perfekt! Die Lichter in der Dunkelheit, waren wunderschön. Aber leider kein Vergleich zu den Gefühlen am Samstag... Im Flughafen könnte ich jeden umarmen und küssen. Alle Menschen, die zum Terminal Schlange stehen. Den Sicherheitsdienst. Schalterangestellten. Putzfrauen… Ich erinnerte mich in diesem Moment an das siebte Kapitel im Buch "Leben in voller Achtsamkeit" und sah zum ersten Mal nicht die Menschenmenge, sondern einzelne Menschen. Es funktioniert wirklich, ALLE zu lieben. 🤩🤩🤩
Ich fühle meine sanfte, liebevolle, wunderbare Buddha-Natur. Bei diesem Gedanken kribbeln meine Finger und ich spüre einen leichten Druck in der Brust. Überhaupt spüre ich in den letzten Wochen meinen Brustkorb und mein Herz schlagen, was früher nie das Thema war. Habe mich immer über meine Patienten gewundert, die über unterschiedliche Brustphänomene klagten. Ist es eventuell meine Seele, die sich bemerkbar macht?
Zum Vortag noch mal: Ich erkläre mir das mal so. Nach der Meditation schaltet sich bei mir irgendeine Gehirnregion ein und die anderen Regionen treten in Standby-Modus. Wahrscheinlich kann ich deswegen "Zustand" nicht lesen, mich nicht konzentrieren, habe Koordinationsprobleme ect. Es ist ein Erklärungsversuch.
Um die Mittagszeit im Hotel
Wir sind gerade in Marokko angekommen. Auf dem Weg zum Hotel habe ich mich gefragt, was ich hier soll. Das Reisen reizt mich zurzeit Null Komma nichts. Landschaften wie sonst, Hotel wie sonst, riesig und pompös. Essen toll, Ozean... Berge... Will nichts sehen. Würde lieber meine innere Reise fortsetzen. Ist es vielleicht mein letzter Urlaub? Wenn das so weitergeht, werde ich noch irgendwohin reisen wollen? Ich möchte natürlich Peter den Urlaub nicht verderben. Aber am liebsten wäre ich jetzt in einem Wohnwagen im Münsterland. Wunderbare Gegend dort. Ruhe. Man muss nicht fliegen. Billig. Überflüssiges Geld spenden. Ich muss mal wieder etwas umdenken. Allerdings ist die Reise nach Indien für nächstes Jahr schon gebucht und ich würde dieses Land tatsächlich sehr gerne sehen wollen. Buddhas Heimatland. Und das Heimatland meines Patenkindes im Patenschaftsprojekt Wolrd Vision.
Ich habe heute im Flieger Fotos auf dem Handy sortiert und bin auf ein Bild gestoßen, welches ich im Zentrum auf einem Seminar im buddhistischen Zentrum am 25.08.22 gemacht habe.
Leiden => Vertrauen => Freude => Entzücken => Ruhe => Glückseligkeit => Sammlung => Schauung => Abkehr => Loslösung => Befreiung => Wissen => Erleuchtung
Es soll ein Schema des Erwachensprozesses sein. Irgendwie hat mich das Bild an meine nächtliche Vision erinnert mit dem weißen Licht wie ein leerer Desktop und Stufen nach oben links. Hat mein Gehirn die Möglichkeit einer Erleuchtung realisiert? Auf jeden Fall bin ich jetzt anscheinend im Stadium "Entzücken". Weil ich alles so entzückend finde. Das Wetter ist heute schlecht, grauer Himmel, teilweise nieselt es, und trotzdem bin ich von allen optischen Reizen total entzückt. Kann stehen bleiben und irgendwelche vertrocknete Büsche bewundern. Das Gras war noch nie so grün! Und die Farben sind so fantastisch kontrastreich. Als ob ich eine neue Brille gekauft hätte.
Es ist witzig, dass so ein Erwachen-Schema existiert. Das heißt, Menschen haben es tatsächlich durchgemacht und können es beschreiben. Ich finde es interessant, dass es hier überwiegend um die Gefühle geht. Wie funktioniert das Erwachen denn? Ich habe verstanden, dass es sich um eine innere Transformation handelt. Aber wodurch? Und wie? Sind das alles nur Gefühle, die einen überfluten? Irgendwie wird bei uns im Zentrum praktisch nicht über das Erwachen gesprochen. Das wichtigste Thema überhaupt! Oder bin ich nur zu kurz dabei?
Muss morgen unbedingt meditieren. Zwei Tage nacheinander Pause. Wir standen heute um 3:30 Uhr auf und ich hatte keine Zeit dafür. Muss aber die Tage für die tiefe Meditation sorgfältig wählen, sonst bin ich den ganzen Tag nicht funktionsfähig. Das Ereignis am Samstag hat mich voll aus der Bahn geworfen und nachdenklich gemacht.
Ein trauriges Thema. Habe realisiert, dass ich zu meiner Mama nur wenig warme Gefühle empfinde. Das war ein Schock für mich. Wie kann es denn sein? Sie ist meine Mutter. Sie hat mir das Leben gegeben, mich allein großgezogen, ich bin durch sie geworden, wie ich jetzt bin. Und dennoch ist das so...
Fast jeder trägt irgendein Kindheitstrauma in sich. Das Leben in dieser Welt ist so rau... Letzten Sommer habe ich praktisch zufällig an einer Ahnenheilung teilgenommen - eine Behandlungsmethode, die in der Psychologie zur Lösung der uralten Familienprägungen angewendet wird. Damals ist mir so viel klar geworden... Habe eine Stunde lang geheult, аrme Therapeutin... Aber anschließend verließ ich die Sitzung frei und glucklich. Alle Geschehnisse in unserer Familie wurden bis in die fünfte Generation aufgeklärt. Alte Kränkungen verarbeitet und Beleidigungen verziehen. Die Wunden haben sich geschlossen. Allerdings sind leider keine warme Gefühle entstanden.
Ich muss sagen, diese Erkenntnis, wie wenig warme Gefühle ich zu meiner Mutter empfinde, gibt mir eine Erleichterung. Ich jann jetzt nämlich damit arbeiten. Ich denke, es lässt sich verändern. Wenn ich bereit bin, alle Menschen zu lieben, sollte ich mit meiner Mutter anfangen.
Das Buch von Maitreyabandhu "Achtsamkeit" ist genial. Es gibt heutzutage so viele Hilfsmittel, man könnte Erwachen viel leichter gestalten als zu den Zeiten des Buddhas. Dort gab es nicht mal Bücher. Heute gibt es Internet. Wir sind vernetzt, im direkten Sinne verbunden und leben in einer Infosphäre! Unbegrenzte Perspektiven! Ich wäre sicherlich nicht zu meinem Prozess ohne die modernen Medien gekommen. Wenn ich irgendwann mal erwache, werde ich dafür sorgen, eine Riesenwelle zu machen. Die Menschen haben die Möglichkeit, sich zu ändern. Wenn wir die Welt zum Besseren verändern wollen, sollen wir zuerst mit uns selbst anfangen.
Abends
Wir saßen gerade im Restaurant, draußen blinkte eine Glühbirne in der Dunkelheit. Sie hat mich an meine erste Metta Meditation erinnert, wo ich mich wie ein Leuchtturm gefühlt habe. Ich habe so viel Liebe und Licht ausgestrahlt und habe mich gefragt, ob mich jemand in der Dunkelheit sieht. Vielleicht war das der Hinweis, dass ich reif bin. Ein Signal an das Universum. Und das Universum hat angefangen, mir Sachen zu schicken. War das der Anfang?
Und noch eine besondere Metta Meditation bei meinem ersten Retreat, wo ich die allumfassende, unermessliche Liebe von dem Universum zu mir wahrgenommen habe. Eigentlich waren das meine ersten außergewöhnlichen Erfahrungen mit der Meditation.
Die Metta Meditation ist wirklich beeindruckend. Grandios. Überwältigend. Ich empfehle jetzt jedem, sehr oft auch meinen Patienten, zu meditieren. Den Link zu der geführten Metta Bhavana Meditation bekommt man zum Beispiel auf der Homepage des Essener buddhistischen Zentrums, hier ist der Link.
http://freebuddhistaudio.com/talks/details?num=LOC229
Dienstag, der 06.12.22 – Einsicht über Karma
Es war eine sehr unruhige Nacht, Brennen in der Brust und dringender Wunsch zu meditieren. Ich wachte mehrmals auf und redete mit meinem unruhigen Geist. Der Körper soll sich regenerieren, sonst wird es nichts. Um vier Uhr morgens hiel ich es nicht mehr aus, stand auf, setzte mich auf das Sofa und machte die Atemmeditation. Anschließend saß ich im halbdunklen Zimmer, Peter schnarchte im Bett ruhig vor sich hin.
Was jetzt? Meinen Erfahrungen nach, tritt kein „Zustand“ ein, wenn ich nach der Meditation schlafe. Ich würde aber heute gerne den „Zustand“ erleben. Nun hatte ich keine bessere Idee um diese Uhrzeitund und ging wieder ins Bett. Wenigstens hat das Brennen in der Brust aufgehört. Ich wachte um acht Uhr wieder auf und meditierte diesmal Metta. Eine schöne, tiefe Meditation mit dem Kribbeln über den ganzen Kopf. Wunderbar.
Der "Zustand" ist heute kaum spürbar, sanft. Ich bin mittlerweile so gewohnt, tiefe Einsichten mindestens zwei Mal die Woche zu bekommen, dass ich sogar ein Thema vorbereitete, über welches ich gerne eine Einsicht hätte - und zwar über die Liebe zu meiner Mutter. Aber nein, es kam anders. Unter der Dusche kommt urplötzlich die Einsicht über Karma. Keine Ahnung, wie ich auf diese Gedanken gekommen bin, aber ich stehe seelenruhig da, seife mich ein und spüre plötzlich praktisch körperlich einen Spieß in meinem Bauch.
Früher, wenn ich auf den Begriff "Karma" gestoßen bin, erklärte ich ihn mir so: Wenn ich in diesem Leben fies bin, werde ich im nächsten Leben als eine Kakerlake geboren. Oder so ähnlich. Doch heute verstand ich plötzlich: Nein, die Auswirkung ist anders. Wenn man jemanden verletzt, verwundet man sich dabei selbst und zwar sofort. Noch mal, der zeitliche Zusammenhang heißt - SOFORT. Nicht später und nicht im nächsten Leben. Ich fühlte mich, als hätte ich mir eine zweischneidige Lanze in den Bauch gerammt.
Genauso, wenn ich jemandem Liebe schenke, gebe ich sie mir selbst. So einfach ist es.
Je nachdem, ob du die Menschen mit Liebe oder Hass begegnest, bist du entweder intakt oder verwundet. In diesem Zustand handelst du weiter - erledigst alltägliche Aufgaben, triffst Entscheidungen - die abhängig von deinem inneren Gleichgewicht ganz unterschiedlich ausfallen. Daher die verschiedenen Ergebnisse, die dein Leben zum Glück oder Unglück wenden. Wie eine Schneelawine, ausgelöst von einer Flocke. Total easy! Es liegt alles in deiner Hand.
Ein interessanter Aspekt kommt mir jetzt noch in den Sinn. Wenn mich jemand angreift, kann ich mir vorstellen, wie sein Spieß im gleichen Moment seinen Bauch durchbohrt. Furchtbar! Dieser Mensch tut mir aufrichtig leid. Das wäre doch die ultimative Lösung für alle Konflikte! Mitleid mit dem Angreifer verspüren. Muss ich mal ausprobieren...
Hmmm, Mörder und Vergewaltiger müssen schwer verletzte, verkrüppelte Seelen sein...
Schon interessant, dass meine Erlebnisse sich so stark mit Buddhas Lehre überschneiden. Manche Sachen brauche ich nicht zu lesen. Ich bekomme regelmäßig einen anschaulichen Unterricht. 😜 Mit dem gewaltigen Unterschied, dass ich die Sachen nicht intellektuell verstehe, sondern direkt erlebe, auf der dritten Ebene. Die tiefen Einsichten werden so in meine Hirnrinde eingebrannt, dass sich meine Weltvorstellungen und mein Verhalten für immer ändern. Wie diese letzte Einsicht über Karma.
Ich kann ab sofort keinem etwas Schlechtes antun, wo ich heute den Spieß in meiner Mitte gefühlt habe. Nicht, dass ich es früher konnte... Doch nun ist diese Eigenschaft mir ins Bewusstsein gerückt und ist schwer untermauert.
Mittwoch, der 07.12.22 - Geräuschempfindlichkeit
Ich glaube, viele Sachen passieren nachts. Mittlerweile rege ich mich bei verschiedenen Körpermanifestationen nicht mehr auf und schlafe weiter. Es sind meist irgendwelche Wellen mit Empfindungen in der Brust, im Kopf, Kribbeln, Druck, Wärmegefühl, Glück.
Heute fühlt sich der "Zustand" anders als sonst an. Dieses extreme Glücksgefühl, welches ich in den letzten Tagen hatte, fehlt. Außerdem fühlt sich mein Kopf heute wie zugedröhnt an. Ständig ein schwaches Grundgeräusch im Hinterkopf, schwer zu formulieren. Schwaches Entfremdungsgefühl, ich fühle mich GANZ. Ich fühle meine Präsenz in diesem Körper. Ich empfinde diesen Körper komplett auf einmal, alle Körperteile, Haltung, Bewegungen, als ob ich in einem Transformer oder in einem Exoskelett sitzen und ihn steuern würde.
Nach dem Mittagessen
Heute ist ein wunderschöner tiefer "Zustand". Er ist tatsächlich anders als sonst. Auch das Entzücken, welches mich die Tage davor überflutet hat, ist weniger. Ich finde alles schön, sehr schön, aber nicht so unerträglich schön wie an den Tagen davor. Ich bin ruhiger geworden. Ich denke, ich habe Vertrauen in den Prozess gewonnen. Er wird nicht mehr aufhören. Ich glaube, es ist nicht mehr möglich. Es sei denn, ich sterbe vorzeitig.
Noch etwas später
Heute sind die Geräusche leider ziemlich unerträglich. Ich höre alles auf einmal. Besonders schlimm, wenn das Meeresrauschen im Hintergrund ist. Man überhört das Rauschen sonst, aber heute kann ich das nicht. Muss andere Geräusche willentlich filtern, um etwas vom Gesprochenen zu verstehen. Ich kann mich nur mit Mühe und Not im Restaurant aufhalten. Das Klimpern vom Geschirr tut fast körperlich weh... Bin froh, dass ich abends meine Ohrstöpsel reintun kann. Heureka! Warum nehme ich sie nicht zum Restaurant mit? Ich möchte Peter doch nicht allein lassen. Gestern Abend musste der Arme allein in der Bar hocken.
Ich habe das Gefühl, dass zurzeit irgendwelche Filterfunktionen im Gehirn ausgefallen sind. Das Gehirn filtert ja sonst alles und hört nur die Hälfte. Aha, vielleicht deswegen erscheinen auch die optischen Reize alle so neu und wunderbar! Ein Filter funktioniert nicht! So viele neue optische Eindrücke auf einmal... Ich verstehe das Gesprochene zurzeit schlecht. Muss Peter dreimal fragen, was er gesagt hat und mir danach die Bedeutung seiner Wörter kurz überlegen. Peinlich.
Beim Riechen übrigens das gleiche, stark erhöhte Empfindlichkeit. Wir waren gestern auf einer Busreise in Agadir und es gab eine Verkaufsveranstaltung in einem Geschäft der Aromaltherapie. Aus diesem Laden flitze ich nach drei Minuten raus, es war für mich zu viel der Duftstoffen.
Peter sagt, mein Gehirn wird zurzeit neu strukturiert. Das Gehirn erkennt für gewöhnlich Muster und ich muss es neu lernen. Es freut mich, dass er das alles so gelassen wahrnimmt. Ich redete mit ihm hier in Urlaub noch mal und bekam den Eindruck, dass er sich nicht so viele Sorgen um mich oder um unsere Beziehung macht, wie ich es angenommen habe. Wahrscheinlich war das nur meine Projektion.
Ich wundere mich, dass ich bei all diesen komischen Dingen gar keine Angst habe. Vielleicht deswegen, weil ich so unglaublich mit Glückshormonen überflutet bin. Ich fühle mich eher auserwählt und stolz auf meine Veränderungen, statt mir Sorgen zu machen. Die einzige Sorge ist, dass ich den Prozess womöglich nicht zu Ende erleben kann. Ich lebe seit mehreren Wochen im Zustand einer fiebrigen Vorfreude. Jeden Tag morgens aufwachen und als Erstes in sich hineinhorchen - na, was gibt's heute Neues?
Interessant, heute gibt es keine tiefe Einsichten. Wir waren den ganzen Vormittag fußläufig zum Dorf Taghazour unterwegs. Es war ein wunderschöner Spaziergang, viele neue Eindrücke. Vielleicht haben diese Empfindungen den "Unterricht" gestört. Man muss schon ein paar Minuten in Ruhe sitzen bleiben und in sich hineinhorchen.
Abends
Gestern las ich wieder im "Tanz mit dem Leben", ich fing die dritte Edle Wahrheit an. Das Kapitel hat mich schwer beeindruckt. So einfach erklärt Philipp Moffit alles. Ich meine, sein Schreibstil ist nicht leicht verdaulich, aber er schreibt über das Erlöschen so, als ob das die normalste Sache der Welt wäre. (Es wird gemeint das Erlöschen aller Wünsche nach dem Lösen der vierten Fessel). Ich war überwältigt. Ich weiß noch gar nichts über Buddhas Lehre. Bin komplett leer.
Oh, bei mir klingelt gerade etwas. Filterausfall! Vielleicht deswegen nehme ich meinen Körper ganz anders wahr. Deswegen die ganzen Entfremdungsphänomene. Alles ganz easy :-) Ich hoffe doch, dass diese "Zustände" ein Prozess des Einwachsens in die neue Ebene sind. Dass sie sich verfestigen und nicht mehr verschwinden.
Übrigens, heute Morgen war die Meditation sehr tief. Ich habe verstanden, dass man doch komplett aufwachen soll, bevor man meditiert. Sonst sind alle Bemühungen für die Katz. Aber die tiefsten Momente dauern nur etwa eine Sekunde. Ich muss mal Anissita fragen, wie man sie verlängern kann. Heute war die tiefste Meditation, die ich allein und ohne irgendwelche Hilfsmittel erzeugen konnte. Meine 7Mind App brauche ich eigentlich nicht mehr. Schön zu wissen, dass man sich entwickelt :-)
Das Rauschen und die Geräusche in meinem Kopf sind so unerträglich. Gerade läuft unten irgendeine Tanzveranstaltung und ich kann es gerade so mit geschlossenem Fenster und Ohrstöpseln ertragen. Wie schön, dass ich im Urlaub bin und mich zurückziehen kann.
Ich habe zurzeit das Gefühl, dass außer Buddhismus und meiner Transformation für mich nichts mehr auf der Welt existiert.
Donnerstag, der 08.12.22 - Voraussetzungen zum Erwachen
Eine weitere tiefe Einsicht habe ich gestern entgegen meiner Erwartung nicht bekommen. Insgesamt ist die übliche Ekstase vom "Zustand" ziemlich mild geworden. Ich würde sogar sagen, der gestrige "Zustand" war etwas ernüchternd.
Der Gedanke mit dem "Filterausfall" war erleuchtend, aber danach kam die Frage: was hat denn die Transformation des Geistes mit der Hirnfunktion gemeinsam??? Ist das alles doch nur Physiologie??? Materielle Ebene???? Oder bin ich doof und muss mich dran erinnern, was ich ständig zu meinen Patienten sage: der Geist und der Körper sind unzertrennlich. Zumindest in dem Prozess, den wir "das Leben" nennen.
Mir fehlen dringend die Antworten! Ich bin so unwissend. Ich habe keine Ahnung vom Erwachen. Wo finde ich die Information? In welchem Buch? Der buddhistische Bücherschatz ist über die Jahrtausende ins Unermessliche gewachsen. Wo soll ich anfangen? Meine Bibliothek wächst und ich schaffe es nicht mal ein einziges Buch zu Ende zu lesen. Soll ich im Internet suchen? Auf welchen Foren? Gibt es diese Foren überhaupt? Stößt man dort nicht eher auf Verrückte? Ich habe versucht zu googeln, doch die Ergebnisse waren ziemlich frustrierend. Oder ich muss in die Suche viel Zeit investieren, welche mir nicht zur Verfügung steht.
Heute konnte ich sofort sehr tief in die Meditation versinken. Wirklich tief. Das Atmen viel mir schwer, der Brustkorb hat sich angefühlt, als ob Gewichte daraufliegen würden. Ich habe versucht bewusst zu atmen und mich zu beruhigen. Ich würde doch nicht ersticken? Nichts half, musste die Position wechseln, rutschte aus der Meditation raus. Naja. Klappt halt nicht immer, muss üben. Ich habe noch halbherzig Metta meditiert, nach 20 Minuten aufgehört.
Um die Mittagszeit.
Der heutiger "Zustand" ist wunderschön: tiefe Entspannung und Glück. Glück pur! Komplette Sorglosigkeit... Das Wetter draußen ist schlecht, es schüttet, es ist kalt, ganz wie zu Hause in Deutschland. Stört mich nicht im Geringsten :-) Es ist so ein wunderschönes Gefühl der Ausgeglichenheit, Balance, Ruhe. Wie ein tiefer See im Wald: rund, klein, schön. Der Himmel spiegelt sich im See. Windstille. Nichts bewegt sich. Wunderbar.
Irgendwie ist das Gefühl der Dankbarkeit in der letzten Zeit weniger geworden. Vor zwei Monaten hätte ich vor Dankbarkeit sterben können. Ich war der ganzen Welt, die für mich diese Rahmenbedingungen geschaffen hatte, so dankbar! Allen Menschen, die mich bis zu diesem Zeitpunkt getragen haben. Allen, die mich gerade unterstützen. Und insbesondere Christel, die mich zum Buddhismus gebracht hat. Unbeschreiblich dankbar. Ich habe zu ihr am Telefon gesagt, dass ich an sie noch in meinem Sterbebett denken würde. Ich hoffe nur, dass ich sie nicht verschreckt habe. 😅
Ich frage mich immer noch: Was unterscheidet mich von den anderen Menschen? Warum passiert es ausgerechnet mir? Warum so schnell? Warum so intensiv? Klar, war der Leidensdruck sehr stark. Haha. Andere Menschen leiden viel, viel stärker. Heute ist mir ein Gedanke gekommen: ich esse kein Zucker und kein Mehl, weil sie auf mich nach dem Prinzip einer Droge wirken. Buddha meinte, wir sollen Drogen / Alkohol unbedingt meiden. Ist es das, was mein Gehirn empfindlicher gemacht hat?
Zweitens habe ich mein Leben in den letzten Jahren bewusst verlangsamt, indem ich meine Stelle auf eine halbe reduziert habe. Sonst wäre so ein Prozess nicht möglich. Man muss sich auf sich selbst konzentrieren können. Klar, es kommt einfach über dich, aber bestimmte Rahmenbedingungen sind erforderlich.
Hier habe ich eine ganze Liste gemacht, mit den Eigenschaften, die meiner Meinung nach, einer Rolle spielen können:
1. Der Leidensdruck war sehr groß
2. Vorhandene Möglichkeit des regelmäßigen Kontakts zum buddhistischen Zentrum
3. Eine gegebene Möglichkeit, Zeit für sich selbst zu nehmen, da ich mein Leben bewusst verlangsamt habe
4. Achtsamkeitskurs von Maitreyabandhu zum rechten Zeitpunkt
5. Sofortige Umstellung der Gewohnheiten: tägliche Meditation, Yoga, Studium der buddhistischen Literatur
6. Ich war immer der Meinung, dass es nicht nur diese materielle Welt gibt = Spiritualität
7. Gut entwickelte Intuition = das Nutzen von direktem Wissen
8. Mein tiefes Selbstvertrauen
9. Sehr offener Geist = Anfängergeist = Bereitschaft, sich zu verändern
10. Die lebendige Materie in jeder noch so winzigen Erscheinung als heilig empfinden
11. Empathie
12. Die Bedürfnisse der anderen Menschen höher bewerten als die eigenen = Altruismus
13. Verzicht auf Zucker und Mehl, die auf mein Gehirn nach dem Prinzip einer Droge wirken
14. Vegetarische Ernährung wurde auf vegan umgestellt. Bekannterweise erden tierischen Produkte (sie unterdrücken die spirituelle Energie). Insgesamt verzehre ich nicht sehr viel Nahrung. Dadurch fühle ich mich besser und habe mehr Energie
15. Der "Rausch des Lebens" ist bei mir nicht so hoch, wie bei den anderen Menschen, da ich nicht zu viel Fernseher sehe, selten zu Partys oder anderen Veranstaltungen gehe, ich bin keine Workaholicerin und keine Helikopter-Mutter. Ich lasse meine Kinder selber machen. Ich führe eine glückliche und stabile Beziehung. Das heißt, ich habe im Allgemeinen keine großartigen Probleme und keine finanziellen Sorgen. Ich weiß nicht, inwieweit das wichtig ist. Na, vielleicht doch wichtig. Ich kann mich ungestört auf eine Sache konzentrieren
16. Ich würde behaupten, dass ich an nichts mehr hafte, seitdem sich die Anhaftung an Vincent gelöst hat. Im Grunde genommen, bin ich bereit zu sterben. (Später habe ich bei Philipp Moffit gelesen, dass Nicht-Anhaften zum Lösen der vierten Fessel wichtig ist. Übrigens, er bietet eine Methode zum Loslassen der Anhaftung an, S. Seite 138)
17. Ich spiele von Kind an Klavier und lerne seit drei Jahren eine Fremdsprache, vielleicht erhöht dies die Gehirnplastizität.
18. Kommentar aus späterer Zeit. Die wichtigste Voraussetzung zum Erwachen: Der Geist muss gut auf der Liebe-Stufe etabliert sein (nach dem Konzept der Tara Springett, Buch "Das Leben ist ein Spiel - hier sind die Spielregeln"). Erst dann ist der Übergang in die Glückseligkeit-Stufe möglich.
Maitreyabandhu definiert die notwendigen Voraussetzungen fürs Erwachen so:
- Aufrichtige Hingabe
- Klarheit
- Positive Emotion
- Integration
- Vertrauen
- Selbstvertrauen
- ununterbrochene Konzentration
Im Prinzip würden diese Voraussetzungen auf mich auch zutreffen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich zurzeit ausschließlich auf mein Prozess konzentriere. Mein Lebensmandala dreht sich nur um diese Achse. Und trotzdem kann ich mir nicht erklären, was diese Veränderungen verursacht hat. Was war der Auslöser? Die Zustände sind eindeutig durch die Meditation getriggert. Doch andere Menschen meditieren auch...
Ich habe das Gefühl, dass ich etwas übersehe. Vielleicht ist die Bereitschaft, etwas Neues zu lernen, die wichtigste Eigenschaft? Ich kenne so viele Menschen, die gegenüber dem Neuen verschlossen sind. Eine Freundin von mir will die Bedienung von dem Küchenradio nicht lernen, obwohl das Radio nur ein paar Knöpfe hat. Sie ist in der Lage, den Computer und ihr Smartphone zu bedienen, behauptet aber, dass das Radio zu kompliziert zu bedienen wäre. Das ist es: die Ablehnung, fehlende Bereitschaft, anzunehmen.
Ich denke mal, man muss nicht alle und nicht genau diese Voraussetzungen erfüllen, um zum Erwachen zu kommen. Sonst wären alle Erwachten gleich konstruiert. Die erste Voraussetzung – das große Leid, das mich so gequellt hat, spielt bestimmt eine Treibstoff-Rolle. Ich gebe so viel Gas wie möglich, um bloß den Prozess zu beenden. Nur um dieses Leid nicht mehr empfinden zu müssen. Wahrscheinlich deswegen entwickeln sich die Sachen in so einem rasanten Tempo und überrollen mich komplett. Ich habe das Gefühl, ich bin auf irgendeinem Schnelldurchlauf des Erwachens.
Freitag, der 09.12.22 - Prozesse
Herrliche innere Ruhe. Kein Entzücken heute. Wenn ich zurückdenke, waren all diese Emotionen wirklich seltsam. So eine unendliche Bewunderung und Entzücken von der kleinsten Fliege, von dem Schatten an der Wand, von den Blätter unter meinen Füßen zu empfinden... Jetzt ist es EINFACH nur schön. Ohne Übertreibung. Ausgeglichen.
Habe heute gedacht, dass das Universum auch nur ein gewaltiger Prozess ist. In diesem Sinne gibt es gar keine FESTE Materie. Es ist alles im Wandel. Eine Illusion. Da, wo jetzt Berge sind, war früher ein Meer. Und später wird es vielleicht eine Wüste sein. Es ist alles so instabil und in der Bewegung. Wir merken es bloß nicht, weil unser Prozess viel schneller läuft. Wie konnte Buddha das vor 2500 Jahren wissen? Es lebte ja noch nicht mal der Newton zu seiner Zeit... Es war eine ganz andere Welt, ohne das Allgemeinwissen und ohne das Netz. Seine Lehre hat er nicht aufgeschrieben. Seine Schüler mussten sie Vers für Vers auswendig lernen. Krass. Erst nach etwa 500 Jahren wurde sie schriftlich erfasst.
Das Dröhnen im Kopf ist heute weniger. Kann am Strand liegen und das Meeresrauschen genießen, was vorgestern nicht möglich gewesen wäre.
Noch mal zur Materie: In diesem Sinne hat das kleine buddhistische Kind aus "Matrix" Recht, der Löffel existiert nicht. Wenn ich nur ein Prozess bin und der Löffel ist ein Prozess, dann kann ich den Löffel beeinflussen. Theoretisch kann man dann alle Gegenstände beeinflussen. Man kann aus Wasser Wein machen 😉 Man ist in dem Sinne allmächtig. Magie... Man kann es bestimmt lernen. Wo findet man bloß einen Lehrer? :-)
Um die Mittagszeit
Der Gedanke beschäftigt mich immer noch. Aus dieser Sicht ist der Tod einfach nur das Prozessende. Was ist denn eine Krankheit? Ist das eine Fehlfunktion? Oder ist das ein Teil des Prozesses? Wohl eher eine Prozessveränderung. Der Tod hat mir nie Angst gemacht, aber aus dieser Sicht tut er mir nicht mal leid. Ich meine, wenn ein Kätzchen hier in Marokko hungrig auf der Straße sitzt, füttere ich es, damit es nicht stirbt. Aber wenn es stirbt, ist es auch okay. Ende des Prozesses. Ist das die heutige Übung? Gleichmut? Normalerweise werde ich förmlich krank vor Mitleid bei jedem obdachlosen Menschen oder Tierchen.
Abends
Heute Nachmittag meditierte ich zum zweiten Mal, ich wollte Peter meine Lieblingsmeditation aus der App 7Mind "Gedanken loslassen" vorführen. Für mich war es herrlich. Nur 20 Minuten, nicht tief, weil die Durchleitung eine gewisse Ablenkung darstellt. Aber es war trotzdem sehr schön, sogar mit Kribbeln in den Fingern. Peter konnte sich nicht entspannen und meinte, er könne nicht meditieren. Vielleicht kann er meditieren lernen, aber leider fehlt ihm die Motivation.
Nach der zweiten Meditation nahm das Dröhnen im Kopf sofort zu. Ich saß beim Abendessen wie in einem Metallfass: Alle Geräusche waren verstärkt und schwer erträglich. Ich weiß nicht, ob ich morgen meditieren soll, wir machen einen ganztägigen Ausflug nach Marrakesch und es ist sehr störend, so geräuschempfindlich zu sein.
Samstag, der 10.12.22 – Ein furchtbarer Tag in Marrakesch
Was für ein furchtbarer und lehrreicher Tag... Ich muss wohl komplett bescheuert sein. Ich hatte es doch andeutungsweise schon am Montag erlebt, wo die Meditation ausgefallen ist, aber den Sinn der Botschaft nicht verstanden. Anscheinend ist die Meditation für mich so eine Art Schmiere für den Prozess oder eher ein Motor, der die Transformation antreibt. Denn, wenn die Meditation ausfällt, kommt der Prozess zum Stillstand.
Auf jeden Fall habe ich mich heute gegen die morgendliche Meditation entschieden. Ich dachte, ich könnte sie zur Not unterwegs nachholen. Es hat sich aber herausgestellt, dass ich im Bus nicht meditieren kann, weil mich die Bewegung ablenkt. Gegen die Geräusche kann ich mich mittlerweile sehr gut abschirmen, aber nicht gegen die Berührung oder gegen die Veränderung der Körperlage. Während des ganzen Tages gab es keine Möglichkeit mehr, 15 Minuten Zeit für mich allein zu sein.
Überhaupt war der Tag eine Zumutung für meine Sinnesorgane. Zu Fuß durch den Marrakesch, verschiedene Sehenswürdigkeiten anschauen. Am schlimmsten war der Basar (optische Reize), Verkaufsaktion bei einer Apotheke (Gerüche) und der zentrale Platz, als die Marokkaner bei der Fußball-Weltmeisterschaft das Tor geschossen haben und zum ersten Mal in der Geschichte in das Viertelfinale gekommen sind (akustische Reize). Das war eine reine Katastrophe. Die Marokkaner waren sehr gut vorbereitet, mit riesigen Trommeln, Trompeten und akustischen Anlagen ausgerüstet... Wenigstens habe ich meine Ohrstöpsel mitgenommen, ohne sie wäre ich tot. Habe sie den ganzen Abend getragen, bis ich schlafen gegangen bin.
Gegen Mittag saß ich noch sehr glücklich im Restaurant und genoss verschiedene wunderschöne Empfindungen. Unendliches Glück, Ruhe. Ich war irgendwie überhaupt nicht fähig, negative Emotionen zu empfinden. Ich war ganz im Zentrum des Universums angekommen und die ganze Welt drehte sich um mich herum. Früher musste ich mich durch diese Welt bewegen, aber es geht auch anders! 🤩🤩🤩
Gegen vier Uhr Nachmittag spürte ich aber, dass ich wohl mit nackten Füßen über den heißen Sand laufe. Oder man kann es besser so beschreiben: Ich war die ganze Zeit im angenehmen Gleiten, mit einem Schlitten vom Berg runter. Und plötzlich komme ich auf ein hartes Stück Grund. Fliege vom Schlitten runter und rolle mit dem nackten Körper weiter über den steinigen Boden, bis ich ganz zum Stehen komme. Komplette Haut abgeschürft, alles blutet. Und das Schlimmste ist - das unerträgliche Gefühl des Stillstandes. Der Prozess ist zum Stoppen gekommen. Schmerz.
Ich habe mehrfach versucht, mich zurückzuziehen. Im Café, dann beim Abendessen. Bei Tisch schloss ich die Augen und versuchte zu meditieren - nichts half... Brustbeklemmungen vom Feinsten... Laute Musik von allen Seiten - Bauchtänzerinnen - Feuerspucker - Beifall - Lachen - Geschirrklimpern - Gespräche… Peter unterhält sich sehr laut mit einer Engländerin. Muss er denn so schreien?
Irgendwann war die Vorstellung zu Ende. Wir gingen zum Bus und mussten etwa 30 Minuten durch die Gassen laufen, voll mit feiernden, tanzenden und singenden Marokkanern. Verrückt. Habe mich an Peter geklammert und beim Gehen die Augen zugemacht. Jedes Blinken und jedes Hupen tat weh.
Im Bus hat sich die Übelkeit dazu gesellt. Ich dachte, ich sterbe. Habe versucht, meinen Körper zu spüren, gut zu mir sein und mich zu trösten. Es half ein wenig, aber es war so unerträglich laut draußen. Alles hat gehupt, geblinkt, geschrien, Musik von überall. Straßen überflutet von Fußgängern. Menschen saßen in offenen Fenstern ihres Autos und sind so durch die Straßen gefahren. Verrückt! Der Bus kam nur im Schritttempo voran. Ein einziger Stau. Wir haben 5 Stunden zurück zum Hotel gebraucht.
In der Pause an einer Tankstelle habe ich wieder negative Gefühle empfinden können. Und zwar volle Kanne. Habe mit den hungrigen Hunden aus der ganzer Seele gelitten, mich über Peter wegen irgendeiner Kleinigkeit übertrieben geärgert, fast angeschrien. Es war alles so furchtbar. Alles so schmerzhaft. Sogar mein eigener Körper hat mit Leid verursacht. Konnte nichts sehen, nichts hören, nichts riechen. Jede Empfindung hat weh getan. Ich habe wieder das Leid gespürt, welches mich zum Buddhismus getrieben hat. Es hat sich angefühlt, als ob mich jemand an den wunden Stellen anfassen würde. Das war das Leid pur. Viel schlimmer als vor dem Kontakt zum Buddhismus.
Ich habe verstanden, dass ich sehr, sehr, EXTREM empfindlich geworden bin. Ich war bisher in meinem Prozess in die positiven Emotionen und Glück verpackt, wie in Watte eingewickelt. Aber wenn der Prozess einmal zum Stoppen kommt, bin ich in dieser Welt nicht mehr überlebensfähig. Der Schmerz muss betäubt werden. Das Leid muss wieder abgeschirmt werden.
Als wir im Hotel kurz nach 1 Uhr nachts angekommen sind, habe ich die Zähne geputzt und mich sofort zum Meditieren gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Leid so angefühlt, als ob ich komplett gehäutet wäre. Brustschmerzen. Jetzt verstehe ich, wie der seelische Schmerz körperliche Beschwerden erzeugen kann. Eine wunderbare Unterrichtsstunde.
Habe intuitiv Metta Bhavana meditiert und bestimmt zwanzig Minuten nur für mich allein gebraucht, fürs Empfinden der Liebe zu sich selbst. Ich war mir nicht sicher, ob ich heute in der Lage bin, Liebe zu den anderen Menschen zu empfinden. Dann kam mir der Gedanke, dass das Geben und Nehmen nur ein Prozess sind und nicht zwei, wie angenommen. Sie sind eins, wie Yin und Yang. 😇
Und tatsächlich, ich konnte die Liebe für die anderen verspüren. Es war eine mächtige Meditation. Ich habe mich wie eine Atombombe gefüllt, die die Liebeswellen ins Universum ausstrahlt. Das war die zweitmächtigste Metta Meditation bisher, abgesehen von der in der Vimaladhatu bei dem ersten Retreat.
Anschließend war der Brustschmerz weg. Ich habe mich wieder viel besser gefühlt. Ich habe übrigens diesmal als positive Person meine Mutter gewählt. Zum ersten Mal. Und - es ging problemlos, sie zu lieben. Ich muss mich später daran erinnern! Jetzt erstmal schlafen.
Sonntag, der 11.12.22 – Das Nachbeben
Heute morgen geht es mir fast okay. Noch der Restschmerz irgendwo tief drin und der Schock des Erlebten. Peter hat mich beim Frühstück gefragt, wie es mir gestern ging, ich konnte es nichts erzählen. Die Erinnerung kam hoch und hat mich aufs Neue eschreckt. Ich hätte nicht erwartet, dass der Prozess mit so starken negativen Gefühlen verbunden sein kann. Erst um die Mittagszeit konnte ich Peter kurz darüber berichten.
So habe ich feststellen müssen, dass es auch eine Kehrseite dieser Medaille gibt. Das war mir eine Lehre. Ich muss meine Transformation ab sofort ernst nehmen. Sie ist das Wichtigste, was mir in diesem Leben passiert. Ich bin nur deswegen in diese Welt gekommen und das ganze Leid 47 Jahre ertragen müssen. Ich muss den Prozess beenden.
Weiß nicht, ob ich auf die Menschen im Meditationszentrum sauer sein kann oder soll. Man kommt total blauäugig rein und wird aufgefordert, zu meditieren. Man könnte doch wenigstens informiert werden, dass die Meditation Komplikationen beinhalten kann... Andererseits, ich weiß nicht, ob jemand Ahnung hat, wie es mir geht. Ob jemand schon so einen dramatischen Prozess erlebt oder begleitet hat. Aber was ich vermisse: Keiner redet mit mir im Klartext und keiner gibt mir Informationen.
Fazit: ich nehme mich ab sofort wichtig! Ich meditiere täglich! Versprochen!
Montag, der 12.12.22 – Die unendliche Liebe
Im Flughafen.
Ein stressiger morgen inklusive eines kleinen Erdbebens um sechs Uhr. Soll im Marokko wohl nichts Ungewöhnliches sein. Ich konnte trotz Aufregung sehr schön meditieren. Jetzt im Flughafen spüre ich den aufsteigenden "Zustand": vertraute, prickelnde Wärme, die sich aus der Mitte des Rumpfes ausbreitet, mich bis in die Finger überflutet und mit Glück berauscht.
Gestern habe ich zweimal meditiert, aber keine Veränderung zum sonstigen "Zustand" gemerkt. Ich fühlte mich fast „normal“, inklusive einen Gefühlsausbruch am Abend, als ich feststellte, dass die Putzfrau meine Blumen weggeschmissen hat, die ich nach Deutschland mitnehmen wollte. Oh ja, ich bin immer noch in der Lage, negative Gedanken über andere Menschen zu produzieren! Ich wollte mich unbedingt über sie beschweren! Weinte mich dann in den Schlaf im Peters Arm. Heute morgen war ich immer noch böse auf diese Frau, die wahrscheinlich nur ihr Bestes tun wollte, und habe es trotzdem mit der Beschwerde sein lassen.
Vergangene Woche hatte ich mehrere Tage nacheinander eine unendliche Liebe zu allen Menschen in meiner Umgebung gespürt. Es war so wunderbar, in ein volles Restaurant zu gehen, in die Gesichter zu schauen, Menschen anzulächeln, sich freuen, wenn einer zurück lächelt... Das passiert wirklich, die Menschen lächeln mich an!
Früher nie gemerkt.
Ich hatte ein dringendes Bedürfnis, JEDEN auf die Schulter zu klopfen, ihm ins Gesicht zu schauen, fragen, ob ich für ihn oder sie etwas Gutes tun kann. Verrückt! Ich schwebte jedes Mal auf der Wolke sieben, wenn das Restaurant voll war. Soooooo viel Liebe!
Und - man kann die Menschen tatsächlich nur mit einem Lächeln und freundlichem Gespräch glücklich machen. Man braucht kein Geld oder sonstige materielle Güter. Klar, man kann Liebe auch mit Geld ausdrücken, zum Beispiel mit dem Trinkgeld. Hier benötigen die Menschen dringend Geld. Aber - die Menschen blühen regelrecht auf, wenn man ein aufrichtiges Interesse an ihnen zeigt und sich liebevoll mit ihnen unterhält. Ich habe noch nie im Leben so viel mit Kellner gequatscht, wie hier in Marokko. Auch nie im Leben habe ich Kellner geliebt. 😉 Noch nie den dringenden Wunsch verspürt, unbedingt etwas Angenehmes für sie zu tun.
Es war eine Wahnsinnserfahrung! Ich werde sie nie vergessen.
Ja, eine Erkenntnis kam noch. Es gibt tatsächlich und leider keinen Gott. Im Sinne Gott, wie ich das gewohnt war zu glauben: ein Wesen, das die Erde in sieben Tagen erschaffen hat und das dort oben sitzt, um uns alle zu beobachten und zu entscheiden, wer nach dem Tod in den Himmel und wer in die Hölle kommt. Diese Erkenntnis war für mich ziemlich enttäuschend, obwohl sie auch die Aussagen der buddhistischen Lehren widerspiegelt. Aber vielleicht kann man sich nach der Erleuchtung zu irgendeinem Strom des Bewusstseins gesellen... Anscheinend gibt es nichts Magisches in dieser Welt. Das, was wir für die Magie halten, sind einfach nur Dinge, die wir uns zurzeit nicht erklären können. Ja... Diese Erkenntnis muss ich tatsächlich erst verdauen, obwohl ich nicht sehr gläubig war...
Etwas später im Flieger.
Überraschung: Ich kann heute im "Zustand" lesen. Anscheinend verändert sich der "Zustand" so allmählich. Gewöhnt sich der Körper daran? Irgendwann müsste es sich ja alles normalisieren.
Ich las gerade bei Philipp Moffit: "Nicht anhaften ist wesentlich, um das Erlöschen zu verwirklichen, weil dein Geist stiller und konzentrierter wird und du dadurch manchmal erweiterte Zustände, einschließlich Ekstase, Freude und ein Gefühl des Friedens erfahren wirst. Diese Zustände können so wunderbar sein, dass du an ihnen anhaftest und versuchst, sie wieder herzustellen, anstatt deine Praxis fortsetzen." Seite 200 bis 201. Das bin ich zurzeit. Ich fürchte, ich habe die stärkste Anhaftung meines Lebens an die „Zustände“ entwickelt...😭😭😭
Später schreibt er auf der Seite 201: "Den ganzen Tag ständig bewusst zu sein. In der Praxis bemerkst du, wenn du anhaftest und wenn du nicht anhaftest, und du achtest auf die Auswirkungen des verlangenden Geistes, der Abneigung und des konzeptuellen Denkens. Du bemerkst, wann Leiden anwesend ist und wann nicht." Meine Güte, ich wollte gerade hier im Flieger ein Parfüm kaufen. Wofür? Wofür all die Sachen??? Das ist der Samen des Leidens! Haben wollen. Mir ist schlecht...
Mich haben schon immer die Sachen, die ich besitze, gequält. Unser Haus ist proppenvoll mit irgendwelchem Kram, vom Dach bis zum Keller. Meine ordentliche Natur zwingt mich, die Sachen in Ordnung zu halten, das heißt: ständig sortieren, einräumen, sauber machen, reparieren, weitergeben oder entsorgen. Ich kann die Sachen nicht einfach so wegschmeißen und suche nach Möglichkeit immer einen neuen Besitzer. In die Tonne spenden geht nicht.
Empfinde ich etwa Liebe zu diesen Sachen? Es stehen doch unzählige Menschen, Energie und Ressourcen dahinter... Die ganze Zeit beschäftige ich mich daher mit den Dingen. Meine ganze kostbare Freizeit, die ich viel besser nutzen könnte!!! In diesem Haus mit sieben Familienmitgliedern bin ich nur noch am Sortieren und Aufräumen. Und jeder kommt zu mir, wenn er seine Sachen nicht findet. Ist das nicht der Wahnsinn?
Und dazu bin ich ständig am Kaufen der neuen Sachen, mit der Hoffnung, etwas Freude zu empfinden. Ich erschaffe mir selbst das Leid! Es ist mir bewusst und trotzdem komme ich nicht aus diesem Kreislauf. Irgendwie erscheint es mir immer wieder logisch, irgendwas zu kaufen: für die Kinder, fürs Haushalt, für den Garten, für den Hund, Geschenke... Die Liste ist lang. Leid pur! Gut, dass ich mich wenigstens heute von dem Kauf abhalten konnte...
Abends zu Hause.
Das mit dem Riechen ist ziemlich ätzend. Ich freue mich zwar, dass nicht alle Filter auf einmal ausgefallen sind und dass das Riechen erst zum Schluss gekommen ist. Ich rieche zurzeit überall Abgase. Wahrscheinlich war dieser Geruch schon immer da, bloß war er von meinem Gehirn ausgeblendet. Sogar im Haus riecht es nach Abgasen. Schrecklich!
Mir ist heute im Flug etwas ganz tief bewusst geworden, was ich schon davor geahnt habe. Jeder Mensch geht irgendwann diesen Prozess durch. Jeder, ohne Ausnahme. Vielleicht nicht in einem einzigen Leben. Bei den meisten passiert es wohl ohne das große Tamtam, nicht so wie bei mir, sondern schleichend und unauffällig. Manchmal mit Hilfe von irgendeiner Religion, manchmal spontan. Das muss wohl auch der eigentliche Sinn jeder Religion sein: den Menschen den Weg zu zeigen und durch den Prozess zu leiten.
Buddhismus erklärt die Sachen ganz klar und unvermittelt. Andere Religionen kann ich nicht beurteilen, aber ich denke, der Kern ist ungefähr gleich. Also: wir alle laufen in die gleiche Richtung. Jeder in seinem eigenen Tempo, wie die Marathonläufer. Und keiner weiß Bescheid, wohin es geht. 🤣 Außer Buddhisten. Sie wissen ganz genau, was Erwachen ist. Wahrscheinlich ist Jesus auch ein Erwachter gewesen...Und sonstige Heilige eventuell? Das muss eine natürliche Entwicklung des Geistes sein. Von der Raupe zu der Puppe und dann zum Schmetterling. Mein Gott, ich hatte ja keine Ahnung! Es ist der Wahnsinn! Das muss direktes Wissen sein! Mein ganzes Innere vibriert!
Heute Abendch kriegte ich mich deswegen mit Peter in die Wolle. Ich kann wohl schlecht erklären... Als ich ihm von dieser Einsicht erzählte, antwortete er, ich möchte ihn doch nur mitnehmen. Darauf erwiderte ich, er sei fürs Erwachen noch nicht so weit und er wurde sauer. Bin ich arrogant? Ich vermute doch nur, dass er nicht so weit ist. Ganz genau beurteilen kann es nur er selbst. Und im Grunde genommen kann ich nichts für ihn tun. Jeder läuft den Marathon für sich allein, аus eigener Kraft.
Dienstag, der 13.12.22 - Anhaftungen
Ich hatte heute Nacht einen wunderschönen Traum, in dem ich auf einer Anhöhe stand und unvorstellbar glücklich war, so extrem glücklich, dass ich die Arme ausbreitete und flog! So leicht! Früher, wenn ich im Traum geflogen bin, war das oft mit Gefahr und Verfolgung verbunden, der Flug war schwer und nur auf kurze Distanzen. Aber heute Nacht konnte ich fliegen wie eine Feder! 🤩🤩🤩
Ich las im "Tanz mit dem Leben" über die Techniken der Beobachtung der Vergänglichkeit. Meine Güte! Das Buch geht mir echt unter die Haut...
Heute gönnte ich mir einen ganzen Tag Ruhe - mein letzter Urlaubstag. Ich bin so erschöpft von meinen "Zuständen". Ich ließ mir ein Bad ein und dachte in Ruhe über die Vergänglichkeit nach, inspiriert von Philipp Moffitt.
Ich lag im heißen Wasser, holte ein Finger nach dem anderen aus dem Wasser raus und beobachtete die Vergänglichkeit der Gefühle - wie die Empfindung von warm auf kühl wechselt. Warmes vergeht. Kaltes entsteht. Danach tauchte ich die Finger wieder eins nach dem anderen ins Wasser rein. Kaltes vergeht. Warmes entsteht. Dieser Wechsel passierte gleichzeitig. Und - es dämmerte mir plötzlich, dass das Vergehen und Entstehen auch nur zwei Seiten von einem Prozess sind. wie Yin und Yang. Sie sind unzertrennbar.
Was bedeutet das in der Anlehnung an das Universum? Vergeht das Universum gar nicht? Entsteht es nicht? Entsteht und vergeht es gleichzeitig?
Und was bedeutet das für mich? Meine Anhaftungen entstehen und vergehen. Manchmal werden sie mit Gewalt gelöst, wenn die Putzfrau meine Blumen wegschmeißt. Das verursacht Leid. Ich wusste nicht mal, dass diese Pflanzen mir so ans Herz gewachsen sind. Ich freute mich sehr über sie. Ich stellte mir vor, wie ich fünf schöne Sträuche ziehen kann und überlegte mir schon, an wen ich sie verschenken kann. Anscheinend ist dabei eine Anhaftung entstanden.
Anhaftungen sind grausam. Ich beobachte das an meinen Patienten. Wenn ein Ehepartner stirbt, stürzen manche Menschen in die tiefe Depression. Andere aber scheinbar nicht. Das hängt bestimmt von dem Grad der Anhaftung ab. Anhaftungen entstehen bei positiven Gefühlen. Haben manche Menschen vielleicht weniger positive Emotionen in der Partnerschaft, als die anderen?
Beim gewaltsamen Trennen einer Anhaftung entsteht Schmerz, es sei denn man löst die Anhaftung vorher, zum Beispiel so: " Es ist nicht mehr interessant für mich", "Mag ich nicht mehr", "Will ich nicht mehr". Kann man die Anhaftungen denn im Allgemeinen vermeiden? Das muss ich unbedingt erfahren!
Heute ist ein ruhiger Tag. Ich fühle den "Zustand" tief in mir schlummern, er kommt hoch beim Lesen von Buddhas Lehre. Sonst fühle mich ganz normal.
Mit dem gewaltigen Unterschied zum letzten Herbst: Komplette, totale Entspannung, Gleichgewicht, Glück und Ruhe. Wunderschönes Gefühl in der Brust. Einfach wunderbar!
Mittwoch, der 14.12.23 - Bin ich anders?
Heute Abend vor dem Kurs traf ich mich wieder mit Anissita. Er meinte, er habe nicht annähernd etwas Ähnliches erlebt. Mir ist klar, dass er deswegen nicht versteht, wie dringend meine Angelegenheit ist. Er versteht nicht, wie schnell ich mich entwickele. Er sieht vielleicht nicht mal meine Unruhe und kann mir leider nicht helfen.
Der Kurs "Geschmack der Freiheit" geht heute zu Ende und ich fühle mich mit meinen "Zuständen" und Problemen ganz allein gelassen. Anissita meinte ganz entspannt: Ab Januar geht doch die Studiengruppe los! - Januar! Bei mir passiert in einer Woche so viel, wie früher in einem Jahr. Manchmal bin ich echt verzweifelt.
Glücksperioden wechseln sich mit Unruhephasen ab. Wo kann ich Hilfe bekommen? Wo ist einer, der sich mit dem Erwachen auskennt? Ein simpler Austausch würde mir schon viel helfen und mich beruhigen. Das ist es, was mich am meisten quält – diese Unruhe.
In unserem Kurs habe ich davon kein Wort erzählt, ich möchte die Menschen nicht irre machen. Wenn ich im "Zustand" bin, bin ich mir zu 100% sicher, dass ich erwachen kann. Das Erwachen ist so nah, es ist direkt neben mir, ich könnte es mit der Hand anfassen... Warum merken denn die Menschen nicht, was in mir vor sich läuft?
Wir tauschten uns heute über die Meditation aus. Ich war überrascht, anscheinend haben einige Menschen Probleme mit der Motivation. Andere berichten über die Ablenkung während der Meditation. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Meditation keinem so viele Glücksmomente bringt wie mir. Keiner hatte berichtet, dass er abends kaum erwarten kann, sich am nächsten Tag zu versenken. Keiner erzählte, dass er im Urlaub um vier Uhr morgens aus dem Bett gerissen wird, um sich hinzusetzen und zu meditieren.
Ich fliege sehr selten aus der Meditation raus und komme nur vereinzelnd nicht rein. Aber wenn ich mich allein nicht versenken kann, funktioniert es immer mit der geführten Meditation. Bin ich anders? Wodurch unterscheide ich mich von diesen Menschen? Ist mit mir etwas passiert Ende Juli? Wodurch wurde mein Prozess ausgelöst? Fragen über Fragen...
Über meine Erfahrungen habe ich aber dort nichts berichtet, ich wollte nicht absonderlich erscheinen. Ich sagte nur, dass ich wenig Probleme habe.
Übrigens, das Gefühl bei der Meditation keine Luft zu bekommen, verschwindet, wenn ich mich hinlege. Heute morgen meditierte ich im Liegen.
Donnerstag, der 15.12.22 – Die Natur des Begehrens
Heute Nacht hatte ich einen starken "Zustand", gekoppelt an die abendliche Meditation im Zentrum. Ich konnte lange nicht einschlafen, die Energie überwältigte mich, und wenn ich einschlief, wachte ich ständig mit einem Glücksgefühl auf. Überlegte mir sogar, mitten in der Nacht aufzustehen, aber dann hätte ich den Tag nicht überstanden, und Donnerstage sind immer schwer für mich - es ist mein freier Tag, an dem ich den Haushalt für die ganze Woche erledige und meine Großmutter betreue.
Irgendwann bin doch noch eingedöst und in den Morgenstunden hatte ich einen wunderschönen Traum. Ich träumte von einem klaren Fluss in einer Schlucht, und der Weg zum Meer war frei! Ganz frei!!!!! Eine war eine gerade kurze Strecke! Ich konnte den Ozean vorne sehen! Was für ein wunderschönes befreiendes Gefühl!!!
Am Morgen war der "Zustand" wieder weg...
Ich werde mich nicht verkrampfen. Ich hafte nicht an. Ich lebe weiter. Ich schaue einfach, wie lange die Ruhephase ohne den „Zustand“ dauern wird. Hoffentlich, keine fünf Jahre.
Nach dem Mittagessen bekam ich eine plötzliche Offenbahrung. Es passierte folgendermaßen: Ich sah im Kühlschrank eine Portion Tofu, die ich zum Abendessen vorgesehen habe und plötzlich überkam mich ein starkes Verlangen, ihn gleich zu essen. Dabei erinnerte ich mich an das Buch "Tanz mit dem Leben", wo der Autor behauptet, dass unsere Wünsche sehr kurzlebig sind, und es gelang mir, mein Begehren zu beobachten. Das Verlangen dauerte tatsächlich nur eine Sekunde. Dann ist es verschwunden und kam gleich wieder, aber nur, weil ich daran gedacht habe. Das heißt: das Verlangen ist nicht stabil!!! Es wird nur durch das Gedankenkreisen unterhalten und immer wieder aufs Neue angezündet.
Ich war wie von einem Schlag getroffen. Es muss seltsam ausgesehen haben, als ich vor dem offenen Kühlschrank stand und auf ein Stück Tofu starrte. Wofür strampeln wir bitte das ganze Leben? Um diese kurzen Momente des Verlangens zu befriedigen?! Sie sind doch so unbeständig! Gott oh Gott! Wenn das nicht die Entdeckung des Jahres ist! Der Verstand zappelt wie eine Marionette in der Hand des Egos... Alles, was die Menschheit in dieser Welt antreibt, alles, was zu unseren Entdeckungen, unseren Errungenschaften und unserer Zivilisation geführt hat, sind diese sekundenschnellen Wünsche....
Ich fühlte mich fast allmächtig bei dem Gedanken. Ich fühlte mich wie Neo, der die Kugeln einfach fallen lässt. Ich kann die Leidenschaften um mich herum toben lassen, während ich für sie unzugänglich bleibe! Ich habe die Natur des Begehrens durchschaut!!!
Freitag, der 16.12.22 – Gespräch mit Kevin
Was für ein schöner Frieden ist wieder in meiner Seele. Der Sturm hat sich gelegt und das Meer hat sich geglättet. 😁 Heute Nacht träumte ich, dass ich mit einem Auto eine riesige Rampe hinauffuhr, sehr hoch über die Berge und sogar über die Wolken. Es war sehr kalt dort oben, alles war mit Schnee bedeckt, sogar die Anziehungskraft der Erde war geringer. Ganz am Ende blieb der Motor kurz stehen. Aber ich konnte wieder anspringen und es bis ins Ziel schaffen. 😅Was für verrückte Träume ich in letzter Zeit habe!
Heute Abend suchte ich ein Gespräch mit Kevin, meinem Ältesten, und erzälte ihm über alles, was mit mir geschiet. Wir redeten fast vier Stunden lang.
Am Anfang sah ich deutliche Angst in seinen Augen. Mein Sohn dachte wahrscheinlich, ich würde Drogen nehmen. Aber am Ende hat er alles verstanden und es meiner Meinung nach gut aufgenommen. Das hat mich sehr glücklich gemacht. Ich wollte meinem Kind vermitteln, dass es noch etwas anderes auf der Welt gibt als das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Und ich war angenehm überrascht von seiner Reaktion. Ich musste feststellen, dass mein Sohn ein Erwachsener ist! 😉 Allerdings will Kevin nicht meditieren. Er sagte, dass er durch intensives Nachdenken zu direktem Wissen kommt.
Und zwar meinte er, muss man nur intensiv / konzentriert an irgendeine Sache denken. Das ist vielleicht gar keine schlechte Methode und man kann auch so zum direkten Wissen kommen. Allerdings ist der Unterschied zwischen den Antworten, die man auf diese Weise bekommt, und meinen Erlebnissen im "Zustand" einfach unermesslich. Die Erfahrungen und tiefen Einsichten, die jetzt auf mich zukommen, verändern mich von innen heraus, und das in Rekordzeit. Ich fühle, dass ich anders geworden bin.
Gestern, zum Beispiel, wollten meine Arzthelferinnen eine Patientin abweisen, die aus einer anderen Stadt kam und nur Russisch sprach, - eine ukrainische Flüchtlingsfrau. Da sie kein Deutsch verstand, haben sie mich gebeten, sie abzuweisen. Das konnte ich auch früher schlecht, aber normalerweise will ich keine Diskussion und tue, was sie wollen. Gestern war dies nicht mehr möglich, ich konnte die Patientin nicht abweisen. Sie brauchte meine Hilfe und ich musste ihr helfen. In diesem Moment spürte ich die Veränderung in mir. Ich war bereit, mit meinen bissigen Mädchen zu diskutieren mit der Gewissheit, dass ich sie verärgere. Ich bin mutig geworden! Ich habe die Diskussion sehr sanft gestaltet. Ich bin der Meinung, dass meine Buddha-Natur ihre erste Aktion vollbracht hat! 😁
Früher suchte ich die Antworten auf meine Fragen auf eine andere Art und Weise: Ich stellte mir eine beliebige Frage und traf, wenn möglich, nicht sofort eine Entscheidung. Irgendwann formulierte sich die Antwort in meinem Kopf, was meist ein oder zwei Tage dauerte. Und es waren immer die besten Entscheidungen, die mich weiterbrachten, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht logisch erschienen. Ich denke, das nennt man Intuition.
Ich spüre diese Woche den „Zustand“ wie ein Hintergrundgeräusch. Heute ist er wieder stärker. Geruch von Abgasen kommt wellenförmig. Ich bin sehr glücklich. Keine Ekstase, aber trotzdem sehr, sehr angenehm. Ich bin besser vor Leid geschützt, als früher. Wenn ich zufällig Krieg in den Nachrichten sehe, muss ich nicht sofort umschalten, kann aushalten. Es ist wunderbar.
Sonntag, der 18.12.22 – Oma Lisas Geburtstag
Gestern waren wir auf einer Geburtstagsfeier von Oma Lisa, die 94 Jahre alt wurde. 😊 Ich freute mich sehr, alle Familienmitglieder mal wiederzusehen. Aber im Allgemeinen war die Feier für mich eine Zumutung für meine Sinne. Schon nach einer halben Stunde wurden die ganzen Geräusche für mich unerträglich, wie in Marokko. So viele Stimmen und dann auch noch laute Musik im Hintergrund. Ich zog mich an, ging zur nächsten Drogerie, kaufte Ohrstöpsel und damit ging es besser.
Allerdings konnte ich mich trotzem nicht an Unterhaltungen beteiligen. Als mein Cousin anfing, neben mir zu fotografieren, war es fast schmerzhaft. Ich schloss die Augen und zuckte trotzdem jedes Mal vor dem Blitzlicht zurück. Die ganze Feier war mit unangenehmen Empfindungen verbunden. Ja, ich bin im Moment nicht wirklich partytauglich, meine Empfindlichkeit ist abnormal erhöht. Aber heute soll ich ins Kino gehen, um Avatar 2 zu sehen, die Karten wurden bereits gekauft. Vor zwei Wochen habe ich ohne zu zögern zugestimmt, in diesen Film zu gehen, aber jetzt sehe ich, dass ich es nicht kann. Ich werde wohl eine Migräne vortäuschen müssen.
Und noch ein wichtiger Aspekt. Aus irgendeinem Grund warte ich immer noch darauf, dass mich jemand an die Hand nimmt und mich zum Erwachen führt, mir den Weg zeigt. Ich warte auf jemanden, der mir hilft. Daher auch die Enttäuschung vom buddhistischen Zentrum. Heute habe ich endlich begriffen, dass meine Erwartungen unbegründet sind, denn jeder muss es alleine durchstehen. Ein Gedicht von Sangharakshita aus dem Buch "Reise und Reiseführer", half mir, dies zu verstehen, und nämlich die Zeile: "der Mensch durch schwarze Dunkelheit allein sich schlagen muss".
Ich werde schon den Weg allein finden. Erstens passieren die Sachen von selbst, zweitens gibt es wunderbare Bücher. Ich darf mich bloß vom Rausch des Lebens nicht ablenken lassen, denn ich lebe nicht ewig. Meine Zeit ist sehr begrenzt. Konzentrieren!
Gleicher Tag später
So. Jetzt habe ich langsam das Gefühl, dass der Aufbau von dem neuen Gebäude beginnt. Ich fühle mich anders. Wenn der "Zustand" niedrig ist, muss ich alle Menschen bewusst lieben, und wenn er hoch ist, geschieht es automatisch. Noch nie in meinem Leben habe ich den Menschen so oft gesagt, dass ich sie liebe. Auch mit Mama scheint die Beziehung besser zu werden. Ich nenne sie jetzt "Mutti", und wir haben uns in den letzten Tagen öfters umarmt.
Die "Zustände" haben sich verändert. Das Glück schlummert irgendwo tief unten, aber es überflutet mich nicht, sondern taucht auf, wenn ich einen Moment Zeit habe, mich hinzusetzen.
Ich bin ganz gesammelt, ganz in mir selbst, vor Ort und präsent. Ich fühle mich ganz. Ich fühle mich sehr tief. Der Fokus liegt immer noch im Inneren, aber ich kann wieder jeden Tag lesen. Und was für eine Wirkung! Wow! Ich bekomme Informationen direkt auf der dritten Ebene übermittelt.
Heute habe ich ernsthaft mit dem Buch von Maitreyabandhu "Reise und Reiseführer" angefangen, davor nur reingeschnuppert. Ich bin sprachlos. Jede Zeile ist wahr. Zwar gibt es bis jetzt nichts Neues für mich, aber der Autor fasst all die Dinge in Worte, die in meinem Unterbewusstsein nur geschlummert haben. Er drückt seine Gedanken so klar und so elegant aus! Erstaunlich. Eine viel leichtere Lektüre als Philip Moffitt. Ich werde das Buch als PDF herunterladen und es an Kevin schicken. Sollte ich es vielleicht auch an jemand anderen schicken? Irgendwie bin ich immer noch der Meinung, dass es viele Menschen interessieren würde.
Ich bin so sehr mit mir selbst beschäftigt.... Meine Familie ist weit in den Hintergrund getreten. Kevin sagt, er muss zurzeit um meine Nähe kämpfen. Das ist furchtbar. Ich sollte wenigstens versuchen, den Kindern mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Vincent hätte diesen Satz nicht so formulieren können... 😞I
Und noch etwas Wichtiges: Ich habe zum ersten Mal erkannt, dass ich anderen Menschen tatsächlich Leid zufüge, indem ich hinter ihrem Rücken schlecht über sie spreche. Verdammt, wie dumm war ich! Negative Meinungen oder Informationen über andere Menschen werden sie früher oder später erreichen. Außerdem verändern solche Gespräche die Menschen zum Schlechten.
Und obwohl ich es jetzt weiß, habe ich mich gestern dabei ertappt, wie ich etwas über jemanden gesagt habe. Gott sei Dank habe ich begonnen, mich dabei unwohl zu fühlen! Von Zeit zu Zeit muss ich mir auf die Zunge beißen, besonders wenn der "Zustand" tief ist. Das wird meine Herausforderung für die nächste Zeit sein: nur positive Dinge über Menschen zu sagen!!!
Ich sehe endlich, dass meine Seele in den letzten Jahren praktisch ausgehungert war. Ich habe ihr gar keine geistige Nahrung gegeben. Alles nur Mist und Abfall... Unterhaltung, Nachrichten, Klatsch und Tratsch, Filme, ein wenig Kunst. Das alles will ich radikal ändern. Kein "Avatar 2" mehr.
Montag, der 19.12.22 - Die Geräuschempfindlichkeit nimmt zu
Heute war ein schlechter Tag, die Geräuschempfindlichkeit wurde unerträglich. Ich konnte wieder alles hören, als wäre ich in einem Metallfass, und es war unmöglich, zu arbeiten. Ich stand in der Praxis und konnte nicht verstehen, was zu mir gesagt wurde. 😕 Musste mich nach der Mittagspause krankmelden. Zu Hause legte ich mich für zwei Stunden hin und schlief ein. Ich beschloss, morgen zum HNO-Arzt zu gehen, damit ich nichts verpasse. Ich denke, es ist eine Art Nebenwirkung meiner "Zustände", da die Beschwerden nach der Meditation schlimmer werden, aber eine ärztliche Konsultation kann trotzdem nicht schaden.
Nach dem Lesen von "Reise und Reiseführer" denke ich oft an den Satz: "Wir werden alle sterben!" Ich finde ihn so befreiend. Irgendwie machte ich mir - wie wir alle - keine große Gedanken um den Tod, aber wenn ich an diesen Satz denke, wird der Tod sehr real. Dabei verblassen meine Sorgen und alles erscheint so nichtig. Die Putzfrau hat vergessen, eine Ecke zu putzen, und früher hätte ich mir den Kopf zerbrochen, wie ich ihr das schonend mitteilen kann. Jetzt denke ich: "Wir werden alle sterben!" Und schaue einfach in die andere Ecke. Das ist großartig!
Man, war ich davor so blöd. Also, lesen im "Zustand" ist echt eine krasse Sache. Direkte Gehirnumprogrammierung. Aber auch außerhalb des "Zustandes" ist das Buch extrem kraftvoll.
Ich spüre heute wieder so stark die Abgase. Ich kann nicht sagen, dass es mich quält. Aber vielleicht sollte es mal aufhören. Oder ist das bereits zu einem Zeichen der Gehirnumprogrammierung geworden?
Ach ja, und ich versuche die Momente des Erlöschens in meinem Leben zu finden. Ich erinnerte mich heute, wie ich mit 18 Jahren mit einem starken Wellengang und Strömung im schwarzen Meer kämpfen musste. Irgendwann war ich erschöpft und keiner kam zu Hilfe. Dann habe ich mich einfach auf den Rücken gedreht und aufgegeben. Der Gedanke kam: Naja, dann werde ich jetzt wohl sterben. Und es wurde alles egal. War das ein Erlöschenerlebnis? Ein Mann hat mich irgendwann rausgeholt, den Rest des Tages habe ich auf einer Sonnenliege geschlafen, ich war komplett erschöpft.
... Und ich habe nicht mal nach seinen Namen gefragt...
Der "Zustand" heute ist schwach, aber spürbar. Aus irgendeinem Grund scheint es mir, wenn ich in einem "Zustand" bin, dass ich morgen oder übermorgen das Erwachen erreichen werde. Es ist direkt neben mir und fast greifbar. Wenn der "Zustand" vorbei ist, zweifle ich daran, dass es überhaupt in diesem Leben geschehen wird. Ich zweifle dann an allem und vor allem an mir selbst. Warum zum Teufel habe ich mir das alles ausgedacht? Vielleicht ist es eine Art Persönlichkeitsspaltung? Wahrscheinlich eine Komponente aus dem schizophren Krankheitenkreis. Man, niemand aus meiner Familie sollte das hier lesen, sie würden sich echt Sorgen machen. 😬
Dienstag, der 20.12.22 - Krankenschein und die tiefen Einsichten
Leider geht es mir heute nicht besser, ich bin zu Hause geblieben. Um ehrlich zu sein, bin ich sogar froh, dass ich krank bin, weil ich dann allein sein kann. Das ist im Moment mein größter Wunsch. Sich selbst spüren. RUHE GENIEßEN... Es war so schrecklich gestern mit dem Hören auf der Arbeit, dass ich mich selbst nicht spüren konnte. Mal schauen, vielleicht melde ich mich für die ganze Woche krank. Ich bin mir so wichtig geworden. Und die Außenwelt ist so unwichtig. Sie ist so vergänglich.
Heute Nacht hatte ich wohl doch einen stärkeren "Zustand". Ich wachte gegen drei Uhr morgens auf, lag im Bett und konnte nicht schlafen. Tiefe Gedanken... Ich fühle mich anders. Es ist schwer für mich, es in Worte zu fassen. Wenn ich mir meinen Prozess vorstellen soll, hat er sich verändert. Der Fluss ist sehr klar geworden. Alles Unnötige hinter sich gelassen. Keine Barrieren mehr. Die Strömung ist ruhig, tief und breit. 🤩 Das Meer kommt bald. Tiefes Ruhe- und Glücksgefühl.
Heute Morgen hatte ich wahrscheinlich die schönste Meditation, die ich bisher alleine erzeugen konnte. Ich wusste gar nicht, dass ich mein Niveau noch höher schrauben kann. 😉 Tief. Glücklich. Nicht Metta-Bahavana und keine Atemvergegenwärtigung, obwohl ich auf den Atem geachtet habe. Ich habe nur mich selbst gespürt. Wahrscheinlich hat das Dröhnen im Kopf dazu beigetragen, dass ich mich so vertiefen konnte. Leider schellte jemand an der Tür und ich musste nach 30 Minuten unterbrechen. Fazit: Man muss morgens meditieren! Wenn alle noch schlafen!
Der „Zustand“ ist heute tief. Oder ich spüre ihn so deutlich, weil ich allein bin. Halleluja. Werde diese Woche nicht arbeiten gehen.
Heute kam mir folgender Gedanke: Vielleicht müssen nicht alle Menschen durch diese Transformation. Es ist bestimmt von dem Wunsch des Individuums abhängig. Wahrscheinlich gibt es Individuen, die so seit der Ewigkeit von einer Existenz in die andere vor sich hin dümpeln und nichts anderes wollen...
Schon komisch, dass ich all diese Sachen in mir selbst entdecke. Ich war zwar immer der Meinung, dass das ganze Universum in jedem Menschen steckt, aber dass mir das alles so konkret und anschaulich erklärt wird, ist einfach unglaublich. Und wer erklärt mir das alles? Bin ich das? Oder bin ich gerade mit einem Informationskanal verbunden? Ich schätze, ich werde es nie erfahren....
Ich merke, dass ich eine andere Ebene erreiche, als alle Menschen um mich herum. Es ist nichts Überhebliches, sondern einfach eine Tatsache. Ich muss das bei der Kommunikation berücksichtigen, alles in normale Worte fassen. Ich muss anders begründen, als ich es im Moment empfinde. Die Menschen sehen nicht, was ich sehe.
Ein weiterer Gedanke. Philip Moffitt schreibt über das Brennen. Mir scheint, dass jede Veränderung auch ein Brennen ist. Etwas geht einfach von einem brennenden in einen anderen brennenden Zustand über. In Marokko wollte ich zum Beispiel ein hungriges Kätzchen von der Straße in die Hotelanlage bringen, weil es dort mehr Futter gab. In der Vergangenheit hätte ich das auf jeden Fall getan. Aber dieses Mal hat mich etwas davon abgehalten. Ich hatte nicht das Gefühl, dass diese Aktion die Situation besser machte, ich weiß nicht, warum. Vielleicht werden die Katzen auf dem Hotelgelände vernichtet? Das ist eine mögliche Erklärung, eine Geschichte, die sich mein Gehirn ausdenkt. Aber in Wirklichkeit habe ich gespürt: für das Kätzchen ist auf der Straße Brennen, und dort, auf dem Gelände des Hotels, ebenfalls Brennen. Keine Veränderung.
Dieses Beispiel lässt sich auf viele oder alle(?) Situationen anwenden. Es ist sinnlos, in einen Prozess einzugreifen, weil die Gleichung das Ergebnis nicht ändert! Es hat keinen Sinn, überhaupt etwas zu ändern. Es sind nur wir Menschen, die aus unserer sehr begrenzten Perspektive denken, dass sie etwas bewirken können.
Diese unendliche Gleichgültigkeit oder diesen Gleichmut spürte ich am fünften November in der "grauen Substanz", in diesem "Nichts". Das ist der Grund, warum Gott sich nicht in unsere Angelegenheiten einmischt. Omm. Tiefe Erkentnis.
Heute Abend, als der Gedankenstrom nachgelassen hat und mich ordentlich erschöpft hat, hatte ich ein wunderbares Gefühl in meiner Brust. Es war, als ob sich etwas sehr stark ausgedehnt hätte. Vielleicht heißen diese Zustände deshalb "erweitert"? Kann sich die Seele ausdehnen? Vielleicht verengt sich der Geist bei Sorgen, Ängsten und so weiter? Und da meine Sensibilität im Moment sehr erhöht ist, kann ich das sogar körperlich spüren. Ist das vielleicht der Grund, warum ich manchmal Brustbeklemmungen habe?
Übrigens pustete der HNO-Arzt hat meine Ohren durch und erklärte mir, dass ich einen Hörsturz habe. Naja, nehmen wir das mal als eine Arbeitshypothese hin. Obwohl ich immer der Meinung war, dass man bei dem Hörsturz schlecht hört, und ich höre alles verstärkt. Zum Cortison habe ich "Nein, danke" gesagt. Gut, dass ich selbst Ärztin bin und mich vor Quacksalber ein wenig schützen kann.
Mittwoch, der 21.12.22 – Mein inneres ICH existiert nicht
Ich war heute morgen total k.o. Habe mich wirklich krank gefühlt und habe mich gefreut, dass ich zu Hause bin.
Ach, ich habe mich so dran gewöhnt, im "Zustand" zu leben, dass ich mich ohne ihn nicht mehr als einen vollwertigen Menschen empfinde. Irgendwie ganz leer... Ich lag im Bett und habe überlegt, ob ich vielleicht doch regelmäßig abends meditieren soll, um den "Zustand" zu stabilisieren, denn morgens gibt es immer eine Flaute. Vielleicht wird der "Zustand" dann zu einem "Dauerzustand".
Allerding gäbe es zwei Haken: erstens, im "Zustand" schlafe ich nachts sehr unruhig. Zweitens geht es alles viel zu schnell. Erfordert von mir sehr viel Energie. Ich bin nicht umsonst heute so ausgelaugt. Mein äußeres Leben ist zwar sehr ruhig geworden. Ich habe alle unwichtigen Tätigkeiten abgeschafft. Beschäftige mich nur noch mit dem Haushalt, Einkaufen und Papieren, wenn es brennt. Der Papierberg wächst. Koche nicht mehr. Keine Überstunden. Treffe mich nicht mit Freunden. Gehe kaum raus. Schaue kein Fernseher. Und trotzdem ist es alles zu heftig. Ich habe aufgehört zu merken, wie stark der Strom ist, weil ich vom Strom komplett erfasst bin.
Mir kommen sogar Gedanken in den Kopf, meinen Beruf für ein halbes Jahr aufzugeben, weil es alles schwer miteinander zu kombinieren ist. Mein täglicher sehr intensiver Kontakt zu den Patienten, den ich früher sehr gemocht habe. Wechsel von einem Ansprechpartner zu dem anderen alle zehn Minuten. Bei jedem Patienten auf seine Probleme konzentrieren, über die Lösung nachdenken, dabei versuchen empathisch zu sein und gleichzeitig Multitasking betreiben: Sprechen, Hören, Tippen, Überlegen, welche Diagnosen und Ziffer ich eingeben soll. Nebenbei bringen die Menschen oft keine einfachen Geschichten mit. Häufig geht es sehr emotional zu. Manchmal gibt es schlechte Nachrichten, die ich überbringen muss. Gelegentlich sterben Menschen. Es ist alles so intensiv. Es geht eigentlich nicht, wenn der Fokus nach innen verlagert ist und man sich nicht konzentrieren kann...
Bin irgendwann um 10 Uhr aus dem Bett gekrochen, alle Glieder taten weh, Energie im Minusbereich. Stand in der Küche und gedacht: Ich brauche Pause! In diesem Moment habe ich verstanden, dass der "Zustand" heute ausbleiben würde. Weil ich ihn ablehne.
Ich fand es nicht schade. Gefrühstückt. Meditiert ganz schön. Yoga. Ein wenig Aufräumen, dann war die Energie ganz aus, zurück ins Bett und geschlafen.
Habe kurz und sehr intensiv geträumt, dass ich in einem flachen, ausgesprochen klaren Bach unter der Wasseroberfläche schwimme. Auftauche, sehe die Oberfläche von unten, ganz nah vor meiner Nase, so dass ich sogar die oben schwimmenden Blätter sehe, steigende Erwartung, unglaubliche Freude - und wach geworden.
Aufgewacht, mich auf den Rücken gedreht und über alles Geschehene nachgedacht.
Es kommt mir alles so verrückt vor, praktisch wie ein Wunder. Ich verstehe, dass die Welt, in der ich lebe, in der Wirklichkeit ganz anders ist. Ich meine, ich wusste es schon immer. Wir nehmen doch nur einen Bruchteil der Realität wahr. Zum Beispiel können wir nur ein kleines Teil des Strahlenspektrums wahrnehmen. Und was ist mit der schwarzen Materie samt schwarzer Energie, die zusammen 97% des Universums ausmachen? Wir können 97% der Information nicht wahrnehmen! Wir nehmen nur das wahr, was unsere Sinnesorgane erfassen können. Auf diesen Erkenntnissen basieren irgendwelche Schlussfolgerungen, die dann natürlich irrtümlich sind. Weil auf einer irrtümlichen Basis aufgebaut.
Aber in meinem Erlebnis "Alles brennt" konnte ich die Wirklichkeit sehen. Diese Vision ist mit so intensiven Gefühlen verbunden, dass ich sie in jedem Moment abrufen und wieder ganz nah erleben kann. Und - ich fand mich auf einmal dort, vor dem Schwimmbad sitzen, sah alles um mich herum brennen. Alles in der Bewegung. Im Flimmern, wie Fata Morgana. Dabei tauchte unverhofft eine Frage auf: Wenn die Realität ganz anders ist, als ich es gewohnt bin zu sehen, was ist denn mit mir?
JA, WAS IST MIT MIR???
Bei diesem Gedanken habe ich mich wie Neo gefüllt, der in seiner Kapsel aufwacht und die wirkliche Welt um sich herum zum ersten Mal sieht.
Ich wusste, dass ich heute nicht im "Zustand" bin. Wie kriege denn die Antwort? Ich bin schon so gewohnt, im „Zustand“ leicht die Antworten zu bekommen. Habe mich entschlossen, die Methode von Kevin "Intensives Denken" ausprobieren. Ich habe so intensiv und so gezielt nachgedacht, dass mir sogar die Kopfhaut geprickelt hat. Es war eine andere Erfahrung als im "Zustand". Es war ein gezieltes Denken.
Ich habe mit meiner ganzen Kraft in mich reingeschaut und wollte den Kern sehen, meine Seele oder den Geist oder das Bewusstsein, keine Ahnung was da drin ist. Ich habe immer tiefer gegraben. Und ich sah, dass von mir alle Schichten abfallen, eine nach der anderen, wie die trockene Schale von einer Zwiebel. Es waren Schichten aus meinen Gewohnheiten, Überzeugungen, Weltansichten, Erziehung, Vorlieben und Abneigungen, ja praktisch alles. Diese Schichten verändern sich, sind instabil und deswegen nicht existent. Sie sind mir in dieser Welt anerzogen worden, ich habe sie bewusst oder unbewusst angenommen, ich wurde geformt, damit ich hier überlebensfähig bin. Aber - das bin Ich nicht!
Ich habe gegraben und gegraben und - ich musste feststellen, dass da drin NICHTS ist! Dass ich als ICH, oder als das, was ich mir immer darunter vorgestellt habe, nicht existiert! Da ist nur eine Leere drin!
Das hat sich wie eine tiefe Wahrheit angefühlt, wie ein direktes Wissen, welches ich schon gewohnt bin, im „Zustand“ zu erfahren. Es war eine angenehme Erkenntnis, sehr angenehme sogar. Ich lag da und habe diese Leere in mir genossen. Ich habe mich irgendwie - frei - gefühlt. Glücklich und frei.
Allerdings sitze ich jetzt hier, schreibe mein Tagebuch und überlege, was das zu bedeuten hat? Was heißt das, das mein ICH nicht existiert? Irgendwie muss ich wohl meine Weltanschauung neu überlegen? Alle Werte neu justieren?? Ohne den "Zustand" ist das alles sehr schwer zu begreifen. Ich werde morgen darüber nachdenken.
Teil 2
Dezember 2022 - Februar 2023
Von der ersten bis zur zehnten Fessel
Donnerstag, der 22.12.22 - Rede
Heute habe ich wieder keine Zeit für mich selbst. Ich hoffe, dass mich wenigstens 30 Minuten lang niemand davon abhält, mein Tagebuch zu schreiben. Oder sollte ich mich in diesem Haus auf dem Clo einschließen?
Als ich heute in die Meditation versank und den "Zustand" spürte, dieses vertraute warme Gefühl, habe ich vor Glück fast geweint. Heute ist der "Zustand" kaum merkbar, aber ich bin trotzdem so glücklich, dass es ihn gibt. Er ist mittlerweile anders geworden als in der ersten verrückten Phase. Er ist nicht mehr so ekstatisch, aber immer noch sehr angenehm.
Ich habe festgestellt, dass im "Zustand" die positiven Gefühle verstärkt und die negativen Gefühle geglättet werden. Heute zum Beispiel sind mir im Auto die Tränen vor Glück hochgekommen, als im Radio ein Weihnachtslied von Tom Goebel lief. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals wegen der Musik weinen musste... Die Welt ist so schön! Und obendrein liebe ich alle Menschen, bin gut gelaunt und voller Energie. Im Gegensatz dazu war ich gestern ohne den "Zustand" reizbar, fühlte mich leer, verstand Dinge nicht, die im "Zustand" sonnenklar sind.
Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das Wissen, das ich erhalte, nicht vom Himmel oder irgendwo von außen kommt, sondern aus mir selbst. Interessant... Zumindest ist das der Eindruck, den ich gestern hatte. Ich gehe heute in das Meditationszentrum. Freue mich schon drauf.
Heute erinnerte ich mich an Frau Kosul, eine Nachbarin aus unserer alten Wohnung. Wir haben 15 Jahre lang im selben Haus gewohnt. Sie war bei uns eine Art Hausmeisterin und ein Schrecken der ganzen Nachbarschaft. Ständig war diese Frau am Schreien und am Schimpfen. Mehrere Nachbarn beschwerten sich über sie bei dem Vermieter, aber es half nichts. Wenn ich meine Blumen auf dem Balkon goss und ein paar Tropfen Wasser auf ihre Terrasse fielen, musste ich mich schnell verstecken, um ihr Fluchen nicht zu hören. Ganz zu schweigen davon, wenn der Wind etwas von meinem Balkon wehte.
Diese Frau war sich ganz offensichtlich nicht bewusst, dass jedes Wort, das sie sagte, jemanden verletzte. Sie wollte unbedingt die Menschen und unser Haus umgestalten und alles perfekt machen. Die Sträucher wurden von ihrer ursprünglichen Höhe von etwa zwei Metern auf 50 cm gekürzt. Der über 50 Jahre alte Ahornbaum musste gefällt werden, damit er ihre Terrasse nicht mit Blättern übersät. Sie würde am liebsten auch die Rasenflächen um das Haus betonieren lassen, damit sie nicht mehr gemäht werden müssen. Sie war nicht nur menschenfeindlich, sondern auch naturfeindlich. Wie unterentwickelt muss ihre Seele sein, wenn sie nicht gemerkt hat, dass sie den Menschen wehtut. Und wie sehr muss sie im Innersten ihrer Seele gelitten haben, denn mit jedem feindseligen Wort fügte sie sich selbst Wunden zu. Hmm, was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Was hat Frau Kosul dazu gebracht, sich so auf die Menschen zu stürzen, war es ihr inneres Leid oder kam ihr Leid von ihrer Feindseligkeit? Ihr Mann und ihre Kinder haben sie wohl nicht ohne einen guten Grund verlassen...
Das Interessante dabei war: Sie machte viel. Sie kümmerte sich um Sauberkeit und Ordnung. Ihre Anregungen und Motive waren gut, nur das Mundwerk war defekt. Aus dieser Öffnung kam fast ausschließlich Fluchen. Und damit machte sie all ihre guten Taten zunichte! Jetzt weiß ich, was die Buddhisten meinen, wenn sie sagen, dass der Mensch aus Körper, Geist und Rede besteht. Man kann die Rede tatsächlich als ein eigenständiges Teil des menschlichen Wesens betrachten.
Abends
Heute fand ich endlich im "Tanz mit dem Leben" eine ausführliche Erklärung für die "Zustande", Seiten 227-229. Ich bin mit dem Text vollkommen einverstanden. Und doch verspürte ich nach der Lektüre eine steigende Flut von Ablehnung, wenn nicht gar Verzweiflung. Die "Zustände", die ich so sehr liebe, müssen nutzlos sein???? Sie müssen vergänglich sein???? Philip Moffitt behauptet, dass ich fälschlicherweise denke, dass ich auf meinem Weg weiter bin, als in der Wirklichkeit! "Zustände" führen seiner Meinung nach zu Enttäuschung und Anhaftungen... Warum hat mir das kein Mensch gesagt?
Ich war so enttäuscht, dass ich die Meditation im Zentrum sausen ließ, und fiel mit einem Glas Wein ins Bett. Ich hatte seit Monaten keinen Wein mehr angerührt! Ich lag im Bett, litt und wusste nicht, wie es weitergehen muss. Soll ich mit dem ganzen Kram aufhören? Ein gewöhnliches und leidvolles Leben weiterführen?
Irgendwie kam das nicht in Frage. Nicht nach all dem, was ich durchgemacht habe. Vor allem fühle ich mich verändert. Ich spüre weniger Leid. Ich achte viel mehr auf meine Sprache. Ich versuche, jeden zu lieben. Zugegeben, das ist am einfachsten, wenn ich im "Zustand" bin. Aber die "Zustande" begleitet mich jetzt jeden Tag. Sie sind zu meinem neuen Ich geworden. Spielt das denn überhaupt keine Rolle? Ich glaube, ich habe eine Krise. Ich gehe jetzt besser ins Bett.
Freitag, der 23.12.22 – Die Ursache des Leidens
Ja, ich scheine in einer Krise zu stecken... Als ich heute Morgen aufwachte, lag ich enttäuscht im Bett und hatte überhaupt keine Lust, für die Meditation aufzustehen. Dann kam mir ein Gedanke: für MICH sind "Zustände" sehr wohl nützlich. Und es ist egal, was Philip Moffitt darüber denkt! In "Zuständen" gewinne ich ein tiefes Wissen, das mich verändert. Darum geht es doch, oder? Ich gestehe, ich dachte wirklich, ich sei schon weiter fortgeschritten. Aber selbst die kleinen Veränderungen, die ich spüre, sind ein Teil der Reise. Ich bin viel glücklicher geworden und habe mehr Selbstvertrauen gewonnen. Ich habe Hoffnung und einen Sinn im Leben gefunden. Meine Güte, ich staune gerade über diese Worte, aber es ist wirklich wahr! 😀 Ich weiß nicht, ob das ohne die "Zustände" passiert wäre.
Und schließlich sagte der Buddha, man solle alles hinterfragen und seinen eigenen Weg suchen. Genau das werde ich jetzt tun. Ich werde das Urteil von Philip Moffitt in Frage stellen. Ich werde SELBST herausfinden, ob "Zustände" gut für mich sind. Er hat mich über eine mögliche Selbsttäuschung informiert, ich danke ihm dafür.
Nach diesem Gedanken sprang ich aus dem Bett und lief zu meinem Hocker, um zu meditieren. Die Meditation war wunderschön. Der "Zustand" ist tief, ich bin glücklich!
Am Abend.
Ich lag im Bett und fühlte mich nicht besonders gut. Müdigkeit, innere Unruhe, wieder dieses Dröhnen im Kopf, die Nase lief, Gliederschmerzen. Ich fühlte mich unwohl in meinem eigenen Körper. Ähnlich wie in Marokko nach einem Fußballsieg. Aber es war nicht mein Körper, der mir am meisten zu schaffen machte, es war meine Seele. Dieses Leiden. Es ist schon lange her, dass ich es gespürt habe...
Ich versuchte zu analysieren, was los ist. Die Antwort war: Du bist die Ursache deines eigenen Leidens! Das bist du. Und dann dämmerte es mir: Ich bin IMMER der Grund für mein Leiden! Nur ich! Es ist der Wunsch oder der Unwille, wie jetzt - ich lehne meine Erkältung ab, ich will sie nicht haben -, der das "Reiben" oder "Brennen" und damit das Leiden verursacht! Es ist nicht die Welt um mich herum, die an meinem Leiden schuld ist. Nicht die Umstände. Nicht die Menschen und auch keine höhere Gewalt. NUR ICH. Theoretisch könnte man unabhängig von den Umständen glücklich sein... Ich habe schon früher darüber gelesen. Aber erst heute habe ich es auf der dritten Ebene erfahren.... Halleluja! Tiefe Erkenntnis.
Sonntag, der 25.12.22 – Ein katastrophales Weihnachtsfest
Wir sind gerade in Baden-Württemberg bei Peters Eltern. Diesmal verlaufen die Feiertage für mich ganz anders. Normalerweise genieße ich den Aufenthalt hier, aber gestern konnte ich die Familienversammlung, die ich sonst sehr mag, schlecht ertragen. Ich konnte mich nicht mit Menschen unterhalten, alles kam mir so sinnlos und vergänglich vor. Ich saß da, sah diese Menschen krank und tot. Ich schaute auf das Haus von Peters Eltern und sah es im Feuer der Zeit brennen, sah mit meinem inneren Blick den Aushub im Boden, bevor das Haus entstand, und die Leere an seiner Stelle, wenn es abgerissen wird. Ich verabschiedete mich von dem Ort und den Menschen, denn sie leben nicht ewig.
Ich habe gestern in Maitreyabandhus "Reise" dieselbe Erklärung für meine "Zustände" gelesen wie die von Philip Moffitt. Schon witzig! Monatelang kann mir niemand sagen, was mit mir los ist, und dann stoße ich innerhalb einer Woche in zwei verschiedenen Quellen auf die gleichen Informationen. Maitreyabandhu schreibt aber viel sanfter. Hätte ich es zuerst in seinem Buch gelesen, hätte es mich nicht so vor dem Kopf gestoßen. Ich denke, die Art und Weise, wie die Autoren es ausdrücken, hängt von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Thema ab.
(Spätere Korrektur: Meine "Zustände" waren Manifestationen der aufsteigenden Kundalini, aber das wusste ich damals nicht, und ich suchte in den falschen Büchern nach einer Erklärung.)
Gestern ist mir aufgefallen, dass ich jetzt viel weniger leide. Manche Dinge sind mir sogar völlig gleichgültig geworden. Gestern hatte ich zum Beispiel eine ziemlich emotionale Konfrontation mit einem Familienmitglied. Ich habe ihm einfach locker auf die Schulter geklopft und gesagt: "Warum reden wir an diesem schönen Abend darüber?" Der Vorfall hat bei mir keine negativen Emotionen ausgelöst. Es ist schön, im Gleichgewicht zu sein 😁 Es ist, als ob ich ein Kissen in mir habe, das alles abfedert. Es gibt keine Schürfwunden mehr. Es fühlt sich toll an!!!
Ach ja, und ich habe gestern dazu gedacht: Es hat zwei Monate unglaublichen Glücks gebraucht, um alle Wunden zu heilen und dieses Kissen zu schaffen. Wenn ich jetzt auf Oktober-November zurückblicke (gefühlsmäßig ist es zwei Jahre her), sehe ich einen Niagarafall des Glücks. 😁😁😁
Am Abend.
Es war ein schlrecklicher Tag, wieder so ein tiefer emotionaler Absturz. Es ist eine Achterbahn der Gefühle: Hoch! Runter! Zuerst wollte ich gar nicht darüber schreiben. Hier ist eine kurze Zusammenfassung: Ich hatte einen Streit mit Peter über den Buddhismus. Sehr starke Emotionen, habe einen halben Tag lang geweint. Alle möglichen Gedanken. Mein Kopf hat ununterbrochen gearbeitet, bis ich erschöpft war. Schließlich dachte ich: "Ich will nicht mehr weitermachen! Soll ich aufgeben? Weiter leiden? Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich großartig eine Wahl habe. Der Prozess ist im Gange.
Nach dem Streit hatte ich einen halben Tag lang ganz miserable Stimmung, habe mich mit meinen Kindern und meiner Mutter gestritten und mein Karma verschlechtert.
Dazu kamen ständige Gedanken über die Vergänglichkeit dieses Lebens, über das Erscheinen und Verschwinden. Ich konnte das Auftauchen und Verschwinden meiner Gefühle sehr deutlich registrieren. Und am Abend hatte ich das Gefühl, dass meine Integrität gebrochen war. Es war eine Art innere Zersplitterung, eine Trennung in verschiedene Teile. Ich hatte ein schreckliches Gefühl, dass ich die Kontrolle über mich selbst verloren hatte, weil jeder Teil für sich funktionierte. Das war sehr unangenehm und sogar beängstigend.
Bevor ich zu Bett ging, beschloss ich Gott sei Dank, Metta zu meditieren. Die Meditation war sehr schwach. Ich konnte kaum Liebe für mich selbst empfinden, und selbst für die Person, die ich liebe, konnte ich es nicht. Ich brach die Meditation ab, und trotzdem hat sie mir gut getan.
Montag, der 26.12.2022 – Ein kleines Identitätsproblem
Heute bin ich ganz normal aufgewacht und fühlte mich wieder ganz. Meditierte und machte mit Peter Yoga.
Aber leider ist heute eine weitere Komplikation aufgetreten. Bevor wir ins Restaurant gingen, spürte ich ein Problem mit meiner eigenen Identität. Es scheint, dass die tiefe Wahrheit, dass mein inneres Selbst nicht existiert, eine Fortsetzung bekommen hat.
Es war folgendermaßen. Ich habe mich für das Restaurant sehr schön angezogen, mit einem Kleid und einer Halskette. Normalerweise rechtfertige ich mein overdressed, indem ich sage, dass ich so bin, dass es mir gefällt, und ich stehe dazu, auch wenn ich weiß, dass es hier nicht üblich ist. Aber heute haben meine Argumente nicht funktioniert. Ich fühlte eine Leere in mir, und ich wusste nicht, wo dieses "Ich", das sich gerne hübsch anzieht, war. Meine Kleidung begann mir peinlich zu sein. Die Verwandten von Peter kamen in einfachen Pullovern zum Abendessen, und ich wie zu einer Hochzeit. Ich musste mich zusammenreißen. Ich war wütend auf mich selbst und meine Laune war ruiniert. Oh, mein Gott, jetzt gibt es jeden Tag ein anderes Problem!
Hinzu kam, dass ein tiefer "Zustand" sehr rechtzeitig(!) im Restaurant eintrat. So stark, dass ich dachte, ich sei betrunken. Ich musste sehr auf meine Wortwahl achten, lachte viel, war laut und redselig. Nach dem Essen schämte ich mich für mein Verhalten. Weihnachten war dieses Jahr eine totale Katastrophe.
Zum Glück erinnerte ich mich daran, dass Christel einmal gesagt hatte, sie wisse, dass ihr inneres Ich nicht existiere. Damals fand ich diesen Satz sehr befremdlich und sogar beängstigend, so dass ich sie nicht weiter befragt habe. Aber jetzt möchte ich unbedingt wissen, wie sie mit dieser tiefen Wahrheit lebt und ob sie irgendwelche Persönlichkeitsprobleme hat. Ich habe ihr gerade eine Nachricht geschickt und wir haben für morgen ein Telefonat vereinbart.
Dienstag, der 27.12.22 - Die zehn Fesseln
Wir sind wieder zu Hause. Irgendwie hat mich die ganze Sache ganz schön geschlaucht. Ich habe mir heute Ruhe gewünscht, damit ich alles von außen betrachten kann. Der "Zustand" war genau so, wie ich ihn mir wünschte, nicht zu hoch. Ich konnte in Ruhe über einige Dinge nachdenken.
Erstens weiß ich jetzt, dass der "Zustand" meine Gefühle astronomisch verstärkt. Wenn es Freude ist - bis zur Ekstase, Verzückung und Euphorie. Wenn es Traurigkeit ist, geht es bis zum Punkt der gespaltenen Persönlichkeit. Offenbar liegen einige Strukturen im Gehirn sehr nahe beieinander, so dass der Funke überspringt... Komisch, auf diesen Gedanken bin ich erst heute gekommen, als der "Zustand" nachgelassen hat. Es ist schwer, die Strömung zu beurteilen, wenn man sich in ihr befindet. Genauso ist es mit diesen "Zuständen", ich kann das Bild nicht klar sehen, weil ich die ganze Zeit in einem "Zustand" bin. Ich habe das Gefühl, dass ich keine allgemeine Vorstellung davon habe, was vor sich geht.
Auf dem Heimweg haben wir uns einen Podcast über Meditation angehört. Darin ging es um die möglichen Nebenwirkungen der Meditation!!!! Das habe ich gar nicht gewusst. Es gab eine Warnung, nicht intensiv zu meditieren, wenn man ein unverarbeitetes Trauma hat. Der Autor erwähnte, dass Menschen sich in dem "Auflösen" verfangen können und intensive Begleitung brauchen. Im Prinzip habe ich kein unverarbeitetes Trauma und ich habe keine Angst zu meditieren. Aber ich würde gerne wissen, warum ich "Zustände" bekomme und andere Menschen nicht.
Abends telefonierte ich mit Christel und sie konnte mir einige sehr nützliche Informationen geben. Es stellte sich heraus, dass die Erkenntnis des nicht existierenden Ich sehr wertvoll ist und die erste der zehn Fesseln darstellt, die man lösen muss, um zu erwachen. Nach den buddhistischen Lehren werde ich nie wieder unterhalb des menschlichen Niveau geboren! Die Chance, als ein Blauwal zu leben, habe ich wohl endgültig verpasst! 🤣 Die Befreiung von der ersten Fessel wird von den Buddhisten als "Stromeintritt" bezeichnet, weil man sich auf dem Weg zum Erwachen macht.
Wie dem auch sei. Christel hat mir einen Link von der Website von Christiana Michelberger geschickt. Sehr interessant! Vor allem einmal kann ich jetzt einschätzen, in welchem Stadium des Prozesses ich mich befinde. Außerdem machen diese Informationen es viel einfacher, mit Menschen zu kommunizieren, denn ich erlebe "Zustände", tiefe Wahrheiten und andere Erfahrungen, aber es ist schwierig, im Zentrum austauschen, weil ich nicht weiß, wie ich das alles benennen soll. Zum Beispiel habe ich noch niemandem von der "grauen Substanz" erzählt, dieser "Leere", die ich in der Meditation erlebte. Was soll ich sagen: Ich habe ein Nichts gesehen???? Aber heute ist alles klar: Ich habe die erste Fessel gelöst.
Warum habe ich noch nie von den zehn Fesseln gehört? Dies ist die erste wirklich hilfreiche Information, die ich in meinem Prozess so dringend brauche, der Schlüssel zum Erwachen. Ich bin Christel so dankbar, dass sie mich auf diesem Weg unterstützt. Ich bin Christiana so dankbar für ihre Seite. Alles ist gut beschrieben. Ich begreife zwar die weiteren Fesseln nicht. Ich verstehe die Worte, aber ich sehe keinen Sinn dahinter... Nur die ersten drei Fesseln sind sonnenklar.
https://www.unterwegsmitbuddha.de/die-zehn-fesseln/
Ich habe heute nur einen kurzen Blick auf die Seite geworfen. Christiana schreibt, dass sie weder heilig noch weise ist. Aber höchstwahrscheinlich erwacht... Auf der Seite steht, dass mit der ersten Fessel auch gleich die nächsten zwei gelöst werden: Angst und Zweifel (die zweite Fessel). Das wäre toll, wenn ich von nun an keine Ängste und Zweifel mehr hätte! 🤩 Muss ich mal beobachten. Was Regeln und Rituale angeht (die dritte Fessel), so habe ich sie nie besonders stark erlebt. Rituale mag ich nicht und obwohl ich die meisten Regeln befolge, finde ich sie manchmal einfach lächerlich.
Heute Abend erlebte ich im Zentrum eine sehr tiefe Meditation nach dem Prinzip sich fühlen und Versenken. Es war echt schmerzhaft, nach 40 Minuten aufzutauchen, als der Gong ertönte. Ich habe mir vorgenommen, es am Wochenende noch mal zu Hause zu wiederholen, wenn ich mehr Zeit habe.
Der "Zustand" ist fast weg, aber ich bin froh über die kleine Atempause. Abgase spüre ich jetzt kaum, nur bei der Meditation ein wenig.
Mittwoch, der 28.12.2022 - Raum und Zeit existieren nicht
Nachts 02:00
Oh, mein Gott! Nichts mit den Ruhephasen! Der heftigste "Zustand" überhaupt. Heute Abend war ich mit Violetta, einer Freundin von mir, essen und erzählte ihr von meinen Erfahrungen. Sie hörte mit großem Interesse zu und sagte, es mache ihr keine Angst. Während des Gesprächs geriet ich in einen tiefen "Zustand", den ich schon zweimal erlebt hatte: bei meinen Gesprächen mit Anissita und mit Kevin.
Dieser "Zustand" war so stark, dass ich mich völlig in der Zeit verloren habe. Die Zeit bestand nur noch aus einer Reihe von "Jetzt"-Momenten. Es war mir ein wenig peinlich, aber ich konnte Violettas einfache Frage, was ich morgen vorhabe, nicht beantworten. Ich konnte mich einfach nicht erinnern, welcher Tag wir heute haben... Sie nannte zwar den Mittwoch, aber diese Information half mir nicht weiter. Ich konnte nur das Jetzt wahrnehmen. Ich wusste nicht, was ich gestern getan hatte oder was morgen passieren würde. Komplette zeitliche Desorientierung. Ja, heute fühlte ich mich, als steckte ich in den Schuhen meiner senilen Demenzpatienten...
Als wir das Restaurant verlassen wollten, fand ich plötzlich den Weg zum Ausgang nicht mehr. Ich war schon mindestens zehn Mal in diesem Restaurant und wusste plötzlich nicht mehr, wo die Tür war. Irgendwie fand ich dann doch den Weg zum Ausgang und zum Parkplatz, stieg in mein Auto, fuhr zur Ausfahrt, und dann stand ich da, wusste nicht, wohin. Nach links? Nach rechts?
Ich kenne diese Straße in- und auswendig. Ich bin sie ungefähr tausendmal gefahren, weil ich fünf Jahre lang in einem nahe gelegenen Krankenhaus gearbeitet habe, es war mein täglicher Arbeitsweg. Ich dachte ganz leicht - was könnte mir hier passieren? Ich finde schon irgendwie nach Hause. Es kam mir nicht in den Sinn, das Navi einzuschalten. Ich bog links ab, stand an der Ampel und wusste: Ich kenne diesen Ort. Da ist der Laden, in dem ich schon oft gewesen bin, und dort ist die Tankstelle, an der ich regelmäßig tankte. Aber ich wusste nicht, in welche Richtung ich fahren sollte. Nach links? Nach rechts? Geradeaus?
Bin geradeaus gefahren. Richtig geraten! 🤣 So habe ich mich von einem Ort zum nächsten vorgearbeitet. Ich kannte all diese Orte. Ich konnte sie nur nicht in meinem Kopf miteinander verbinden. Irgendwann kam ich zu Hause an, fuhr in die Garage und war sehr stolz auf mich. Ich sah noch einen Film mit Peter, machte das Licht aus und es begann das Denken.
Es war heute etwas Neues. Ich hatte schon früher Probleme mit der Zeit. Aber anders war, dass sich der Raum lokalisiert, als eine Reihe von "Hier" anfühlte. Das war völlig neu in meiner Wahrnehmung. Ich lag im Dunkeln und grübelte darüber nach. Was würde das bedeuten?
Plötzlich traf mich eine tiefe Erkenntnis: Raum und Zeit existieren überhaupt nicht! Sie sind nur ein Konstrukt des Geistes! Bei diesem Gedanken empfand ich eine unwahrscheinliche Erleichterung und Glück, obwohl das natürlich völlig unplausibel klingt und allen wissenschaftlichen Prinzipien und sogar unserer Alltagserfahrung widerspricht. Aber in diesem Moment war diese Erkenntnis für mich unbestreitbar und die einzige mögliche Wahrheit. Direktes Wissen.
Das Gefühl der Freiheit war sehr stark. Es war viel stärker als damals, als ich die erste Fessel gelöst habe. Ich hatte das Gefühl, dass ich plötzlich sehen kann. Es war, als ob eine Augenbinde oder ein Schleier von meinen Augen gefallen wäre. Ich spüre immer noch diese Leichtigkeit in meiner Brust, obwohl es schon eine Stunde her ist. Ich kann so leicht atmen, es ist einfach verrückt. Ich dachte: Es muss irgendeine Fessel gewesen sein! Ich holte schnell mein Handy raus, rufte die Seite von Christiane Michelberger auf => nichts dergleichen! Die nächste Fessel wäre das "Begehren", dann die "Ablehnung", die zusammenfallen. Raum und Zeit werden nicht erwähnt. Ich kann nur raten. Was war das? Es schien mir die tiefste Wahrheit zu sein.
Aber das war noch nicht alles. Ich versuchte, mich auf das "Hier und Jetzt" zu konzentrieren - es gibt überall nur "Hier und Jetzt", nichts anderes. Alles andere ist nur eine Illusion. Ich konzentrierte mich, und plötzlich spürte ich um mich herum die "graue Substanz", die ich in der Meditation am 05.11.22 erlebt hatte. Diese Leere, dieses Nichts. In der Tat kann man diese Substanz nicht grau nennen. Sie hat keine Farbe, keinen Geruch, keine Grenzen, überhaupt keine Eigenschaften, sie ist undefinierbar. Etwas Unbestimmbares. Etwas Unendliches. Völlig neutral. Aber nicht leer. Da ist etwas, das ich nicht beschreiben kann. Ich habe mich in dieser Leere wahrgenommen. Dieses Nichts war hier, überall um mich herum, aber gleichzeitig habe ich mich in meinem Bett wahrgenommen. Irgendwie existierte ich parallel in dieser Welt und in jener Welt. Und das alles außerhalb des meditativen Zustandes!
Und dann kam noch ein absurderer Gedanke: „Raum und Zeit existieren nicht. Deswegen kann unser mächtiger Geist mit dieser Materie manipulieren und auch für die anderen einen Zugang ermöglichen“. Das war so ein gewaltiger Gedanke, dass alles in mir wie die Seiten eine Harfe vibrierte. ICH SELBST fühte mich in diesem Moment als dieser mächtiger Geist. Ein paar unendliche Minuten habe ich mich ALLmächtig wahrgenommen. Ich hatte das Gefühl, ich könnte die Raum-Zeit-Materie mit bloßen Händen anfassen und sie in Falten legen. Ich fühlte mich wie Gott...
Der Gedanke war so durchdringend und unglaublich, dass ich wieder nach meinem Handy griff und Christel schnell eine Nachricht schrieb. Ich hatte Angst, dass ich den Gedanken bis zum Morgen vergessen würde. Mein Gott, ich weiß nicht, wie die arme Christel es am nächsten Morgen verkraftet hat. Wahrscheinlich dachte sie, all meine Sicherungen seien durchgebrannt. 🤣
Auf jeden Fall war es ein unglaubliches Geschehen. Ich konnte nicht mehr schlafen. Ich beschloss, aufzustehen und alles aufzuschreiben. Ich weiß aus Erfahrung, dass Dinge über die Nacht verloren gehen.
Warum ist es heute passiert? War es die tiefe Meditation von gestern? Oder war es ein langes Gespräch mit Violetta? Ich muss das alles noch herausfinden und darüber nachdenken. Für morgen Abend ist ein weiteres Gespräch mit Anissita geplant. Vielleicht kann er mir weiterhelfen.
Ich bin wirklich müde... In der letzten Zeit, wenn ich im "Zustand" bin, habe ich das Gefühl zu fließen... Mein Gehirn fließt. Ich weiß nicht, ob es mich freuen oder beunruhigen soll... Ich habe zwar mein Gehirn immer für sehr plastisch gehalten, aber total verflüssigen sollte es sich auch nicht! 🤣
Und noch eine Sache. Ich habe mir gerade ein Diagramm angesehen, das mir Christel vor ein paar Tagen geschickt hat. Diesem Diagramm zufolge könnte ich das Unbedingte erlebt haben. Ich verstehe dieses Diagramm zwar nicht wirklich. Trotzdem möchte ich es hier dokumentieren, damit es nicht in Vergessenheit gerät. Die buddhistische Terminologie musste ich erst einmal googeln. Und dabei wurde mir eine wichtige Wahrheit klar: ERWACHEN IST NICHTS THEORETISCHES! Es ist nicht etwas, das man lernen oder verstehen kann! Es ist eine AKTION, die erlebt werden muss. Erwachen ist nichts Intellektuelles. All die guten Bücher und wunderbaren Tabellen sind nur Wegweiser. Aber der Weg muss allein bewältigt werden.
- Prajna = große umfassende Weisheit, die alle Dinge im ganzen Universum durchdringt. Sie wird intuitiv und direkt erfahren, wenn die Vorstellung der Trennung von Subjekt und Objekt im Samadhie überwunden wird.
- Samadhi = Bewusstheitszustand, in dem das diskursive Denken aufhört.
- Diskursiv = methodisch und logisch schlussfolgernd
- Sila = praktische Zusammenfassung von den Übungsvorsätzen für die Entwicklung des Tugendabschnitts des edlen achtfachen Pfads: rechtes Glauben, rechtes Denken, rechtes Sprechen, rechtes Tun, rechtes Leben, rechtes Streben, rechte Konzentration, rechtes Sichversenken
- Samsara = leidvolle vergängliche Welt, endloser Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt
- Nirwana = Austritt aus Samsara durch "Erwachen", "Erlöschen", "Verwehen", "Erfassen" oder "Verstehen". Ebenso bedeutet Nirvana die absolute Transzendenz - ungeboren, ungeworden, unerschaffen, ungestaltet, das "dem Denken Unzugängliche", in dem es kein Subjekt, kein Objekt, kein Raum, keine Zeit und keine Definition gibt.
- Nicht-Wiederkehrer: man wird nicht mehr in dieser leitvollen Welt geboren, sondern in einer höheren und feineren Welt
- Dharmadhatu: der gereinigte Geist in seinem natürlichen Zustand, frei von Schleiern
Sonntag, der 01.01.23 - Ein produktiver Tag
Ich versteckte mich heute im Büro und schloss die Tür ab. Das ist doch verrückt. Es ist unmöglich, in diesem Haus Ruhe zu finden, die einzige Privatsphäre findet man im Badezimmer. Früher habe ich diese intensive Interaktion mit meiner Familie geliebt, aber jetzt sehne ich mich nach Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Ich habe die Feiertage meiner Familie gewidmet, und heute möchte ich einen Tag (oder zumindest einen halben Tag, es ist schon 12 Uhr) allein mit meinen Gedanken verbringen.
Diese tiefe Wahrheit hat mich am Mittwochabend sehr stark beeindruckt. Viel mehr als die Tatsache, dass mein Ich nicht existiert. Allerdings umfasst das Wort "beeinduckt" nur einen Bruchteil der Gefühle. Es ist so, als ob meine Vorstellungen von dieser Welt auf null zurückgesetzt wurden. Alles ist völlig anders als meine früheren Wahrnehmungen. Ich war am nächsten Tag schon viel besser im Raum orientiert, und trotzdem bin ich versehentlich auf die Gegenfahrbahn gefahren, als ich Oma Lisa abholen wollte. Einer hupte mich an, aber es ist nichts Schlimmes passiert, ich wurde durchgelassen. 😆
Am Donnerstagabend fand ein weiteres Gespräch mit Anissita statt. Jetzt war es etwas informativer. Ich glaube, ich habe gelernt, dass man Anissita konkrete Fragen stellen muss, die er dann beantwortet. Ich muss aber sagen, dass ich mich nicht mehr völlig hilflos fühle. Ich werde nicht mehr von der Strömung getragen und fange langsam an, selbst zu paddeln. 😅 Christiane Michelberger sagt, dass wir selbstläufig werden, wenn wir uns von den ersten Fesseln befreien. Ich notiere hier die Fesseln vorsichtshalber, für den Fall, dass ich irgendwo ohne Internet sitzen bleibe. (Anmerkung: Damals habe ich mein Tagebuch noch auf Papier geschrieben.)
1. Persönlichkeitsglaube (sakkaya-ditthi); die Ansicht, diese Zusammenhäufung sei wirklich und von Dauer (sat-kaya-ditthi)
2. Daseinssorgen und Zweifel (vicikiccha)
3. Hängen an Regeln und Riten (silabbata-paramaso)
4. Sinnenlust (kamacchanda)
5. Übelwollen, Geh weg! (vyapada)
6. Begehren nach Form (rupa-raga)
7. Begehren nach Formfreiheit (arupa-raga)
8. Ich-Dünken (mano), Ich-bin-Empfinden (asmi-mano)
9. Unruhe (uddhacca)
10. Nichtwissen (Avijja)
Quelle: https://www.unterwegsmitbuddha.de/die-zehn-fesseln/
Im Allgemeinen beantwortete Anissita alle meine Fragen, aber ich habe seine Antworten nur halb verstanden, weil ich mit der buddhistischen Terminologie nicht vertraut bin. Als ich ihn fragte, welchen Nutzen es hat, zu wissen, dass mein Ich nicht existiert, antwortete er: Zum Beispiel kann man nicht beleidigt werden, wenn man weiß, dass in uns nichts gibt, was beleidigt werden kann. 😅
Gestern konnte ich wirklich diese Leere in mir spüren und einen Moment lang dachte ich, wenn jemand Pfeile auf mich schießen würde, würden sie einfach durch mich hindurchfliegen! Sie können mich nicht treffen, weil es mein "Ich" nicht gibt! Wunderbar! Dieses Gefühl hielt einen ganzen Vormittag lang an. Nach dem Mittagessen geriet ich in den Stress des Kochens und des Aufräumens für meine kommenden Gäste. Der Fokus der Aufmerksamkeit verlagerte sich nach außen und all das wunderbare Gefühl war weg...
Die arme Anissita versteht mich nicht. Wahrscheinlich wie auch der Rest der Welt. Er meint, die Dinge gehen zu schnell für mich. Er sagt, ich werde es nicht verstehen und ertragen können. Aber er kann nicht wissen, wie schnell meine "Zustände" mich verändern. Ich brauche keine Jahre, um etwas zu verstehen. Eine tiefe Wahrheit im "Zustand" und man ist SOFORT verändert. Es stimmt, ich habe die tiefe Wahrheit über mein abwesendes Ich noch nicht integriert, aber sie kam, als ich mich nicht in einem "Zustand" befand. Ich habe sie genauso erlebt, wie vermutlich alle anderen Menschen es tun.
Generell glaube ich, dass ich mich irgendwie auf einem kurzen Weg zum Erwachen befinde. Was für viele ein sehr langer Weg durch viele Reinkarnationen ist, verkürze ich dank meiner "Zustände". Ich will nicht arrogant klingen, denn ich bin nicht arrogant. Es ist nur ein Gefühl und möglicherweise eine Täuschung. Die Zeit wird es zeigen.
Was die Fesseln angeht: Ich kann sie mir wie Schleier oder Hüllen vorstellen, durch die man die Welt um sich herum nur teilweise sehen kann. Wenn ein Schleier wegfällt, kann man etwas besser sehen. Vielleicht fallen die Schleier von selbst, wenn ich mich gut schüttele? 🤣 Leider hindert mich etwas daran, mich kräftig durchzuschütteln. Deshalb ist der Begriff "Fesseln" wahrscheinlich passender. Vielleicht sind sie gar nicht so schwer zu lösen, da ich sie mir ja selbst auferlegt habe. Ich denke, es ist wie beim Lösen eines Rätsels, bei dem ich die Antwort schon kenne, ich muss mich nur daran erinnern. (Später habe ich gelesen, dass in der buddhistischen Terminologie tatsächlich der Begriff "Schleier" verwendet wird, mein Gefühl war also sehr nah an der Wahrheit).
Ich begann, an der vierten und fünften Fessel zu arbeiten: Verlangen und Ablehnung. Letzte Nacht, als Peter im Bett neben mir schnarchte, spürte ich eine Welle der Ablehnung in mir aufsteigen, eine Unlust, diesem Schnarchen zuzuhören. Schneller als ich es registrieren konnte, folgte eine Reaktion: Ich streckte die Hand aus und schubste Peter. Es ging alles so schnell, Wahnsinn! Aber es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich in der Lage war, meine Reaktion bewusst zu beobachten. Würde ich in der Lage sein, die Lücke zwischen Impuls und Reaktion zu spüren und meine Reaktion beim nächsten Mal zu stoppen? Was würde dann passieren?
Und heute habe ich meinen Appetit beobachtet. Oooh, das ist ein tolles Übungsfeld! Nach dem Mittagessen ging ich in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen, und sah einen Apfel auf dem Tisch. Obwohl ich satt war, griff meine Hand nach dem Apfel, und ich registrierte den Impuls ganz bewusst. Aber meine Regel ist es, zwischen den Mahlzeiten nichts zu essen, also blieb ich mit ausgestreckter Hand stehen und hörte in mich hinein. Wo ist dieser Impuls? Und als ich genauer hinsah, war er verschwunden! Unsere Wünsche sind so kurzlebig! Sie existieren nur für einen Sekundenbruchteil!
Ich muss hier weg. Ich möchte die vierte und fünfte Fesseln nicht nur abschwächen, sondern komplett lösen. Vielleicht erwache ich nicht, aber zumindest werde ich in einer höheren Welt geboren, in der es nicht so viel Leid gibt. Zumindest besagen das die buddhistischen Lehren. Ich kann nicht wieder in diese Welt zurückkehren. ICH KANN ES NICHT WIEDER TUN. Nicht in diese Welt. Ich fühle mich wie Agent Smith aus "Matrix", der sich vor dieser Welt ekelt und sie unbedingt verlassen will...
Mir ist gerade eine Idee gekommen: Vielleicht sind "Zustände" Perioden des Erwachens. Kein volles Erwachen, denn alles ist noch sehr verschleiert. Aber in einem "Zustand" erlebe ich verschiedene Aspekte der realen Welt. Ich sehe für eine kurze Zeit die Realität, wie zum Beispiel die Nichtexistenz von Zeit und Raum. Und dann falle ich zurück in den "Traum".
Der "Zustand" kommt so langsam. Glücksgefühl pur! 🤩🤩🤩
Heute Nacht war ich wohl in einem "Zustand", konnte nicht schlafen und dachte über die vierte Fessel nach. Irgendwann kam mir die Formulierung "ein Prozess, der sich verändert" in den Sinn und ich fühlte eine große Freude, als ob ich auf dem richtigen Weg wäre. Aber ich war zu müde, wir sind erst gegen 1 Uhr nachts ins Bett gegangen, und ich hatte keine Lust aufzustehen, um diesen Gedanken zu folgen... Vielleicht bereue ich es jetzt... Aber ich darf mich nicht daran klammern. Es ist einfach so, wie es ist...
Als ich am Mittwochabend nach Begriffen für Christels Diagramm googelte, stieß ich auf die Definition von Nirvana und war überrascht, dass sie ganz anders formuliert war, als ich sie bisher verstanden hatte.
"Nirwana oder Nirvana (Sanskrit निर्वाण nirvāṇa n.; nis, nir ‚aus‘, vā ‚wehen‘) bzw. Nibbana (Pali: nibbāna) ist ein buddhistischer Schlüsselbegriff, der den Austritt aus dem Samsara, dem Kreislauf des Leidens, des Daseins und der Wiedergeburten (Reinkarnation) durch Erwachen (Bodhi) bezeichnet. Das Wort bedeutet „Erlöschen“ (wörtlich „verwehen“, von einigen Buddhisten auch aufgefasst als „erfassen“ im Sinne von verstehen) im Sinne des Endes aller mit falschen persönlichen Vorstellungen vom Dasein verbundenen Faktoren wie Ich-Sucht, Gier, Anhaften (Upadana).
Ebenso bezeichnet Nirwana den Gegensatz zum immanenten Kreislauf des Samsara, die absolute Transzendenz– ungeboren, ungeworden, unerschaffen, ungestaltet –, das „dem Sinnen (Denken, Nachdenken, Reflektieren) Unzugängliche“, in dem es weder Subjekt noch Objekt, weder Raum noch Zeit, weder Differenzierungen noch nennbare Eigenschaften gibt."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nirwana
Außerdem bin auch auf den Begriff "absolute Transzendenz" gestoßen. Könnte das die graue Substanz, dieses Nichts sein? Es ist unvorstellbar, was die Menschheit damals schon wusste. Es ist unverzeihlich, wie unwissend wir heute in diesem Bereich sind. Ich kann den tiefen Respekt, den ich vor Buddha habe, nicht in Worte fassen. Das Wort "Genie" kann nicht alle meine Gefühle ausdrücken! Ich hätte mir nie im Leben vorstellen können, dass ich mich für die jahrtausendalte Schriften so brennend interessieren würde und dass ich in der Lage sein würde, etwas davon zu verstehen. Apropos, ich glaube nicht, dass ich zu dem Jahreskurs im buddhistischen Zentrum zugelassen werde. Ich kann mir den Grund für diese Absage nicht erklären. Das erste Mal habe ich noch im September angefragt, und verschiedene Ordensmitglieder haben meine Anfrage immer wieder abgelehnt, als ob sie unter einer Decke stecken würden. Ich bin sicher, der Kurs hätte mir eine Menge Informationen geben können. Ich fühle mich, wie Sangharakshita in seinem Sonett schrieb: "Ich schlage mich allein durch den dichten Wald. Mal hier mal da erscheint ein Wegweiser. Man ist aber trotzdem ganz allein". Ich muss viel mehr lesen. Wäre schön, die Verpflichtungen in Beruf und Haushalt zu reduzieren. Ich setze mir ein Ziel: mindestens zehn Seiten pro Tag. Die Welt da draußen kann warten. Sie existiert nicht mal.
Ah ja, eine weitere nützliche Sache. Ich scheine zu lernen, negative Gefühle im "Zustand" zu vermeiden. Heute war ich wütend auf Vincent und wollte ihn ausschimpfen, aber Kevin hat mich gerade noch rechtzeitig mit den Worten aufgehalten: "Du verletzt dich gerade selbst!" Das war sehr passend, denn ich konnte die Brustbeklemmungen schon kommen spüren. Ein bisschen mehr und es wäre noch viel schlimmer gewesen, denn im "Zustand" werden negative Gefühle ganz schrecklich. Das weiß ich jetzt.
Christel hat mir zwei Adressen geschickt, wo man Hilfe für die meditationsbedingte Notfälle bekommen kann. Sie muss mich aber missverstanden haben. Das letzte Mal war ich sehr emotional, als ich ihr von den neuen Erfahrungen erzählte. Ich erlebte sie auf der dritten Ebene, und natürlich kann ich nicht gleichgültig darüber berichten. Ich sehe wahrscheinlich nicht ganz normal aus, wenn ich so aufgeregt bin... Aber eine Therapie brauche ich ganz sicher nicht. 😅
Etwas später
Ich habe meditiert. Ein so starkes Verlangen, diese Fesseln zu lösen... Während der Meditation kamen mir folgende Gedanken: Wollen und nicht wollen ist wieder ein Prozess, wie Yin und Yang, zwei Teile von einem. Das lässt sich auf alles anwenden: Wissen, Essen, Liebe, Arbeit, Kinder, Leben, Tod, generell auf alles in dieser Welt. Aber alles bezieht sich auf einen Ausgangspunkt: mich. Wo ist denn dieses Ich, welches will oder nicht will? Es existiert doch nicht! Das Ich ist nur ein Prozess, der durch Verlangen oder Abneigung beeinflusst wird. Je stärker das Verlangen oder die Abneigung, desto stärker der Einfluss. Man könnte sich eine Metallkugel vorstellen, die von einem Ende eines Magneten angezogen wird und dann von dem anderen. Dadurch entsteht das Reiben und das Leid. Nur wenn die Kugel sich in Ruhe befindet, gibt es vollkommenen Frieden und Glück. Dieses Bild basiert auf dem Gefühl der Kugel und des Gefühls des absoluten Friedens, das ich am 10.12.22 erlebte. Aber ich fühle gerade keine Erleichterung von diesen Gedanken. Ist das der richtige Weg? (Später stellte sich heraus, dass ich auf meiner Suche nach einer Lösung für die vierte Fessel verschiedene Denkmuster ausprobiert hatte. Ich wählte die aus, bei denen ich ein inneres Vibrieren und Freude empfand. Der Gedanke mit der Kugel war eine Sackgasse).
16:30
Ich habe gerade mit Christelle telefoniert. Sie erwähnte den Begriff "Bodhichitta". Definition: "Der unbezwingbare Wille zur Erleuchtung". Ja, das trifft auf mich zu, ich habe diesen Gedanken zum ersten Mal bei meinem ersten Retreat geäußert und ihn später nachts erlebt, als ich beim Aufwachen die vollste Konzentration auf das Erwachen spürte. Ich strebe es in erster Linie für mich selbst und in zweiter Linie für andere an. Kristel verwendete auch einen anderen Begriff: "Bodhisattva". Auch er stimmt mit meinem inneren Gefühl völlig überein. Die Definition eines Bodhisattvas lautet: ein Wesen, dessen ganzes Sein auf das Streben nach Erleuchtung ausgerichtet ist - nicht nur zu seinem eigenen Wohl, sondern auch zum Wohl aller Wesen.
Abends
Heute konnte ich mir ausnahmsweise mal etwas Zeit für mich nehmen. Ich habe gerade in Maitreyabandhus Buch "Leben in absoluter Achtsamkeit" gelesen: „Für das Auftauchen der Einsicht müssen spezielle Faktoren vorhanden sein: Klarheit, Integration, unterbrochene Konzentration, positive Emotion, Vertrauen, Selbstvertrauen und auch richtige Hingabe“. Ich vermute, dass meine "Zustände" mir all diese Dinge bieten, deshalb regnet es nur so von den verschiedenen Einsichten. Ich weiß allerdings nicht genau, was er mit Klarheit meint. Wenn ich in einem "Zustand" bin, fühle ich mich oft durcheinander, kann Sachen nicht finden und bin vergesslich. Vielleicht ist damit nicht die Klarheit in Bezug auf diese bedingte Welt gemeint? - Ok, habe gerade gelesen, was er meint. 🤩 - "Die Fähigkeit, fruchtbar, ehrlich und suchend zu reflektieren, ist unerlässlich. Ebenso, wie unsere Sichtweisen zu untersuchen, unsere Annahmen und unsere Glaubenssätze zu prüfen." S. 269 Tja, Reflektieren tue ich jeden Tag mit meinem Tagebuch.🤩 Und meine Annahmen untersuche ich sogar nachts! 🤣
Ohhhh... Und jetzt schreibt er genau das, was ich fühle: "…Eine tiefe Überzeugung von der Realität. Es ist die Überzeugung, dass Wahrheit existiert und dass das Existenz Bedeutung hat. Es ist ein Gefühl von Vertrauen. Verglichen mit dieser Einsicht ist unser Alltag, unsere konventionelle Art, die Dinge zu sehen, weniger real. Er ist wie eine Fata Morgana, substanzlos und schmerzhaft" Oh, mein Gott, das ist so wahr! Dieser Mann ist ein Genie. Ich fühle etwas, aber ich kann es nicht in Worte fassen. Und dann, Zack! Es steht schwarz auf weiß.
Boah. Ich kann nicht mehr. Zehn Seiten am Tag sind eine absolute Utopie. Heute habe ich zwei Stunden gebraucht, um acht Seiten zu lesen!!!!! Und das von Maitreyabandhu, der so leicht schreibt. Mein Gehirn raucht bereits. Ich werde Seite 275 noch einmal lesen müssen!
Dienstag, der 02.01.23 – Ein Grinsen in der Dunkelheit
Ich schlief heute mit dem Gedanken ein: Man muss den Tag so akzeptieren, wie er ist. In der Nacht kam ein unglaubliches Glücksgefühl, ein unbeschreiblich angenehmes Empfinden in meiner Brust. Wie ein Orgasmus, nur sanfter und länger. Ich spürte, wie ich aus dem Schlaf heraus grinse. Ein glückseliges Lächeln auf meinem Gesicht, mitten in der Nacht...
Donnerstag, der 05.01.23 – Ich arbeite an der vierten Fessel
In den letzten Tagen war ich nicht in der Lage, tief zu meditieren, weil ich zu erschöpft war. Ich musste mich heute Nachmittag in meinem Schlafzimmer einschließen und in die Familiengruppe schreiben, dass ich nicht gestört werden möchte. Es sind gerade Ferien, alle Familienmitglieder inklusive beiden Großmütter sind da und es ist viel los. Ich musste mir sogar die Ohrstöpsel nehmen, weil das ständige Getrampel so laut war. Dafür konnte ich wundershön meditieren! Ich war teilweise abgelenkt, habe über dies und das nachgedacht, kam aber trotzdem tief rein.
Seit ein paar Tagen kreisen meine Gedanken ständig um die vierte Fessel. Ich stelle mir vor, dass ich eine Kugel bin, der Ruhe will, aber bei jedem Wunsch oder jedem Widerwillen aus der Mitte gerissen und hin und her geschaukelt wird. Ein Wunsch und sie fliegt nach links! Eine Ablehnung - und sie fliegt nach rechts!
Ich habe gerade in der Meditation über dieses Gefühl nachgedacht, und da wurde es mir klar: Ich bin nichts! Ich fühlte buchstäblich dieses Loch, diese Leere in mir. Wie kann das Nichts etwas wollen oder nicht wollen?! In diesem Moment wurde mir klar, dass auch meine Wünsche nur eine Illusion sind! Eine solche Welle der Freude schwappte von meinem Bauch bis zu meinem Kopf, dass ich fast vom Hocker fiel. Ich jübelte innerlich. Ich fragte mich: Hatte ich nun die vierte und fünfte Fessel gelockert? Ich fühlte mich einfach toll, glücklich und frei!
Als ich die Meditation beendet hatte, habe ich sofort auf der Website von Christiane Michelberger nachgeschaut, weil ich glaubte, dass es dort anders beschrieben wird. Dort steht, dass man zuerst einen Satz formuliert. Dann untersucht man die Wünsche, man spürt die Lücke und irgendwann kommt ein Shift und man versteht die Natur des Wollens und Nichtwollens. Vielleicht habe ich diesen Satz heute für mich formuliert? Vielleicht muss jeder für sich selbst den Satz formulieren?
Also mein Satz würde lauten: Ich kann nicht etwas wollen, weil ich ein Nichts bin. Hmmm. Während ich diesen Satz jetzt niederschreibe, spüre ich nicht viel Bewegung in mir. Absolut kein Vergleich zu der heftigen Reaktion, die ich heute während der Meditation hatte. Sie dauerte noch einige Stunden an, bis zum späten Nachmittag, und bescherte mir ein unbeschreiblich wunderbares Gefühl in der Brust, Wärme und Freiheit, ähnlich dem Gefühl nach einem Lauf, wenn alle Atemwege frei sind. Es war pure Freude, bedingungsloses Glück. Ich spürte, dass ich weitergekommen war und schrieb Christel darüber. Wir könnten gemeinsam an der vierten Fessel arbeiten. Zusammen zum Erwachen!
Ich war heute den ganzen Tag so beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, darüber nachzudenken, ob ich Wünsche oder Abneigungen hatte. Als ich schon ins Bett ging, griff ich nach einem Kaugummi und ertappte mich dabei. War es ein Verlangen? Wenn ja, dann war es ziemlich schwach. Ich werde es morgen weiter beobachten. Ich möchte die Natur der Wünsche verstehen!
Freitag, der 06.01.23 – Nächtliche Offenbarung
Oh man, ich schlafe in letzter Zeit so schlecht. In jeder freien Minute denke ich nur ans Erwachen, auch nachts. Heute Nacht hatte ich diesen Gedanken: Ich bin nichts, es gibt nichts um mich herum, und deshalb bin ich eins mit dem Universum. Ein völlig irrationaler Gedanke! Aber es überkam mich eine so vertraute Welle des Glücks, als wäre es eine tiefe Wahrheit. Allerdings war ich nicht mehr in der Lage, diesen Gedanken zu analysieren. Ich muss es mal die Tage unter die Lupe nehmen.
Samstag, der 07.01.23 – Im Dienst der anderen
Könnte es sein, dass ich eine Hirnregion gerade sehr intensiv benutze und deshalb alle anderen auf Standby sind? Ich habe echte Denkschwierigkeiten. Manche Wörter fallen mir nicht ein (mehr beim Sprechen als beim Schreiben). Im Prinzip ist das keine große Sache, aber es ist lästig. Und noch etwas: Ich finde es sehr schwierig, in der Praxis zu arbeiten, wenn ich im "Zustand" bin. Es ist wirklich ein Problem, wenn die Vergangenheit nur bedingt existiert. Es ist gut, dass ich mich bei der Arbeit auf meine Notizen im Computer stützen kann, sonst wäre ich völlig hilflos.
Außerdem bin ich im Moment wirklich erschöpft von dieser extrovertierten Arbeit, weil der Fokus nach innen gerichtet ist. Ich frage mich, wie der Buddha damit umgegangen ist, als er erwachte. Das Leben im Hier und Jetzt ist sehr anstrengend. Wie hat er überhaupt den Weg auf seinen Wanderungen gefunden? Oder ist er beim Gehen auch rein zufällig abgebogen, wie ich am 28.12?
Gestern konnte ich erst gegen sechszehn Uhr meditieren. Ich war zu erschöpft, um um fünf Uhr morgens aufzustehen. Erstens schlafe ich so schlecht, und zweitens schnarcht Peter. Ich werde ihn zumindest für eine Weile aus dem Schlafzimmer vertreiben müssen. Ich meditierte erst nach der Arbeit, eine schöne, tiefe Meditation. Ich habe darüber nachgedacht, wie es wäre, eins mit dem Universum zu sein. Aber es gab keine große Welle der Freude. Als ich über meine Wünsche nachdachte, wurde mir klar, dass persönliche Wünsche überhaupt keine Rolle spielen, wenn man eins ist mit dem Universum und allen Lebewesen. Dabei erlebte ich eine wunderbare Reaktion: Glück, Freude, Kribbeln im ganzen Körper, das leider nicht lange anhielt.
Im Prinzip ist diese Idee für mich nicht neu, nur die Formulierung an sich selbst. Schließlich tue ich jeden Tag etwas für die anderen. Ich stehe ständig im Dienst meiner Patienten und meiner Familie. Ich handle in ihrem Interesse, nicht in meinem eigenen. Außerdem versuche ich, an die Umwelt zu denken, auch wenn das für mich mehr Arbeit bedeutet. Wenn ich Papier sortiere, denke ich an die Bäume, denen ich Leben schenke. Wenn ich spazieren gehe, sammle ich Müll auf und denke an die Fische im Teich nebenan, die ihn nicht mehr verschlucken können. Wenn ich Nelly (eine Freundin von mir) unterrichte, die für ihre Facharztprüfung lernt, hoffe ich, dass sie sie besteht. Und so weiter. Ich arbeite fast ununterbrochen für andere. Dieser Prozess hat nur einen Nachteil: Ich habe nie Zeit für mich selbst!
Sonntag, der 08.01.23 – Goldrichtige Gedanken
Gestern fühlte ich mich seltsam. Ich konnte nicht formulieren, was los war, und es hat mich umso mehr geärgert. Ich spürte sehr deutlich alle Emotionen und es waren viele negative Emotionen darunter. Diese vierte Fessel, dieses Habenwollen, bezieht sich das vielleicht nur auf die Gefühle? Oder auch auf materielle Dinge? Ich möchte frei von negativen Gefühlen sein! Bedeutet dieser Wunsch, dass ich in der vierten Fessel gefangen bin? Der Hauptgrund für die unangenehme Gedanken war, dass ich etwas erreichen möchte und es nicht kann. Es war ähnlich, als ich mich aus einem Kokon befreien wollte und es nicht konnte. Ich hatte diese Woche einige schöne tiefe Einsichten, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich dem Lösen der vierten Fessel näher komme. Könnte es sein, dass ich dafür noch nicht bereit bin? Läuft der Prozess überhaupt noch weiter?
Auf dem Heimweg vom Schwimmbad kam mir der Gedanke, dass ich das Vertrauen in meinen Prozess nicht verlieren sollte. Ich habe so eine "Trockenphase" schon einmal durchgemacht. Und es ist eigentlich gar keine trockene Phase. Aber das brennende Verlangen, frei zu sein, will mich nicht in Ruhe lassen. Es lodert in meiner Brust. Es verursacht negative Emotionen...
23:30 Uhr
Mist. In diesem Haus kann ich nur im Bett in Ruhe nachdenken. Das hat zur Folge, dass ich die halbe Nacht irgendwelche tiefgründige Gedanken pflege, anstatt zu schlafen. Gut, dass ich mich in den letzten drei Tagen ausgeschlafen habe!
Heute Abend kam mir Folgendes in den Kopf:
1. Irgendwie fühle ich in letzter Zeit buchstäblich die "Fasern", die mich mit der Welt um mich herum verbinden. Ich bin in dieses Gewebe "eingewoben", ich bin ein Teil davon. Je mehr man für sich selbst wünscht, desto mehr spannt der Stoff bei dir, wie ein schwerer Stein ein Netz dehnen würde. Wenn ich dagegen etwas für andere tue, kommt es zu einer Umverteilung der Energie und das Gewebe entspannt sich. Auch wenn die Menschen um mich herum etwas für mich tun, entspannt sich mein Teil. Meine Mutter bügelt meine Kleidung, dadurch habe ich mehr Zeit. 🤩🤩🤩 Ein Mensch sollte so viel wie möglich geben, das würde seine Energetik verbessern! Ich schreibe vielleicht Unsinn.... Aber ich habe das tiefe Gefühl, dass dies für das Erwachen wichtig ist. Für andere zu beten oder Metta-Meditation sind auch hilfreich, das Material zu entspannen. 😅
2. Die Begierde beschäftigt mich weiterhin sehr. Mein Geist will Ruhe, denn in absoluter Ruhe ist absolutes Glück möglich. Verlangen zieht mich vorwärts, ich neige mich. Unwille stößt mich zurück, ich falle... Im Moment habe ich keine starken Wünsche oder Widerwillen, so ist es schwer für mich, sie zu erforschen. Aber ich kann mich daran erinnern, dass ich vor sechs Jahren einen immensen, überdimensionierten Wunsch hatte, ein Haus zu kaufen. Dieser Wunsch war wahrscheinlich der stärkste, den ich je verspürt habe. Und er hat mir viel Schmerz bereitet, als ich dachte, er würde nie in Erfüllung gehen. Gott oh Gott, wie hat mich dieser Wunsch gequält, er hat mich fast zerbrochen. Vielleicht kann ich diesen Wunsch erforschen, um die vierte Fessel zu lösen?
Später kam mir ein weiterer Gedanke: mein Ich existiert nicht, die Welt, wie wir sie sehen, existiert auch nicht. Wünsche sind von Natur aus so kurzlebig (ohne die Verstärkung des Denkens), also existieren sie auch nicht. Warum haben wir dann die Illusion, dass wir von etwas angezogen oder abgestoßen werden? Oder man kann es so formulieren: Der Geist tut es nicht, etwas zu wollen oder nicht zu wollen. Das ist eine Illusion. Und doch spüre ich es. Was ist die Natur dieses Phänomens? Bei diesem Gedanken spürte ich eine Wärme in meiner Brust. Das war ungewöhnlich. Aber ich interpritierte es mal als ein Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Ich würde gerne die beiden Bücher über die Erwachten lesen, die in meinem Schrank stehen. Aber um ehrlich zu sein, möchte ich alles selbst herausfinden. Es ist lediglich eine Illusion, ein Schleier, den ich über mich geworfen habe. Wie eine Haube, die ich über meine Augen gezogen habe. Die Sicht ist eingeschränkt.
3. So. Dann lag ich da und wollte endlich schlafen. Und ich dachte: Wie könnte ich einigen meiner Patienten helfen, die unter schweren seelischen Problemen leiden? Wahrscheinlich sollte ich das Wort "Buddhismus" nicht erwähnen, denn der Kontakt mit der fremden Religion kann die Menschen verschrecken. Ich würde meinen Patienten sagen, dass unsere Begierden uns Leid verursachen. Die erste edle Wahrheit aus den Lehren des Buddha. Und dann dämmerte es mir: Wir sind hier, weil wir es uns selbst gewünscht haben! Dieses Leben, dieses Leiden, wir haben es uns selbst gewünscht! Mein Herz pochte so stark, dass ich wusste, ich musste aufstehen und es aufschreiben. Jetzt werde ich nicht mehr schlafen können. DAS LEBEN ZIEHT UNS AN! Gott, wie banal. Das weiß doch jeder. Warum komme ich auf so einfache Ideen auf so komplizierte Art und Weise? Leider ich werde diesen Gedanken wohl morgen zu Ende denken müssen, ich bin jetzt zu müde.
4. Aber in diesem Moment kam die Krönung des heutigen Tages, und mir wurde plötzlich klar: ES EXISTIERT REIN GAR NICHTS!!! Es ist unmöglich zu erklären. ALLES ist eine Illusion unseres Geistes. Ich bin der Teil der "grauen Substanz", dieser Leere. ALLES ist diese Substanz. ALLES IST NICHTS! Es war, als ob meine Augen geöffnet wurden und ich die wirkliche Welt sah! In diesem Sinne gibt es keine Trennung zwischen mir und etwas anderem. Es gibt keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Alles ist eins!
Ich verstehe nicht, warum ich mich jetzt damit beschäftige. Ich sollte doch an meinen Wünschen und Ablehnungen arbeiten. Aber es ist heute gekommen. Und ich muss sagen, dass ich im Moment nicht in einem "Zustand" bin.
Tja, es ist, wie es ist. Dann arbeite ich eben nachts an meiner Erleuchtung...
Oh, da ist noch etwas, was ich aufschreiben wollte: im Hier und Jetzt zu leben hat doch seine Vorteile. Montags lebe ich einfach in den Montag hinein und wünsche mir nicht, es wäre Freitag, wie eine unserer Arzthelferinnen. Alle Tage sind für mich gleich geworden, jeder Tag ist heute und der Freitag existiert gar nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich mein ganzes Leben lang im Fluss der Zeit gelebt habe und plötzlich aus diesem Strom herausgefallen bin... Alles steht still und geht nirgendwohin. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass so etwas möglich ist...
Könnte es sein, dass die Eigenschaften dieser Leere so sind, dass Raum und Zeit einfach nicht existieren? Und dass ich diese Eigenschaften in meinen "Erwachensphasen" wahrnehme? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn zurzeit an der Grenze zwischen den zwei Welten lebt. Manchmal nimmt es mehr von der einen Seite wahr und manchmal von der anderen.
So, jetzt ab ins Bett und hoffentlich noch ruhige 4,5 Stunden Schlaf.
(Anmerkung: Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass all diese Gedanken goldrichtig waren. Damals hatte ich sie auf einer intellektuellen Ebene verstanden, weil ich nicht in einem "Zustand" war. Die Zeit wird noch kommen, in der ich sie richtig durchleben kann.) 🤩🤩🤩
Montag, der 09.01.23 - Das zweite Mal in das gleiche Fettnäpfchen
Heute Morgen habe ich nicht meditiert und - siehe da - ich konnte fast normal arbeiten. Langsamer als früher, aber ohne große Probleme. Ich dachte mir: Toll! Das ist die Lösung! Dann werde ich ab sofort in meiner Mittagspause meditieren. Tja... In der Mittagspause hatte ich gerade noch 20 Minuten Zeit, und ich konnte mich nicht vertiefen, obwohl ich mich sehr bemühte. Ich war zu aufgewühlt. Dieses deutsche Gesundheitssystem macht mich irre. All diese unnötigen und teuren Untersuchungen, die von angstgetriebenen Patienten gefordert und von profitorientierten Ärzten durchgeführt werden... Deshalb ist unser Terminkalender brechend voll und wirklich kranke Menschen müssen monatelang auf Termine warten... Die endlosen Kosten, die auf die Krankenkassen zukommen, die wiederum keine Wahl haben, als die Beiträge ständig zu steigern. Bald wird dieses System wie ein Kartenhaus zusammenkrachen...
Ich saß und grübelte. Ich weiß nicht, wie ich dieses Meditationsproblem lösen kann... Die "Zustände" sind so schwer mit produktiver Arbeit zu vereinen... Auf jeden Fall muss ich wohl morgens meditieren, wenn der Geist noch klar ist.
Am Abend wollte ich das Buch "Tanz mit dem Leben" noch einmal durchgehen, es gab einige sehr wichtige Themen im dritten Teil, von denen ich einige nicht verstanden habe. Ich las ein zweites Mal und verstand erneut nicht. Transzendenz, Transparenz, blabla, das ist mir alles noch zu hohe Magie. Dabei bin ich wieder auf den Teil gestoßen, der mich beim letzten Mal so niedergeschlagen hat. Ich dachte, ich sei bereits "abgehärtet" und Philip Moffitts Meinung über meine "Zustände" würde mich nicht mehr entmutigen, aber ich habe mich geirrt.
Ich war wieder einmal verletzt und demoralisiert. Ich war so enttäuscht, dass ich dachte: "Du lebst nun schon seit fast sechs Monaten in einer Fata Morgana, die dich nur verwirrt und dir nichts nützt. Anstatt deinen Geist nach den üblichen buddhistischen Regeln zu transformieren, hoffst du, alle Hürden zu überspringen. Den Weg, den andere ihr ganzes Leben lang gehen, willst du in ein paar Monaten überfliegen. Du kannst deinen Fortschritt überhaupt nicht objektivieren, weil du dich dauerhaft in einem "Zustand" befindest. Du machst dir selbst etwas vor und spielst mit der Hoffnung, viel weiter zu sein, als du tatsächlich bist".
Diese selbstverletzende Gedanken brachten mich dermaßen aus der Fassung, dass ich ernsthaft in Erwägung zog, den Buddhismus zu verlassen. Mit meinem Leben weitermachen wie bisher, diesen ganzen Unsinn vergessen. Ich ging ins Bett und stellte meinen Wecker auf 5 Uhr morgens aus.
Dienstag, der 10.01.23 – Der Selbstzweifel wird überwunden
Ich habe heute Morgen nicht meditiert, dafür konnte ich wunderbar arbeiten. Zum ersten Mal seit Monaten war mein Kopf völlig klar, und ich arbeitete schnell und konzentriert, so wie ich das von früher kenne. Allerdings gegen zehn Uhr machte sich die Enge in meiner Brust bemerkbar, die von Minute zu Minute schlimmer wurde. Ich konnte die Pause kaum abwarten, setzte mich um zwölf Uhr hin, um zu meditieren, aber trotz aller Bemühungen gelang es mir nicht, mich zu versenken. Wenigstens spürte ich eine leichte Besserung der körperlichen Unannehmlichkeiten. Ich hatte das Gefühl, dass sich etwas in meiner Brust fest zusammenzog. Und ich spüre es immer noch! (22:30) Mist. Ich muss wieder einmal zusehen, dass dies eine Einbahnstraße ist und ich keine Wahl habe... Natürlich kann ich das Unbehagen ignorieren. Ich werde wahrscheinlich nicht daran sterben. Aber wenn ich wieder zur Normalität zurückkehre, wird das unendliche Leid bedeuten. Weitere Kreise im Samsara (nach buddhistischer Auffassung der endlose Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt). Vielleicht gefällt das anderen Menschen, aber für mich ist es einfach ein ewiger Horror.
Nun gut, ich nahm diese erfolglose Meditation zur Kenntnis und dachte: Heute werde ich noch in der Lage sein, tief im Zentrum zu meditieren. Doch leider war diese Hoffnung vergebens. Die Meditation wurde von einer Ordinierter begonnen, die ich noch nie im Zentrum gesehen hatte. Sie unterbrach uns ständig, um irgendeinen Text oder Vers vorzulesen, und es war unmöglich, sich zu versenken. So saß ich still 45 Minuten lang, habe mich gelangweilt und geärgert. Anschließend gab es einen Vortrag über Karuna (eine Triratna-Hilfsorganisation) mit einem Film.
In der Pause empfahl mir Melanie - meine erste Freundin im Zentrum! - ein Buch von Sangharakshita (Gründer der europäischen buddhistischen Bewegung Triratna), welches sie gerade liest: "Buddhistische Praxis: Ethik, Meditation, Weisheit". Ich schlug das Buch zufällig auf Seite 109 auf und las plötzlich von "grauer Substanz", dieser Leere. Dort wird sie als das erste formlose Dhyana bezeichnet.
Zitat: "Die vier formlosen dhyanas beschreiben die Erfahrung von Bereichen, die zunehmend feinstofflicher und subtiler werden. Der erste dieser vier höheren Bewusstseinszustände der formlosen Welt ist die Sphäre unendlichen Raums oder das Erleben von Raumunendlichkeit. In diesem erleben gibt es keinerlei Objekte mehr. Um diese zu verstehen, möge man sich daran erinnern, dass man mit dem Erreichen des vierten dhyanas der Formwelt das Körperbewusstsein ganz hinter sich gelassen hat.
Wenn man sich von den Sinnen und damit von der Wahrnehmung von Dingen zurückzieht, bleibt nur das Erleben endlosen Raumes übrig - Raum, der sich grenzenlos in alle Richtungen ausdehnt und überall vorhanden ist. Diese Erfahrung ist nicht etwa ein visuelles Erlebnis, bei dem man von einem bestimmten Punkt IM Raum in den unendlichen Raum hinausschaut. Das ist vielmehr ein Gefühl von Freiheit und Weite, eine Erfahrung, in der sich das Ganze eigene Sein grenzenlos ausdehnt".
Jetzt weiß ich, wie das, was ich erlebt habe, heißt! - Aber weiter ging noch viel interessanter.
"Das zweite formlose dhyana wird Sphäre unendlichen Bewusstseins genannt. Man erreicht es, indem man sich "vergegenwärtigt", dass man Raumunendlichkeit erfahren hat, das heißt es gab ein Gewahrsein endlosen Raums. Demnach muss es auch eine Bewusstseinsunendlichkeit geben, die der Raumunendlichkeit entspricht. Sie ist das subjektive Gegenstück zu einem objektiven Zustand oder Erlebnis. Indem man auf dieser Stufe das Erleben des Raums gehen lässt und sich auf das Erleben des Bewusstseins, das heißt seine Unendlichkeit, sammelt, erfährt man Bewusstseinsunendlichkeit: Bewusstsein, dass sich, wie zuvor Raum, in alle Richtungen ausdehnt, ebenso wenig von einem bestimmten Punkt ausgehend, einfach Bewusstsein, dass überall vorhanden ist.
Das dritte formlose dhyana ist noch sublimer - aber es ist immer noch weltlicher Natur. Diesen Zustand des Überbewusstseins nennt man Sphäre der Nicht-Dinghaftigkeit oder der nicht Eigentümlichkeit. In dieser Erfahrung ist es nicht mehr möglich, irgendein bestimmtes Objekt als von einem anderen verschieden auszumachen. Unser gewöhnliches Alltagsbewusstsein unterscheidet eine Blume von einem Baum, einen Mann von einem Haus. Auf dieser erhabenen Stufe aber besitzen die Dinge keine ihnen eigene Dinghaftigkeit mehr. Das ist keine Erfahrung eines Nichts, sondern eine Erfahrung von Nicht-Dinghaftigkeit.
Das vierte formlose dhyana ist die Sphäre von Weder-Wahrnehmung-noch-Nicht-Wahrnehmung. Nachdem man vom unendlichen Objekt zum unendlichen Subjekt übergegangen ist, geht man nun über beide hinaus und erreicht eine Stufe, auf der man nicht sagen kann, ob man irgendetwas wahrnimmt oder nicht - denn gewissermaßen gibt es hier keinen Jemand, der etwas sagen könnte. Man befindet sich noch nicht völlig jenseits von Subjekt und Objekt, aber man kann auch nicht mehr im Sinn von Subjekt und Objekt denken oder erleben."
Es war so spannend, dass ich das Buch sofort bei Amazon bestellt habe. Zugegeben, ich habe nur das erste Dhyana verstanden. (Eine Bemerkung aus späterer Zeit: Heute scheint es mir alles sonnenklar zu sein, aber damals glitten die Worte spurlos an der Oberfläche meines Gehirns ab, wie die Regentropfen an einer Lotusblume).
Der Abend war nicht umsonst! Ich fühlte mich wieder stark motiviert. Wecker für 5 Uhr ist an! 🤩🤩🤩🤩🤩🤩
Aber das Wichtigste, was mich beflugelte, war, dass ich beim Betrachten der Katastrophenaufnahmen im Karuna-Film kein Mitleid empfand. Ich fühlte reine Liebe. Und Freude darüber, dass diesen Menschen geholfen wird. Wie aus der Vogelperspektive beobachtete ich das Leiden dieser Menschen und die Veränderungen in mir selbst. Das war eine ganz neue Betrachtungsweise. Und - ich war beim Zuschauen definitiv nicht im "Zustand". Das heißt: ICH HABE MICH BEREITS VERÄNDERT! Zur Hölle mit der Unsicherheit! Hat Buddha nicht ebenfalls von Selbstzweifeln berichtet? Willkommen im Club! 😜
Mittwoch, der 11.01.23 - Sich dem Tag öffnen
Nur ganz kurz: Ich hatte heute wenig Zeit für die Meditation. Ich meditierte „Sechs Minuten Morgenroutine“ bei der App 7mind. Die Moderatorin Dorothea riet mir, mich für den heutigen Tag zu öffnen, mit all seinen Freuden und Herausforderungen. Das ist es!!! Ich habe in meiner Transformation gelernt, mich zu öffnen, mit der Hoffnung, dass das Leid sozusagen durch mich hindurchfliegt. Ich denke, es ist leichter, sich zu öffnen, wenn man weiß, dass nichts in einem ist. 😅
Donnerstag, der 12.01.23 - Das Leben nehmen, wie es ist
08:30
Ich merke, dass ich eine Anhaftung an das buddhistische Zentrum entwickelt habe. Am Dienstag schrieb ich Anissita mit der Bitte um ein Gespräch, und gleichzeitig bat ich Ratna, mich als Mitra aufzunehmen, um eine Möglichkeit zu bekommen, an einem Mitra-Kurs teilzunehmen. (Das Sanskritwort Mitra bedeutet Freund. Indem man Mitra wird, drückt man aus, dass man sich als Buddhist versteht und sich der Triratna-Gemeinschaft freundschaftlich verbunden fühlt). Die beiden haben immer noch nicht geantwortet, und das macht mich krank. Ich habe schon alle möglichen Szenarien im Kopf durchgespielt. Heute Morgen bin ich mit diesen Gedanken aufgewacht und habe festgestellt, dass der Grund für mein Leid wieder einmal ich selbst bin. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, die Arbeit an mir selbst zu vertiefen. Ich möchte jeden Morgen in der Meditation den Satz sagen: "Ich nehme die Dinge so an, wie sie sind. Ich öffne mich dem Leben."
Wunderbar. Ich sollte mir so wenig Leid wie möglich zufügen, das heißt, keine negativen Emotionen spüren. Das Gute ist: Ich sehne mich nicht nach meinen "Zuständen". Diese "Anhaftung" ist nicht da, zumindest nicht im Moment.
Heute Morgen habe ich James Clear's Buch "1%-Methode" gelesen und festgestellt, dass ich in den letzten drei oder vier Tagen einen kleinen Rückschritt gemacht habe. Ich bin nicht um 5 Uhr morgens aufgestanden, um zu meditieren. Ich kann es mir zwar leisten, heute länger zu schlafen, weil ich donnerstags frei habe. Aber ich darf nie wieder zurückgehen!
Mein Leben ist momentan wieder so voll. Peter hat spontan beschlossen, nächste Woche mit seinen Freunden zum Skifahren nach Italien zu fahren, und er hat vorgeschlagen, dass ich mitkomme. Das ist natürlich sehr verlockend. Aber ich werde mich nicht von meinen Aufgaben losreißen können. Nächste Woche habe ich von Montag bis Sonntag jeden Tag einen wichtigen Termin, neben der Arbeit, dem Haushalt und den Kindern. Wie soll ich mich unter diesen Bedingungen geistig weiterentwickeln? Zehn Seiten am Tag zu lesen ist eine Utopie... Ich denke schon darüber nach, mir mindestens alle zwei Monate einen Tag frei zu nehmen und mich zu verkriechen. Das Problem ist nicht einmal die Arbeit, sondern meine Familie. Ich muss mir überlegen, wie ich dieses Problem lösen kann. Jetzt geht´s aber los, es ist wieder Donnerstag - ein schrecklicher Tag, an dem ich bis zur Erschöpfung Hausarbeit mache...
22:00
Heute Nachmittag habe ich Oma Lisa unter dem Vorwand, eine Videosprechstunde machen zu müssen, bei meiner Mutter abgegeben und mich in meinem Schlafzimmer eingeschlossen. Ich konnte tatsächlich zehn Seiten in dem Buch "1%-Methode" lesen, sogar noch mehr. Leichte Lektüre. Dann schlief ich etwa 30-40 Minuten lang. Es tat richtig gut, ein paar Stunden allein zu sein.
Ich leide in letzter Zeit unter ständigen Schlafmangel. Im Schlaf habe ich wieder eine euphorisch schöne Bewegung in meiner Brust gespürt. Leider ist es unmöglich, sie mit Worten zu beschreiben. Vielleicht kamen diese Empfindungen zustande, weil ich den ganzen Tag damit verbracht habe, das Leben so zu akzeptieren, wie es ist. Selbst als ich mir den Kopf am Küchenschrank stieß, dachte ich sofort: "Dann ist es so!" Meine Güte, diese Übung ist mir heute wirklich gut gelungen, ich bin geradezu stolz auf mich. Ich muss aber sagen: Wenn ich zu Hause bin, fällt es mir leichter, den inneren Fokus zu behalten. Die Arbeit in der Praxis zwingt mich dazu, mich nach außen zu konzentrieren.
Ich schrieb für mich einen Erinnerungszettel:
1. Ich nehme die Dinge, wie sie sind. Ich möchte mir so wenig Leid wie möglich zufügen.
2. Ich befinde mich im Prozess und muss es respektieren.
3. Niemals zurückgehen!
Diesen Zettel habe ich vorne an mein Tagebuch geklebt. Sonst vergesse ich meine Vorsätze schnell.
Ich weiß nicht, warum mir der erste Punkt im Moment so wichtig erscheint. Nichts anderes wollen, als es ist. Vielleicht hat es etwas mit der vierten Fessel zu tun? Widerstand gegen das Leben bringt nur Leid!!! Aus irgendeinem Grund habe ich ein tiefes Vertrauen in mich selbst. Bis jetzt hat mich meine Intuition noch nie im Stich gelassen.
Ich habe heute mit Susanne telefoniert, und wir haben uns abgesprochen, keinen Alkohol mehr zu kaufen. Ich werde alle geschlossenen Flaschen, die wir noch im Haus haben, weggeben und die offenen in den Abfluss schütten. Maitreyabandhu schreibt, dass Alkohol die Integrität stört... Er könnte Recht haben.
Und noch eins. Es scheint mir, dass sich die Ergebnisse der Meditation summieren. Wenn ich mehrere Tage hintereinander während der Meditation dieses kurze Gefühl des Rausches und der Verzückung spüre, das ich bisher als "Schön!" bezeichnet habe, kommen tiefe Wahrheiten.
Samstag, der 14.01.23 - Der Ruheraum
Oh mein Gott, eine neue, wunderschöne Erfahrung heute! Ich meditierte und dachte, dass alles um mich herum brennt, und dass in meinem Inneren nichts ist, ich spürte deutlich die Leere in mir. Dann dachte ich: Warum stelle ich mir diese Leere in mir als ein Loch vor? Wenn es in mir ein Loch gibt, dann müsste es logischerweise eine äußere Begrenzung geben! Aber es kann keine Grenze geben, weil sie ebenfalls "brennen" würde! Bei diesem Gedanken habe ich meine äußere Grenze "aufgeweicht", sie verschwand, und ich fühlte mich eins mit dem Außen! Wirklich gefühlt, nicht gedacht! Es war unglaublich!
Dabei erfuhr ich eine wunderbare Stille und Leere. Hier bewegte sich nichts mehr. Keinerlei Prozesse. Meine Gedanken liefen langsam, ich konnte meinen Körper spüren, wenn ich es wollte, und ich wusste, dass ich existiere. Mein ganzes Wesen war durchdrungen von absolutem Frieden. VÖLLIGE STILLE. Es war einfach unbeschreiblich schön. Irgendwann dachte ich: Ich sollte mit dem Meditieren aufhören, weil Alicia, Kevins Freundin, heute im Dachgeschoß tapezieren will. In diesem Moment bewegte sich etwas Unangenehmes in mir, und mir wurde klar, dass ich gerade eine vollständige Befreiung von negativen Gefühlen erlebt hatte.
Ich habe diese neue wunderbare Erlebnis als "Ruheraum" genannt, denn ich dort keine unangenehmen Emotionen spürte, es war sehr ruhig und still. Ich weiß jetzt, dass es diesen Raum gibt. Vielleicht kann ich mich manchmal darin verstecken, wenn es mir hier mit meinen Emotionen zu viel wird...
Eine spätere Bemerkung: Ich frage mich, wie blind man denn sein kann, aber ich habe eine Entschuldigung, denn die "Schleier" den Durchschnittsmenschen daran hindern, die wirkliche Realität zu sehen. Ich habe das gleiche Phänomen viele Male erlebt und konnte nicht zwei und zwei zusammenzählen. Der "Ruheraum" ist wieder dieselbe Leere oder "Nichts", nur dass ich jetzt ihren emotionalen Aspekt in einem niedrigen Schwingungsbereich spürte. Neben dem alles verzehrenden Gefühl des Friedens kann der Mensch auch höhere Schwingungen dieses Raumes wahrnehmen, wie grenzenlose Liebe, uneingeschränktes Glück und alldurchdringende Freude.
Abends
Ich habe heute wieder mal festgestellt, dass mich meine Gefühle quälen. Dieses ständige Hin- und Herschaukeln! Diese unaufhörliche innere Bewegung! Dieses Leid... Ich bin völlig erschöpft von dem ständigen Wollen und Nichtwollen. Vielleicht geht es bei der vierten Fessel gar nicht um Wünsche, sondern nur um Gefühle? Vielleicht ist es nicht immer notwendig, einen Schritt nach vorne zu machen? Ich habe das Gefühl, dass ich im Moment keine Fortschritte mache, um die vierte Fessel zu lösen, und deswegen leide ich. Ich will und kann nicht rückwärts gehen. Aber vielleicht ist es möglich, einen Schritt zur Seite zu machen? Dieser Gedanke ist sehr tröstlich!
Insgesamt würde ich sagen, dass ich heute einen Zustand völligen inneren Friedens erlebt habe. Die Wirkung hielt den ganzen Tag über an, subtil und kaum spürbar, weil ich die ganze Zeit über sehr beschäftigt war. Erst als ich schließlich im Bett gelandet bin, konnte ich den Zustand des Friedens wieder sehr deutlich wahrnehmen. Tagsüber war dieses Gefühl jedoch eher hinderlich als hilfreich, und ich konnte mich überhaupt nicht sammeln. Es ist sehr schwierig, im Alltag zu funktionieren, wenn man seine äußeren Grenzen nicht spürt. Irgendwie haben wir es doch noch geschafft, das Zimmer zu tapezieren, aber in einem Normalzustand hätte ich wahrscheinlich nur halb so lange gebraucht.
Und noch was. Ich glaube nicht, dass ich die Lehren des Buddha im Moment verstehe. Es ist alles so zerstückelt, es gibt kein Gesamtbild. Ich habe auch noch nicht wirklich etwas gelesen. Jedes Mal, wenn ich Anissita treffe, sagt er zu mir: "Du liest wirklich viel." Aber bis jetzt habe ich es nur geschafft, ein Buch zu beenden - den "Achtsamkeitskurs" von Maitreyabandhu und zu dreiviertel "Tanz mit dem Leben" von Philipp Moffitt. Ansonsten springe ich von einem Buch zum anderen, und bin ständig in der Versuchung, ein weiteres zu kaufen, in der Hoffnung, etwas über den Erwachensprozess zu finden.
Sonntag, der 15.01.23 - Ahnenheilung
Allmählich begann ich mich zu fragen, ob ich an einer Besessenheit leide. Ich denke ständig nur an das Erwachen, in jedem alltäglichen Detail. Ich interpretiere alles im buddhistischen Sinne. In jedem Gespräch, in jeder Handlung... Und obwohl ich meine Gedanken für mich behalte, um der Außenwelt so normal wie möglich zu erscheinen, sehe ich in jedem Windstoß Vergänglichkeit. Höre in jeder Klage meiner Mutter Karma. Wenn mein jüngster Sohn nicht zur Schule gehen will, wünsche ich ihm, dass er das Leben so akzeptiert, wie es ist. Und wenn meine Arzthelferin klagt, dass heute wieder Montag ist - bin ich froh, dass ich nur noch in Jetzt lebe. Meine Welt besteht im Moment nur aus buddhistischen Interpretationen.
Heute traf ich mich zu dem Videotelefonat, wie immer sonntags, in meiner BLE-Mastermind-Ernährungsgruppe mit Christel und Susanne. Christel fragte aus heiterem Himmel, ob wir beide schon einmal etwas über die Ahnenheilung gehört hätten. Obwohl ich den Begriff noch nie gehört habe, wusste ich sofort, was sie meinte.
Letztes Jahr ging ich mit meinem jüngsten Sohn zu einer Therapeutin, aber Vincent war stur und wollte sich nicht mit uns unterhalten. Also nahm die Therapeutin kleine Legofiguren heraus, legte sie auf den Tisch und fragte mich nach meinen Vorfahren. Ich konnte ihr von fünf Generationen berichten, angefangen bei meiner Urgroßmutter Maria bis hin zu meinen Kindern.
Eineinhalb Stunden lang redeten wir über meine Familie, was für mich emotional sehr schwierig war. Ich weinte wohl alle Tränen für das kommende Jahr im voraus. Die Therapeutin holte all die "alten Leichen" unserer Familie aus dem Keller. Sie erklärte mir, warum ich so bin, wie ich bin, und woher die Schwierigkeiten in unserer Familie stammen. Das Gespräch ging mir direkt unter der Haut, war aber sehr produktiv.
Im Prinzip hatte ich dieses Problem schon vorher analysiert und hegte keinen Groll gegen meine Mutter. Sie war genauso ein Opfer der Umstände wie meine Großmutter und meine Urgroßmutter. Ich wusste, dass das Problem aus früheren Generationen stammte. Aber heute hat die Visualisierung mit Hilfe von Legofiguren und den Fäden zwischen ihnen in Verbindung mit bestimmten Techniken des Loslassens großen Erfolg gebracht. Verstehen auf der dritten Ebene... Im Laufe des Gesprächs konnte ich dieses Problem völlig loslassen. Heute frage ich mich - vielleicht ist die Aufarbeitung von Familienproblemen und die Absolution für die älteren Generationen auch eine Voraussetzung für das Erwachen?
Als Christel heute dieses Thema ansprach, spürte ich plötzlich eine Leere in mir und mir wurde klar, dass dieses Problem nicht mehr existent ist. All der tief verwurzelte Groll, der gegenseitige Hass, die seelische Demütigung und die körperliche Gewalt, die es in unserer Familie gab, waren plötzlich so unwichtig. Ich weiß, dass sie da waren, aber ich fühlte keine Emotionen mehr, als ob sie weggeblasen würden. Christel antwortete: "In der Familienaufstellungsarbeit gib es die Ansicht, dass wenn ein Problem aus der Eltern- oder Großelterngeneration gelöst ist, ist es in der ganzen Linie gelöscht, auch für die zukünftige Generationen".
Mir fehlten einfach die Worte. Ich war überwältigt - im positiven Sinne! Es wäre wunderbar, wenn dies wirklich stimmen würde! Denn ich machte mir oft Vorwürfe, dass ich dieses schwere Erbe an meine Kinder weitergegeben habe. Ich machte mir Sorgen um meine zukünftigen Nachkommen. Ich bin Christel unendlich dankbar für diese Information. Ich bin einfach fasziniert von dieser Frau, ihrer Kompetenz und Herzlichkeit. Ich habe sie später sogar gefragt, ob sie meine Lehrerin sein möchte, worauf sie mir nur einen kleinen Engels-Smiley geschickt hat. Aber ich brauche wirklich dringend einen Lehrer. In meiner Stadt findet sich wohl keiner...
Mittwoch, der 18.01.23 - Doch kein Dharma-Kurs. Mein kristallglasreines Inneres
Ich war die letzten Tage so glücklich und losgelost. Die Grundstimmung ist gehoben. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich in den letzten Jahren überhaupt so eine Stimmung hatte! Es ist keine Ekstase wie im Herbst, sondern normales menschliches Glück.
Aber ich bin sehr frustriert, dass ich in keine der Studiengruppen des Zentrums aufgenommen werde. Ich muss doch irgendwie an die Informationen kommen. Bisher alles im Blindflug, nur durch die Intuition. Ich spüre einen unstillbaren Wissensdurst. Diese Woche habe ich eine verzweifelte Mail an das Zentrum geschrieben, dass ich jeder aktuellen Gruppe beitreten würde, ich könnte alles nachholen, und ich habe trotzdem eine Absage bekommen. Ich war so auf die Antwort fixiert, dass ich mir geschworen habe, jede Entscheidung mit Gelassenheit zu nehmen. Deshalb konnte ich die Ablehnung verkraften und es gelang mir sogar, höflich darauf zu antworten. Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand in unserem Kurs "Geschmack der Freiheit" so begierig darauf war, an der Studiengruppe teilzunehmen wie ich. Keiner braucht diese Informationen so dringend. Und niemand ist in dieser Zeit so weit vorangeschritten.
Ich fragte deswegen Ratna, ob ich die Mitraschaft antreten darf. Zitat: Das Sanskrit-Wort Mitra bedeutet Freund oder Freundin. Die Bezeichnung Mitra bringt damit zum Ausdruck, dass er/sie sich als Buddhist betrachtet und sich mit der Triratna-Gemeinschaft freundschaftlich verbunden fühlt. In einer kleinen Zeremonie und im Beisein einiger Menschen aus der Gemeinschaft bringt er/sie die drei traditionellen buddhistischen Opfergaben dar – eine Blume, eine Kerze und ein Räucherstäbchen. Später rezitiert er/sie mit den anderen die Formel der „Zufluchten und Vorsätze“.
Quelle: http://www.triratna-buddhismus.de/triratna/gemeinschaft/erste-schritte/
Leider wurde mein Antrag von der Ratna mit der Begründung abgelehnt, dass die Voraussetzung dafür die Absolvierung eines einjährigen Dharma-Kurses ist. (Dharma ist der Name der buddhistischen Lehre). Kristel sagt, dass es in ihrer Stadt keine solche strenge Regel gibt... Echt traurig. Der nächste Jahreskurs wird wahrscheinlich erst im September beginnen. 😳😕😬
Ich kann die Gründe für diese Ablehnung nicht verstehen, aber letztendlich hege ich keinen Groll gegen die Menschen im Zentrum. Der "Sturm", den ich am 24.11.22 erlebt habe, hat mir gezeigt, dass ich ganz allein im Universum bin. Ich komme auch ohne Zentrum zu Recht. Ich werde schon meinen Weg und die Informationen finden, die ich brauche. Ganz allein.
Ich bin wirklich anders geworden. Der "Zustand" ist jetzt jeden Tag präsent, er ist kaum spürbar und lodert auf, wenn ich über den Buddhismus spreche. Er stört nicht mehr bei der Arbeit. Ich weiß, warum die Veränderungen nicht mehr so stark ist. Ich bin jetzt nah am Meer. Der Fluss ist breit und ruhig geworden. Aber er trägt mich immer noch vorwärts, auch wenn ich ihn weniger wahrnehme als am Anfang. Wichtig ist, Selbstvertrauen und Vertrauen in den Prozess zu bewahren.
Ich kann mir vorstellen, dass jeder Mensch ein anderer Fluss ist. Die Quelle und der Verlauf sind unterschiedlich, die Hindernisse sind mal mehr, mal weniger. Manche Flüsse verlieren sich wohl für immer in der Wüste... Ich kann mir vorstellen, dass mein Fluss am 28.07.22 einen riesigen Damm gebrochen hat und aus großer Höhe ins Tal gestürzt ist. Daher die große Wucht, die riesige Energie und die enorme Geschwindigkeit. Andere Flüsse nehmen vielleicht den Ursprung als eine kleine Quelle im Wald und schlängeln sich gemütlich und ohne Eile, fast ohne Ziel, wie Anissita. Er sagte, es existiert für ihn gar kein Ziel. Es sei alles nur ein Prozess.
Diesen Satz hat heute auch Michael bei dem Essen im Restaurant wiederholt. Dies wird wahrscheinlich für viele im Zentrum zutreffen. Aber ich empfinde das anders. Ich habe keine Zeit zu verlieren. Mein Fluss fließt direkt und zielstrebig dem Meer entgegen. Nach der Erfahrung der Aufweichung meiner äußeren Grenzen am 14.01.23 habe ich wirklich das Gefühl, dass es mich als "Ich" nicht gibt. Wunderbar!!! Dies jeden Tag, jede Stunde und jede Sekunde erleben zu können, macht mich unendlich glücklich. Ich sehe, dass meine Gefühle doch sehr instabil sind. Mal Glück, mal Verzweiflung...
Es sind zurzeit so subtile Veränderungen im Gange, dass ich sie vielleicht gar nicht bemerkt hätte, wenn ich nicht mit dem Tagebuch reflektieren würde. Übrigens habe ich die Arbeit an der vierten Fessel erstmal sein lassen. Ich hatte das unangenehme Gefühl, dass ich etwas erzwingen wollte, was noch nicht geht. Vielleicht gibt es noch etwas zwischen der ersten und der vierten Fessel, das ich herausfinden muss? Mit wem kann ich darüber sprechen?
Heute Abend war ich mit den Buddhisten aus dem Kurs "Geschmack der Freiheit" essen. Sieben Leute mit mir, kleine Gruppe, indisches Restaurant, sehr nett. Die Gespräche hingegen waren einfach krass. Bekanntlich reden Buddhisten nicht über das Wetter oder die Politik. Ihre Gespräche drehen sich eher um die innersten Sachen. Eine Person erzählte über ihre Probleme und weinte. Ich hoffe, der Abend hat ihr etwas Erleichterung gebracht. Ich glaube, Iris ist eine großartige Therapeutin, sie hatte praktisch den ganzen Abend eine Therapiesitzung mit dieser Person. Ich spüre eine so starke Verbindung zu diesen Menschen, wie ich sie bei fremden Gesprächspartnern noch nie gespürt habe. Wir denken ähnlich und verwenden dieselbe Terminologie. Dieser Abend war eine echte Inspiration für mich!
Ach, übrigens haben mir heute zwei junge Frauen im Restaurant erzählt, dass sie letzte Woche in die aktuelle jährliche Dharma-Studiengruppe aufgenommen wurden. Es waren also doch noch Plätze frei! Ich war so baff, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Ich saß da und wusste nicht, was ich sagen sollte... Ich versuchte, mich mit dem Gedanken zu trösten: "Was werden sie da schon lernen! Ich kann alles, was ich wissen muss, auch ohne sie lernen." Und trotzdem kamen mir die Tränen... Aber plötzlich dachte ich: Was versuche ich denn da zu trösten? In mir drin ist doch nichts! Dieser Gedanke traf mich wie ein Donnerschlag. Das wäre doch die praktische Anwendung der ersten Fessel! In mir gibt es keine Sorgen und Ängste! Das war ein so wunderbarer Gedanke, dass ich den Dharma-Kurs völlig vergaß und konnte die Fassung wieder finden. So, jetzt sollte ich ins Bett.
00:30
Ach, keine Ahnung, wie ich schlafen soll. Ich bin so glücklich! Es ist so wunderbar, keine äußeren Grenzen zu spüren! Ich könnte die ganze Nacht hier liegen und mich selbst genießen...
Ich bin immer wieder bei dem Gedanken, wie sehr ich Buddha verehre. Wie intelligent und kraftvoll sein Bewusstsein gewesen sein muss! Er hat wie ein Eisbrecher den Weg für unzählige Menschen geebnet und ich muss nur seinem Weg folgen. Aber ich denke, es ist nicht notwendig, die gesamten buddhistischen Texte zu studieren und sämtliche Informationen zu besitzen, um zu erwachen. Man muss auch nicht die komplexe Terminologie kennen, obwohl das hilfreich sein kann. Es geht nur und ganz allein um die innere Veränderung.
01:40
Nein, ich kann heute Nacht nicht schlafen. Eben lag ich noch glücklich im Bett und alle möglichen Gedanken gingen mir durch den Kopf. Ich dachte: "Nach den buddhistischen Lehren verschwinden alle Sorgen und Ängste, sobald man sich von der ersten Fessel befreit hat. Es wäre großartig, wenn mit den Sorgen auch andere negative Emotionen verschwinden würden". Ich stellte es mir so vor: In mir ist eine Leere. Alle negativen Gefühle - Ängste, Depressionen, Gereiztheit, usw.. - fallen von mir ab wie trockene Schalen von einer Zwiebel. Und plötzlich sah ich etwas ganz anderes in mir. Etwas sehr, sehr, sehr reines, etwas absolut kristallklares, leuchtendes und schimmerndes, unbeschreibliches, völlig unbezahlbares. Es ist unfassbar! Da ist keine Leere in mir! Es war ein Irrtum! Ich kann förmlich spüren, wie schnell sich meine Überzeugungen verändern, wie Wasser in einem Strom. Aber das ist in Ordnung, denn ich weiß, dass nichts beständig ist.
Ich lag da, überglücklich, diesen Schatz in mir selbst entdeckt zu haben, starrte in die Dunkelheit und erinnerte mich an meine Vision während der Meditation vor ein paar Tagen, in der ich ein Gefäß mit kristallklarem Wasser gesehen hatte. Es muss eine bildliche Darstellung meines Geistes gewesen sein. Gott, ALLE Menschen müssen diesen Schatz in sich verbergen! Denn wir sind ALLE AUS DER GLEICHEN MATERIE GEMACHT! Oh je, was für eine Nacht... Mein ganzer Körper prickelt vor Glück... Wo ist Buddha? Ich würde gleich seine Füße küssen!
Donnerstag, der 19.01.23 - Alle Dinge entstehen im Geist
07:20
Die Nacht war sehr unruhig. Ich bin erst um 3 Uhr morgens eingeschlafen. Im Traum suchte ich in einem verwinkelten unterirdischen Labyrinth nach irgendeiner Lösung... Irgendwann verstand ich im Morgengrauen, dass die Fesseln keine einzelnen Fesseln sind. Das muss eine Kette sein. Wenn man ein Ende (in meinem Fall "Alles brennt") findet und daran zieht, wickelt man sich von alleine aus! 😆 Es ist eine witzige Vorstellung.
Im Grunde genommen hat sich nichts geändert. Ich bin immer noch die Gleiche. Nur meine Vorstellungen über mich selbst haben sich geändert. Gott oh Gott. Jetzt verstehe ich endlich den Satz: alle Dinge entstehen im Geist!
Auszug aus der Buddhas Lehre:
Alle Dinge entstehen im Geist,
Sie sind unseres mächtigen Geistes Schöpfung.
Rede mit unreinem Geist,
Handle mit unreinem Geist,
Und Leiden wird dir folgen,
Wie das Rad dem Fuß folgt,
der den Wagen zieht.
Alle Dinge entstehen im Geist
Sie sind unseres mächtigen Geistes Schöpfung.
Rede mit reinem Geist,
Handle mit reinem Geist,
Und Glück wird dir folgen,
Wie der Schatten dem Körper folgt,
und nicht weicht.
Quelle: Dhammapada – Die Weisheitslehren des Buddha - Zentrum für Zen-Buddhismus https://www.zzbzurich.ch/wp-content/uploads/2021/03/Dhammapada-Die-Weisheitslehren-des-Buddh-Schiekel-Munish-B.pdf
Seit heute Nacht habe ich wunderschöne Empfindungen nicht nur in der Brust, sondern auch im Bauchbereich. Schwer zu formulieren. Bis dahin nie empfunden. Fühlt sich wie eine Leichtigkeit, süß wie Sirup, aber nicht klebrig, extrem, extrem angenehm. Ekstatisch... Könnte nur dasitzen, diese Empfindungen genießen und vor Glück schmelzen...
Aufgewacht bin ich trotzdem mit dem Groll auf das Zentrum. Komisch. Bin ich immer noch in der Lage Groll zu empfinden oder ist es nur meine Vorstellung? Ich vermute, dass es nur Missverständnisse waren, weswegen ich zu dem Kurs nicht zugelassen wurde. Es hat sicherlich keiner dort etwas gegen mich.
Ich bin jetzt wohl wieder im "Zustand", weil unendliche Energie trotz vier Stunden Schlaf.
Ich würde ganz gerne wissen, was ich heute Nacht entdeckt habe. Ich schaute in "Reise und Reiseführer" von Maitreyabandhu nach, Kapitel 7: "Spirituelle Wiedergeburt". Darunter wird aber ganz was anderes gemeint. Es ist ja das Problem, dass ich die Terminologie nicht kenne. Keine Ahnung, ob dafür einen Begriff gibt. Versuche heute ein wenig zu lesen.
Gestern, als ich von der Arbeit kam, wollte ich "Reise" lesen und versteckte mich im Wohnzimmer hinter dem Sofa. Ich musste innerhalb von vierzig Minuten mindestens zehn Mal aufstehen... Ich werde auch im Versteck gefunden. Zuerst kam Vincent, dann Kevin, danach hat der Ofen gepiepst, dann kam der Hund und wollte gefüttert werden. Danach kam die Mutter, dann piepste wieder der Ofen, danach wollte der Hund bespaßt werden. Dann Vincent, noch mal der Hund, und wieder Ofen. Dann hatte ich Lust auf einen Tee. Ich wollte trotzdem nicht aufgeben. Schaffte zerstückelt eine bis zwei Seiten. Und es war das erste Mal in den letzten fünf Tagen, wo ich lesen konnte. Ein Jammer.
Freitag, der 20.01.23 - Ich leide nicht mehr mit!
Ich werde von meinen Gefühlen gequält...
Ich schaffe es zurzeit wunderbar, mich nicht über die Kleinigkeiten aufzuregen. Aber die Tatsache, dass ich kein Dharmastudium antreten darf, quält mich sehr. Ich bat heute um einen Kontakt mit der organisierenden Person. Es kann ja nicht sein, dass ich im größten und ältesten Zentrum Deutschlands keine Hilfe bekomme. Heute Morgen nach der Meditation erlebte ich einen starken Gefühlsausbruch. Geweint... Es sieht gar nicht so schlimm aus, wenn ich meine Zeilen lese. Gefühlt habe ich einen Weltuntergang. Komplette Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit. Alle Gefühle überdimensioniert.
So. Jetzt noch mal: Ich vertrage keine Meditationspause länger als 24 Stunden!!! Mit Ach und Krach 32 Stunden, aber auf keinen Fall 48 Stunden!!! Mir geht es dabei echt scheiße. Bin halb am Sterben. Der Brustkorb wird zerrissen. Machte heute wieder die gleiche Erfahrung. Das ist doch selbst zugefügtes Leid! War gestern so müde, dass ich während der Meditation eingeschlafen bin und so blöd, dass ich abends nicht noch mal meditierte!! Wie kann ich mir das nur in mein Gehirn einbrennen?
Noch eine Sache. Ich kann momentan meine Patienten schlechter bei dem seelischen Schmerz trösten. Früher konnte ich mich sehr gut in die Situation einfühlen. Jetzt sitze ich da und spüre das Leid dieser Menschen, leide aber nicht mehr mit. Die Patienten erzählen mir ihre Geschichten und ich sehe es alles durch die Buddhismus-Brille. Denke mir dabei: Ja, das ist eine Veränderung in deinem Leben, die dir weh tut. Warst du der Meinung, dass diese Sache immer gleichbleibt? Oder: Ja, die Anhaftung wurde gewaltsam getrennt. Daher der Schmerz. Das ist das Problem bei den Anhaftungen. Am besten gar nicht entstehen lassen. Und so weiter. Und ich weiß nicht, was ich sagen soll... Ich verstehe den Grund des Leidens, kann aber die Menschen nicht mit der buddhistischen Terminologie trösten. Was soll ich denn machen? Ich würde gerne helfen, bloß fallen mir zurzeit keine passenden Wörter ein. Und überhaupt empfinde ich momentan viele Probleme meiner Patienten als mickrig. Lohnt sich gar nicht darüber zu sprechen.
Samstag, der 21.01.23 - Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich habe es verstanden. Im "Grundzustand" ist der Fokus nach innen verlagert: Ich bin im aktuellen Moment sehr präsent, konzentriert und achtsam. Dadurch aber einige Denkschwierigkeiten und manchmal Probleme mit Hier und Jetzt. Der "Grundzustand" ist zurzeit täglich vorhanden, kaum spürbar, verursacht eine erhöhte Grundstimmung. Bei Gesprächen über Buddhismus oder ähnliche Themen kann eine höhere Welle kommen, mich mit Glück überschwemmen, was sich als Betrunkenheit anfühlt. Das kann zu neuen Erkenntnissen führen, wenn ich die Möglichkeit habe, allein zu sein.
Ich wachte heute Morgen wieder in einem sehr schönen glückseligen Zustand auf. Was für ein Sturm aus negativen Gefühlen ist über mich seit Mittwoch gezogen! Möchte es hier gar nicht erwähnen, zu viel Negativität. Bin von mir selbst überrascht, dass ich über die Menschen so schlecht denken kann. Wahrscheinlich war der Sturm für meine Familie und Arbeitskollegen kaum merkbar, hat mich aber sehr gequält. Ich hatte sehr negative Gedanken und Emotionen in Bezug auf das Zentrum erlebt.
Gestern schrieb ich eine Mail an Sunyatacharu. Es ist eine Ordinierte, die die Kurse koordiniert. Meiner Meinung nach macht meine Mail, so wie ich sie formuliert habe, eine Absage unmöglich. Mal schauen. Für heute Abend ist ein Zoom-Termin vereinbart.
Sonntag, der 22.01.23 - Endgültige Absage
Oh, man... Gestern war wieder ein schlimmer Tag. Meine Bitte lehnte Sunyatacharu ab. Ich weinte während des Videotelefonates und weinte nach dem Telefonat. Es haute mich richtig um... Ich habe mit einer Absage wirklich nicht gerechnet. Gut, dass wir gerade Besuch mit Übernachtung haben. Ich bin so mit dem Putzen und Kochen beschäftigt, dass ich keine Zeit zum Nachdenken habe. Und - weinte trotzdem während des Kochens. Vincent umarmte mich und tröstete schweigend. Er ist mein Schatz. Ich erzähle ihm natürlich nicht, was mich bedrückt.
Abends im Bett versuchte ich zu reflektieren. Warum verletzt mich das so sehr? Was will ich von diesem Kurs? Es wird doch bestimmt irgendein langweiliger Kram sein, welcher mit meiner Situation nichts zu tun hat. Beim Reflektieren verstand ich, dass ich in diesen turbulenten Zeiten mit unglaublich hohen Spitzen und abschreckend tiefen Schluchten eine emotionale Begleitung und Informationen suche. Ich möchte nicht allein gelassen werden und will die Erklärung für die Dinge haben, die mit mir geschehen. Ich hätte mir so sehr einen Lehrer gewünscht, der mir den Weg zeigen würde. Ich habe zu Sunyatacharu klipp und klar gesagt: Ich brauche Hilfe. Jetzt schäme ich mich dafür. Es hört sich so an, als ob ich in die Psychiatrie eingewiesen werden möchte.
Im Herbst habe ich die Sachen erlebt, von denen ich zumindest etwas gehört habe und die ich gut einordnen konnte, wie zum Beispiel die Einsicht über Karma. Jetzt erlebe ich Dinge, die ich nicht mehr benennen kann. Was ist mit diesem "Ruheraum"? Wozu soll er gut sein? Ich betrete den Raum zurzeit häufiger, denn ich weiß, dass er da ist. Es bringt Erleichterung, keine negativen Gefühle für eine Weile zu empfinden. Ist das alles, was er zu bitten hat oder ist er ein Teil des Weges? Es ist alles so zerstückelt. Ich habe kein Gesamtbild.
Anscheinend soll ich mich von der Vorstellung, dass ich in Zentrum Hilfe bekomme, trennen. Sunyatacharu meinte, ich soll an dem bevorstehenden achtwöchigen Kurs "Brahma Viharas" („Die vier himmlischen Verweilzustände“) teilnehmen und dort meine Erlebnisse ansprechen. Wie stellt sie sich das vor? Dass ich mich vor zehn oder fünfzehn fremden Menschen öffne und über meine innersten Erlebnisse erzähle? Sie selbst ist schon die dritte Ordinierte im Zentrum, die mich weinen sieht. Das will ich nicht noch mal. Dazu hat sie angefangen von den verdrängten alten Erfahrungen zu sprechen, die jetzt eventuell hochkommen. Wenn ich eine Psychoanalyse über meine kindlichen Erlebnisse bräuchte, könnte ich zu einem Psychotherapeut gehen.
Ich suchte heute eine Notfallnummer raus, die mir Christel gegeben hat und schrieb die Frau an. Sie heißt Susanne Ahnert-Braun, ist an einem Benediktushof tätig und bietet Unterstützung bei den mit der Meditation verbundenen Problemen... Mal schauen, was daraus wird.
Außerdem verstand ich gestern Abend, dass ich eine starke Anhaftung an das Zentrum entwickelte. Der Mensch ist dumm. Ich löste die Anhaftung an meinen kleinen Sohn, um mir eine neue zu dem Zentrum anzuschaffen...
Heute Morgen in der Meditation versuchte ich dieses neue Problem anzugehen. Es war nicht einfach. Ich weiß nicht, ob ich es komplett lösen konnte. Spürte aber eine wunderbare Erleichterung. Ich werde es mir demnächst als Aufgabe Nummer eins stellen. Alle Anhaftungen überprüfen und lösen. Ich habe genug gelitten!
Oh, ich habe eine Idee. Philip Moffitt hatte im "Tanz mit dem Leben" beschrieben, wie man die Anhaftungen lösen kann. Schaue gleich nach.
Etwas später.
Oh Gott. Er ist wirklich ein weiser Mann. Sein Buch ist genial. Ich fing heute "Die vierte edle Wahrheit" an. Ich habe das Gefühl, dass ich für meine weitere Reise alle festintegrierten Annahmen von mir selbst, inklusive Vorstellungen von meinem Fortschritt, weglassen soll.
Gestern vor dem Einschlafen befasste ich mich wieder mit der vierten Fessel. Ich dachte sehr lange darüber nach, sogar weiter im Schaf. Und ich meine, einen wichtigen Gedanken gefunden zu haben, zumindest erinnere ich mich über eine große Freudewelle in mir, die sonst immer kommt, wenn ich auf dem richtigen Weg bin. Allerdings war ich so müde, dass ich nichts mehr aufgeschrieben habe.
Der Gedankenweg war folgender: Wenn die Fesseln nur eine Kette sind, soll die erste Fessel der Schlüssel zu der vierten sein. So wie "Alles brennt" der Schlüssel zu der ersten Fessel war. Danach erinnere ich mich noch an einen sehr komischen Gedanken: Meine Begierde ist so instabil, dass es sich gar nicht lohnt, etwas zu wünschen. Und dann noch: Etwas haben zu wollen führt zum Leid! Und es kam eine große Freude-Welle. Aber ich erinnere mich momentan an alles nur zerstückelt. Wahrscheinlich muss ich nachts doch das Licht anschalten und alles aufschreiben...
Die Glückseligkeit ist seit Mittwoch weg. Zu viele negative Emotionen. Diese Sache mit dem Zentrum wird mir noch den Fortschritt vermasseln. Ich muss mich von den unheilsamen Emotionen trennen. Warum sind sie nur so stark in der letzten Zeit? Ich empfinde sie als total störend. Quälend. Schmerzhaft. Es ist zurzeit mein einziges Problem, diese Gefühle.
Ich bin so müde. Weiß nicht, wie ich die nächste Woche überstehen soll. Gehe jetzt lieber ins Bett und lasse alles liegen.
Montag, der 23.01.23 - Warum reagiere ich?
Ich schaffte in der ganzen Woche vielleicht zwei- drei Seiten zu lesen...
Mich quälen meine Emotionen zurzeit sehr stark. Ich habe das Gefühl, dass wenn ich dieses Problem nicht löse, komme ich nicht weiter. Heute saß ich während der Meditation im "Ruheraum", genoss den Frieden und überlegte. Warum reagiere ich? Ich sah in meiner Vision, dass mein Bewusstsein ganz klar ist. Kann das Bewusstsein überhaupt reagieren?
Ich habe versucht es mir bildlich vorzustellen. Rote Farbe: Liebe und angenehme Emotionen, schwarze Farbe: Groll, alle negativen Empfindungen. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass diese Vorstellung mich weiterführt. Ich muss wohl alle Konzepte weglassen, um klarer zu sehen.
Aufstehen um fünf Uhr morgens ist zurzeit sehr schwer. Ich bin komplett erledigt. Sehne mich nur noch nach Ausschlafen und Ruhe. Entschloss mich, den Mittwoch frei zu nehmen.
Dienstag, der 24.01.23 - Die Krise
Oh, man... Ich hatte heute eine richtige Krise. Musste das Krisenmanagement einschalten. Ich bat Christel um ein Videotelefonat, sie war sofort bereit, mir zu helfen. Ich erzählte ihr unter Tränen über mein Problem mit dem Zentrum und über das Gefühl, nicht weiterzukommen, solange ich diese Emotionen nicht verarbeitet habe.
Unter Christels Anleitung wendete ich an mir selbst eine Klopfakupressur an. Eine tolle Sache! Noch nie ausprobiert! Es ist eine ganz einfache Methode zur Bekämpfung der negativen Emotionen und hilft sofort. Fühle eine ungemeine Erleichterung. Christel erklärte mir, wie ich die Technik weiter selbst anwenden kann. Sie hat mir ein Buch "Klopfakupressur" von C. Preuß empfohlen.
Mittwoch, der 25.01.23 - Ich suche weitere Unterstützung
Heute führte ich ein Videogespräch mit Susanne Ahnert-Braun von Benediktushof aus Holzkirchen. Es ist schon erleichternd zu wissen, dass ich mit solchen Problemen nicht allein stehe und dass jemand ähnliche Dinge erlebt. Susanne hat mir ihre Sicht auf einige Sachen erklärt. Ich muss mich wohl gut erden.
Hier ist der Link zum Benediktushof:
https://www.benediktushof-holzkirchen.de/
Donnerstag, der 26.01.23 - Mit sich den Frieden schließen
Ich habe das Gefühl, dass ich emotional komplett labil geworden bin. Ich schwanke beim geringsten Wind. Sehne mich nach der Stabilität.
Musste heute Morgen die Meditation unterbrechen und noch mal klopfen nach der Methode von C. Preuß, weil mich eine Groll-Welle überflutet hat. Anschließend hatte ich das Gefühl, den Groll gegen das Zentrum komplett aufgelöst zu haben.
Sunyatacharu hat mir angeboten, noch ein Videotelefonat zu führen und ich nutzte diese Möglichkeit heute aus. Mir war es wichtig, einen besseren Eindruck von mir zu hinterlassen. Ich weiß aus der Erfahrung, dass der erste falsche Eindruck das zukünftige Verhältnis ruinieren kann. Eventuell muss ich mit diesen Menschen noch sehr lange zu tun haben. Ich war gefasst und erzählte etwas über mich und meine Erlebnisse. Anschließend hatte ich ein gutes Gefühl. Ich kann diesen Konflikt doch friedlich abschließen. Ich bin immer noch für irgendwas tauglich. Aus dem Gespräch mit Sunyatacharu verstand ich, dass es zurzeit keine Erwachten bei uns im Zentrum gibt.
Montag, der 30.01.23 - Im seichten Gewässer
Ich habe schon eine Weile keine besonderen Erlebnisse mehr. Ist alles vorbei? Ich spüre den "Grundzustand" und er kommt hoch, wenn ich darüber spreche. Verschwindet aber relativ schnell. Es waren nur wenige Gedanken in den letzten Tagen. Ich lebte einfach ein relativ normales Leben. War sehr erschöpft. Gab mir Mühe, mich übers Wochenende zu regenerieren. Ich habe langsam das Gefühl, weiter gehen zu wollen. Ich habe wohl die zentrale schnelle Strömung verlassen und befinde mich gerade abseits im seichten Gewässer. Versuche mein Floß durch das Paddeln wieder in die Bewegung zu bringen.
Meine Träume haben sich geändert. Mal sammle ich irgendwelche Würmer von der Erde, boah... Heute Nacht bin ich einen Berg runtergestiegen, danach die Treppe runter, alles nur nach unten. Ging in einen dunklen Tunnel rein und entschloss mich, hier zu bleiben, um etwas aufzuräumen... Kein Vergleich zu den Träumen vor ein paar Monaten.
Las gestern im Buch von Sharon Salzberg "Metta Meditation" über SO SEIN. Es ist herrlich. Einfach das Leben annehmen, wie es ist. Ein tolles Buch! Ich entschloss mich, mehr freie Tage zu nehmen und sie für mein Studium zu nutzen. Ich werde schon nicht verarmen. Einfach mal die Ausgaben kürzen, dann muss ich nicht so viel arbeiten.
Dienstag, der 31.01.23 - Die Achtsamkeit ist das A und O
Ich fand heute eine bemerkenswerte Meditation "Nicht reagieren" bei der App 7Mind. Es war ein wunderschönes Erlebnis! Einfach nur wahrzunehmen und keine Reaktion auf die Wahrnehmung zu haben. Irgendwann kam mir der Gedanke: Ich kann aber auch meine Emotionen wahrnehmen, ohne zu reagieren! Und - ich erlebte meine Emotionen zum ersten Mal nicht als ein Teil von mir. Sie standen neben mir, ganz nah, aber es gab eine deutliche Spalte zwischen mir und ihnen. Interessant! Das möchte ich mal üben.
Gestern während der Yogastunde war ich so achtsam auf meinen Körper, ich war so relaxt, dass ich in der Schlussentspannung das Gefühl hatte, zu schweben. Bedankte mich ausführlich bei Silvia, unserer Leiterin. Die Frau ist toll! Sie macht ihre Sache mit aufrichtiger Hingabe.
Ich glaube, auf den Körper gerichtete Achtsamkeit ist das A und O. Aber auch auf die Gefühle kann man die Achtsamkeit richten. Möchte ab sofort so viel Achtsamkeit üben, wie es im Alltag nur möglich ist.
Mittwoch, der 01.02.23 - Ein Blick von außen
Tja, sehr viel mit Achtsamkeit im Arbeitsleben ist nicht. Ich muss mich zwangsweise nach außen fokussieren. Unendliches Zuhören und Beraten... Spüre den Zustand nur, wenn ich zur Ruhe komme... Heißt es jetzt, dass meine "Zustände" aufgehört haben? Ich habe das Gefühl, dass eine mächtige Welle über eine Klippe zerschellt ist. Die Klippe ist in meinem Fall die Unnachgiebigkeit und die Ablehnung von dem buddhistischen Zentrum. Ich habe in die Sache zu viele Emotionen reingesteckt.
Oder gibt es hier keinen Zusammenhang? Vielleicht ist es einfach ein zeitliches Überschneiden? Auf jeden Fall fühle ich mich fast „normal“. Ich kann endlich die Geschehnisse von außen überblicken und einschätzen, was es war.
Im Allgemeinen sehe ich, dass ich die verschiedenen Facetten von dem Erwachten Wesen durchleben durfte:
1. Alles brennt
2. Unbeschreibliches authentisches Glück
3. Unendliche Energie
4. Nichts wollen, vollkommener innerer Frieden
5. Die Welt um sich kreisen lassen
6. Das Hier und Jetzt erleben
7. Verbundenheit mit allen Lebewesen
8. Karma
9. Unendliche Liebe
10. Unfähigkeit zu den negativen Gefühlen
11. Vollkommene Achtsamkeit
12. Mitgefühl, Bedürfnis helfen zu wollen. Aber kein Mitleid!
13. Verständnis für das klare Bewusstsein
Ich bin so stolz auf mich selbst und sehr glücklich, dass es mir passiert ist. Ich denke, dass auch wenn keine weitere Ansichten kommen, ist es eine ausgezeichnete Ausrüstung, um allein weiter zu gehen. Und ich weiß ganz genau, dass ich den Weg bis zu meinem letzten Atemzug nicht verlassen werde. Egal, was kommt.
Meine Aufzeichnungen sind für mich so wichtig geworden. Wenn es klappt, möchte ich sie irgendwann veröffentlichen. Vielleicht hilft es jemanden auf irgendeine Weise.
Nun ja, jetzt zum Alltäglichen. Mich beschäftigt zurzeit sehr stark dieses Reagieren des Geistes. Ich weiß nicht, ob es etwas mit der vierten Fessel zu tun hat. Auf jeden Fall empfnd ich meine Emotionen in den letzten Tagen und Wochen als sehr quälend. Ich bin zwar sehr stolz auf mich selbst, dass ich mich unter diesen Umständen von der Negativität im Bezug auf das Zentrum befreien konnte. Es wäre aber schöner, eine Möglichkeit zu finden, NICHT zu reagieren oder zumindest weniger zu reagieren. Heute meditierte ich mit der App 7Mind "Nicht reagieren" noch mal und fand sie noch schöner als gestern.
Ich habe folgende Überlegungen dazu: Es entsteht ein Gedanke => der zieht den nächsten nach sich => irgendwann kommt ein Gedanke, der einen Impuls auslöst. Daraufhin folgt die Reaktion des Geistes. Ich will aber keine Reaktion. Am besten will ich auch gar kein Impuls. Ich will Ruhe!!!
Ich erinnere mich jetzt, wie wir in Marokko eine alte Madrassa (marokkanische Schule) besuchten. An diesem Tag hatte ich einen ziemlich starken "Zustand". Wir mussten eine Weile im Hof der Madrassa auf ein Pärchen warten, welches sich verirrte. Wir standen dort etwa 20 Minuten und mich überflutete eine vollkommene Ruhe und Zufriedenheit. Es hat mich nicht gereizt, dass wir im Stehen warten müssen und dass es kalt ist. Die Umstände waren komplett egal. Ich war glücklich und ruhig. Keine Impulse. Keine Wünsche. Ich habe die Menschenmenge beobachtet, geatmet und im gegenwärtigen Moment vollkommen glücklich existiert.
Es ist so schwer wiederzugeben... So einen Zustand würde ich gerne mal wieder erleben. Ich bin es so leid von dem unendlichen Reagieren. Dieses schmerzhafte Schwanken hin und her! Pausenlos irgendwelche Reize! Ständige Reaktionen! So kann es nicht weitergehen. Es ist eine reine Quälerei geworden. Ich werde weiter daran arbeiten. Ich glaube, der Schlüssel liegt in der tiefen Achtsamkeit, gerichtet auf die Gefühle und die Reaktionen. Eventuell kann man den Moment fangen, wo der Impuls zu Reaktion führt und versuchen nicht zu reagieren. Der Buddha hat von einer Lücke gesprochen. Das muss man einfach immer weiter üben... Ich habe die nächsten vier Tage frei. Ich werde es versuchen.
Donnerstag, der 02.02.23 - Die Lücke existiert tatsächlich
Ich habe mich innerlich vorbereitet, dass es irgendwelche Auseinandersetzungen mit Mama geben wird, wenn wir heute wieder zusammen kochen. Ich wollte den Impuls und die Lücke spüren. (Gemeint wird eine zeitliche Lücke zwischen dem Impuls und der Reaktion, in die man eingreifen kann, wenn man achtsam genug ist). Es wäre für mich einfacher, die Lücke bei negativen Emotionen zu spüren.
Aber es ging sehr liebevoll mit uns beiden. Auch als Kevin abends müde und mürrisch nach Hause kam und mir irgendwelche Vorwürfe machte, konnte ich behutsam reagieren. Schickte ihm hinterher noch eine Nachricht per WhatsApp, wie sehr ich ihn liebe. Facit: nur wenn mein innerer Speicher mit Liebe gefüllt ist, kann ich Liebe geben. Und sogar in brenzligen Situationen liebevoll reagieren. Nächste Schlussfolgerung: Mein dringendster und direkter Anwendungspunkt, um innerlich zu wachsen, ist meine Familie. Kinder leiden an dem Aufmerksamkeitsmangel von meiner Seite. Ich muss dringend daran arbeiten.
Abends
Ich war heute praktisch jede Minute achtsam. Fühlte meine Sohlen beim Gehen. 🤩🤩 Also, körperliche Achtsamkeit klappt gut, wenn ich frei habe. Auf der Arbeit ist das leider nicht möglich.
Versuchte ebenfalls den ganzen Tag, die geistige Achtsamkeit zu üben, um die Impulse zu spüren. Sehr schwer. Ich erledigte meinen Haushalt und würde meinen, es ging impulsfrei. Einfach eins nach dem anderen, ohne groß nachzudenken. Routine. Nachmittags wollte ich aber etwas außerhalb meines Essensplans essen und spürte sehr wohl drei Impulse innerhalb einer Minute. Ich konnte noch bewusst eingreifen. Legte schon gewaschene Trauben zurück! 🤩
Also, es gibt tatsächlich diese Lücke. Mit Gefühlen wird das wahrscheinlich schwieriger sein. Ein sehr großes und kompliziertes Thema. Ich hätte so gerne einen Lehrer... Ich übe die Tage weiter. Ich war doch schon mal an diesem Punkt mit der Achtsamkeit und dem Essen. Alles entwickelt sich in einer Spirale. Man kommt wieder an den gleichen Punkt, aber in einer höheren Ebene. Ich möchte lernen, meinen Geist zu lenken. Insbesondere meine Emotionen.
Freitag, der 03.02.23 – Die Liebe zu sich selbst
Alle Gedanken kreisen nur um den Buddhismus und mein Erwachen. Gehe mit ihnen ins Bett und wache mit ihnen auf. Es ist meine erste Überlegung am Tag.
Maitreyabandhu schreibt im "Reise und Reiseführer" über ein Lebensmandala mit dem zentralen Kern. Er meint damit das wichtigste Thema in unserem Leben, um welches es sich alles dreht. Für viele Menschen ist es zum Beispiel ihre Familie oder die Arbeit. In meinem Leben ist seit einem halben Jahr alles um den Buddhismus angeordnet. Mein Erwachen ist der zentrale Strahl. Es ist unglaublich, wie witgehend ich in den wenigen Monaten innerlich umstrukturiert wurde.
Ich las heute noch mal ein Gedicht aus seinem Buch, welches mir Gänsehaut macht. Möchte hier zitieren (Übersetzung aus Englisch, Seite 32).
The Niagara River von Kay Ryan
Als ob
Der Fluss
ein Boden wäre, stellen wir
unseren Tisch und die Stühle
darauf, essen und
treiben Konversation.
Wie er weitertreibt,
bemerken wir – so
ruhig als würden
Esszimmergemälde ausgetauscht –
die wechselnden Szenen
am Ufer. Wir
wissen, ja wir
wissen, dies ist ein Niagarastrom, aber
es ist schwer zu erinnern,
was das bedeutet.
Meine Güte, sind manche Menschen begabt… Dem Autor ist es gelungen, in wenigen Zeilen die Essenz des hiesigen Daseins wiederzuspiegeln, sowie unsere Ablehnung, diese Essenz wahrzunehmen...
Also Folgendes. Ich kann mittlerweile auch abends meditieren. Es geht zurzeit besser mit dem Schlafen. Der "Grundzustand" wird nach zwei Meditationen deutlich stärker.
Ich lese das Buch "Metta Meditation" von Sharon Salzberg weiter. Ein tolles Buch! Ich verstand neulich, dass ich jetzt einer sehr viel höherer Meinung von mir selbst bin als früher. Alle bewussten Entscheidungen treffe ich in Zeichen der Liebe. Ich kümmere mich tagtäglich um andere Wesen, auf der Arbeit und zu Hause. Legte dieses Jahr eine Bienenweide statt Rasen in unserem Garten an. Unterstütze dauerhaft neun verschiedene Spendenprojekte. Mit dem buddhistischen Zentrum wird es zehn. Versuche Sachen wiederzuverwenden, fand neulich eine Möglichkeit, unser altes Ultraschallgerät an ein Krankenhaus in Tansania zu spenden. Ich betreue einmal die Woche meine Großmutter. Behandle alle Lebewesen mit Respekt und möchte keinen verletzen. Bis zuletzt stand mein Ich und meine eigenen Bedürfnisse im Schatten der Liebe zu den anderen. Dafür liebe ich und achte mich jetzt um so mehr. Es ist so wunderbar, dass ich es endlich verstanden habe. Sich zu leben ist so einfach und so wunderbar! Es ist eigentlich nur eine Entscheidung, die man treffen muss. Warum konnte ich es früher nicht?
Ich meditierte in den letzten Monaten selten Metta. Irgendwie ganz vergessen. Ich war so sehr darauf versessen, in der Meditation neue Erkenntnisse zu bekommen. Jetzt sehe ich, dass ich auf einem Bein gestanden bin und vielleicht deswegen mit meinen Emotionen so wackelig geworden bin. Aber nach der Erkenntnis, wie stark ich mich liebe, verwendete ich am Mittwochabend eine ganze Meditation darauf, Liebe zu mir selbst zu empfinden. So viel Zärtlichkeit... Ich verstehe nicht, warum die Liebe zu sich selbst in unserer Gesellschaft nicht als wichtig bewertet oder sogar missbilligt wird. Ich bin genauso wertvoll und liebenswert, wie alle anderen Lebewesen. Meine Meinung ist: Nur ein Mensch, der sich selbst ausreichend liebt und um sich selbst gut kümmert, kann den anderen Liebe und Fürsorge geben.
(Übrigens, später las ich in einem Buch von Tara Springett, dass man in der Metta Meditation zuerst die Liebe zu dem geliebten Menschen empfinden soll und dann, ohne dieses Gefühl zu verändern, auf sich selbst zu richten. Ich finde, es ist eine geniale Lösung für diejenigen, die Schwierigkeiten haben, Liebe zu sich selbst zu empfinden.)
Ich stellte fest, dass ich zwei verschiedenen Verhaltensmustern pflege: zu den Kollegen und Freunden ein ganz anderes als innerhalb der Familie. Es ist vielleicht eine normale Sache, aber mir gefällt es nicht. Ich möchte zu allen Menschen gleich freundlich sein.
Dann noch etwas. Sinnliche Vergnügungen sind mir tatsächlich fremd geworden. Erstens sind sie alle so gleich. Zweitens rauben sie mir Zeit. Zeit ist alles, was ich habe. Dieses Gefühl verfolgt mich von Kind an. Und ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch übrigbleibt. Ich möchte sie so gut wie möglich nutzen. Wenn ich etwas kaufe, verliere ich nicht nur die Zeit mit der Auswahl der Ware, sondern ich muss auch die Zeit für die Geldbeschaffung aufwenden. Außerdem nimmt man sich die Zeit für die Pflege des Produktes und eventuell für seine Entsorgung. Ist das nicht einfacher, in einer Höhle zu leben? Dann müsste man viel weniger arbeiten und man hätte Zeit ohne Ende. Aber aus irgendeinem Grund klappt es mit dem Minimalismus nicht. Leider. Leider...
Ich war gestern seit einer sehr langer Zeit wieder mal im Einkaufszentrum und kaufte mir nach einer alten Gewohnheit ein Kettchen. Wofür? Was für Sinn hat das? Das Geld ist verschwendet. Ich bin wohl dumm. Und - der Impuls, weiter die Zeit zu verschwenden, ist immer noch vorhanden! Schaltete heute beim Frühstück wie in den alten Zeiten den Fernseher ein. Allerdings nach 20 Sekunden wieder ausgeschaltet. Ich kann so mein Essen überhaupt nicht genießen! Spüre kaum Geschmack und Konsistenz, kann die Mengen nicht abschätzen. Optischer Reiz fehlt. Nur sehr eingeschränkter Genuss... Was erwarte ich vom Fernseher? Nur negative Emotionen. Berichte über diese verrückte und gewalttätige Welt, die aus Mangel an Liebe auseinanderfällt. Dazu Werbung. Ich BIN dumm.
Ich sehe, dass ich doch ein Stück an innerer Arbeit geleistet habe. Ich hoffe, es bringt mich weiter. Ich brauche nur Zeit.
Noch ein Gedanke: Komischerweise sind sogar im Zentrum die Menschen nicht alle fortgeschritten. Ich habe zufällig einer Unterhaltung zugehört. Eine Frau war sehr belehrend und machte einen herablassenden Eindruck. Sie praktiziere schließlich seit über 30 Jahren und sie wäre verzweifelt, wie sie da irgendeine Sache vermitteln solle. Ich habe keine Liebe in ihren Worten wahrgenommen. Mit dieser Aussage hat sie in meinen Augen einen Menschen verletzt. Anscheinend hängt der Fortschritt nicht von der Zeit des Praktizierens.
Ich frage mich, ob ich bei meinen Patienten eventuell jemanden erkennen kann, der auch den Weg geht. Bisher haben meine vorsichtigen Fragen nichts ergeben. Die meisten Menschen wollen es einfach nicht wissen. Neulich fragte ich einen Patienten, ob er auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sei. Er antwortete: Nein - denn es gäbe keinen. Meine Meinung dazu: Der Sinn des Lebens ist in der persönlichen Evolution und Befreiung. Ich möchte nicht NUR dieses Dasein auf eine angenehme Art verbringen. Ich brauche ein Ziel.
Samstag, der 04.02.23 - Mein Inneres ist reaktionsfrei!
Wir sind auf einem Wochenende-Ausflug in Rees. Wunderschöne kleine alte Stadt. Hübsches Hotel mit Blick auf Rhein. Ich wusste nicht, ob die Meditation in einem Raum mit meinem Mann und dem Hund gelingen würde. Schloss mich nach dem Frühstück auf der Toilette ein, setzte den Kopfhörer auf und "Nicht reagieren" mit 7Mind meditiert. Der Gedankengang war folgender: Aus der Medizin weiß ich, dass lebendige Materie ein gemeinsames Merkmal hat: Sie reagiert auf Reize. Danach habe ich versucht diese kristallglasreine Substanz, die in mir drin ist, zu erforschen. Ist sie reaktionsfähig?
Und als ich mir diese Frage gestellt habe, kam so eine heftige Welle von innen, so ein Wärmegefühl, so ein Glück, und so ein Befreiungsgefühl, dass ich weinen musste... Freiheitsgefühl war viel stärker als bei dem Lösen der ersten Fessel. Ich habe festgestellt, dass dieses kristallglasreines Inneres von der Reaktion KOMPLETT FREI ist.
Ich war so überwältigt vor Glück, dass ich in diesem Moment dachte: Ich habe die vierte Fessel gelöst! Ich muss nicht wiedergeboren werden! Als die Meditation zu Ende ging und ich mich etwas beruhigt hatte, bin ich auf den weichen Knien aus der Toilette gekrochen und war komplett entkräftet. Musste mich zuerst hinlegen.
Eigentlich planten wir heute eine Fahrradtour und es war mir peinlich, dass ich in diesem Moment nirgendwohin kann. Ich lag auf dem Bett, schwelgte im Glück und versuchte zu realisieren, was habe ich denn gerade erlebt? War das die vierte Fessel? Die Antwort war: Nein. Es muss etwas anderes sein.
Ich schaute auf der Seite von Christiane Michelberger nach. Dort wird die vierte Fessel definitiv anders beschrieben. Diese Seite rufe ich zurzeit mehrmals täglich auf und werde trotzdem nicht schlauer. Ist es möglich, dass jeder es anders erlebt? Kann es sein, dass jeder sich selbstständig die Fragen stellen soll? Es ist zwar kompliziert, zuerst die richtigen Fragen zu suchen und danach noch die Antworten darauf. Vielleicht sollte ich die Christiane kontaktieren und sie nach ihrer Meinung fragen. Auf der Seite steht allerdings, dass zurzeit alle Gruppen ausgebucht sind...
Danach kam die Frage: Was mache ich denn mit dieser Erkenntnis? Die Antwort war: Ich weiß, dass ich nicht reagieren MUSS. Ich habe die Wahl, ob ich reagiere oder nicht. 🤩🤩🤩 Das wird mir auf jeden Fall das Leben sehr erleichtern. Man muss es nur ein wenig üben... (Kommentar: Das war ein irrtümlicher Gedanke)
Mein Gott, es ist etwas ganz was anderes, wenn man die Sachen erlebt und nicht einfach logisch zu einer Schlussfolgerung kommt... Peter fragte mich um die Mittagszeit, was ich denn so Großartiges erlebte, und konnte meine Begeisterung überhaupt nicht nachvollziehen. Verständlich. Das wird auch keiner nachvollziehen können, der das nicht erlebt hat.
Es war heute wieder einer den glücklichsten Tagen in meinem Leben, von früh bis spät... Ich werde ihn nicht vergessen. Dieser Tag hat mir mehr Glück beschert als die gesamte Marokko-Reise. Ich konnte mich zwar schlecht fokussieren, da wir den ganzen Tag auf dem Rad verbracht haben. Aber es waren ununterbrochene zehn Stunden Glück! Ich habe mich noch nie so GANZ, und gleichzeitig irgendwie mehr transparent gefühlt, als ob ich für die weltliche Einflüsse mehr durchsichtig geworden bin. Schwer zu erklären. Wie ein Fischernetz, der zum Trocknen aufgehangen wurde. Und durch den der Wind hindurch weht. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Kette, welche um mich gewickelt ist, doch ziemlich gelockert habe.
Sonntag, der 05.02.23 - Was reagiert denn da???
Heute meditierte ich wieder ohne die App. Versuchte das kristallglasreines Etwas in meinem Inneren zu erreichen und bin in einen wunderschönen Ruhezustand gekippt. Gar keine Reaktion! Absolute Ruhe! Ich saß etwa 10 Minuten in diesem friedvollen Zustand und verstand erst dann, dass es mein Ruheraum ist! Mein Ruheraum IST mein nicht reaktionsfähiges Ich! Bei diesem Gedanken hat sich der Ruheraum erweitert und mein ganzes Inneres ausgefüllt.
Schon wieder sehr schwer wiederzugeben.
Oh, man. Ich bin so glücklich. Heute ist der "Grundzustand" höher als sonst. Es ist so wunderbar. Ich bin bereit jeden zu lieben. Verstehe nicht, warum die Menschen nicht sehen, was in mir passiert?
Denke oft an Buddha. Wie ist es ihm ergangen? In welchem Stadium der inneren Entwicklung hat er seine Familie verlassen? Wie konnte er seinen Weg finden? Ich gehe den Weg, der schon beschrieben wurde und sehe ihn trotzdem nicht. Alles blind ertasten, identifizieren, weitersuchen. Wie weise und wie mächtig soll Buddhas Geist gewesen sein, um als Erster den Weg bewusst zu gehen und vor allem ihn so zu beschreiben, dass die anderen ihn nutzen können? Für mich aus allen Standpunkten unvorstellbar.
Nun ja, und heute stelle ich mir wieder die gleiche Frage: Wenn mein Inneres grundsätzlich nicht reaktionsfähig ist, was reagiert denn zum Teufel da und warum???????? Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Frage. Wenn ich darauf eine Antwort finde, werde ich vermutlich die vierte Fessel lösen. Denn das Wollen und Ablehnen auch nur die Reaktionen sind. Genauso wie Gefühle. Im Grunde genommen, ist das ganze Universum samt lebendiger Materie nur eine Reaktion. Wenn man die Antwort kennt, gehört man dieser Welt nicht mehr.
Abends hatte ich das Bedürfnis noch mal zu meditieren, es war aber viel zu spät und so bin ich einfach ins Bett gegangen. War müde und trotzdem sehr unruhig, wälzte mich hin und her und konnte nicht einschlafen. Mal fällt mir eine Sache ein, die ich aufschreiben will, mal die andere… Ich schaltete das Licht ein, machte Notizen. Irgendwann verstand ich: Der Geist ist unruhig. Meditierte Metta im Bett. Konnte das Gedankenkarussell stoppen und den Geist beruhigen. Aber die körperliche Unruhe ist geblieben, so ein unangenehmes Gefühl in den Unterschenkel, sodass man die Beine unbedingt bewegen will. Ich probierte "Nicht reagieren" aus. Kommt ein Impuls => ich KANN nicht reagieren. Bewege mich nicht. Kommt der nächste Impuls => ich KANN nicht reagieren. Bleibe ruhig und unterdrücke den Bewegungsdrang. Jedes Mal wurde diese Übung mit einer Freude-Welle begleitet. Herrlich. Irgendwann hat der Drang nachgelassen. Anschließend machte ich die Relaxation nach Jacobson und konnte ganz zur Ruhe kommen.
Vor dem Einschlafen kam ein wunderschöner Gedanke: Ich kann meinen Geist durch den Körper beeinflussen! Es geht nicht immer nur in die eine Richtung, sondern auch umgekehrt! Heureka! Ich erfinde wohl das Rad neu! 😜 Ich möchte doch meinen Geist lenken lernen. Ach DAFÜR sind wohl Achtsamkeit und Yoga da... Das muss ich unbedingt mit meinen Patienten teilen!
Montag, der 06.02.23 - Ich will weiter
Gehe immer wieder die Sache mit der Reaktionsunfähigkeit des Geistes durch. Blätterte gestern in meinem Tagebuch und stellte fest, dass ich mir am 23.01.23 die gleiche Frage gestellt habe, ohne eine Antwort darauf zu finden. Was hat den Unterschied ausgemacht? War ich damals mit negativen Emotionen überlagert? Es scheint, dass ich ab sofort alle Antworten in der Meditation suchen soll. Hohe "Zustand-Wellen" gibt es nicht mehr. 😕 Zweimal täglich meditieren ist aber hilfreich. Versuche durchzuziehen.
Christel, Susanne und ich haben das Buch von Maitreyabandhu "Achtsamkeit" beendet. Seit Mitte Januar lesen wir das zweite Buch von ihm "Reise und der Reiseführer" und besprechen es in den wöchentlichen WhatsApp-Videokonferenzen. Dank der gestrigen Sitzung ist mein Grundzustand heute höher als sonst. Ich verstehe, wozu Sangha (buddhistische Gemeinschaft) gut ist. Ich bin mit Liebe gefüllt bis zum Rand. Nicht so, wie in Marokko, ganz normal auf menschliche Art. Zärtlichkeit. Möchte jedem helfen. Kann mir nicht vorstellen, mit jemanden zu schimpfen.
Wann geht denn mein Prozess endlich weiter? Das große Glück von Samstag ist noch spürbar, aber ich empfinde schon wieder dieses Kratzen und Jucken: schneller weiter! Was reagiert denn da und warum? Wo finde ich die Antwort? Ich schaue gleich in das Buch über die Erleuchteten rein! Muss ich denn tatsächlich immer das Rad neu erfinden?
Abends
Meine Güte. Ich schaute in das Buch von Sally Bongers "Alltägliche Erleuchtung" rein. Es sind sieben Geschichten des Erwachens von den Menschen, die kein großes trara daraus gemacht und weiter ihr gewöhnliches Leben gelebt haben. Mir sträubten sich die Haare, weil die Geschichten echt wahr sind (ICH KANN ES SEHR GUT SPÜREN - ALLES VIBRIERT!) und anscheinend auch von einem Erwachten geschrieben worden sind. Ich war vom Buch so erfasst, dass es beim Lesen eine hohe „Zustand-Welle“ kam und sogar mein Hinterkopf prickelte, wie sonst nur bei einer tiefen Meditation.
Mama und ich mussten zum Yoga, und ich dachte zuerst - Nein, ich kann nicht aufstehen, bevor ich das ganze Buch nicht gelesen habe. Ich wollte aber meiner Mutter den Abend nicht verderben. Unterwegs zum Yoga überlegte ich: dieses Buch bringt mich komplett aus meinem Konzept. Es bringt mich aus der Fassung und demotiviert dermaßen, dass ich seine Wirkung eher als zerstörerisch als hilfreich beschreiben würde. Diese Menschen haben ihren eigenen Weg gefunden und das soll ich auch tun. Abends habe ich mir nicht mehr getraut, es weiterzulesen.
Dienstag, der 07.02.23 - Jeder für sich allein
Ich habe heute mit Christel telefoniert und ihr über die zwei letzten Ereignisse berichtet: Kristallglasreines Inneres und seine Nichtreagibilität. Ich war wieder sehr emotional. Ich glaube, ich gehe der armen Christel so langsam auf den Nerv. Ich muss mich ein wenig zurückhalten. Was zurzeit sehr schwierig ist. 😕 Es ist so eine Unzufriedenheit in mir, zwei Tage erst nach dem letzten Ereignis. Ich will weiter! Ich kann dieses Leid nicht mehr ertragen!
Im Gespräch schimpfte ich über alle Bücher. Überall steht nur wischi-waschi drin und ich finde keine direkte Anleitung zum Wachwerden.
Ich traute mich heute Abend endlich, Christiane Michelberger mit der Bitte um Hilfe zu schreiben. Ich versuchte, ihre Anleitung zum Lösen der vierten Fessel anzuwenden und musste feststellen, dass sie bei mir nicht funktioniert. Anscheinend muss jeder seinen eigenen Weg finden. Die Anleitung zum Lösen der ersten Fessel fand ich zwar interessant, aber zu kompliziert. (Wenn man sich für die Newsletter anmeldet, kann man die Anleitung zu der ersten Fessel als PDF runterladen). Ich finde meine Lösung viel einfacher und eleganter. Aber anscheinend hatte ich andere Voraussetzungen.
Ich verstehe jetzt endlich, dass ich umsonst Hilfe im Zentrum gesucht habe. Sogar die Anleitungen von Christiane Michelberger, die offenbar erwacht ist, können mir nicht helfen. Und bei uns im Zentrum gibt es wohl keine Erwachte. Zumindest wurde mir kein einziger Name trotz meinen wiederholten Nachfragen genannt... Sunyatacharu meinte expliziert, dass sie alle an der vierten Fessel arbeiten.
Ich muss meinen eigenen Weg gehen. Und - wahrscheinlich werden meine Aufzeichnungen keinem helfen können. Es ist immer eine individuelle Befreiung. Jeder für sich allein. 😕
Bitte, liebe Leser, wenn mein Blog jemandem geholfen hat, sagt mir kurz Bescheid! Es würde mich sehr freuen!!! Es steckt nämlich eine Menge Arbeit dahinter und manchmal frage ich mich, warum ich das tue.
Donnerstag, der 09.02.23 - Die nichtexistierende Kette
Heute Morgen setzte ich mich im Schlafzimmer auf meinen Meditationshocker und überlegte. Ich habe SCHON MAL diese wunderschöne Ruhe erlebt, diesen glücklichen, vollkommenen, friedlichen, unbeschreiblichen Zustand der inneren Ruhe. Wo sich nichts mehr rührt. Das war ganz kurz in Marokko. Bleibt aber unvergesslich. Also - ich weiß, wie sich das anfühlt. Wenn man NICHTS will. Wenn man in seiner Mitte bleibt und nicht schwanken muss. Nicht reagieren muss. Ich empfinde dieses Schwanken zurzeit als richtig schmerzhaft. Sehr, SEHR unangenehm. Quälend. Warum schwanke ich? Warum kann ich nicht in der Mitte bleiben? Warum kann ich keine Ruhe finden???
Ich saß auf meinem Hocker, die Sonne fiel durch das Fenster auf die Tapete und ich empfand diesen Moment als wunderschön. Auch nach sechs Jahren gefällt mir diese Tapete immer noch. Es gibt nur wenige Sachen, die ich UNBEDINGT HABEN will. Ich wollte aber dieses Haus so verzweifelt haben, dass ich an dem Wunsch fast zerbrochen bin. Peter kann das bestätigen. Ich fühle mich oft zu den schönen Sachen angezogen. Ich mag optische Reize. Es bedeutet, meine Beurteilungen "schön" und "hässlich" führen zu den Schwankungen. Meine eigene Beurteilungen. Denn andere Menschen finden andere Sachen schön oder hässlich. Das heißt: meine Beurteilungen führen zu meinen Reaktionen. Doof. ICH bin die Ursache für die Schwankungen! Aber welches ich denn? Es gibt doch kein festes Ich???
Überall nur ich, ich, ich... Irgendwas ist hinter diesem Wort. Wie auch hinter dem Wort Reaktion. Hmmm. Das muss ich mir später noch mal überlegen.
In der Meditation kamen noch folgende Gedanken: Die Kette existiert nicht. Es ist eine Illusion. Ich bin in eine Illusion eingewickelt. Total bescheuert. Aber man fühlt sich trotzdem gefangen. Eingeengt. Nicht frei. Zugegeben, ich habe meine Kette nie als sehr fest empfunden. Ich befolgte zwar die Regel im Leben, empfand sie aber oft als lächerlich und unnötig. Sogar jetzt habe ich das Gefühl, diese Kette leicht lösen zu können. Ich komme nur nicht drauf, wie.
Ich sehe jetzt, dass einige Menschen enger und die anderen lockerer "eingewickelt" sind. Wie oft höre ich von meinen Patienten den Satz: "Ich kann nicht!" Schätzungsweise 95% der Menschen können nicht dauerhaft ihre Nahrungszufuhr normalisieren und sich regelmäßig bewegen. Mit dem Rauchen oder Alkohol aufhören. Medienkonsum kürzen... Die Begründung ist fast immer - es ist meine Lebensqualität. Wirklich witzig. Sie können sich nicht vorstellen, was ihnen damit entgeht... Sie WOLLEN NICHT das damit verbundene Leid sehen. Es ist der Ausdruck der Gefangenschaft. Die meisten Menschen können nichts mit sich selbst anfangen. Nicht körperlich und nicht geistig. Sie sind gefangen. Und merken es nicht mal. Der Geist begrenzt sich selbst aus irgendeinem Grund. Oder ohne den Grund?
Nun gut, man muss verstehen, dass zu mir Menschen kommen, die Hilfe brauchen. Das sind diejenige, die ihre Probleme selbstständig nicht lösen können. Die Gruppe ist nicht presentativ. Viele fähige Menschen, die sich selbst formen können, bleiben gesund und der Arztpraxis fern.
Freitag, der 10.02.23 - Der Kurs Brahma Viharas
Ich war heute zu dem Kurs Brahma Viharas, der von drei Leitern begleitet wurde: Muditamani, Sadhanakala und Ravishiva. Der Kurs war herrlich. Es geht um die vier himmlische Verweilzustände: Metta (Liebe), Karuna (Mitgefühl), Mudita (Mitfreude) und Upekka (Gleichmut oder Gelassenheit). Der Body Scan von Sadhanakala war wunderschön! Muditamani hat eine kurze, aber tolle Meditation eingeleitet. Ich mag diesen Mann. Er war bei meinem ersten Besuch im buddhistischen Zentrum am 28.07.22. Damals hat er eine Metta Meditation eingeleitet und ich dachte mir: So soll ein Buddhist aussehen! Sehr heiter und glücklich. Unvergesslich.
Heute hatte ich für die Metta Meditation als schwierige Person Frau Kosul gewählt, unsere ehemalige Hausmeisterin. Diese damalige Nachbarin hat mich so geprägt, dass ich allein beim Hören einer ähnlichen Aussprache zusammenzucken muss. Ich habe festgestellt, dass ich damit kämpfen muss, meine Patienten mit ählichem Akzent gerecht zu behandeln und keine Vorurteile zu bilden... Das war eine furchtbare Person! Ich wohne seit fünf Jahren nicht mehr im Haus und trotzdem verfolgt sie mich im Geist immer noch. Sie greifte jeden an, der näher als zehn Meter an ihr vorbeilief. Auf jeden Fall bin ich heute gedanklich über sie gestolpert. Ich fragte mich, wie sie denn innerlich aussehen soll, denn ich weiß jetzt, dass man mit Aggression sich selbst verletzt.
Und sah ich sie: verwundet, blutig und narbig, ein komplett verunstaltetes Wesen. Alles allein durch ihr eigenes Tun. Sie hat mir echt leidgetan. Ich wünschte ihr gute Besserung und spürte in diesem Moment: Oh - da ist die positive Energie, die ich in Bezug auf diese Person nie im Leben gehofft hatte zu spüren! Es war wunderbar. Ich glaube, ich konnte Frau Kosul heute endlich verzeihen und loslassen.
Ich muss sagen, ich habe zurzeit keine schwierigen Personen in meinem Leben. Ich habe das Gefühl, alle Fronten bereinigt zu haben. Meine Kinder und meine Mutter, aber auch meine Kollegen bleiben, wie sie sind, und trotzdem spüre ich keine negativen Emotionen mehr. Es ist unbeschreiblich schön!
Irgendwie habe ich ein wenig Angst davor, was passiert, wenn ich die vierte Fessel löse. Werde ich nicht reaktionsfähig? Verschwinden alle Wünsche und Abneigungen? Ich wäre doch in dieser Welt nicht mehr funktionsfähig… Dann dachte ich: Schwachsinn. Hätte ich von der Existenz der ersten Fessel gewusst, bevor ich sie gelöst habe, hätte ich auch die Bedenken gehabt. Aber - man lebt, wie davor, mit dem Unterschied, dass man freier und glücklicher ist. 🤩🤩🤩
Sonntag, der 12.02.23 - Das Leid spitzt sich zu
Gar kein Zustand seit Freitag... Ich komme schlecht in die Meditation rein... Die Sache mit dem Reagieren beschäftigt mich sehr. Bisher keine Antwort von Christiane Michelberger. Ich schrieb heute Sunyatacharu mit der Frage, ob sie mir jemand vermitteln kann, der an der vierteln Fessel arbeitet.
Heute Morgen meditierte ich wieder "Nicht reagieren" mit 7Mind. Dabei kam mir folgendes in den Sinn: Mein Leben war schon mal viel schwieriger. Ich habe echt harte Zeiten erlebt, die mich 2017 zu einem Burnout geführt haben. Ich war komplett mit Reizen überflutet, stand unter ständigem Zeitdruck und Anspannung, litt an chronischer Müdigkeit. Es ging um pures Überleben. "Funktionieren" war das Schlüsselwort für diese Zeiten. Damals lernte ich, schnell zu reagieren. Alles sofort zu erledigen. Wenn ich einen Brief öffnete und Geld überweisen musste, erledigte ich es in der gleichen Minute. Wenn etwas fehlte, bestellte ich den Artikel umgehend bei Amazon. Ohne zu überlegen. Ich war monatelang und jahrelang nur am Reagieren. Vielleicht muss ich es jetzt lernen, diesen Reflex zu unterbrechen. Wird es schwierig sein? Zumindest auf der Arbeit ist es undenkbar.
Noch ein Gedanke, der mir wichtig erscheint. Ich dachte immer, dass der Geist den Körper mit den Gedanken steuert. Bei manchen Menschen klappt es gut, bei den anderen schlecht und es gibt Menschen, die überhaupt keine Kontrolle haben. Heute Morgen bei der Meditation kam mir aber in den Sinn: Der Körper steuert auch den Geist! Die Empfindungen entstehen definitiv im Körper. Ist der Geist gefangen? Angenommen, ich habe Hunger, aber der Geist will Ruhe. Wie lange halte ich durch? Was für ein Gespann ist es - Körper und Geist? Wer führt? Und mit welchem Teil identifiziere ich mich? Warum habe ich geschrieben: Ich habe Hunger? Bin ich der Körper? Der Gedanke widerstrebt mir... Und damit sind wir wieder bei der Frage: Was reagiert denn da? Wenn der Geist nicht reaktionsfähig ist... Ist es alles nur der Körper??? Ich drehe mich im Kreis...
Heute Morgen gab es einen sehr unschönen Austausch mit Kevin. Es hat mich sehr runtergezogen. Weinte wieder. Schloss mich im Schlafzimmer ein und wollte keinen sehen. Ich bin zurzeit so empfindlich und verletzlich, dass mich jeder emotionaler Windstoß umhauen kann. Ich bin so müde, ständig zu reagieren. STÄNDIG reagieren zu müssen. Ich habe das Gefühl, dass ich zurzeit noch mehr leide, als bevor ich im Sommer zum buddhistischen Zentrum kam. Und dabei quält mich nicht die Außenwelt, sondern meine inneren Sachen. Muss ich denn reagieren??? Das ist die Frage! Wenn ich weiß, dass ich für meine Reaktionen selbst verantwortlich bin und nicht die Welt um mich herum... Es erleichtert ein bisschen das Herz. Ich fühle mich zumindest nicht wie eine Marionette... Die Umwelt verursacht die Reize. Meine Reaktionen darauf kann ich aber selbst steuern. Oder nicht?
Ich las gerade das oben Geschriebene und hätte gerne das Wort "steuern" ganz weggelassen. Ich hätte gerne so einen Zustand, wo gar keine Reaktionen ENTSTEHEN. Vollkommene Ruhe. Den Ursprungszustand. Das, was ich in meinem kristallglasreinem Inneren gesehen habe.
Ich sitze hier im Schlafzimmer allein und mir gehen das Gespräch von heute Morgen durch den Kopf. In einem Moment spürte ich, dass die Gefühle wieder hochsteigen und die Tränen kommen. Dann erschien der Gedanke: das ist der Reiz! Ich habe versucht, meine Gedanken zu beobachten und merkte, dass die Gefühle nachgelassen und verschwunden sind. Die Reaktion ist ausgeblieben... Das war doch ein wenig hilfreich. Ein kleiner Trost. Aber ein paar Minuten später kamen die Gedanken wieder und verursachten die gleiche Situation. Es wäre toll, es trainieren zu können... Aber wie soll ich das in diesem Chaos machen? Kann ich diesen Ort verlassen um irgendwo allein leben?
Montag, der 13.02.23 - Ohne "Zustand" ist alles doof...
Heute gar kein "Zustand". Ich fühle mich miserabel. Konnte mich trotzdem zwingen, zur Arbeit zu gehen und war sogar abends mit Mama zu dem Yoga, obwohl ich zurzeit nur ihr zuliebe hingehe. Sagte zu mir selbst: Ja, jetzt muss du wohl ohne den "Zustand" leben lernen. Wie ein jeder normaler Mensch. Es ist immer noch kein Grund zum Suizid...
Übrigens fühlte ich heute meinen Körper beim Yoga nicht als mich, sondern als meinen Körper. Und das, obwohl ich nicht im "Zustand" war. Vier Extremitäten, Bauch, alles, was ich sehen konnte, war komisch und es war nicht ich.
Abends war ich so frustriert und entmutigt, dass ich mit einem Glas Wein ins Bett ging. Ich verlor die komplette Motivation. Wieder die Sinnlosigkeit meines Lebens gespürt...
Dienstag, der 14.02.23 - Meine Wünsche existieren nicht!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Heute ging es irgendwie weiter. Ein langer Arbeitstag. Saß abends komplett erschöpft und deprimiert auf dem Sofa und stöberte in meinem Handy. Öffnete die Mailbox und entdeckte gleich zwei wichtige Mails. Sunyatacharu schrieb, dass zur Lösung der vierten Fessel eine Menge Positivität erforderlich ist. Und dass alle an der vierten Fessel arbeiten, ich könnte jeden fragen… Christiane Michelberger antwortete, sie würde mir einen persönlichen Termin am achten März anbieten.
Die beiden Mails haben mich stark aufgebaut, ich fühlte mich nicht mehr so allein. Ich spürte einen Energieschub und sagte zu mir: Es reicht an der Quälerei. Ich werde mich gleich auf den Stuhl setzten und meditiere so lange, bis ich diese verdammte vierte Fessel nicht gelöst habe. Ich bin SO FERTIG mit dieser Fessel. Es muss endlich ein Ende nehmen.
Ich ging ins Büro und schloss mich ein. Ich bereitete mich innerlich vor, hier heute auf dem Stuhl zu übernachten. Ich nahm das Wort "Positivität" aus der Mail von Sunyatacharu als Schlüsselwort. Ich erinnerte mich, wie viel Freude und Glück ich früher bei der Meditation empfand. Früher spürte ich schon abends die Vorfreude auf die morgige Meditation, weil sie mit so viel Genuss verbunden war. Aber in der letzten Zeit war ich so auf die Lösung der vierten Fessel besessen, dass ich die Meditation nur zum Nachdenken "missbrauchte". Vielleicht deswegen ließen die Zustände nach und verschwanden? Buddha sagte: "die Glückseligkeit ist der Schlüssel zur Nirvana"... Als mir das klar wurde, erhellte sich mein Zustand und ich erlebte tatsächlich eine sehr schöne, sehr helle Meditation. Ich genoss sie EINFACH und dachte an nichts Weiteres. Ich saß wahrscheinlich eine Stunde da und wollte gar nicht aufhören. Zwischendurch kam Peter und ruckelte an der Tür, was mich nicht störte.
Irgendwann fangen die Gedanken trotzdem an zu kreisen: Was ist denn mit diesem Reagieren? Ich habe tief in mir gegraben, und konnte keine Antwort finden. Ich dachte an die kristallglasklare Substanz, aber es kam ebenfalls keine innere Reaktion. Dann dachte ich an das "Alles brennt" und konnte sehr gut visualisieren, wie alles im mich herum brennt. Alles war so instabil, alles zerfiel vor meinen Augen, so dass meine Umwelt praktisch nicht existierte. Dann schaute ich in mich hinein und musste noch mal feststellen, wie instabil ich selbst bin. Und - plötzlich erinnerte ich mich, wie ich meine Wünsche nach dem Rat von Philip Moffitt untersuchte. Der Wunsch ist sehr instabil und wird zu seiner Existenz nur durch die Gedanken unterstützt. In diesem Moment überkam mich das Gefühl, dass meine Wünsche nicht existieren. Es war so, als ob sie sich vor meinen Augen in der Luft aufgelöst hätten, wie eine Fata Morgana. Als ob eine Seifenblase geplatzt wäre! Ich spürte plötzlich an der Stelle, wo meine Wünsche waren, eine Leere. Ich habe verstanden, dass sie NIE existiert haben. Es war alles nur eine Illusion! Genau wie die erste Fessel.
MEIN GOTT! Das wusste ich doch! Ich verstand es intellektuell die ganze Zeit! Aber erlebt habe ich das erst jetzt. Ich erfasste es gerade nicht mit meinem Verstand, sondern mit dem ganzen Wesen. Schwer zu beschreiben.
Ich saß da und dachte mir: so leicht und unspektakulär... Kein Glücksgefühl. Nur eine Leere. In einer nicht existierenden Welt entdeckt ein nicht existierendes Ich seine nicht existierende Wünsche... Kompletter Schwachsinn.😆 Oder komplette Freiheit. Wie man es nehmen will. Komisch, dass die Lösung so einfach war. Und ich, die doofe, quälte mich die langen-langen Wochen mit verschiedenen Gedankenkonstruktionen...
Und noch eine Bestätigung: meine Fesseln sind tatsächlich eine Kette. Ich ziehe an dem Ereignis "Alles brennt", danach kommt "Mein inneres Ich existiert nicht", nächster Punkt sind meine nichtexistierenden Wünsche. So kann ich mich komplett auswickeln. Ich bin nicht doof. Ich bin genial. 🤩🤩🤩
Und weil ich so genial bin, muss ich nicht wiedergeboren werden! Ich muss nicht in diese verrückte und qualvolle Welt zurück!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Bei diesem Gedanken war der Damm durchbrochen. Ich muss hier nicht zurück! Ich bin frei von dieser Welt! Es war so, als ob eine Lawine kam. Unbeschreibliches Glück. Ein Gefühl der wunderbaren Freiheit in der Brust, bis in den Bauch, bis zum Nabel. Schwer wiederzugeben. Die Tränen kamen. Ich muss nicht wiedergeboren werden!...
Ich saß wohl sehr lange da und habe vor Erleichterung geheult. Musste aber Gott sei Dank im Büro nicht übernachten... 🤩🤩🤩
Ich weiß zwar nicht, ob es die komplette Lösung war oder nur das Abschwächen von der Fessel, wie es Philip Moffitt ausdrückt. Was ist mit meiner Abneigung? Existiert sie auch nicht? Ich muss es mal morgen untersuchen.
Wunderschöne Gefühle im Brust- und Bauchbereich haben sich noch stundenlang angehalten. Auch mitten in der Nacht, als ich zum Klo musste, konnte ich sie noch wahrnehmen.
Also, es geht weiter!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Mittwoch, der 15.02.23 - Deutliche Leidminderung
Heute Morgen bin ich ohne den Wecker kurz vor fünf Uhr aufgewacht, voller Energie und Freude, wie seit Wochen nicht mehr. Wieder voller Hoffnung. Oh, man...
Als erstes horchte ich in mich hinein: Will ich etwas? Will ich etwas nicht? Konnte nur feststellen, dass dieser täglicher innerer Widerstand "Oh Gott, ich muss zur Arbeit!" abwesend ist. Spürte stattdessen eine Neutralität. "Ich muss zur Arbeit - okay, dann gehe ich zur Arbeit ". Raus aus dem Bett! SCHÖN! 🤩🤩🤩 Beim Zähneputzen ist es mir aufgefallen, dass ich so ziemlich neutral über das heutige Abendessen mit der Praxis denke, obwohl ich mich gestern noch innerlich sehr dagegen sträubte. Was soll ich im Restaurant mit den Menschen, die ich sowieso häufiger sehe, als meine Kinder und wo ich nichts außer Salat essen kann? Aber heute war dieses "Ich will nicht" nicht mehr da! Sofortige Leidminderung! Oh, man... So eine tolle praktische Anwendung von der vierten Fessel habe ich nicht erwartet! 🤩🤩🤩🤩🤩🤩🤩🤩🤩
Aber der Wunsch weiterzukommen ist gefühlsmäßig noch stärker geworden. Ich will endlich diesem Leid entkommen! Verstehe ich nicht... Gehört dieser Wunsch denn nicht zu den anderen Wünschen?
Ich erzählte Peter über meine Freude und Triumph. Er hörte es sich kurz an, drehte sich um und ging zu Toilette. Die Blase drückte... Ich bin mir komplett im Klaren, dass meine Berichte wie ein Delirium oder als ein Abrakadabra vorkommen sollen. "Schatz, ich habe gestern erlebt, dass meine Wünsche nicht existieren! Ich bin so glücklich!" 🤣🤣🤣 Wirklich, ich kann selber darüber lachen! Irgendwie schafft es mein Gehirn zurzeit parallel in zwei Welten zu leben, die man sich nicht nebeneinander vorstellen kann.
Ich habe so oft den Impuls, jemanden meine Geschichte zu erzählen, aber ich begreife, dass sie kein Mensch verstehen wird. Meine Freunde werden womöglich Angst bekommen oder sich Sorgen um mich machen... Die Informationen gleiten einfach am Gehirn vorbei. So war es bei mir früher. Ich erinnere mich, wie ich reagiert habe, als Christel mir berichtete, dass ihr inneres Ich nicht existiert. Unverständnis und Ablehnung der Information. Überhören. Der Geist ist so fest eingewickelt, dass er nichts sieht. Schlimmer noch: der Geist WEIGERT SICH, hinzuschauen. Wahnsinn. Es werden plausible Ursachen vorgeschoben wie: "Es ist mir zu esoterisch" oder: "Ich habe gerade keine Zeit dafür". Verstehe ich. Vielleicht sollte ich nach den Menschen suchen, die nicht so fest eingewickelt sind? Wahrscheinlich werden diese Menschen Interesse zu meiner Geschichte zeigen. Wo sucht man sie bloß? Theoretisch sollten die Buddhisten schon ziemlich nahe der Oberfläche sein. Soll ich bei dem kommenden Retreat darüber sprechen?
Um die Mittagszeit
Ich schaute wieder auf der Internetseite "Die zehn Fesseln". Dort steht, dass man die Natur des Begehrens und der Abneigung versteht, wenn die vierte Fessel komplett gelöst ist. Ich verstehe die Natur nicht. Es gibt kein Begehren und keine Abneigung, welche Natur sollen sie denn haben? Ich bin wohl zu blöd... Muss ich Christiane fragen.
Abends
Ich bin erst um 21:30 Uhr nach Hause gekommen. Voller Energie. Glücklich. Wieder im "Zustand". Tagsüber hatte ich leichte Brustbeklemmungen, obwohl gestern ausführlich meditiert. Nahm mir in der Mittagspause Zeit und nochmal etwa dreißig Minuten meditiert. Der "Zustand" war deswegen heute Abend sehr hoch.
Ich saß im Restaurant mit meiner Praxis, hörte den Gesprächen zu und beobachtete die Menschen. Fühlte mich echt wie ein Alien. Keine Zugehörigkeit mehr zu dieser Spezies und zu dieser Welt. Es ist mir schon so lange alles fremd. Die komische Angewohnheit dieser Gattung, alle Anlässe mit ausgiebiger Nahrungszufuhr zu feiern. Oft auch in Kombination mit berauschenden Mitteln. Würde es nicht mehr Spaß machen, sich im ruhigen Kreis zu setzen und etwas Freudiges oder Spirituelles zu lesen? Oder einfach nur zusammen einen Spaziergang im Wald zu machen? Tanzen gehen? Rhythmische Körperbewegungen zu der schönen Musik machen mir viel mehr Freude als Essen... Komische Gedanken mitten im (verschobenen) Weihnachtsessen. Aber ich war heute Abend in einem hohen "Zustand" und es fühlt sich dabei alles anders an. Leichte Entfremdungsgefühle waren ebenfalls vorhanden, wie auch jetzt beim Schreiben, diese fremde Hand mit dem blauen Kugelschreiber. Kenne ich ja schon...
Also, ich bin der Meinung, dass die vierte Fessel komplett gelöst ist. Zumindest jetzt im "Zustand" fühlt es sich so an.
Ach ja. Christiane Michelberger hat in ihrer Mail meine „Zustände“ Jhanas genannt. Sie meinte, dass es Meditationsvertiefungen sind, in denen vorübergehend die Fesseln aufgehoben sind. Ich weiß nicht. Meine Zustände dauern manchmal Tage. Und ich funktioniere und lebe (fast) normal. Aber mit der aufgehobenen Fessel hat sie komplett recht. Im Prinzip ist es gleich, mit welchen Worten Menschen es benennen. Obwohl für die Kommunikation ist die Terminologie sehr hilfreich.
Nun gut, ich las gerade noch ein Mal den Wikipedia-Eintrag über Jhanas. Nichts Neues. Das erste nicht formlose Jhana ist die graue Substanz, dieses Nichts. Ich kann mich aber nicht entsinnen, dass ich die formbehaftete Jhanas erlebt habe. Ich dachte, sie werden stufenweise angeordnet und durchgegangen. Außerdem weiß ich nicht, zu welchen Erlebnissen ich das „Kristallglasklares“ zuordnen soll. So viele Fragen. Wo bleibt mein Lehrer? Vielleicht kann die Christiane mir ein paar Antworten geben. Jetzt schlafen. Viel zu spät.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dhyana
Donnerstag, der 16.02.23 - Essen mit Buddhisten
Spät abends
Man, ich bin so erledigt. Ich bin zwar im "Zustand", aber körperlich bin ich komplett geschafft. Es waren zwei chaotische Tage nacheinander, wo ich mich nicht einmal hinsetzen und in Ruhe etwas nachdenken konnte. Ganz zu schweigen von der Regeneration. Heute den ganzen Tag nur gerannt, abends wieder ein Restaurantessen mit den Buddhisten aus dem Kurs "Geschmack der Freiheit". Ich freute mich so sehr auf das Treffen. Ich spüre starke Verbundenheit zu diesen Menschen und wollte trotz den Erschöpfungszustand nicht absagen. Dafür fragte ich mich schon ein paar Mal, ob ich das Retreat am kommenden Wochenende nicht canceln soll. Erfahrungsgemäß sind meine Retreats sehr anstrengend. Wenigstens muss ich diesmal nicht selbst fahren, denn ich kann eine Mitfahrgelegenheit nutzen. Das Thema von dem Retreat ist sehr spannend. Wird schon irgendwie gehen.
Der Austausch beim Essen war tatsächlich sehr schön, obwohl wir heute nur eine kleine Runde waren. Ich weiß nicht, ob ich auf die Menschen nicht etwas absonderlich wirkte. Ich war so mit meinem Glück überfüllt, dass ich nicht wirklich zuhören konnte. Iris erzählte von einem traurigen Ereignis in einem Kindergarten, wo sie psychologische Unterstützung leistet. Ich fürchte, ich konnte gar nicht mitschwingen. Es erschien mir alles so nicht real. Nicht existente traurige Ereignisse in dieser nicht existenter grausamer Welt...
Wegen der ganzen Hektik konnte ich meine Wünsche oder Abneigungen in vergangenen zwei Tagen nicht ausreichend untersuchen. Nur als wir im Restaurant noch sehr spät saßen, wunderte ich mich über mich selbst. Normalerweise möchte ich von solchen Versammlungen schnell nach Hause. Aber heute saß ich da und spürte nur die Neutralität. Ich wollte nicht nach Hause. Ich wollte aber auch nicht hier bleiben. Ich habe gar keinen Wunsch gespürt. Und keine Abneigung. Irgendwann musste ich mir einen gedanklichen Ruck geben, schließlich kann man in einem Restaurant nicht übernachten. Hmmm. Ein wenig gewöhnungsbedürftig. Gut, dass die Rationalität bei dieser Wandlung nicht verloren geht.
Freitag, der 17.02.23 - Ich bin eins mit Universum
Wahnsinn. Die sechste Fessel ist durch. So etwas hätte ich nie im Leben erwartet. Und dabei war es nun wirklich babyleicht. Ich bin seit Mittwoch in einem starken "Zustand". Bin gerade in Vimaladhatu auf dem Retreat "Was der Buddha überwunden konnte, können wir auch überwinden".
Heute habe ich selbst die Mitfahrgelegenheit genutzt. Während der Fahrt sammelte ich meinen Mut zusammen und öffnete mich gegenüber drei fremden Frauen. Die drei sind Mitras (so nennt man Menschen, die ihr Wissen über die Buddhas Lehre vertiefen möchten und dafür einen mehrjährigen Kurs belegen). Komischerweise haben sie von den zehn Fesseln noch nichts gehört. Das wird wohl bei uns im Zentrum überhaupt nicht thematisiert. Verstehe ich nicht. Warum bloß? Was wird da sonst gelehrt? Ist unser Zentrum überhaupt produktiv, was Erwachen angeht? Wenn ja - wo sind denn alle Erleuchteten? In den 35 Jahren des Bestehens des Zentrums sollte es doch sehr viele geben. Ich fühlte mich als eine Schwindlerin und komplett fehl am Platz, als ich über das Lösen der vierten Fessel erzählte. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass diese Frauen nicht verstanden haben, was ich meine. Mir war es ziemlich unangenehm und peinlich.
Um achtzehn Uhr versammelten wir uns im Aufenthaltsraum und setzten uns im Kreis für die Vorstellungsrunde. Ich war noch sehr in mich vertieft und versuchte meine Wünsche zu untersuchen. Auf dem Tisch stand eine Kerze und ich wollte sie anzünden. Wollte ich das? Ich bin zuerst sitzen geblieben, war mir nicht sicher, ob der Wunsch existiert. Danach dachte ich: vielleicht werden sich die anderen Menschen über das Kerzenlicht freuen. Zack! Und der Impuls war da. Ich bin aufgestanden, Streichhölzer gefunden und die Kerze angezündet. Ich würde so gerne den anderen Menschen über meine Erlebnisse erzählen, damit sie in der Dunkelheit eine Kerze haben und nicht herumirren müssen, wie ich. Aber in diesem Moment wusste ich, dass ich mir es vor diesen 23 fremden Menschen nicht trauen werde. Mein Öffnen im Auto unterwegs hierhin war nicht besonders angenehm.
Neben mir saß Shraddhaghosha, einer der Leitern von diesem Retreat. Er sah sehr sympathisch und offen aus. Er startete die Vorstellungsrunde, jeder sollte etwas über sich erzählen und sagen, weswegen er hier ist. Ich habe den Menschen zugehört, fühlte mich aber ziemlich unbehaglich. Normalerweise mag ich solche Versammlungen. Nun dieses Mal war es anders. Ich wusste nicht, wie ich mich hinsetzen soll. Wusste nicht genau, was ich sagen soll. War mir nicht sicher, ob meine Frisur und Gesichtsausdruck in Ordnung sind. Was denken wohl die anderen über mich? - Nun diese Frage stelle ich mir sonst wirklich nie. Was ist denn heute los??? Woher diese Selbstbezogenheit? Ich weiß doch, dass mein inneres Ich nicht existiert. Und trotzdem fühlte ich mich sehr auf mich bezogen. Sehr unangenehm. In diesem Moment dachte ich bedrückt: Mein Gott, schon wieder irgendeine Art Leid. Ich habe gerade so eine wunderbare Leidminderung durch das Lösen der vierten Fessel erfahren. Und jetzt taucht wieder ein neues Problem auf. Ich stellte mich kurz vor und sagte, dass ich hier bin, weil mich das Thema brennend interessiert.
Die Abläufe kenne ich ja schon. Nach dem Abendessen meditierten wir unten. Während der Meditation dachte ich an das Geschehenes bei der Vorstellungsrunde und merkte plötzlich, dass das Wort "Selbstbezogenheit" eine besondere Bedeutung angenommen hat. Etwas hat in mir vibriert. Das kenne ich schon von den Formulierungen zu den anderen Fesseln. Ich begann daran zu denken. Warum bin ich heute selbstbezogen? Wenn mein festes Ich nicht existiert, auf was stützten sich die Gedanken bei der Vorstellungsrunde?
Wahrscheinlich muss ich wieder an der Kette ziehen. Und - ich stellte mir vor, wie alles um mich herum brennt, so dass es praktisch nicht existiert. Es ging heute ausgezeichnet, da der "Zustand" sehr hoch war. Das Ende der Meditation war offen und ich hörte, dass einige Menschen aufgestanden und gegangen sind. Das störte mich aber nicht weiter. Ich stellte mir vor, dass mein festes Ich nicht existiert. Meine Wünsche existieren ebenfalls nicht.
Und dann dachte ich mir: Wenn um mich herum Nichts existiert und ich samt meinen Wünschen nicht existiere, ist es nicht das Gleiche??? Was für nichtexistierende Substanz ist das alles? Ich stellte mich selbst als Nichts vor, abgetrennt mit einer dünnen Grenze von dem Nichts außen. Im gleichen Moment verstand ich, dass das Nichts in mir und Nichts außen die gleiche Materie sind. Und die dünne Grenze hat sich aufgelöst! Ich war eins mit Außen. Eins mit Universum. Es war herrlich. Es war wie bei all den anderen Fesseln: komplettes Freiheitsgefühl und Glück.
Zu diesem Moment herrschte Ruhe im Schreinraum. Ich saß auf dem Stuhl mit geschlossenen Augen und der ganze Körper war überflutet mit Freiheit und Glück. Ein sehr starkes Freiheitsgefühl. Irgendwann öffnete ich die Augen, es war keiner außer mir da. Das habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet. 😅
Samstag, der 18.02.23 - Diese Welt existiert nur in meinem Bewusstsein
Ich habe heute kaum geschlafen. Starker "Zustand" die ganze Nacht, Aufregung, zu viel Energie, die Gedanken überschlagen sich. Dazu ist das Meditationshaus sehr hellhörig. Ich bin mehrfach eingedöst und durch die Schritte im Flur und Geräusche der Toilettenspülung wieder wach geworden.
Um fünf Uhr entschloss ich mich aufzustehen. Ich bin sowieso komplett aufgedreht. Muss allerdings aufpassen: Wenn es so weiterläuft, steuere ich auf einen Burnout.
Heute Nacht beschäftigte mich sehr die Frage, wie ich die Menschen mitnehmen kann. Fakt ist, dass die Informationen, die ich gebe, an der Oberfläche des Bewusstseins abprallen. Ein Normalmensch ist so stark in die Kette eingewickelt, dass die Informationen von außen einfach nicht zugänglich sind. Nur für die offenen Menschen, die direktes Wissen im Sinne Intuition nutzen, und diejenige, die spirituell sind, besteht die Chance etwas anzunehmen. Es ist echt lächerlich. Die Lehre ist so einfach, aber man kann sie nicht vermitteln. Ich selbst verstehe die nächsten Fesseln nicht, obwohl ich mich im Endstadium des Erwachens befinde. Ich lese die Beschreibung auf der Seite "Die zehn Fesseln", lese sie noch mal und noch mal, und ich kann mir trotzdem nichts drunter vorstellen. "Begehren nach der Formfreiheit oder glücklichen Zuständen" - als ob das in einer Fremdsprache formuliert wäre. Ich glaube, ich habe eine Blockade im Kopf. Ich sehe nur, dass ich schon erlebt hatte, dass Raum und Zeit nicht existieren. Wie geht denn das? Löste ich die siebte Fessel vor der vierten????
Die Lösung der sechsten Fessel beschreibt Christiane Michelberger so: Es gibt keinen Unterschied zwischen Subjekt und Objekt. Für mich hat es sich anders angefühlt: Ich bin eins mit Universum. Und mein Schlüsselwort war Selbstbezogenheit. Schwierig. Ich bin gefühlt einmal pro Stunde auf der Seite. Aber die Informationen finden keinen Widerhall in mir. Jedes Erwachen ist wohl anders.
Zweite Sache: Obwohl die Menschen es zum buddhistischen Zentrum geschafft haben, bedeutet es nicht, dass sie sich alle nahe der Oberfläche befinden. Manche Seerosen sind noch tief im Schlamm vergraben. Heute Nacht ist mir in den Sinn gekommen, dass zuerst ein bestimmter Reinigungsprozess stattfinden soll, wie bei mir am Anfang. Ich nehme an, ich bin schon ziemlich vorbereitet zum Zentrum gekommen. Ich war schon der Oberfläche nah. Das, was im Zentrum gelehrt wird, ist die Vorbereitung des Geistes. Jetzt verstehe ich das. Ich würde aber so gerne den Menschen helfen. Soll ich meine Geschichte hier auf dem Retreat doch noch erzählen? Allerdings schaffe ich es definitiv nicht bei der großen Runde. Vielleicht sollte ich mit einem der Ordinierten reden.
Ach ja, nach dem Lösen der vierten Fessel erlangte ich einen sehr großen Grad der Selbstsicherheit. Ich sehe, dass mir die Bücher nicht mehr weiterhelfen. Ich habe kein Bedürfnis mehr zu lesen. Mein Tagebuch ist viel nützlicher. Die Reflektion ist das A und O.
Nach dem Frühstück
Ich konnte mich heute tief in die Meditation versenken. Es hat mich sehr interessiert, ob ich es noch mal empfinden kann, dass ich eins mit Universum bin. Ging nach dem bewährten Weg wieder: Die Welt um mich herum existiert nicht => mein inneres Ich existiert nicht => das heißt, beide existieren nicht und sind daher eins. Ich konnte es tatsächlich reproduzieren. Das erlangte Wissen verschwindet nicht. 🤩🤩🤩 Ich saß da und genoss es. Ich bin eins mit dem Universum! Ich spürte es mit jeder Körperzelle.
In diesem Moment fragte ich mich: Warte mal, aber ich denke - das heißt - ich existiere! So klingt doch der berühmte Satz von Descartes? Wo bitte existiert denn dieses Bewusstsein?
In diesem Augenblick erlebte ich plötzlich, dass mein Bewusstsein expandiert. Es weitete und weitete und weitete sich! Es hat nicht mehr aufgehört, sich zu weiten! Es hatte überhaupt keine Grenzen! Und ich erkannte plötzlich, dass diese „graue Substanz“, dieses Nichts, ist alles nur ein Bewusstsein! DIESES NICHTS IST EIN BEWUSSTSEIN!!!!!!!! Und zwar ist es nicht irgendein Bewusstsein! Dieses ganze Bewusstsein da draußen bin ich! Alles existiert in mir, in meinem Bewusstsein... Die ganze materielle Welt! Logisch ist das nicht zu erklären. Aber es muss wohl eine tiefe Wahrheit oder irgendeine Fessel sein. Weil es in mir alles vibrierte und mich überkam wieder das Glück und das Freiheitsgefühl. Der pure Wahnsinn!
Ich habe heute keine Lust, auf der Seite "Die zehn Fesseln" zu schauen. Ich kann mich dort sowieso schlecht einordnen. Es ist wahrscheinlich vollkommen egal, welche Fessel das ist. Die Sachen entwickeln sich einfach.
16:30
Ich bin so erledigt. Legte mich nach dem Frühstück hin und döste ein Stündchen. Zurzeit ist meine Stimmung im Keller. Musste gerade weinen. Ich verstehe selbst nicht, warum ich leide. Der "Zustand" war die Tage so hoch, wie schon lange nicht mehr. Habe heute Morgen 1,5 Stunden meditiert, gegen Mittagszeit war der "Zustand" wieder abgeflacht, vielleicht deswegen Stimmungsschwankungen? Ich empfinde seit gestern wieder Liebe. Ich liebe JEDE EINZELNE Person hier. Zwar nicht so extrem, wie in Marokko. Heute Morgen nach der Meditation hatte ich wieder das Gefühl, dass sich mein Gehirn verflüssigt. Bin unfähig, klar zu denken. Ich habe schon vergessen, wie es all die Monate war.
Abends
Ich bin so erschöpft. Die Vorträge sind hier wunderschön. Shraddhaghosha ist definitiv ein Meister. Wie er den Stoff beibringen kann... Klar und fesselnd. Er findet brillante Ausdrücke. Die Gespräche in den Kleingruppen waren aber sehr anstrengend. Ich erzählte ein paar Menschen kurz über meine Erlebnisse und war dabei sehr emotional, musste weinen. Die Menschen sind so verständnisvoll. Ich bin aber komplett geschlaucht. Die Nacht nicht geschlafen, dazu eine tiefe Einsicht nach der anderen. Emotionale Schwankungen, die vermutlich mit hohen "Zustand" zusammenhängen. Und zu allem Überfluss bin ich wieder extrem geräuschempfindlich. Es bereitet mir große Schwierigkeiten, in einem Speisesaal mit 23 anderen Personen zu essen. Das Geklimper von jeder einzelnen Gabel widerhallt in meinem Kopf wie in einem leeren Fass. Vielleicht lasse ich heute die Abendmeditation sausen und gehe früh ins Bett.
Nach dem Abendessen
Ich habe mir getraut, mit Shraddhaghosha zu reden. Dabei kam es wieder zu einem Gefühlsausbruch. Wir haben eine Stunde geredet und eine Stunde habe ich ungeniert geheult. Die Situation belastet mich sehr. Ich habe das Gefühl, dass ich es nicht mehr unter Kontrolle habe. Es ist alles sehr schwer und ich kann nicht ein Schritt zurücktreten, wie ich es vor der ersten Fessel bei den Erschöpfungszuständen machte. Ich habe das Gefühl, dass mich ein sehr mächtiger Strom erfasst hat und ich bin nicht in der Lage mich zu wehren. Als ob ich in einen Niagarafall gefallen wäre. Komplette Hilflosigkeit. Ich kämpfe um nacktes Überleben.
So formulierte ich es im Gespräch: Es ist mir alles zu viel, zu intensiv und zu schnell. Dazu extremer Erschöpfungszustand... Shraddhaghosha war sehr verständnisvoll. Er redete mit mir kein Chinesisch und kommentierte alles sehr menschlich. Vielleicht kann er mich unterstützen? Shraddhaghosha meinte, ich soll mich zu nichts verpflichtet fühlen, ich kann mich einfach ins Zimmer zurückziehen, wenn es mir zu viel ist. Ich bin seinem Rat gefolgt, das Abendbrot im Zimmer zu mir genommen, Meditation geschwänzt und gehe gleich ins Bett.
Als ich ein Kind war, las ich irgendwo, dass im dritten Jahrtausend immer mehr Erleuchtete auftauchen werden und dass die Menschheit in die nächste Stufe der Entwicklung übergeht. Nie im Leben konnte ich mir vorstellen, dass es mich auf irgendeine Weise betreffen wird...
Sonntag, der 19.02.23 - Ich schlafe!!!!!!!
08:50
Gott, ich erlebe zurzeit krasse Sachen. Kein Wunder, dass es mich so mitnimmt.
Heute Morgen wollte ich in der Meditation genau wissen, wie es sein kann, dass alles nur in meinem Bewusstsein existiert. Ich arbeitete mich wieder der Kette hoch, angefangen von "Alles brennt" bis zum "Alles existiert in meinem Bewusstsein". Anschließend dachte ich: Wenn es keine Grenze zwischen mir und den äußeren Objekten gibt, kann ich theoretisch in jedem beliebigen Objekt sein. Ich stellte mir unseren Schreinraum vor. Vorne stand eine Buddha-Skulptur. Ich dachte: Ich "wandere" mal aus meinem nichtexistierenden Körper zu dieser nichtexistieren Statue. Habe mich "erweitert" und bis nach vorne "gegangen". Versuchte die Statue zu fühlen. In diesem Moment spürte ich Kälte in der Brust, ganz wenig. Wahrscheinlich nur Einbildung. Ich dachte: Die Statue muss ganz kalt und unbeweglich sein. Tot. Wie fühlt sich überhaupt die tote Materie an? Ich stelle mir vor, wie die Atome der Skulptur ruhen, Reihe für Reihe. Komplette Ruhe. Stille. Nichts bewegt sich. Keine Gefühle. In einem ganz kurzen Moment hatte ich mich vorne gefühlt. Ich war drin. Mich hat aber irritiert, dass ihre Augen in die andere Richtung schauen, ich versuchte mich innerlich zu "drehen", und verlor den Kontakt. War nicht schade, letztendlich sind es nur Spielereien. Aber ich glaube, es war eine sehr tiefe Meditation.
Außerdem hat mich noch eine Sache interessiert. Nehmen wir an, dass es außen nichts existiert und diese Welt nur in meinem Bewusstsein ist. Sie entsteht in meinen Kopf nur dank meinen Sinnesorganen. Meine Augen, Ohren, Haut, Gleichgewichtsorgan etc. sammeln Daten, die im Gehirn verarbeitet werden. Wenn aber die Sinnesorgane und das Gehirn samt der ganzen materiellen Welt nicht existieren, woher kommen die Informationen? Wohin gehen sie? Wo werden sie verarbeitet? Gibt es überhaupt diese Daten???
In diesem Moment lief mir ein kalter Schauder über den Rücken. Ich hatte plötzlich ein durchgreifendes Gefühl, dass ich schlafe. Ich schlafe und sehe Träume. Ich sehe nicht die Wirklichkeit. Alles, was ich bisher für die Realität gehalten habe, existiert nur in meinem Bewusstsein! Ich sehe allesamt nichtexistierende Sachen! Krass... Wo ist denn die Realität???????????????? Ich fühlte mich tatsächlich wie Neo, der sich in seiner Kapsel dreht, kurz die Augen öffnet, nichts versteht und wieder in seine Träume eintaucht...
21:30
Schon wieder so ein mörderisches Retreat. Ich verdrängte schon und vergaß absolut, wie anstrengend das letzte Mal war. Durch das häufige und längere Meditieren ist der Zustand sehr hoch und mein Hirn fühlt sich flüssig und kochend an. Ich rieche wieder Abgase, obwohl es hier im sauerländischen Wald definitiv keine gibt. Mein Hirn spielt verrückt. Mir ist teilweise schwindelig. Etwas desorientiert. Vergesse mitten im Satz, was ich sagen wollte. Emotional instabil. Weine jeden Tag mehrmals. Echt krass. Kann aber nicht sagen, dass ich nach Hause will... Will ich überhaupt noch irgendetwas? Ich kann nur sagen, dass ich mich auf zu Hause morgen freue.
Ich bin natürlich sehr froh, das hier erlebt zu haben. Das Gespräch mit Magda (eine der Teilnehmerinnen) war sehr hilfreich. Sie hat mich auf verschiedene Gedanken gebracht:
Erstens, ich empfinde den Prozess als so extrem anstrengend wegen meinen emotionalen Schwankungen. Es wäre alles so viel leichter ohne sie. Jedes Ereignis bringt tiefste Gefühle hervor. Allerdings bleiben dank den Gefühlen die Sachen fest im Gehirn verankert. Ich würde sogar sagen, sie werden in die Hirnrinde eingebrannt. Ich kann mich immer noch problemlos an das "Alles brennt" erinnern, ich kann es fühlen, obwohl es schon Monate her ist. Wahrscheinlich werde ich dieses Ereignis nie vergessen.
Zweitens, es ist extrem kompliziert, das Erlebte in mein bisheriges Weltbild zu integrieren. Ich versuche diese zwei Welten, die materielle und die nicht materielle miteinander zu verknüpfen und verliere dabei den Verstand. Manchmal ist es leicht, wenn ich es mir logisch erklären kann, wie das Ereignis "Alles brennt". Aber das mit dem Bewusstsein oder das letzte Ereignis "Ich schlafe" haut mich echt von den Socken, weil ich aus allen bisherigen Konzepten rausfalle. Ich habe deutlich das Gefühl, dass diese zwei Welten ineinander verwebt sind, sie sind eins und existieren nicht getrennt. Die materielle Welt existiert und existiert gleichzeitig nicht. Sie ist dieses Nichts, dieses Bewusstsein... Sie ist sein Produkt, würde ich behaupten. Ich kann mir das alles durch das logische Denken nicht erklären und manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Schädel platzt. Magda sagte, ich soll es nicht versuchen zu erklären. Wahrscheinlich ist das einfach eine andere Art Wahrnehmung von dem Universum...
Das Zimmer ist leer, alle sind unten bei der Vollmond-Puja, einer kleinen buddhistischen Feier. So einer Feier habe ich noch nie beigewohnt. Ich mag keine Rituale, wollte mich aber nicht absondern und ging hin. Allerdings bin ich nach etwa 15 Minuten, als die Teilnehmenden angefangen haben, sich auf den Bauch zu legen, um zur Buddha-Statue zu kriechen, wie eine Rakete rausgeflogen. Es war mir definitiv zu viel. Ich hoffe nur, ich verletzte die Gefühle der Feiernden nicht. Ich kann mir nicht erklären, wie diese erwachsenen, adäquaten Menschen plötzlich so ein Unfug machen. Es hat mich sogar angewidert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Buddha so etwas gewollt hat.
Ich musste heute tatsächlich zu den körperlichen Methoden greifen, um ein wenig aus dem Kopf rauszukommen. War im Wald spazieren, duschte mich zweimal sehr heiß und schaltete sogar mein Handy ein, um hier aus dem buddhistischen Kontext rauszugehen. Morgen geht es Heim. 😅
Montag, der 20.02.23 - Das Wohl aller Wesen
Wenn ich dieses Retreat in drei Wörter beschreiben sollte, würde ich sagen: Krass. Krass. Krass.
Ich bin wieder zu Hause. Komplett erschöpft. Überlegte mir schon mehrfach, mich morgen auf der Arbeit krank zu melden. Das Problem ist: von unserem sechs-Personen-Team sind zurzeit drei an Corona erkrankt. Also, ich muss hin, egal was ist. Habe heute Abend zu viel gegessen und dazu noch Kohlenhydrate, bin aus meinem Essenskonzept gefallen. Aber dafür geht es mir psychisch besser. Dieses Erlebnis, dass ich schlafe, geht mir nicht aus dem Kopf. Im Vergleich dazu fühlt sich die Fessel "Wünsche und Abneigungen" wie ein Baby Kram. Jetzt geht es um die ernsten Sachen.
Vor der Abreise gingen wir zu dem Stupa nach draußen und rezitierten "Abgabe der Verdienste". Das Ritual kannte ich bis jetzt nicht. Nach den ersten zwei Zeilen kamen mir wieder die Tränen hoch und ich konnte den Text nicht mitsprechen. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel geweint. Die Nerven liegen blank.
Abgabe der Verdienste und Selbsthingabe
Mögen die Verdienste,
Die ich so erworben habe,
Helfen, das Leid aller Wesen zu lindern.
Mein Leben in all meinen Existenzen,
Meine Besitztümer
Und die Früchte meiner guten Taten
auf den drei Wegen
Gebe ich bedenkenlos hin,
Um das Heil aller Wesen zu bewirken.
So wie die Erde und alle Elemente
Den zahllosen Wesen im unendlichen Raum
Auf vielfache Weise dienstbar sind,
So möge auch ich das werden,
Was alle Wesen erhält,
Die der ganze Weltraum birgt,
Solange noch nicht alle
In Frieden sind.
Quelle: Puja - Triratna-Buddhismus http://www.triratna-buddhismus.de/fileadmin/user_upload/Texte/Puja_fuer_Web.pdf
Oh man, ich muss wieder weinen. Es ist genau das, was ich fühle: Ich liebe alle Wesen auf der Welt und möchte allen zum Erwachen helfen. Insbesondere wenn der "Zustand" hoch ist, brennt dieses Gefühl fast schmerzhaft in der Brust.
Gespräch mit Magda hat mich auf den Gedanken gebracht, dass mein "Zustand" einfach der Erwachensprozess ist, den ich spüre. Manchmal ist er schnell, manchmal langsamer. Ich kann ihn beschleunigen, wenn ich länger und häufiger meditiere. Tägliche Meditationen hier mit eineinhalb Stunden morgens und abends waren definitiv zu viel. Deswegen ergossen sich die Ereignisse über mich wie ein Niagarafall.
Zurzeit lassen mich sogar einige Wörter erschaudern: Schlafen, Erkennen, Existieren... Wenn ich sie im Fernsehen höre, zucke ich zusammen. Als ich heute nach Hause kam, bin ich auf das Sofa gefallen und schaute mit den Kindern fast eineinhalb Stunden den Trickfilm "Hotel Transsilvanien". Was für ein Schwachsinn. Aber ich brauchte dringend etwas "Normales".
21:00
Peter fragte mich gerade, was ich denn alles erlebt habe. Ich erklärte ihm "das Schlafen" anhand vom Vergleich mit "Matrix". Was natürlich nicht das Gleiche ist. Aber irgendwie muss man ja kommunizieren. Ich weiß nicht genau, wie Buddha sein Erwachen beschrieben hat. Schön wäre es, sich mit einem Erwachten unterhalten zu können. Aber im Prinzip erklären sich die Sachen irgendwann von allein.
Das mit der Buddha Statue war bestimmt nur ein Irrweg. Das sind Erlebnisse, die vergänglich sind. Ich habe keine Lust, es weiter zu verfolgen. Man sagt, Buddha hat das Unvergängliche, Unsterbliche und Ungeborene gefunden. DAS möchte ich finden.
Dienstag, der 21.02.23 - Mein Körper existiert nicht
Die Ereignisse überschlagen sich...
Ich wusste heute Morgen nicht, wie ich den Tag überstehen soll. War komplett energielos. Hatte das Gefühl, dass ich wegen meinem Erwachen so langsam draufgehe... 😕
Der Arbeitstag war komplett chaotisch. Nach einem Feiertag (gestern war der Rosenmontag) gab es wie immer einen Patienten-Ansturm. Und wir waren nur mit der Hälfte der Besatzung da. Den ganzen Tag bin nur gerannt. Aber irgendwie ging es dank Adrenalin, Kaffee, meiner Arbeitsdisziplin und unseren guten Teamgeist.
In der Mittagspause saß ich komplett kraftlos in der Küche und dachte an die kürzlich geschehenen Ereignisse. Insbesondere an das Erlebnis, dass ich schlafe. Wenn ich nur daran denke, gruselt es mir. Mitten in diesem Gedanken kam aber plötzlich noch ein tieferer Schreck: Was ist denn mit meinem Körper?????? Ich schaute mir meine Beine an und war fassungslos: Meine Beine existierten nicht!!!!!!! Ich sah und fühlte sie und verstand gleichzeitig, dass sie nicht da sind!!!! Sind einfach weg!!!!! Nicht existent!!!!!!!!! Ein Schock.
Ich weiß, dass die Welt nicht existiert und mein festes Ich auch nicht. Aber irgendwie schaute ich bisher meinen Körper nicht so genau an... Ich habe mir nicht mal diese Frage gestellt: Was ist mit meinem Körper? Aber gerade eben verstand ich mit einem tiefen Entsetzen: mein Körper existiert nicht!
Das war mir in diesem Moment definitiv zu viel. Ich sagte zu mir: Nein. Nein. Nein. Es geht mir echt zu weit. Ich beschäftige mich jetzt nicht damit. Ich bin gerade so leer und kraftlos und ich habe keine Energie für diesen Sch… Spaß. Ich muss meinen Arbeitstag schaffen, gleich geht es noch zu einem dringenden Hausbesuch und ich muss mindestens bis 17:00 durchhalten. Ich beschäftige mich jetzt ganz sicher nicht mit meinem Körper.
Ich schob jeglichen Gedanken von meinem Erwachensprozess beiseite und vermied entschieden den Rest des Tages, meinen Körper anzuschauen. War nach der Arbeit noch einkaufen, zu Hause angekommen, die Lebensmittel ausgepackt und schnurgerade ins Büro gegangen. Ich MUSSTE das klären.
Schloss mich im Büro ein und nach dem üblichen Schema vorgegangen: Die Welt existiert nicht => bis zum Schlafen. Dann "schaute" ich auf meinen Körper, was mit geschlossenen Augen nicht so einfach war. Irgendwann konnte ich mir meine Hand vorstellen, die nach einem Löffel greift. Und im gleichen Moment ist sie im „Flammen“ aufgegangen, genauso wie "Alles brennt". Es war unbeschreiblich. Befreiend. Zwar nicht so ein starkes Glücksgefühl, wie bei der vierten Fessel. Aber trotzdem unglaublich. Mein Körper brennt ebenfalls! Er existiert nicht! Es ist einfach absurd, wie ich das bisher ausblenden konnte.
Keine Ahnung, was für eine Fessel das ist. Ich war so k.o., dass ich einfach ins Bett gefallen bin. Hatte keine Kraft mehr, im Internet zu stöbern.
Mittwoch, der 22.02.23 - ICH BIN FREI!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Etwa um die Mitternacht wurde ich aus dem Schlaf gerissen, spürte einen starken "Zustand", wie so oft nach der abendlichen Meditation. War aber zu erschöpft und hatte für nichts mehr Kraft. Drehte mich um und schlief weiter.
Etwa um zwei Uhr nachts wurde ich erneut aus dem Schlaf gerissen, diesmal ziemlich unsanft und verstand, dass ich wach bleiben MUSS. Es war irgendwas im Gange. Mein Geist war am Drehen, wenn ich das so formulieren darf. Es war alles in Bewegung. Wenn ich es bildlich beschreiben soll, fühlte es sich so an, als ob ein Schmetterling fast geschlüpft wäre und nur noch an einer einzigen Stelle oben in seinem Kokon fixiert wäre. Die Flügel sind schon draußen, der Schmetterling flattert, dreht sich und will fliegen, ist aber noch nicht frei. Die Beschreibung passt nicht wirklich, aber ich kann es nicht besser wiedergeben. Mein ganzes Wesen war dieser Schmetterling. Alles hat geflattert, alles hat sich gedreht. Ich verstand - es passiert etwas und ich muss wach bleiben. Ich hatte keine Kraft zum Aufstehen, so habe ich mich im Bett etwas höher gesetzt und wartete auf das, was kommt. Es war stockdunkel, nur die Kontrollleuchte von meinem elektrischen Wärmekissen blinkte in der Ecke.
Und dann kam es. Ich hörte plötzlich eine mächtige Stimme, als ob tausende von Menschen zusammen sprechen würden. Die Stimme fragte mich: "WILLST DU FORMFREI SEIN?" Ich war baff. Die Stimme wiederholte: "WILLST DU FORMFREI SEIN"?
Mein Gott, ich war so perplex und wusste nicht, was ich antworten soll. Was stand da auf der Seite "Die zehn Fesseln"? Begehren nach Form? Oder nach der Formfreiheit? Ich wusste nicht, was ich antworten soll... Ich "sagte" einfach: Ich will frei sein! Wahrscheinlich habe ich das innerlich geschrien. Darauf überkam mich so ein unbeschreibliches Glücksgefühl, dass es meinen sämtlichen Körper durchströmte. Ich spürte dieses unglaubliche Glück mit jeder einzelnen Körperzelle. Bis in das Knochenmark. Und ich wusste in diesem Moment: Ich BIN formfrei! Die Form war einfach nur eine Illusion!
Ich lag überglücklich im Bett, konnte es aber nicht unterlassen, nachzudenken. Ich fragte mich oder diese Stimme: wie kann ich denn etwas fühlen? Wenn ich formfrei bin??? Denn meine Sinnesorgane sind aus Fleisch und Blut... Und dann kam der nächste Schub: ICH FÜHLE NICHTS! Es ist auch nur eine Illusion! - Und wieder eine Glückswelle.
Ich schwelgte in Glück, wie toll, es ist auch nur eine Illusion! Aber warte mal, wie kann es sein? Ich liege hier im Bett, ich sehe dieses Blinken von meinem Heizkissen, ich höre das Atmen von meinem Mann und meine Haut spürt die Wärme. Und gleichzeitig weiß ich: Das ist nur eine Illusion!
Mein Verstand gab jedoch nicht nach. Wie kann ich denn existieren, wenn ich nichts fühle? Die Antwort war: ICH EXISTIERE NICHT!
Wenn ich das jetzt schreibe, sehe ich, ich bin voll reif für die Psychiatrie... Aber ich spüre ein warmes Kribbeln in den Beinen und ich WEIß, dass es die tiefe Wahrheit ist. Ich kann es mir mit meinem eingeschränkten Verstand nicht erklären, aber wahrscheinlich muss ich es nicht...
Und dann kam die Erkenntnis: Ich bin frei! Und ein innerer Jubelschrei, der sich wahrscheinlich im ganzen Universum widerhallte: Ich bin frei! ICH BIN FREI!
ICH BIN FREI!!!!!!!!!!!!!
Ich lag in der Dunkelheit, spürte mein Herzpochen, von den Glückshormonen überflutet. Denn ich wusste in diesem Moment: Ich bin frei vom Leid!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Löste ich alle Fesseln??? Irgendwie verlor ich in den letzten Tagen den Überblick. Wenn es alle Fesseln waren und ich bin erwacht, sollte ich nicht meine früheren Leben sehen? Ich versuchte in mich hineinzuhorchen und stellte mir vor, wie ich immer tiefer und tiefer gehe, ganz, ganz tief in meine ehemaligen Existenzen, wie ein Sinkflug in die Dunkelheit, bis zu den Bakterien wahrscheinlich, und dann den "Tunnel" wieder hoch, ganz langsam bis zu dem jetzigen Zustand, aber ich habe nichts gesehen. Hmmm… Hat Buddha seine Leben nicht sofort gesehen? Aber er saß wohl mehrere Stunden in der Meditation, und ich bin so platt. Ich kann jetzt unmöglich meditieren.
Ich lag noch eine Weile und wartete, ob noch eine Fortsetzung gibt. Irgendwann war ich doch zu müde, drehte mich um und war schon am Einschlafen, wurde aber wieder aus dem Schlaf mit der Frage gerissen, die ich mir wahrscheinlich selbst gestellt habe: Kann ich denn in den anderen Wesen sein? Und die Antwort war: ICH BIN ÜBERALL! Bei dieser Antwort explodierte etwas in mir wie eine Supernova. Nur für einen kurzen Moment. Aber es war unglaublich. Unbeschreiblich. Unmenschlich. Unmöglich… Ich habe Abermilliarden von Wesen erlebt, wie kleine leuchtende Punkte in der Dunkelheit in einem Raum OHNE GRENZEN. Und ich bin in jedem Wesen drin. ICH bin das Bewusstsein. Und zwar nicht ein Teil von dem Bewusstsein, weil dieses Bewusstsein unteilbar ist. ICH BIN DAS BEWUSSTSEIN, ICH BIN ES ALLES, MATERIE, GEIST UND ALLE WESEN. Es ist alles eins und es bin ich.
TEIL 3
Februar 2023 - Juli 2023
Das Informationspaket. Ich will helfen.
Samstag, der 25.02.23 - Die ersten Eindrücke
Irgendwie kann ich mir keinen Ruck geben, mich hinzusetzen und etwas zu schreiben. Alles ist so schön, so wie es ist... Völlige Entspanntheit und Glücksehligkeit... Inzwischen sind meine Selbstzweifel weg. Ich weiß jetzt, dass der Prozess abgeschlossen ist. Ich bin erwacht. 🤩🤩🤩🤩🤩🤩
Es ist so ein herrliches Gefühl von Frieden. Es gibt nichts mehr zu erreichen... Eine so tiefe Zufriedenheit, eine so gehobene Stimmung, dass mich beim kleinsten positiven Moment, wie einem Sonnenstrahl oder einem Witz, die Glückseligkeit völlig überwältigt und ich lache, bis ich umfalle. Ich glaube, ich habe noch nie so viel gelacht wie in den letzten drei Tagen! Ich möchte jeden umarmen und küssen. Alles fühlt sich so wunderbar an! Ich spüre eine solche Leichtigkeit in meinem Körper! Ich spüre keine negativen Emotionen... Ein Scheinwerfer an Peters Auto ist beschädigt, ich habe ihn mir angesehen und direkt vergessen. Oh, mein Gott! Der Scheinwerfer.
Ich bin noch dabei, meine Wünsche zu untersuchen. Das Erwachen kam so plötzlich über mich, dass ich bis jetzt noch keine Gelegenheit hatte, dies zu tun. Ich würde sagen, eine glückliche Abwesenheit von Begierde fühlt sich so an: Ich sehe etwas an und verspüre keinen Impuls, es zu besitzen. Totale Gleichgültigkeit. Verrückt! Kein Hin- und Herschwanken mehr!!!!!!!!!. Eine treffende Beschreibung wäre: Ich bin so glücklich, dass ich nichts brauche!
Interessant - etwas für andere zu kaufen ist kein Problem. Ich habe eine buddhistisch inspirierte Fensterdekoration bei Amazon bestellt, um sie im Zentrum zu verschenken, ohne inneren Widerstand zu spüren.
Und heute waren wir im Fahrradladen, um mir einen neuen Sitz zu besorgen. Es gab keinen inneren Widerstand, denn ich habe Probleme beim Fahren. Aber als Peter anbot, eine neue Jacke für mich auszusuchen, wurde sein Angebot abgelehnt. Ich brauche nichts! Dann gingen wir zum Tierfutterladen und auch da gab es kein Problem, weil es für den Hund ist! Interessant!!! Die sexuelle Anziehung ist übrigens nicht vergangen. Ich gehe davon aus, dass es sich um eine Körperreaktion handelt (eigentlich logisch!) , und nicht um eine psychische.
Es ist nicht zu fassen. Ich kann es immer noch nicht glauben... Dass ich wirklich erwacht bin, und das in Rekordzeit... Ich habe verstanden, dass es in der Regel etwa zwei Jahre dauert, bis man die vierte Fessel durchbricht, aber sie ist auch die stärkste.
Der Wunsch, anderen zu helfen, ist immer noch sehr present. Gestern besuchte ich wieder den Kurs Brahma Viharas. Ich musste mich ernsthaft zusammenreißen, um nicht in den Raum zu platzen und zu sagen: "Hört zu, ich habe alle zehn Fesseln gelöst! Ich kann euch helfen!" Ich spürte Liebe zu diesen Menschen und verstand: Nein, ich kann sie so nicht vor dem Kopf stoßen, es muss sanfter geschehen. Außerdem glaube ich, dass die Gefahr, in einer Gruppe abgelehnt zu werden, größer ist als im persönlichen Gespräch. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein sehnlichster Wunsch wäre, dass jeder in unserem Zentrum erwacht! Oder zumindest jeder Zweite! Und die Welle sollte weitergegeben werden! Nur so können wir diese verrückte Welt zum Besseren verändern.
Gestern habe ich mich mit Sveta, meiner Cousine, getroffen und ihr alles erzählt. Ich war sehr erfreut über ihre Reaktion. Was für eine aufgeschlossene und empatische Person sie ist! Sie hat meine Geschichte sehr gut aufgenommen und wir waren beide sehr bewegt. Ich wünschte mir so sehr, dass auch sie den Weg des Erwachens gehen würde, dass sie wenigstens die erste Fessel lösen würde! Das Gespräch hat mich allerdings sehr viel Kraf gekostet. Ich habe anderthalb Stunden ohne Pause geredet, und ich bin immer noch sehr schwach.
Die ersten paar Tage nach dem Erwachen fühlte ich mich ganz krank. Ich schleppte mich noch irgendwie zur Arbeit und erledigte das Nötigste. Nur mit letzter Kraft schaffte ich es zum Treffen mit Sveta. Eine große Unterstützung ist, dass ich keinerlei Leid mehr spüre! Körperlich bin ich völlig erschöpft, aber innerlich Stille und Sonnenschein!
Heute habe ich 10 Stunden geschlafen, und bin zum ersten Mal seit September im Bett geblieben, bis Peter aufgewacht ist. Es war so schön! Wie in alten Zeiten. Nach dem Frühstück habe ich in aller Ruhe meditiert. Mich interessierte die Frage: Kann ich das Ereignis, dass ich in jedem Wesen bin, reproduzieren? Ich arbeitete mich der Kette hoch zu meinem brennenden Körper und "sah": Ja! Ich bin tatsächlich in jedem Lebewesen! Es ist einfach unbeschreiblich!
Aber ich möchte gerne wissen, ob es noch weitergeht? Warum habe ich meine früheren Leben nicht gesehen? Ich warte ungeduldig auf die Antwort von Christiane Michelberger. Ich habe ihr bereits am Mittwoch geschrieben, dass ich nun von allen Fesseln befreit bin. Aber das Videotelefonat ist erst für den achten März terminiert.
Ich bekomme die Stimme, die ich in der Erwachensnacht gehört habe, nicht aus meinem Kopf. Es ist kein gutes Zeichen, wenn man Stimmen hört, aber ich bin mir 1000%ig sicher, dass ich nicht geisteskrank bin. War es das Allgemeine Bewusstsein, das zu mir sprach? War es die Stimme Gottes? Früher hätten es die Menschen bestimmt so formuliert.
Sonntag, der 26.02.23 - Alles neu und interessant
Es ist ein so wunderbares Gefühl während der Meditation, dass man es nicht auf Papier wiedergeben kann. Dieser vollkommene Frieden. Die Stille. Glückseligkeit. Keine Reaktionen. Ich könnte ewig so sitzen bleiben... Heute habe ich mich wieder in all den Wesen auf der Welt gespürt. Wahnsinn! Unzählige Kreaturen... Es stellte sich die Frage: Warum leiden sie, wenn sie ein Teil von mir sind und ich nicht mehr leide? Ich sah eine unendliche Anzahl von Individuen, ganz dicht beieinander, die sich einander fressen und sich gegenseitig verletzen. Wenn sie nur damit aufhören würden... Aber ich denke, das ist die Definition des Lebens. Diese Welt ist so beschaffen, das sind ihre Bedingungen. Sie MÜSSEN einander fressen und sich gegenseitig verletzen. Hmmm... Das ist zwar nichts Neues, aber doch ein Grund zum Nachdenken.
Insgesamt habe ich aber das Gefühl, dass ich immer noch nicht das ganze Bild sehe. Wie ein frisch geschlüpftes Küken, das noch nichts begreift.
Heute habe ich entdeckt, dass die Erwachten durchaus in der Lage sind, verärgert und unfreundlich zu sein!!! Die Gefühle sind voll erhalten! Als die Emotionen jedoch abklangen, war ich wieder völlig gleichgültig gegenüber der Ursache des Ärgernisses. Die Aufregung dauerte etwa drei Minuten. Also: man leidet tatsächlich nicht! Ich kann auch genau definieren, WARUM die Erwachten nicht leiden. Weil man sich einer höheren Ebene geöffnet hat. Alles, was früher so wichtig und groß war, erscheint von oben herab nur noch lächerlich und klein.
Ein Kommentar aus späterer Zeit: Es ist eigentlich etwas komplizierter. Ich habe wirklich aufgehört, wegen weltlichen, alltäglichen Probleme zu leiden, und ich bin nicht mehr deprimiert über politische Ereignisse und überhaupt Probleme auf dieser Erde. Und obwohl das Leiden nicht sofort verschwand, lebte ich seither sehr glücklich, frei von "Anhaftungen" und immer im gegenwärtigen Moment.
Montag, der 27.02.23 - Ein Informationspaket soll entpackt werden
Christiane Michelberger hat mir heute auf meine Nachricht geantwortet. Sie riet mir, mich für die nächsten einundzwanzig Tage zu "erden", mir eine Pause von allen spirituellen Aktivitäten zu gönnen und nicht zu meditieren. Es sollte in den nächsten Tagen eine Art Informationspaket ausgepackt werden... Ich bin gespannt! Werde ich in der Lage sein, meine vergangenen Leben zu sehen? Aber leider kann ich nicht auf die Meditation verzichten, wegen der Brustbeklemmungen…
Energetisch geht es mir heute etwas besser. Ja, mein Prozess hat mich fast an meine Grenzen gebracht... Ich analysiere immer noch die Situation. Ich fühle mich viel glücklicher als vor dem Erwachen. Ich lache spontan. Aber ich habe festgestellt, dass nicht alle negativen Gefühle verschwunden sind. Ich kann jemanden unsympathisch finden. Ich kann etwas nicht wollen zu machen. Ich kann mich unwohl fühlen.
Ich dachte, mein Geist würde endlich zur Ruhe kommen, aber nein. Meine Gedanken kreisen weiter ununterbrochen um das Erwachen und das buddhistische Zentrum. Ich habe den starken Wunsch, anderen zu helfen, und denke ständig darüber nach, wie ich das tun kann. Hoffentlich werde ich nicht wieder auf taube Ohren stoßen. Wahrscheinlich ist es am besten, das Telefonat mit Christiana am 8. März abzuwarten.
Dienstag, der 28.02.23 - Es spricht zu mir!
OH MEIN GOTT!
Es wird auf keinen Fall einfacher.
ES SPRICHT ZU MIR!!!
Dieses Allgemeine Bewusstsein, von dem ich ein Teil bin, spricht zu mir.
Heute Nacht war es genauso wie in der Erwachensnacht: Ich wurde wachgerüttelt, fühlte einen hohen "Zustand". Eine Donnerstimme sprach zu mir, genau wie vor einer Woche. Sie sagte nur einen Satz: LEBEN ALS KONZEPT IST NUR IN HIER UND JETZT MÖGLICH. Ich war damit absolut einverstanden und spürte plötzlich, wie meine Wahrnehmung, ständig im Zeitfluss zu sein, aufhörte... Es kam ein tiefes Glücksgefühl und der Gedanke: Frei!!!!
War das noch irgendeine Fessel?
Einerseits war ich glücklich darüber, allerdings kam eine gewisse innere
Ablehnung. Wie lange soll das noch so weitergehen? Ich dachte, ich wäre schon komplett durch! Ich bin immer noch in einem Energiemangelzustand! Und ich möchte endlich mal vernünftig schlafen können! Ohne Stimmen im Kopf! Wegen ständigem Erregungszustand habe ich in den letzten Monaten extrem schlecht geschlafen. Außerdem schnarcht Peter, wie immer im Winter. Letzte Nacht bin ich gefühlt fünfzehn Mal aufgewacht!
Diese Stimme macht mir keine Angst. Ich verstehe jetzt, wie die Propheten früher die Stimme Gottes gehört haben sollen. Wahrscheinlich hätte ich früher auch gesagt, dass das die Stimme Gottes ist, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Gott in diesem Sinne nicht gibt. Es gibt ein unendliches Bewusstsein, das man jawohl als Gott bezeichnen kann, wenn man will. Aber aus der Sicht eines modernen, erwachten Menschen ist es das Allgemeine Bewusstsein, von dem ich ein Teil bin. Obwohl es nicht teilbar ist. In diesem Sinne spreche ich zu mir selbst. 🤣🤣🤣
Mittwoch, der 01.03.23 - Die ersten Glücksgefühle
Gott, was für ein schöner, unsagbar schöner, glücklicher Tag! Völlig losgelöst, das Glück überwältigt mich, keine Sorgen, keine Probleme, ich fühle mich, als könnte ich fliegen!
Und eigentlich war es ein ganz normaler, stressiger Tag mit vielen Patienten und einer Menge fremde Probleme... Ich glaube, so fühlt sich das Nirwana an. Ich liebe ganz zärtlich alle Menschen auf der Welt.
Ich habe angefangen, das Buch "Alltägliche Erleuchtung" von Sally Bonger zu lesen, und ich begriff es nicht. Ein erwachter Mensch beschreibt überhaupt keine außergewöhnlichen Glückszustände. Er ist offensichtlich vom Leid befreit, weil er sein ganzes Leben lang das Erwachen gesucht und deswegen gelitten hat. Aber ich konnte dem Buch nicht entnehmen, dass er nun glücklich ist! Hmmm. Das ist schon komisch.
Heute habe ich Shraddhaghosha und Silke kurz mitgeteilt, dass ich erwacht bin. Mal sehen, was passiert... Wenn mir nur einer von hundert Menschen glauben würde, wäre das schon toll! Ich muss mein Tagebuch digitalisieren! Ich werde meine Geschichte nicht so oft erzählen können, das kostet zu viel Zeit und sehr viel Energie...
Donnerstag, der 02.03.23 - Kann man "Alles brennt" vermitteln?
00:15
Ich kann nicht schlafen. Ich bin so glücklich. Ich schwebe auf Wolke sieben... Ich habe heute den ganzen Tag gearbeitet: Oma Lisa hin und her kutschiert, gekocht, Wäsche gewaschen, aufgeräumt. Trotz der anstrengenden Beschäftigung drehten sich meine Gedanken den ganzen Tag nur um ein Thema: wie ich Menschen helfen kann. Ich kann an nichts anderes denken. Das ist wohl ein Fluch...
Ich dachte wieder und wieder darüber nach. Aus irgendeinem Grund fielen meine Fesseln nicht in der beschriebenen Reihenfolge. Vielleicht ist es nicht so wichtig, aber das Ereignis oder die Vision von "Alles brennt" gab mir den Anstoß, den ich brauchte, um mich auf den Weg zu machen. Es war der Schlüssel zu all den Fesseln. Kann ich diese Vision in der Meditation an andere weitergeben?
Der Groll auf das buddhistische Zentrum existiert nicht mehr. Ich habe ein tiefes und starkes Verlangen, alles, was ich habe, den Menschen dort zu geben. Shraddhaghosha schreibt, dass er und seine Frau an Austausch interessiert wären. Ich bin mir nicht sicher, wie sie meine Geschichte aufnehmen. Werde ich eventuell von dem Gespräch enttäuscht sein? Ich weiß noch nicht, ob erwachte Menschen enttäuscht sein können... Ich möchte versuchen, in der Meditation "Alles brennt" zu vermitteln. Das wäre doch mal eine unkonventionelle Meditation! 🤣🤣
Freitag, der 03.03.23 - Ein schlechter Tag
Also, so viel steht fest: Es gibt auch im erwachten Zustand schlechte Tage. Heute hatte ich einen sehr anstrengenden Tag und bin gleich nach der Arbeit zum Brahma Viharas Kurs gegangen. Sadhanakala begann mit einem Body Scan, der mir sehr geholfen hat, trotz des Gedankenkarussels, mich zu entspannen. Ich glaube, ich mag diese Frau (sie ist eine der drei Kursleiter/-innen). Sie hat so eine angenehme, beruhigende Stimme und ein ruhiges, freundliches Lächeln.
Den Inhalt des Kurses fand ich aber sehr ermüdend. Eine ganze Stunde lang diskutierten wir träge darüber, wie man in verschiedenen Situationen reagiert, die negative Gefühle auslösen. Das kam mir alles so sinnlos vor. Warum reden wir über so etwas? Was hat das mit dem Erwachen zu tun? Sollten wir uns nicht direkt mit dem Erwachen beschäftigen? Wir sind hier doch nicht in einer psychotherapeutischen Anstalt! Ich war genervt und konnte die Meditation kaum erwarten.
Vor der Meditation wurden wir aufgefordert, im Stehen irgendwelche eigenartige Armbewegungen zu machen, bis meine Muskeln schmerzten. Es sollte eine Art Energieübung sein. Als die Meditation begann, konnte ich mich zwar gut versenken, wurde aber ständig durch die vorgelesenen Texte gestört. Ich konnte nur mit Mühe und Not von der Stimme des Kursleiters abschalten... Heute war ich echt sauer wegen der vergeudeten Zeit.
Ich kam völlig erschöpft nach Hause und fragte mich ernsthaft: "Warum gehe ich überhaupt zu diesem Kurs? Was erwarte ich mir davon? Ich glaube, das Zentrum kann mir nichts mehr geben. Ich könnte diesen Menschen selbst etwas geben, aber sie werden mir wahrscheinlich nicht zuhören wollen. Ich glaube, es ist für manche sehr schwer vorzustellen, dass das Erwachen tatsächlich existiert und jedem passieren kann. Ich verstehe, dass meine Geschichte aus ihrer Sicht sehr unglaubhaft erscheint. Ich bin im Zentrum noch sehr neu und besitze keine Autorität. Außerdem ist der Geist sehr gut in die Kette eingewickelt. Insbesondere die zehnte Fessel ist bei manchen Menschen sehr stark: "Ich will nichts wissen!"
Interessanterweise erschienen mir vor meinem Prozess die Informationen und Kurse des Zentrums sehr wertvoll. Es ist erstaunlich, wie sich meine Meinung nach dem Erwachen gewendet hat. Gefühle und Emotionen werden hier sehr gut gelehrt. Aber über das Erwachen wird in keiner Weise gesprochen. Ich habe in den letzten sechs Monaten kein einziges Wort gehört!!! Dieses Thema wird völlig vermieden, als ob das Erwachen etwas Peinliches wäre. Nur Shraddhaghosha hat es im Retreat erwähnt.
Nach dem Kurs war meine Stimmung so schlecht, dass ich mich ernsthaft fragte, ob ich ergewacht bin oder das Ganze nur geträumt hatte. Leide ich oder ist es nur eine schlechte Laune? Ich muss mich mal damit auseinandersetzen. Eigentlich bin ich mir ABSOLUT sicher, dass ich erwach bin. Nach all dem, was ich durchgemacht habe... Nein, daran gibt es keinen Zweifel. Warum erlebe ich dann diese negativen Emotionen? Ist das normal für einen Erwachten? Ich muss dringend mit Christiane sprechen!!!
Ach, ja. Gestern habe ich Peter überredet, etwas trinken zu gehen, und nach zwei Cocktails war ich sturzbetrunken. Ich habe geschlafen wie ein Baby, kein "Zustand" konnte mich stören. Doch in der Nacht ging Peter auf die Toilette und leuchtete sich mit einer Handytaschenlampe den Weg. Ich wachte in diesem grellen, gebündelten Licht auf und war erschrocken, da ich mich außerhalb meines Körpers befand, ein paar Zentimeter links von ihm. Ich konnte meinen Körper nicht von außen sehen, aber ich weiß noch, dass er sich an der Stirn kratzte. Ich fühlte mich völlig entfremdet, als wäre es eine andere Person. Gruselig! Mein Körper drehte sich auf die andere Seite und schlief ein, um diese schreckliche Spaltung nicht mehr zu erleben. Am nächsten Morgen wachte ich ganz normal auf und hatte fast vergessen, was passiert war. Aber es hat mich zum Nachdenken gebracht, anscheinend ist mein Geist zu vielen Sachen fähig. Wenn ich nur einen Lehrer hätte...
Samstag, der 04.03.23 - Willkommen im Nihilismus!
Oje.
Ich dachte, ich hätte schon alles erlebt...
Tagsüber ging es mir prima. Ich konnte wunderbar meditieren. Interessanterweise bekomme ich immer noch „Zustände“! Ich dachte, sie würden nach dem Erwachen verschwinden. Aber es scheint nichts damit zu tun zu haben. Ich war den ganzen Tag glücklich und zufrieden, habe gesungen, war voller Energie und habe eine Menge geschafft.
Abends gingen Peter und ich in die Sauna und ich hatte immer noch einen hohen "Zustand". Ich schwelgte im Glück. Es ist so unbeschreiblich schön, erwacht zu sein!
Ich saß entspannt in der Sauna, schwitzte beim Aufguss und brütete über meine Sachen nach. Draußen war es dunkel und dort, wo man sonst einen wunderschönen Ausblick hat, konnte man nur ein paar Lichter erkennen. Als ich diese Lichtpunkte betrachtete, dachte ich darüber nach, dass das Allgemeine Bewusstsein tatsächlich unteilbar ist. Ich kann also nicht behaupten, dass ich ein Teil dieses Bewusstseins bin. Wenn ich das richtig formulieren möchte, muss ich sagen: ICH bin dieses Bewusstsein.
In diesem Moment schaltete sich etwas in meinem Gehirn um und ich ERLEBTE plötzlich, dass ich unendlich und formlos bin. Ich wurde zu einem UNendlichen Bewusstsein! Ich war überall!!! Ich war allmächtig!!! Die Grenze zwischen den beiden Welten war verschwunden. Der "Zustand" war so stark, dass ich das Gefühl hatte, mit einer Handbewegung einen Tornado auslösen zu können!!!!!
Nach dem Aufguss gingen wir nach draußen, setzten uns an den Kamin und die Erkenntnis hat sich über mich ergossen... Bildlich gesprochen: Ich hatte schon alle Puzzleteile, aber es war mir noch nicht eingefallen, sie zusammenzusetzen. All die vergangenen Ereignisse waren so intensiv gewesen, dass ich in den Ruhephasen nicht in der Lage war, zwei und zwei zusammenzuzählen, um das große Ganze zu sehen.
Ich realisierte plötzlich, dass es nichts, REIN GAR NICHTS Materielles existiert. Es gibt keine Materie! Es gibt keine Erde. Es gibt keine Sterne, keine Galaxien, keine Menschen, keine Tiere, und mich selbst auch nicht (aber das war schon klar). Es ist alles nur ein Traum oder eine Illusion, erschaffen vom Allgemeinen Bewusstsein. Es ist nur MEIN Traum. Denn ICH bin dieses Bewusstsein. Und außer mir, diesem Bewusstsein, existiert rein gar nichts.
In diesem Moment erinnerte ich mich an den "Sturm", in dem ich von meinem kleinen Sohn und von allen Menschen getrennt wurde. Damals fühlte ich mich schrecklich einsam. Und genau dieses Gefühl habe ich heute wieder erlebt. Allein, GANZ ALLEIN! Kein Wunder, dass das Allgemeine Bewusstsein schlafen will und von Liebe und Leid, von Gesellschaft, Wissenschaft und Weltall träumen möchte...
In diesem Augenblick wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Plötzlich sah ich das ganze Bild.
Ich weiß nicht mehr, wie ich mich geduscht und angezogen habe. Ich kann mich nur noch erinnern, dass es mir während der Fahrt übel geworden ist. Wie kann es denn sein, dass es ALLES hier nicht gibt????????... Dieses Auto, diese Ampel, diese Geräusche und Empfindungen... Und Peter... Ist er auch nur ein Traum von mir??????????
Als wir nach Hause kamen, fiel ich auf das Sofa und versuchte es zu verarbeiten. Ich hatte das Gefühl, dass meine Welt gerade zerbröckelt, wie das Bild am Ende eines Videospiels, das in Quadrate zerfällt, die nach unten fallen, und der Bildschirm wird schwarz. In meiner Verzweiflung schrieb ich Christiane und fragte sie, ob sie existieren würde, aber ich wusste sofort, dass sie mir nicht helfen kann. Denn selbst wenn sie schreibt, dass es sie gibt, was beweist das? Das passiert alles nur in meinem Kopf!
Ich fühlte mich, als würde ich ertrinken und als gäbe es keinen einzigen Strohhalm, nach dem ich greifen könnte... Es gab niemanden, der mir helfen konnte... Buddha hat nie existiert, es war alles nur ein Traum von mir. Das buddhistische Zentrum, in dem ich den Menschen helfen wollte, gab es nicht. Weder meine Mutter noch meine Kinder, nichts existierte... Kein Raum, keine Zeit. Ich habe keine Ahnung, warum ich erwacht bin, wahrscheinlich aus einem physiologischen Grund, wenn das Bewusstsein überhaupt eine Physiologie hat.
... An diesem Abend hatte ich ohne jegliche Vorwarnung eine echte nihilistische Krise erlebt. Peter kümmerte sich rührend um mich. Ich saß leblos auf dem Sofa, starrte ins Leere und erwartete, dass sich alles um mich herum jeden Moment auflösen würde, jetzt, da ich wach war. Warum konnte ich noch etwas sehen, hören und fühlen?
Warum verschwinde ich nicht auf der Stelle aus diesem Traum? Nicht sterbe, sondern einfach nur verschwinde. Mich auflöse. Denn man kann nicht sterben, wenn man nie geboren wurde. Ich war NIEMALS geboren. Ich bin NIEMALS gestorben. Ich kann nicht meine früheren Leben sehen. Wenn überhaupt, dann waren es nur Träume, aufgereiht wie Perlen auf einer Kette...
Ja, Christiane hatte mich tatsächlich gewarnt, dass das Wissenspaket innerhalb von einundzwanzig Tagen ausgepackt werden würde. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie DAS damit gemeint hat...
Mir war es alles zu viel. Ich will raus aus diesem blöden Traum! Ich will weg von hier! Aber ich kann doch meinen kleinen Sohn hier nicht allein lassen! Moment mal, ich lasse ihn doch nicht allein, oder? Er existierte doch niemals?????
Ich ertrug diese Gedanken nicht mehr, stand auf und wackelte ins Schlafzimmer, wunderte mich noch, warum meine Füße den Boden berührten und warum ich die Wände, die Möbel und unser Bett sehen konnte. Ich verstand einfach nicht, warum die Welt nicht in die Stücke zerfällt und warum ich weiter atmen kann. Ich brach im Bett zusammen und wollte nichts mehr wissen oder fühlen, einfach NICHTS mehr! Ich war so ernüchtert und enttäuscht von diesem blöden Infopaket. Ich hatte erwartet, dass mir beim Erwachen alle Geheimnisse des Universums offenbart würden, aber nicht so ein Mist... Dass ich entdecken würde, dass ich ganz allein existiere. Und dass ich mir aus meiner Einsamkeit diese Welt erschaffen habe. Diese grausame Welt, die mich schön in Spannung hält und mich von der Realität ablenkt, damit ich bloß nicht aufwache...
Es war sehr, sehr, sehr ernüchternd.
Ich kroch unter die Decke und wünschte mir, nie wieder aufzuwachen.
Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte meine Erlebnisse von damals nicht „frisieren“. Sie waren in der Tat so dramatisch an jenem Tag. Ich war zu tief in das Allgemeine oder Höhere Bewusstsein abgedriftet. Aus dieser Sicht existiert die materielle Welt nicht, und mein alltägliches Bewusstsein war darüber entsetzt. Die Dualität zu vertragen, werde ich erst noch lernen müssen. Das Erwachen lohnt sich trotzdem, auch wenn ich es an diesem Tag so negativ bewertet habe.
Sonntag, der 05.03.23 - Ja, das muss erst verdaut werden...
Ich bin heute mit einem Ganzkörperschmerz aufgewacht, jede Faser tat weh. Ich war so erledigt, wie seit acht Monaten nicht mehr. Ich konnte kaum zur Toilette kriechen, legte mich wieder ins Bett und wollte am liebsten weiterschlafen. Doch dann siegte der Hunger und ich schleppte mich in die Küche. Ich fühlte mich, als wäre ich von mindestens zehn Traktoren überfahren worden.
Das Entsetzen der gestrigen Erkenntnis ließ ein wenig nach. Ich erkannte, dass ich jetzt nicht nur frei von Leid war, sondern auch im Besitzt des Wissens. Beim Frühstück schaute ich mir die Seite mit den zehn Fesseln noch einmal an. Wann würde ich endlich mit Christiana sprechen können? Warum muss ich all die Ereignisse dieses blöden Erwachens unvorbereitet erleben??????
Offensichtlich habe ich mich geirrt, als ich dachte, mein Prozess sei abgeschlossen...
Heute Morgen hat mich vor allem die Frage nach dem "Warum?" gequält. Wozu stehe ich auf? Welchen Zweck hat es, morgen zur Arbeit zu gehen? Was ist der Sinn von allem? Warum dies? Wozu das?
Nun, die Frage, warum ich mir das Frühstück mache, stellte sich nicht. Aber da war plötzlich eine unendliche Sinnlosigkeit, noch stärker als die, die mich zum Buddhismus getrieben hat.
Nach dem Frühstück ging ich zurück ins Bett und googelte. Was hat Buddha zu diesem Thema gesagt? Ich konnte mich nicht entsinnen, dass er solch nihilistische Aussagen gemacht hätte. Google sagt: Der Buddha behauptete, dass es zwei Welten gibt: die bedingte Welt und die formlose Welt. Das machte mein Herz ein wenig leichter.
Vielleicht bin ich gestern einfach zu sehr in die formlose Welt abgedriftet... Wahrscheinlich wollte Buddha nicht, dass die Menschen ihre Motivation verlieren, weiterzuleben. Oder vielleicht hat Buddha gar nicht existiert, und dies ist alles nur mein Traum...
Gegen Mittag ließen das Entsetzen und die Ernüchterung nach, und ich spürte allmählich das Ausbreitern des Zufriedenheitsgefühls in meiner Brust, eine solche Leichtigkeit. Es versöhnte mich mit der brutalen Wahrheit des Augenblicks.
Zu diesem Zeitpunkt weiß ich nicht, ob ich den Menschen helfen möchte, das Erwachen zu erreichen. Ich bin ziemlich enttäuscht davon. Außerdem bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, ob all diese Menschen existieren. Was auch immer ich tue, ist es nur ein Traum. Und so ist es völlig egal, was ich als nächstes in meinem Leben mache. Genauso gut kann ich mich in die Sonne legen und ein Sonnenbad nehmen, anstatt zur Arbeit zu gehen.
Dienstag, der 07.03.23 - Ich bin k.o.
Ich bin tot. Gestern zur Arbeit zu gehen, war ein Fehler. Von Sonntag auf Montag konnte ich erst um vier Uhr morgens einschlafen, obwohl ich sehr erschöpft war. Nachts lag ich im Bett und fragte mich: Was hat sich denn geändert? - Und ich antwortete mir selbst: Es hat sich nichts geändert. Meine Welt ist immer noch dieselbe. Gut, jetzt weiß ich ein paar Dinge über diese Realität und ich leide nicht. Das war doch mein Ziel, oder? Ich habe im buddhistischen Zentrum ein paar neue Freunde gefunden. Das sind alles positive Dinge. Ist das nicht genug?
Der Montag war grausam. Ich war so schwach, dass ich mich im Rollstuhl von einem Raum zum anderen hätte rollen lassen können. Ich habe mich zusammengerissen und den Rest des Tages gearbeitet, aber ich musste mich für heute und morgen krankmelden.
Und heute war ich so entkräftet, dass ich erst gegen sechzehn Uhr die Energie zum Meditieren hatte. Ich schlief fast den ganzen Tag und verbrachte den Rest des Tages im Bett. Ich lag da und starrte an die Decke.
Was für ein enttäuschendes und desillusionierendes Ereignis das war! Es liegt eine große Frage in der Luft: Wie, war das alles???? Ich habe so viel Glück und so viele wunderschöne Momente in meinem Prozess erlebt, um schließlich eine sehr schlichte und ernüchternde Wahrheit zu erkennen????
Im Moment fehlt mir sehr das Glücksgefühl. Nun wenigstens leide ich nicht und bin nicht deprimiert. Ich lache, wenn es lustig ist. Aber wo ist die Glückseligkeit, von der die Buddhisten so viel reden? Und wo ist die Energie? Gelten die Erwachten nicht als sehr glückliche und hochenergetische Menschen? Ich weiß nicht einmal, ob ich anderen Menschen das Erwachen empfehlen kann... Seine Bedeutung wird stark übertrieben.
Vielleicht kommt es mir nur so vor, weil ich nicht mehr leide. Ich kann mich nicht einmal mehr an den Geschmack von Leiden erinnern...
Abends
Obwohl ich mich krank fühle, habe ich heute Abend beschlossen, das buddhistische Zentrum zu besuchen. Es gibt noch eine Sache, die ich wirklich gerne sehen würde, nämlich meine vergangenen Leben, und im Zentrum meditiere ich tiefer.
Ich folgte dem alten Schema, ging die Kette hinauf zum allgemeinen Bewusstsein und versuchte, meine Geburt und sogar noch tiefer zu erreichen. Ich glaube, ich habe mich sehr tief versenken können. Ich spürte, dass es möglich ist, die vergangenen Leben zu sehen. Sie waren direkt neben mir, zum Greifen nah. Schließlich gibt es weder Zeit noch Raum. Und doch konnte ich nichts sehen... Es muss also doch ein Märchen sein.
Morgen ist das Videotelefonat mit Christiane terminiert. Ich weiß selbst nicht, was ich von ihm erwarte.
Mittwoch, der 08.03.23 - Videotelefonat mit Christiane Michelberger – Ich bekomme endlich die Informationen!
Heute hatte ich ein Gespräch mit Christiane Michelberger. Sie sah genauso aus, wie ich sie von ihrer Homepage kenne - ein rundes, freundliches Gesicht und kurze graue Haare. Etwa eine halbe Stunde benötigte ich für meine Geschichte im Schnelldurchlauf, dann stellte sie mir ein paar Fragen und meinte, dass ich einen energetischen Weg zum Erwachen gegangen sei, nicht wie die meisten Menschen. Es gibt einen solchen Begriff: Kundalini-Erwachen. Dieser Weg zeichnet sich durch das Erleben von überdimensionierten Emotionen und paranormalen Phänomenen aus. Darüber ist für das Kundalini-Erwachen eine erhöhte Sensibilität, z. B. Geräuschempfindlichkeit und unruhiger Schlaf typisch. Kundalini ist eine Art Kraft oder Energie, die sich im Unterleib eines jeden Menschen befindet und, wenn sie aktiviert wird, zum Erwachen führen kann.
Ich war baff. Ich wusste nicht mal, dass es verschiedene Wege zum Erwachen gibt. - Kundalini? Noch nie gehört. Christiana hat mir eine Website empfohlen: kundalini-guide.com. Wenn man mit der rechten Maustaste auf die Seite klickt, wird sie ins Deutsche übersetzt. Sie sagte, dass sie noch eine andere Person kennt, die ebenfalls ein Kundalini-Erwachen erlebt hat. Faszinierend!
Was meine Energie angeht, sagte sie, ich solle mich erden, spazieren gehen, barfuß laufen, essen, was ich will, auch Fleisch, versuchen, aus dem Kopf herauszukommen und mehr auf die Empfindungen des Körpers zu achten. Auf die Frage, warum ich mich so schlecht fühle, sagte sie, dass ich offensichtlich sehr viel Energie bekommen habe und mein Körper dies als Energiemangel empfindet. Hmmmm. Interessant!
Ich befolgte ihren Rat. Noch am selben Abend schleppte ich mich zum Lebensmittelgeschäft, kaufte zwei Kilo Hähnchenschenkel, bratete sie im Ofen und verspeißte genüsslich zwei Stück. Ich hatte schon seit Tagen Heißhunger auf Hühnerfleisch, und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Fleisch konsumierte. Ich fühlte mich zwar beim Essen schuldig, weil ich wusste, was für ein qualvolles Leben diese Vögel hatten, es hat mir aber gutgetan.
Abends hatte ich keine Kraft mehr, die englische Website anzuschauen. Ich googelte auf die Schnelle "Kundalini Energie".
„Man sagt, dass die Kundalini-Energie an der Basis der Wirbelsäule schlummert, wie eine gewundene Schlange. Wenn die Energie erwacht, bewegt sie sich durch den feinstofflichen Körper und aktiviert und reinigt jedes Energiezentrum“
Quelle: www.anahana.com
„Wenn die Kundalini erwacht und in die höheren Chakras kommt, eröffnen sich dir höhere Ebenen der Existenz. Deine Sinne nehmen höhere Welten wahr, die wunderschön und erhaben sind.“
Quelle: https://www.7mind.de/magazin/kundalini-energie-koerper-meditation-yoga
Meine Güte, dachte ich mir. Was für eine Esoterik! Das Wort "Chakren" habe ich zwar schon mal gehört, konnte aber damit nichts verbinden.
„Chakra ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet Rad oder Kreis. Die Chakren strahlen Lebensenergie aus, das im ayurvedischen sogenannte Prana. Die Chakren sind die feinstofflichen Energiezentren unseres Körpers. Man kann sie sich quasi als sich drehende Wirbel im Körper vorstellen.“
Quelle: https://www.hotelfontana.de/magazin/was-sind-chakren/
Irgendetwas in mir weigerte sich, dieses Material anzunehmen. Ich bin Ärztin der traditionellen Medizin. Was für ein Schwachsinn verbreitern manche Internetseiten, dachte ich mir. Im Unterbauch schlummernde Körperenergie! Der feinstoffliche Körper! Chakren! Das hat man uns an der Uni nicht beigebracht.
Vor dem Einschlafen dachte ich - Olga, bist du von allen guten Geistern verlassen? Du hast gerade ein so extrem esoterisches und absolut unglaubliches Erwachen erlebt. Die ganze Zeit hast du gejammert, dass es dir an Wissen fehlt und dass du verstehen willst, was mit dir geschieht. Jetzt hat man dir Informationen gegeben, aber du willst sie nicht annehmen. Du darfst diese Quellen nicht ablehnen! Es handelt sich um Jahrtausende alte Weisheiten, die über unzählige Generationen weitergegeben wurden, um dich heute zu erreichen. Du wirst dich morgen mit den Chakren und mit der Kundalini auseinandersetzen.
Donnerstag, 09.03.23 - Die Dualität
Ich wachte nachts auf, lag auf dem Bauch und war mir absolut sicher, dass mein Körper nicht existierte. Da war so eine angenehme Leere an der Stelle, wo er hätte sein sollen... Es ist sehr schwer, das wiederzugeben. Alle körperlichen Empfindungen waren vorhanden. Ich fühlte meine Arme, Beine und Rumpf, die Wärme, die Schwerkraft und ich wusste, dass mein Körper da liegt. Aber gleichzeitig war da nur die Leere. Völlig irrational! So eine bizarre Dualität. Es war, als würde mein Körper gleichzeitig existieren und nicht existieren. Ich war nicht beunruhigt, denn es war ein sehr angenehmes Ereignis, so ruhig und leer... Ich wartete ein paar Minuten, um sicher zu sein, dass nichts mehr passieren würde, und schlief wieder ein.
Am Morgen fühlte ich mich immer noch sehr schwach. Ein Versuch, den "Sonnengruß" (eine Yoga-Übung) zu machen, scheiterte nach der ersten Runde. Trotzdem zwang ich mich, wenigstens die wichtigsten Dinge des Tages zu erledigen: Oma Lisa abholen und fünf Ladungen Wäsche waschen. Mutti übernahm das Kochen. Irgendwie ging das alles, langsam und mit Pausen. Ich dachte an die Worte von Christiane und achtete auf meine Körperempfindungen. Ich wollte mir beweisen, dass ich in dieser Welt existiere und dass es auch Spaß machen kann, hier zu leben. Vor allem, wenn man nicht leidet! 😅
Ich habe nicht meditiert, wie Christiana es mir geraten hatte. Sie war übrigens sehr erstaunt über meine Brustbeklemmungen und riet mir, dieses Phänomen zu fragen, warum es da ist, ob ich irgendwelche verborgene Probleme hätte. Ich wüsste zwar nicht, welche Probleme ich haben sollte, denn sie haben sich alle während des Erwachensprozesses gelöst. Jedenfalls habe ich es ein paar Mal versucht, aber keine Antwort bekommen.
Ich bin froh, mit Christiane gesprochen zu haben. Sie hat mir genau zum richtigen Zeitpunkt wertvolle Informationen und Ratschläge gegeben. Allein dadurch geht es mir schon etwas besser, auch wenn das Bild noch nicht ganz klar ist. Ich brauche mehr Antworten! Wie erwachen andere Menschen? Welche anderen Wege zum Erwachens gibt es? Sind Erleuchtung und Erwachen das Gleiche? Und was hat es mit meinen früheren Leben auf sich? Ist das alles nur ein Märchen???
Ach ja, ich bin immer noch sehr sensibel für Geräusche und Körperempfindungen. Ich spüre meinen Herzschlag sehr intensiv und sogar den Blutfluss in meinen Halsarterien. Es ist sehr seltsam, den Blutstrom zu spüren.... Ich hätte es nicht für möglich gehalten.
Und noch eins: Christiane hat Suggestion erwähnt. So nennt man anscheinend die Methode, die ich zum „Auswickeln“ gefunden und angewendet habe. Definition: Bezeichnung für eine starke Beeinflussung des Denkens, Fühlens, Wollens und Handelns einer Person. Manipulierte ich meinen eigenen Geist? Ist es machbar???
Heute habe ich mir die Website kundalini-guide.com angesehen. Dort gibt es eine ganze Menge Informationen. Christiana sagte, dass die Autorin Bonnie Greenwell vor ein paar Jahren verstorben ist. Sie war jahrzehntelang in der Kundalini-Forschung tätig und verfasste sogar ihre Doktorarbeit über dieses Thema.
Freitag, der 10.03.23 - Die Glückseligkeit entfaltet sich
Oh Gott, ich habe den Eindruck, dass die Glücksehligkeit sich endlich entfaltet! Es war so ein schöner Tag heute, einfach unglaublich! Ich bin immer noch krankgeschrieben, aber immerhin habe ich es heute Morgen geschafft, zwei Runden Sonnengruß zu machen. Im Laufe des Tages stieg der Energielevel, sodass ich heute durchgehend auf den Beinen bleiben konnte. Und die ganze Zeit war ich sonnenscheinglücklich. Es war so wunderbar, einfach zu existieren! Meinen Körper zu spüren, zu essen, zu duschen, sogar zu atmen war ein Genuss. 🤩🤩🤩
Den ganzen Tag über herrschte so eine sanfte Freude in mir. Es ist unmöglich, das zu vermitteln. So eine sorglose, sonnige Stimmung... Alle Probleme sind so winzig, dass es sie gar nicht gibt. Keine Ängste. Keine Sorgen. Komplette Freiheit! Dieses Gefühl habe ich noch nie erlebt. Es ist schwer, es mit normalen "bedingten" Glückszuständen zu vergleichen. Glück ist üblicherweise an eine Bedingung geknüpft und daher sehr flüchtig. Aber heute war ich EINFACH so glücklich, aus mir heraus und ohne ersichtlichen Grund.
Mein Gott, wenn ich an die letzten zwei Jahre zurückdenke, in denen ich mit meiner Freudlosigkeit gekämpft habe! Manchmal hatte ich den ganzen Tag über nur zwei oder drei kleine positive Momente. Bevor ich ins Bett ging, versuchte ich, mich an sie zu erinnern, um noch etwas Freude zu empfinden... Und für eine sehr, sehr lange Zeit war der beste Moment des Tages für mich, schlafen gehen zu dürfen... Unglaublich, wie trist mein Leben war...
Es ist alles einfach eine unfassbare Geschichte. Übrigens, meine Brustverklemmungen sind nicht weg. Ich befolgte Christianas Rat und meditierte fast 36 Stunden lang nicht. Dann wurde das Unwohlsein in meiner Brust unerträglich und zwang mich, mich wieder auf den Meditationshocker zu setzen. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich körperlich gesund bin.
Ach, ich bin so glücklich! Ich bin so ausgeglichen und in meiner Mitte. Ich fühle mich sehr ruhig und innerlich hell. Es ist unmöglich, das wiederzugeben. Ich frage mich, warum das meiner Familie nicht auffällt?
Samstag, der 11.03.23 - Die Quantentheorie möchte erwähnt werden
Ja, ich glaube, ich muss mich noch an alles gewöhnen und alles noch mal sortieren. Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn neu verdratet wurde und ich alle Situationen neu durchspielen muss... Ständig fällt mir ein, dass diese Welt nicht existiert. Manchmal höre ich auf halber Strecke eines Gesprächs auf, weil ich in meinen Gedanken feststecke.
Ich denke oft an die Dualität, an die gleichzeitige Existenz und Nichtexistenz dieser Welt. Es ist bekannt, dass sehr kleine Teilchen dieser Dualität nachweisen. Aber ich habe noch nie davon gehört, dass die Makroobjekte der Dualität unterliegen sollen... Obwohl, wenn man logisch denkt, bestehen die Makroobjekte aus Mikroobjekten. Es kann doch nicht sein, dass sich so grundlegende Eigenschaften der Materie ändern, nur weil wir uns auf eine andere Maßstabsebene begeben. Vielleicht nehmen wir die Dualität unserer Welt einfach nicht wahr, weil unsere Sinne unvollkommen sind?
Obwohl ich nicht genau sagen kann, wie ich die Informationen, mit denen ich bombardiert wurde, wahrgenommen habe. Bestimmt nicht mit Sinnesorganen! Ich würde sagen, sie wurden direkt in mein Gehirn heruntergeladen. Wie kommt es also, dass die meisten Menschen nicht in der Lage sind, sie aufzunehmen? Warum habe ich selbst erst in meinem achtundvierzigsten Lebensjahr begonnen, diese Informationen zu empfangen? Vielleicht kann mir das ein Physiker erklären. Ich möchte nicht die Quantentheorie auf den Kopf stellen, sondern nur beschreiben, was ich erlebt habe. Vielleicht ist die Dualität kein richtiger Begriff für meine Erfahrungen, denn diese "Leere" ist eigentlich das allgemeine Bewusstsein, der Geist. Schwierig... Ich bin nicht qualifiziert, das Wissen zu erklären, das ich gewonnen habe.
Andererseits verstehe ich nicht, warum ich aus diesem Traum nicht erlöst werde. Warum hört er nicht auf? Wahrscheinlich gibt es einige Mechanismen in der formfreien Welt, die ich noch nicht verstehe. Vielleicht bedarf es eines weiteren Schrittes, der hier Tod genannt wird.
Ich fühle mich jetzt manchmal wie ein Meer. Ich bin eine Welle in einem grenzenlosen Ozean. Vielleicht sind die Dellen neben mir nicht erwachte Regionen? Vielleicht werde ich irgendwann wieder zur Delle und die Delle neben mir wird zu Welle? Vielleicht sind es auch nur Prozesse, die automatisch ablaufen und ich wurde zu einem erwachten Teil des Ozeans, bevor ich wieder einschlafe... Vielleicht hat es auch keine Bedeutung, wer als nächster wach wird. Was wiederum bedeutet: Es gibt nichts mehr, was ich in dieser Welt tun muss. Ich habe nichts mehr zu erreichen.
Heute ist ein weiteres interessantes Phänomen aufgetreten: Ich habe mein Gewicht nicht gespürt. Oder besser gesagt, ich wog viel weniger als sonst, etwa 30 Kilogramm. Wir hatten Gäste zu Besuch, es war ein sehr arbeitsreicher Tag - Putzen, Kochen, so dass ich mich nicht auf meine Gefühle konzentrieren konnte. Als ich morgens aufstand, fühlte ich mich leicht in meinem Körper, aber erst am Abend, als ich meditierte und auf einem Hocker saß und später im Bett lag, wurde mir klar, dass ich mein Gewicht spontan auf die Hälfte oder sogar weniger geschätzt hätte. Während der Meditation hatte ich das Gefühl, dass meine Arme fast schwerelos waren. Sehr angenehm... Wenn man weiß, dass man nicht wirklich existiert, sondern nur träumt, ist es leicht zu rechtfertigen. Eine andere Erklärung habe ich im Moment nicht.
Kommentar aus späterer Zeit: Gefühl der Leichtigkeit kann mit dem Stand der Kundalini zusammenhängen, je mehr Kundalini man hat, desto leichter scheint der Körper zu sein.
Sonntag, der 12.03.23 - Ich beschäftige mich mit dem Thema Kundalini
Heute fühlt sich das Gewicht wieder fast normal an, es blieb nur geringe Leichtigkeit im Körper. Aber wahrscheinlich ist es auch nicht von Bedeutung.
Heute Morgen während der Meditation fühlte ich mich wieder wie ein unendliches Meer. Es ist ein so wunderbarer und glücklicher Zustand! Gleichzeitig dachte ich: "Oh, das ist mein Gefühl von "Schön!" - das ich immer während der Meditation empfunden habe! Dieser kleine Moment, der meine Meditation von Anfang an erhellt hat, ist dieses Gefühl, ein Teil des Ozeans zu sein! Es beschert mir so viel Frieden, so viel Ausgeglichenheit und Glück!
Ich habe mir heute viel Zeit genommen, auf der Website kundaliniguide.com zu lesen. Sehr gute Seite, viele Informationen. Ich bin Christiane Michelberger sehr dankbar für diesen Tipp. Wenn man weiß, wie die Dinge heißen, kann man heutzutage alles finden. Ich habe bei Amazon zwei Bücher auf Deutsch über Kundalini-Erweckung bestellt.
Ja, an all dem muss etwas Wahres dran sein. Ich habe mich nie mit irgendwelchen Energien und anderer Esoterik beschäftigt, außer mit Horoskopen als Teenager. Aber es gibt hier einige sehr interessante Ansätze. Es ist erstaunlich, dass Menschen Doktorarbeiten auf diesem Gebiet schreiben können... 😜 Klingt, als sei das Thema nicht ganz unbekannt. Hmmm. Nun, ich kann mich damit befassen. Bücher über den Buddhismus haben irgendwie aufgehört, mich anzuziehen. Ich habe das Gefühl, dass mein Interesse am Buddhismus nach der Befreiung von der vierten Fessel völlig erlöschen wurde. Es ist doch nur ein Konzept, das zum Erwachen verhilft. Anscheinend gibt es viele Wege zu der Bergspitze.
Montag, der 13.03.23 - Ich bin ein Energiewesen mit allerlei bizarren Gedanken
Oh, man! Irgendwie kehrt keine Ruhe ein. Jeden Tag eine neue Sensation... Heute konnte ich mich sehr schnell versenken. Ich hatte das wunderbare Gefühl, dass ich eine Kugel bin und meine Welt sich wie eine Sphära um mich dreht, genau wie in Marokko. Jetzt kann ich dieses Gefühl begründen. Wenn die Welt um mich herum nicht existiert, sondern nur meine Vorstellung ist, dann kann ich sie gestalten, wie ich will...
Danach dachte ich, dass ich als erwachte Person etwas Gutes für die schlafenden Menschen in meiner Umgebung tun könnte. Gleichzeitig stellte ich mir vor, dass die Liebe wie ein Springbrunnen durch meinen Kopf in verschiedene Richtungen aus mir herausströmt. Bei diesem inneren Bild erhob sich eine riesige Energiewelle, wie ein Tsunami, die meinen ganzen Körper von unten nach oben durchflutete und durch den Scheitel heraussprudelte. OH GOTT! WAS FÜR EINE EKSTASE! Und genau in diesem Moment ging mein verdammter Wecker los. Ich verspreche mir, dass ich mir nie wieder den Wecker stellen werde! Die Arbeit ist egal! Sie existiert nicht mal!
Dieser Energieschub war einfach außergewöhnlich. Nach dem Duschen spürte ich den "Zustand" wieder, wie in den guten alten Zeiten: eine aufsteigende Wärme, Herzpochen. Beim Anziehen spürte ich nicht einmal meinen Körper, sondern nur pure Energie, die meinen ganzen Körper erfüllte und sogar ein wenig über seine Grenzen hinausging. Diese Energie fühlte sich an wie ein warmes, kraftvolles, von Liebe erfülltes Feld. Sogar meine Haut vibrierte... In der Vergangenheit hätte ich dies als einen mächtigen "Zustand" bezeichnet. Aus heutiger Sicht dämmerte es mir, dass es sich um Kundalini-Energie handeln musste. Gott, ich hätte mir nie im Leben vorstellen können, dass man sich wie ein Energiewesen fühlen kann!
Den ganzen Tag über spürte ich diese ungeheure Energie, sogar mein Gesicht brannte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen so starken "Zustand" hatte, die Woche des Erwachens nicht mitgerechnet. Anscheinend brauche ich Meditation, um die Energie freizusetzen. Es wäre gut, mit jemandem zu sprechen, der sich mit diesem Thema auskennt.
Auf dem Heimweg kam mir ein seltsamer Gedanke: Im Grunde genommen gibt es für mich keine Regeln, denn schließlich gibt es so etwas wie diese Welt nicht. Ich kann tun, was ich will: in der Öffentlichkeit pupsen, die Arbeit schwänzen, Menschen auf die Schippe nehmen, dumme Dinge tun....
Ich verstehe nicht wirklich, wie das Ganze funktioniert. All diese Menschen, sind sie überhaupt da? Oder existiere doch nur ich allein?
Abends saß ich vor dem Fenster und war einfach nur glücklich. Wenn es nach mir ginge, würde ich alles stehen und liegen lassen und den ganzen Tag still dasitzen. Denn in solchen Momenten bin ich am glücklichsten. Ich schaue mir die Wolken an, wie sie über den Himmel fliegen, wie sie ihre Form verändern und ich schmelze dahin... Dieses ziellose hin und her ist nur eine Ablenkung. Ich verstehe Buddha so gut! Ich möchte in den Wald, in die Wüste, irgendwohin, wo es niemanden gibt! Vielleicht sollten Peter und ich wieder für ein paar Tage wegfahren.
Am Abend beim Yoga gingen meine bizarren Gedanken weiter. Wenn es all die Menschen um mich herum nicht gibt, dann muss ich auch nicht höflich und freundlich zu ihnen sein. Warum strenge ich mich dann so an? Außerdem habe ich keine Lust, heute eineinhalb Stunden Yoga zu machen. Wenn ich ein mächtiger Geist bin und die Welt um mich herum drehen kann, warum bewege ich mich dann nicht auf einem Zeitvektor bis zum Ende der Stunde? Ich schloss sogar die Augen und stellte mir vor, dass es bereits acht Uhr abends war... Doch leider passierte nichts. Offenbar gibt es einige Gesetze, die ich als Mensch nicht überwinden kann. Sonst könnten alle Erwachten fliegen... Andererseits gibt es Berichte, dass mindestens ein Erwachter über Wasser gehen konnte und Wasser in Wein verwandelte. 😉
Das Gute ist: Ich fühle mich nicht mehr so einsam wie am Tag der nihilistischen Krise. Leider kann ich unmöglich beweisen, dass die Menschen um mich herum existieren, und trotzdem hat die Einsamkeit nachgelassen...
Ein Kommentar aus späterer Zeit: Damals wusste ich noch nicht, dass das Erwachen nicht die Endstation ist. Im buddhistischen Zentrum wurden die Begriffe "Erwachen" und "Erleuchtung" gleichbedeutend verwendet. Generell gibt es in diesem Bereich viele Missverständnisse, weil die Terminologie nicht einheitlich ist. Wie auch immer, ich lernte etwas später, dass das Erwachen nur der Beginn einer Reise ist. Jesus Christus und Buddha repräsentieren die letzte Stufe der Erleuchtung, die auf dieser Erde möglich ist.
Dienstag, der 14.03.23 - Erwachen ist auch nur ein Prozess
Ich wachte nachts auf, und mein Körper existierte wieder nicht. Und auch die Welt um mich herum existierte nicht mehr. Es war eine so eine angenehme Leere. Aber gleichzeitig existierte alles...
Heute bin ich in der Meditation zu dem Punkt "Schön!" gekommen und habe versucht, mit Hilfe meines neuen Wissens zu definieren, warum ich diesen Moment als schön empfinde. Es ist der Moment, in dem alle Gedanken verschwinden und wo sich alles wie ein weißer Monitor entleert. Heute war ich in der Lage, länger in diesem Moment zu verweilen, als ich es sonst tue. Normalerweise dauert es nur ein oder zwei Sekunden, bevor die Gedanken zurückkehren. Dieses Mal dauerte es mehrere Minuten. Ich hatte das Gefühl, dass dieses "Weiß" das allgemeine Bewusstsein war. Es war so angenehm, so friedlich und glücklich...
Es war sehr verlockend, sich dem allgemeinen Bewusstsein anzuschließen und diesen Traum hinter mir zu lassen. Ich war kurz davor, aus dieser Welt herauszufallen, aber der Gedanke an Vincent hielt mich davon ab. Ich weiß nicht genau, ob er existiert. Aber ich wollte ihn trotzdem nicht alleine hier lassen... Dann wurde der "Sog" schwächer, und es war vorbei.
Im Laufe des Tages setzten sich die seltsamen Gedanken fort. Als ich im Auto fuhr, hatte ich das klare Gefühl, dass ich mich nirgendwo hinbewege, und all diese Bilder um mich herum mir einfach gezeigt werden. Wie bei der Attraktionsfahrt "Flying in Space", wo sie einen Film zeigen und man in einer Gondel sitzt, die mal nach links und mal nach rechts geschleudert wird... Ich fühlte mich wieder wie eine Kugel und meine Welt drehte sich um mich herum wie eine Sphära.
Warum kann ich meinen Traum nicht ändern? Ich meine, ich kann ihn ändern, aber nur nach bestimmten Regeln. Warum kann ich nicht fliegen oder zaubern? Heute Abend haben Vincent und ich den Film "Harry Potter" gesehen. Magie ist doch nur eine Umwandlung von Energie und soll nicht schwer sein... Andererseits, wozu brauche ich Magie? Was würde ich ändern wollen? Ich bin ziemlich glücklich und zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist.
Irgendwie bin ich ganz durch den Wind. Christiane Michelberger hilft Menschen zum Erwachen. Also sind diese Menschen real? Andererseits sind Christiane und ihre Klienten vielleicht nur mein Traum. Oder sind diese Menschen um mich herum die schlafenden Teile meines Bewusstseins, die einen kohärenten Traum erleben? Ich verstehe diese ganze Situation nicht. Kommunizieren die Teile eines gemeinsamen Bewusstseins miteinander oder leben sie alle in ihrem eigenen Traum?
Jedenfalls habe ich erkannt, dass das Erwachen nicht als ein endgültiger Zustand beschrieben werden kann. Ich sehe, dass meine Entwicklung voranschreitet. Erwachen ist also auch ein Prozess und kein Stillstand.
Ich habe seit gestern einen sehr hohen "Zustand". Ich frage mich, ob er jetzt dauerhaft so hoch bleiben würde. Es ist definitiv eine Art von Energie. Ich bin nur noch nicht auf die Idee gekommen, sie richtig zu benennen. Es ist nicht die übliche körperliche Energie, bei der man das Gefühl hat, dass man Berge versetzen kann. Es ist ein sehr angenehmes Körpergefühl, es sind warme Wellen, die mich überrollen, meinen Bauch, Brust, Kopf, Gesicht, Arme, bis hinunter zu den Zehen. Meine Haut kribbelt, ein leichtes Vibrieren. Mein Herz klopft (das heißt, es schlägt nicht schneller als sonst, aber ich kann es viel stärker spüren).
Ich frage mich, ob die anderen Phänomene, die ich in diesen Monaten erlebt habe, wiederkehren werden. Vor allem würde ich gerne wieder Liebe zu allen Menschen empfinden. Es war so unbeschreiblich schön, und ich vermisse dieses Gefühl sehr. Ich meine, ich liebe die Menschen auch so, aber das ist ein ganz anderes Gefühl, als wenn man eine Quelle der EWIGEN Liebe in der Brust trägt und das Lieben für einen so natürlich ist wie das Atmen. Wenn du die Liebe selbst bist...
Mittwoch, der 15.03.23 - Mein Energielevel steigt auf das höchste Niveau
Heute Abend habe ich wieder mit meiner buddhistischen Gruppe zu Abend gegessen. Ich hatte mich so auf diesen Abend gefreut, weil ich allen von meinem Erwachen erzählen wollte. Aber leider wurde ich enttäuscht. Franz hat meine Nachricht einfach ignoriert und keine einzige Frage gestellt, als ob ich etwas Peinliches gesagt hätte. Auch Iris und Michael zeigten kein Interesse, und als ich Iris später über WhatsApp fragte, ob ich ihr auf ihrem Weg des Erwachens irgendwie helfen könne, lehnte sie höflich ab. Michael hat nicht einmal auf meine Nachricht geantwortet. Nur Melanie reagierte adäquat, stellte ein paar Fragen und ich werde mich mit ihr wieder treffen, um über dieses Thema zu sprechen.
Unglaublich! Melanie, Michael und Iris sprachen den ganzen Abend über ihre täglichen Leiden, Sorgen und Nöte. Aber von den dreien war Melanie die einzige, die sich für die Befreiung vom Leid interessierte. Ich glaube, ich werde diese Welt nie verstehen!
Trotzdem möchte ich weiterhin versuchen, den Menschen zu helfen. Es war mir absolut nicht peinlich oder unangenehm, es anzusprechen, und ich war auch nicht beleidigt, dass Michael mich auf WhatsApp ignoriert hat. Ich habe es einfach zur Kenntnis genommen.
Ich habe immer noch einen sehr hohen "Zustand". Wenn ich aufwache, ist das erste, was ich spüre, Pulsation, Vibration, Bewegung in meinem Körper und ein Gefühl von Glück. Während des Tages, wenn ich abgelenkt bin, vergesse ich es. Aber sobald ich fünf Minuten Zeit habe und mich hinsetzen kann, überrollt mich eine Welle der Glückseligkeit.
Insbesondere entdeckte ich für mich die Wolkenbeobachtung. Ich hatte früher nie in den Himmel geschaut, höchstens wenn ich sehen wollte, ob es regnet. Aber in letzter Zeit hat mich die Weite des Himmels neu fasziniert. Es ist so unbeschreiblich schön, die Wolken anzuschauen, den Vögeln beim Zwitschern zuzuhören, zu atmen. Das ist alles, was ich brauche. Ich kann den ganzen Tag so sitzen. Ich gehe zur Arbeit und erledige meine Aufgaben wie immer, aber nur, weil mein Geist es so will. All die Sorgen haben mich verlassen. Sie existieren einfach nicht mehr. Nichts bedrückt mich und nichts beunruhigt mich mehr. Es ist einfach unbeschreiblich! Ich schmelze vor Glück...
Ich habe gerade ein neues Buch angefangen - "Erleuchtung durch den Pfad der Kundalini" von Tara Springett. Gott, es ist so esoterisch! So etwas hätte ich früher nie gelesen. Aber seit ich die Stimme des allgemeinen Bewusstseins gehört habe, hat sich etwas in mir geändert. Ich verstehe auf einer sehr tiefen Ebene, worüber die Autorin schreibt. Vielleicht drückt sie es anders aus, als ich es erlebt habe. Aber im Großen und Ganzen ist es dasselbe. Sie ist höchstwahrscheinlich eine Kundalini-Erweckte und ein Medium. Man bekommt beim Lesen das Gefühl, dass diese Frau sehr gut weiß, worüber sie schreibt.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es in der formfreien Welt sowohl Bewusstsein als auch Energie geben muss, wie Vater und Mutter. Energie ist die Liebe, die alles durchdringt und zusammenhält. So ungefähr formuliert es auch Tara Springett.
Mein Energielevel ist auf dem höchsten Niveau, aber es ist nicht nur ein angenehmes Gefühl. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Energie mich zerreißt, besonders wenn sie sich im Brustbereich sammelt. So etwas habe ich in meinem Leben noch nie erlebt. Ich versuche, täglich Sport zu machen, um die überschüssige Energie loszuwerden. Aber es wäre toll, wenn ich andere Verwendungsmöglichkeiten dafür finden könnte, zum Beispiel Menschen zu helfen!
Samstag, der 18.03.23 - Ich bin ein Ozean, voller Liebe!
Tagsüber war ich sehr damit beschäftigt, die Wohnung von Kevin und Alice zu renovieren. Am Abend fühlte ich mich immer noch nicht müde, ich war voller Energie, also machten Peter und ich eine kleine Fahrradtour, um meinen Energielevel zu senken. Als wir zurückkamen, spürte ich mein Gewicht nicht mehr. Je mehr ich mich bewegte, desto leichter wurde ich... Ich habe noch die Wäsche gewaschen und den Abwasch gemacht, danach war ich fast schwerelos... Mein Verstand sagte mir: "Geh schlafen oder du wirst morgen ein Wrack sein." Ich musste mich zwingen, ins Bett zu gehen.
Und als ich das Schlafzimmer betrat, war ich offenbar von dem erweiterten Zustand überwältigt. Ich setzte mich auf das Bett und ging plötzlich in diese andere Welt, die parallel zu unserer materiellen Welt existiert. Ich wurde ruckartig ein Ozean, ein grenzenloses Bewusstsein, ich fühlte herrlichen Ruhe, unendliches Glück, es war unbeschreiblich schlön... Und alles war durchdrungen von einer allumfassenden Liebe... Ich selbst war die Liebe! Dieser Zustand hielt mindestens zehn Minuten lang an. Zur gleichen Zeit konnte ich die materielle Welt wahrnehmen, aber irgendwie nur unterschwellig.
Ich fühlte wieder, dass man sich eigentlich nirgendwo bewegt, weder im Raum noch in der Zeit. Der Mensch befindet sich immer am selben Ort. Denn in einer formfreien Welt ist es unmöglich, sich zu bewegen, es gibt keine Bezugspunkte. Genauso ist es mit der Zeit - es gibt nur das Jetzt. Das Morgen wird niemals existieren. Das Gestern existiert nicht mehr. Es ist nur unsere begrenzte Sicht des Zeitstroms. Ich habe keine Ahnung, wie Menschen durch die Zeit reisen wollen... Das ist in dieser Welt nicht möglich.
Erst als Peter und Vincent kamen und der Hund mich ansprang, nahm die Wahrnehmung dieser Welt überhand und die höhere Welt trat in den Hintergrund.
Mein ganzer Körper ist erfüllt von Glück und Leichtigkeit... Das ist der Wahnsinn. Ich habe erkannt, dass Glück der Grundzustand des allgemeinen Bewusstseins ist. Dort oben gibt es nur Freude, Frieden und Glück. Vielleicht langweilt sich das allgemeine Bewusstsein und erfindet deshalb diese Welt des Leidens, um etwas Unterhaltung zu bekommen... Ich habe das Gefühl, dass unsere materielle Welt nur ein Spiel oder ein Film ist. Schon witzig! Wir erleben einen Film, in dem wir jeden Abend Filme sehen. Wir leben in einem Traum und haben jede Nacht Träume. Diese Illusion scheint wohl mehrere Ebenen zu haben? Wie verschiedene Levels in einem Computerspiel... Es ist verrückt.
Es ist so eigenartig, in diesen beiden Welten gleichzeitig zu existieren. Wenn ich in der materiellen Welt beschäftigt bin, ist meine Wahrnehmung der formlosen Welt ausgeschaltet, aber sobald ich zur Ruhe komme, kann ich wieder grenzenloses Glück empfinden und ein Ozean voller Liebe sein... 🤩🤩🤩
Diese Woche habe ich zum ersten Mal in meinem Leben in der Küche wild zur Musik der Pet Shop Boys getanzt. Ich bin wie eine Verrückte an die Decke gesprungen und dabei mit einem Küchenhandtuch und einem Suppenkelle gewedelt. Hoffentlich hat das niemand durch das Fenster gesehen! 🤣 Nirvana!
Ein Kommentar aus späterer Zeit: Damals wusste ich noch nicht, dass der Prozess des Erwachens gerade erst begonnen hatte. Wie sich herausstellte, warteten noch viele weitere Abenteuer auf mich. Aber mein ganzes Leben war von diesem Moment an bewusst darauf ausgerichtet, meinen Lieben und allen, mit denen ich in Kontakt gekommen bin, Hilfe, Liebe und Licht zu schenken. Das Leid ist nicht sofort und nicht vollständig aus meinem Leben verschwunden, aber ich habe die tiefsten Zustände des Glücks und der Ekstase kennengelernt und entwickle mich weiter, dank der Unterstützung meiner in höchstem Maße geschätzten Lehrerin, überaus geliebten höheren Bewusstseins und Gottes.
Wenn du die Fortsetzung erfahren möchtest oder Fragen / Anregungen hast, kannst du mich gerne anschreiben. Ich freue mich auf Feedback! Meine Mailadresse: kontakt@awaked.me
Olga
Bücher, dir für mich hilfreich waren, der Bedeutsamkeit nach:
- Tara Springett "Spirituelle Freude - Der buddhistische Dzogchen Weg zur Erleuchtung"
- Tara Springett "Das Leben ist ein Spiel - Hier sind die Spielregeln"
- Tara Springett "Erleuchtung durch den Pfad der Kundalini"
- Maitreyabandhu "Leben in voller Achtsamkeit - ein praktischer Kurs"
- Philipp Moffitt "Tanz mit dem Leben"
- Maitreyabandhu "Die Reise und der Reiseführer - ein praktischer Kurs im Erwachen"
- Tara Springett "Das Heilen mit dem höheren Bewusstsein"
- Ken Wilber "Integrale Meditation"
- Sharon Salzberg "Metta Meditation"
- Lisa Miller "Das erwachte Gehirn"
- Sally Bongers "Alltägliche Erleuchtung"
- Bonnie Greenwell "Kundalini - Erfahrungen mit der geheimnisvollen Urkraft der Erleuchtung"
- Dhammapada "Die Weisheitslehren des Buddha" (Pali Kanon)
- Wolfgang Knüll "Nahtod Erfahrungen - Blick in eine andere Welt, aktuelle Antworten der Wissenschaft"
- Eckhart Tolle "Eine neue Erde"
- Eckhart Tolle "Inneres Erwachen und ein Leben im Jetzt"
- Paul H. Köppler "So spricht Buddha- Die schönsten und wichtigsten Lehrreden des Erwachten"
- Sandra Temmen "7 Wochen 7 Chakren"
- Jonathan Landaw und und Stefan Bodian "Buddhismus für Dummies"
- Stefanie Stahl "Das Kind in dir muss Heimat finden"
Internetseiten, die ich als hilfreich empfinde:
https://www.taraspringett.com/de
https://www.kundaliniguide.com/
https://www.unterwegsmitbuddha.de/die-zehn-fesseln/
https://wiki.yoga-vidya.de/Hauptseite
Wichtige Adressen:
- Klinik, die spirituelle Notfälle behandelt: info@heiligenfeld.de, Tel. 0971 - 840, Ansprechpartnerin Fr. Wabener
Diese Seite wurde mit Hilfe von Deeple-Übersetzungsprogramm übersetzt. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Melanie Schulten und Thorsten Griepenkerl für das Korrekturlesen.